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Rechercher : Othmar Spann

Das politische Volk

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Das politische Volk

Hans Freyers Theorie der Volksgemeinschaft - eine Wirkungsgeschichte mit Brüchen.

(in: Ethnologie und Nationalsozialismus, Hg. Bernhard Streck, Gehren, Escher Verlag, 2000)

Ex: http://www.uener.com/

Geschichte der Soziologie oder Vergangenheitsbewältigung?

Um die Mitte der siebziger Jahre begann die Soziologie in Deutschland sich auf ihre jüngste Geschichte zu besinnen; es ging weniger um ihre Klassiker, die seit jeher zum Kanon der Fachausbildung gehörten, vielmehr um Werk, Wirkung und politisches Profil ihrer wissenschaftlichen "Väter" und "Großväter" als Repräsentanten der deutschen Soziologie der Zwischenkriegszeit 1918-1945. Auslöser für diese Recherchen waren einerseits neue Konzepte der Wissenschaftssoziologie: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen und das Konzept des Paradigmenwandels (Kuhn 1976), soziale und kognitive Institutionalisierungsprozesse und Stadien der Wissenschaftsentwicklung (Mullins/Mullins 1973), wurden auf die eigene Disziplin angewandt und machten gerade die Zwischenkriegszeit mit ihren politischen Umbrüchen, sozialen Krisen und kulturellen Experimenten zum bevorzugten Analysegegenstand einer "Wissenschaftssoziologie der Soziologie". Andererseits waren diese wissenschaftlichen Bemühungen stets begleitet von einer stark emotionalisierten Aufarbeitung persönlicher Lebensgeschichten: als zornige Abrechnung der Nachkriegsgeneration mit ihren Vätern, als moralische Kritik an den geistigen Irrwegen, die zwangsmäßig zur Katastrophe des Nationalsozialismus führen mußten - oder auch als Rechtfertigung bzw. gegenseitige Schuldzuweisung der betroffenen Zeitzeugen. Diese Kontroversen haben eine systematische wissenschaftliche Analyse erschwert, aber gleichzeitig eine lebhafte und pointierte Diskussion ausgelöst und werden selbst wieder zu Forschungsgegenständen einer bewegten Wirkungsgeschichte der Soziologie, an der Konflikte und Zusammenwirken von wissenschaftlichen Ideen, persönlichen Karriereentscheidungen, plötzlichem Wechsel des politischen Rahmens und institutionellen Zwängen hervorragend studiert werden können. Die ideengeschichtliche Perspektive, die zweifellos ihre Berechtigung behält als Fortschreibung und Sicherung des disziplinären Wissenskanons, tritt hier zurück zugunsten einer wirkungsgeschichtlichen und wissenschaftssoziologischen Analyse und eines biographischen Aspekts. Damit erscheinen neben den Institutionen Wissenschaft und Universität mit ihren in langer Tradition gefestigten Regeln der Wissensproduktion, Sozialisation, Selektion, Paradigmenbindung etc., wissenschaftsexterne Einflußfaktoren auf das Werk: sowohl schicksalhafte Ereignisse, politische Umbrüche, Kriege, als auch subjektive Merkmale, wie Temperament und Begabung, familiäre Bindungen und Freundschaften, persönliches politisches Engagement und alle Zufälle des persönlichen Lebensweges; persönliche Verantwortung und Versäumnisse werden damit auch zum soziologischen Forschungsproblem.

Die Berücksichtigung außerwissenschaftlicher Faktoren, vor allem der politischen Ereignisse, hat in dieser deutschen Nachkriegsdiskussion zu einer nationalstaatlichen Isolierung der Soziologiegeschichte und zu einer zeitlichen Zentrierung auf das Schlüsselereignis der "Machtergreifung 1933" geführt. Beides ist sachlich unzulässig und führt zu verzerrten Ergebnissen. In der Zwischenkriegszeit bestand weiterhin ein dichtes Kommunikationsnetz der verschiedenen intellektuellen Milieus des deutschsprachigen Mitteleuropa - dazu gehörten auch Prag und Budapest als Kulturzentren der Habsburger Monarchie - das erst durch den 2. Weltkrieg zerstört wurde (Lepsius 1981a: 7-10). Auch eine zeitliche Eingrenzung auf die zwanziger Jahre oder auf die Zeit des Nationalsozialismus muß zu irreführenden Ergebnissen führen. Wenn auch die politische Zäsur 1933 in Deutschland einen deutlichen Bruch mit der Soziologie der zwanziger Jahre hervorrief und eine weitere Spaltung nach 1933 durch die Emigration verursachte, so sind doch in allen drei Fragmentierungen weiterhin auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich wissenschaftstheoretischer Grundlagen, des wissenschaftlichen Selbstverständnisses und der Paradigmen festzustellen. Die äußerst schöpferische Kultur und Wissenschaft der Weimarer Republik zehrte von längerfristigen europäischen geistigen Strömungen, die durch Kulturkampf und Wissenschaftspolitik im wilhelminischen Deutschland größtenteils abgeblockt waren und danach mit gesteigerter Wucht zum Durchbruch kamen. Vor allem die Soziologie war davon betroffen - sie fand in Deutschland erst in den zwanziger Jahren Anerkennung als akademische Disziplin, und wurde im Gesamtzusammenhang dieses kulturellen Durchbruchs zur gesellschaftlichen Erneuerungsbewegung hochstilisiert. Die Ursprünge der Sozialwissenschaften und ihre großen Fortschritte im 19. Jahrhundert sind jedoch im langfristigen europäischen und transatlantischen Diskurs verankert, der in einer im Vergleich zu heute viel übersichtlicheren Wissenschaftsgemeinschaft mit wenigen maßgeblichen Zeitschriften nach 1918 in Deutschland noch einmal einen Höhepunkt erreichte. Die 1909 gegründete Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) hatte zahlreiche Mitglieder aus dem deutschsprachigen Mitteleuropa, die zum Teil auch führende Positionen einnahmen. Die durchgängigen europäischen kulturellen Traditionen blieben also ebenso relevant wie die nationalen politischen Ereignisse. Erst durch eine Mehrebenen-Betrachtung in diesem Sinne, die erstens vermeidet, das Jahr 1933 als einen alle gesellschaftlichen Bereiche revolutionierenden Bruch zu definieren, die zweitens sich nicht auf den deutschen nationalstaatlichen Raum beschränkt, der vor 1871 ja nicht in dieser Form existiert hatte, wird man das Zusammenspiel der einzelnen Ebenen zeigen können, in dem euphorische Übersteigerungen, Sinnverschiebungen und Bedeutungswandel sozialwissenschaftlicher Modelle und Theorien zustande kamen - ein Zusammenspiel, das von Synergieeffekten bis zur gegenseitigen Blockade reichen konnte.

Die meisten Arbeiten über diese Zeit wurden als "kritische" Analysen unternommen, jedoch nicht im Sinne dieser Mehrebenen-Analyse, die mit einer immanenten Interpretation auf der Grundlage einer zeitgenössischen Ortsbestimmung auch eine Einordnung in den Gesamtzusammenhang ex post, sowie ein Prüfen der logischen Folgerichtigkeit der Werke vereinen würde; "kritisch" verstanden sich die Forschungen vielmehr im Sinne einer "Vergangenheitsbewältigung", die das "falsche Bewußtsein" der damaligen Gelehrten als Wegbereiter des Nationalsozialismus aufdecken sollte und diese damit zu Ideologen erklärte. So wird in einer intellektuellen Biographie Hans Freyers von der wissenschaftlichen Leistung Freyers von vorneherein abgesehen (dabei jedoch konzediert, daß seine wissenschaftlichen Werke heute noch mit Profit gelesen werden könnten), da seine historische Bedeutung als radikal-konservativer Ideologe überwiege (Muller 1987: 3). In einer Darstellung der deutschen Soziologie 1933-45 wird Freyer zum Ideologen der nationalsozialistischen Bewegung erklärt, da er bereits 1930 den gesellschaftlichen Willen als Hiatus zwischen Vergangenheit und Zukunft bzw. Theorie und Praxis in sein soziologisches Konzept einbezogen hätte.(Rammstedt 1986: 44 f.) Oder er wird in einer renommierten historischen Darstellung der Kultur der Weimarer Republik lediglich als "völkischer Schriftsteller" erwähnt, seine wissenschaftliche Karriere wird dabei außer acht gelassen ( Gay 1970: 11). Dies sind durchaus folgerichtige Eingrenzungen des Forschungsinteresses, wenn Gesellschaft und Kultur der Weimarer Zeit ausschließlich vom "Endpunkt" des Nationalsozialismus her charakterisiert werden.

Die Frage, wie es 1933 zur politischen Katastrophe in Deutschland kommen konnte, die ja eine harte historische Tatsache ist, sollte nicht dazu führen, im nachhinein alle Entwicklungen auf diesen Kulminationspunkt der Katastrophe hin zu interpretieren. Am weitesten geht dabei wohl Georg Lukács, der eine immanente und zwingende Kausalkette herstellt von einem historischen Eklektizismus in der Nationalökonomie des 19. Jahrhunderts über einen Werterelativismus, gefördert durch die damalige Psychologie, bis zum Irrationalismus, bei dem Max Weber gerade durch seine Exclusion der Werte aus der Wissenschaft gelandet wäre - sowie zu Hans Freyer, der durch Übertragung der Existenz- und Lebensphilosophie auf die gesellschaftliche Ebene den positiven Weg zum Faschismus frei gemacht hätte (Lukács 1946). In derartigen Rezeptionen spiegelt sich der Kampf der Ideologien des 20. Jahrhunderts; sie tragen jedoch kaum zu einem historisch-wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt bei, denn was Resultat der Analyse sein sollte, ist darin von vorneherein vorgegeben; man betreibt "Vergangenheitsbewältigung, und die "wissenschaftliche" Arbeit wird dabei zur bloßen Reifikation. Auch in der historischen Analyse muß das Ergebnis zunächst offen sein, die Komplexität der Prozesse und die Falsifizierbarkeit der Ergebnisse und Theorien müssen erhalten bleiben.

Die wissenschaftliche Bearbeitung dieser Zeit wurde durch die Gründung einer Arbeitsgruppe "Ethnologie im Nationalsozialismus" nun im Fach Ethnologie aufgenommen, und die Arbeiten zur Soziologie der Zwischenkriegszeit können erste Vergleichsmöglichkeiten bieten. Das Buch von Otthein Rammstedt, Deutsche Soziologie 1933-1945 (1986) hat vermutlich deshalb in die ethnologische Diskussion Eingang gefunden, weil der Begriff der Volksgemeinschaft darin eine zentrale Rolle spielt. Dieses Buch, das eine Bibliographie der "Soziologischen Literatur im Dritten Reich" von mehr als 200 Seiten enthält, im Text aber nur wenige, bereits in anderen Arbeiten hinlänglich diskutierte Werke behandelt, kann hier als paradigmatisches Exempel einer wissenschaftlichen "Vergangenheitsbewältigung" im o.a. Sinn dienen.

Rammstedt kommt in seiner Abhandlung schnell auf das Hauptergebnis seiner Forschungen: Ab 1933 hätten die in Deutschland verbliebenen Soziologen eine paradigmatische Eigenständigkeit und Einheit nach innen wie nach außen vertreten, im Sinne einer "deutschen" Soziologie (in Anführungsstrichen) bzw. Deutschen Soziologie (groß geschrieben - ähnlich wie damals auch eine Deutsche Physik propagiert wurde). Da die für seine Abhandlung erstellte Bibliographie ein unerwartetes Übermaß an nationalsozialistischen Arbeiten ergeben hätte, fühlte Rammstedt sich berechtigt, mehr oder weniger die gesamte sozialwissenschaftliche Profession in Deutschland nach 1933 unter dieses einheitliche Paradigma der Deutschen Soziologie zu subsumieren, das er als einen totalitären Ansatz versteht, der jedoch weder von den zeitgenössischen Wissenschaften im Ausland, noch in späteren Rezeptionen, auch nicht in der bisherigen Fachgeschichtsschreibung wahrgenommen worden wäre (1986:20-22).

Zwei Kritikpunkte sind hier anzuführen:
Erstens müßte die Feststellung, daß die zeitgenössische internationale scientific community, die doch die deutsche Entwicklung äußerst kritisch verfolgte, den totalitären Ansatz der Deutschen Soziologie nicht wahrgenommen hätte (Rammstedt 1986: 22f.), und die sich dabei auf Durchsicht renommierter Zeitschriften und Verhandlungen internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften nach 1933 bezieht, den Autor doch zu einer Überprüfung veranlassen, ob seine Subsumierung der Soziologie in Deutschland unter das totalitäre Paradigma Deutsche Soziologie überhaupt wissenschaftlich haltbar ist. Freyers theoretische Grundlegung der Soziologie (1930), auf der seine nachfolgenden Arbeiten zu den Aufgaben der Soziologie, zur politischen Erziehung, zu Herrschaft, Planung und Technik, sowie zum Volksbegriff theoretisch aufgebaut sind, ist als eine der wenigen Arbeiten der jüngeren deutschen Soziologengeneration nach Max Weber im Ausland rezipiert worden. Sie wurde als interessante Fortführung des Ansatzes Max Webers in Frankreich auch nach 1933 wahrgenommen (Aron 1935: 4, 175), und der amerikanische Soziologe Talcott Parsons übernahm 1937 in seinem frühen Hauptwerk The Structure of Social Action (New York 1968: 473) nicht nur Freyers geschichtsphilosophische Fundierung der Soziologie im Idealismus, sondern stützte sich auch im wesentlichen auf Freyers Klassifikation der Wissenschaften in Natur-, Logos-, und Wirklichkeitswissenschaften (762, 774), um nur einige Beispiele des internationalen Diskurses zu nennen. Einige der Schüler Freyers haben sowohl in Deutschland als auch in der Emigration dessen theoretische Grundlegung ausgebaut1.
Zweitens kommt mit der Subsumierung aller soziologischer Arbeiten in Deutschland nach 1933 unter "Deutsche Soziologie" eine ideologische Kategorisierung der Soziologie sozusagen "durch die Hintertür" wieder ins Spiel, die damals nur von wenigen nationalsozialistischen Karrieristen vertreten wurde: Wenn man alle in Deutschland verbliebenen Soziologen unter dem Paradigma "Deutsche Soziologie" zusammenfassen kann, müßte daraus dann nicht auch eine Zusammenfassung der Emigranten folgen - etwa unter dem Paradigma "Jüdische Soziologie", oder "liberalistische Soziologie"?

Rammstedt hat auf jeden Fall einen heftigen Protest der älteren Soziologengeneration als Zeitzeugen herausgefordert. Unter ihnen war es vor allem René König, der selbst noch nach 1933 in Deutschland studiert und und publiziert hat, bis er 1938 nach Zürich ging - der als einer der führenden deutschen Soziologen nach 1945 zeit seines Lebens gegen alle restaurativen Tendenzen und gegen die Fortsetzung nationalsozialistischer Karrieren gekämpft hat - der die theoretische Denkfigur der Deutschen Soziologie bei Rammstedt lediglich durch einen primitiven Empirismus abgestützt fand (König 1987: 393 ff.): Statt seine These theoretisch zu differenzieren, könne er sie nur abstützen durch "eine ungemein dilettantisch und primitiv aufgestellte Bibliographie, [die] das bisher erreichte Maximum an versuchter Irreführung eines harmlosen Publikums darstellt, das über keinen substantiellen Blick nach rückwärts verfügt [...]" (395). König mahnt dabei nicht nur das Fehlen seiner und vieler anderer Publikationen in der Bibliographie an, sowie den fehlenden Bezug auf seine eigene bereits 1937 geschriebene theoretische Kritik der historisch- existenzialistischen Soziologie (1975), sondern bezichtigt Rammstedt darüber hinaus, er hätte sich auf genau die abwegige Linie weniger Soziologen (vor allem Hans Freyers) um 1933 verleiten lassen, die aus der Fiktion, die gesellschaftliche Wirklichkeit hätte sich mit dem politischen Umbruch 1933 sprunghaft geändert, folgerten, daß die Erkenntnishaltung der Soziologie als Wissenschaft sich ebenfalls grundlegend ändern müsse (394) - hin zur nun alleine hoffähigen Deutschen Soziologie. König verabsolutiert hier allerdings ebenfalls den Umbruch 1933, denn die soziologischen Theorien der sogenannten Deutschen Soziologen Rammstedts wurden lange vor 1933, in den Aufbruchsjahren der Weimarer Republik konzipiert. Auch tendiert König in seiner o.a. theoretischen Kritik stellenweise zu ähnlichen Vereinfachungen, indem er die historisch-existenzialistische Soziologie besonders anfällig für Gewalt (1975: 13) und die Anfälligkeit dieser Denkformen und Denker für den Nationalsozialismus (1975: 267) herausstellt und sich dabei im wesentlichen auf Freyer und Heidegger beruft. Da zu den berühmtesten Vertretern einer historisch-existenzialistischen Soziologie auch Emigranten der "Frankfurter Schule" zu rechnen sind, führt es nicht weiter, theoretische Denkfiguren, wie die historisch-existenzialistische Theorie, eine politikwissenschaftliche Liberalismuskritik, oder auch die Gleichsetzung von Theorie und Praxis, mit Faschismus oder Nationalsozialismus in eine Linie zu bringen. Um derartige Theorien mit der Realpolitik zu verbinden, sind immer institutionelle Schaltstellen nötig, und diese sind im einzelnen nachzuweisen.

Im Falle Hans Freyers wird versucht, diese Schaltstelle zu belegen durch seine Wahl zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) im Dezember 1933 (u.a. Klingemann 1981, Käsler 1984). Hans Freyer nahm nach vorheriger Absage die Wahl zum Präsidenten der DGS im Dezember 1933 nur deshalb an, um die Gegengründung eines neuen nationalen Soziologenverbandes durch eine radikale Gruppe NS-orientierter Soziologen, die sich tatsächlich "Deutsche Soziologen" bezeichneten, zu verhindern2. Das ist gelungen, und nach 1934 gab es keinen nennenswerten Auftritt dieser radikalen Deutschen Soziologen mehr, bzw. ist sie offensichtlich nie zu einer nationalen Organisation geworden.

Freyer hätte Ende 1933 tatsächlich alle institutionellen Möglichkeiten in der Hand gehabt, zum "Führer" der Soziologen im neuen nationalsozialistischen Deutschland zu werden: Er war Präsident der traditionellen Fachorganisation DGS, er wäre als Kompromißkandidat auch von der neuen radikalen Gruppe akzeptiert worden, und er war bestens eingeführt sowohl in der internationalen Kant-Gesellschaft als auch in der Deutschen Philosophischen Gesellschaft; er hätte zudem als Herausgeber der neuen soziologischen Zeitschrift Der Volksspiegel (ab 1933) die Schaltstelle für Publikationen einer nationalsozialistischen Soziologie kontrollieren können. Aber er nützt keine dieser Gelegenheiten aus, unterläßt weitere Aktivitäten als Präsident der DGS und gibt die Herausgeberschaft des Volksspiegel 1934 wieder auf. Aus dem Nicht-Ausnützen insitutioneller Vorteile und aus seiner wiederholten Ablehnung einer Parteimitgliedschaft läßt sich schließen, daß sich Freyer von einer nationalsozialistischen Vereinnahmung fernhalten wollte, was er stets sehr höflich und vorsichtig, niemals mit theatralischer Pose, durchzuhalten wußte. Auch spricht Freyers Rückzug gegen Rammstedts These, Freyer hätte, wie die anderen Deutschen Soziologen, die hypertrophe Absicht gehabt, die Soziologie als eigenständige Kraft im Prozeß der Volkwerdung neben der Politik zu institutionalisieren (Rammstedt 1986: 128 f.); dazu wären doch die ihm zur Verfügung stehenden Positionen hervorragend geeigent gewesen. Sein Wirken an der Universität war nach übereinstimmenden Aussagen ehemaliger Schüler gekennzeichnet vom Bemühen, nach außen möglichst kein Aufsehen zu erregen, um seinen Schülern und Kollegen in seinem Istitut einen Schutzraum zur wissenschaftlicher Arbeit zu erhalten. In der Atmosphäre des zunehmenden allgemeinen Mißtrauens konnte das allerdings auch irritieren - man wußte nicht, woran man war3. Die Konzessionen Freyers werden genauestens berichtet ( z.B. Muller 1987), die Gegenbeispiele jedoch übersehen: Freyer hat nach 1933 sowohl die Marx-Studien seines Schülers Heinz Maus (nach 1945 einer der prominenten Vertreter einer marxistischen Soziologie in Marburg) gedeckt und ihn aus dem Gefängnis geholt4, wie auch den Leipziger Philosophen Hugo Fischer bis zu seiner Flucht nach Norwegen geschützt, der (wie H. Maus) mit der nationalbolschewistischen Bewegung verbunden war. Für die Berliner "Mittwochsgesellschaft" war Freyers Deutsches Wissenschaftliches Institut in Budapest bis 1944 ein ausländisches Vortrags- und Kontakt-Refugium, und zahlreiche ungarische Kollegen verdanken Freyer ihre Rettung in letzter Minute vor den sowjetischen Besatzern. Freyer wird von Carl Goerdeler als Mittelsmann seiner Widerstandsgruppe in den Verhören nach dem 20. Juli 1944 genannt, und diese Verhöre sind längst publiziert (Archiv Peters 1970). Nach 1945 hat Freyer in Leipzig den in Bonn abgelehnten marxistischen Historiker Walter Markov habilitiert, der später, mit Jürgen Kuczynski in Berlin als Gegenfigur, zur Historikerprominenz der DDR gehörte.


1933 - Zugriff der Politik - Abwehrmechanismen der Wissenschaft

Aus soziologischer Sicht ist die Wissenschaft als gesellschaftlicher Prozeß zu denken, d.h. es ist herauszustellen, "welche Funktionen und Wirkungen die Wissenschaft im gesellschaftlichen Prozeß hat bzw. unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen ihr diese Funktionen zugeschrieben werden können" (Bühl 1974: 19). Das soll auf keinen Fall heißen, daß Wissenschaft nur ein "Abbild der gesellschaftlichen Verhältnisse" wäre (zu diesem ist sie gerade in geschichtlichen Rückblicken oft degradiert worden), sondern es wird das Modell eines relativ selbständigen Teilsystems zugrundegelegt, in dem die gesellschaftliche Definition und Funktion von Wissenschaft und die immanenten logischen Konstrukte und wissenschaftstheoretischen Definitionen relativ unabhängig variieren. Die Wissenschaftssoziologie geht heute von einem sehr komplexen Zusammenwirken auf unterschiedlichen Ebenen des inneren und des äußeren Systems von Wissenschaft aus - ein Modell, das der Wissenschaft als eine der großen Institutionen der modernen Industriegesellschaft seit Mitte des 19. Jahrhunderts am ehesten entspricht. Die modernen Diktaturen im 20. Jahrhundert konnten weder auf die Wissenschaft verzichten, noch diese Institution vollkommen unter ihre Kontrolle bringen; die Förderung der Wissenschaften gehörte zu ihrem politischen Programm (wenn auch nach ihren politischen oder weltanschaulichen Vorstellungen), da der wissenschaftliche Fortschritt politische Macht und internationalen Einfluß verlieh. Ab welchem Punkt das komplexe Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik mit seinen Prozessen der Kooperation, Konkurrenz, Selektion von vordringlichen Aufgaben, von Personal, Kontrolle der Veröffentlichungen usw., das in jeder modernen Gesellschaft in unterschiedlichen Varianten stattfindet, pervertiert wird und zu einseitiger Machtausübung führt, muß in jedem Einzelfall untersucht und begründet werden.

Bereits das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" 1933, danach u. a. die bürokratische Macht der NS-Dozenten- und Studentenbünde, die vornehmlich jüngere, karrierebesessene, aber wissenschaftlich mittelmäßige Köpfe anzog, waren Perversionen des komplexen Wissenschaftssystems, deren Folgen nicht nur im Verlust durch Emigration oder in der Rekrutierung von nationalsozialistischen Parteigängern bestanden, sondern die sich bis in die wissenschaftlichen Texte auswirkten, auch in solche, die als nicht politisch relevant galten. Entstellungen der Wissenschaft in diesem Sinne sind in den Verklausulierungen der inneren Emigration ebenso zu finden, wie in der zweideutigen Alltagskommunikation von Kollegen, die sich seit langer Zeit zu kennen glaubten. Es war ein schleichender Erosionsprozeß der Wissenschaft, dessen Folgen weit in die Nachkriegszeit wirkten. Trotzdem war auch in dieser "dürftigen Zeit" die Wissenschaft nicht am Ende.

Im Prozeß der zunehmenden Unterhöhlung der wissenschaftlichen Institutionen durch die Politik wird die Erhaltung des noch verbleibenden "Restsystems" um jeden Preis zum Überlebensprinzip. Dabei kommt es zu unvermeidlichen "Abwehrmechanismen" gegen die politischen Übergriffe, die in allen modernen totalitären Regimes in ähnlicher Weise auftreten. Sie haben die Funktion, das Wissenschaftssystem, wenn auch unzulänglich oder entstellt, aufrechtzuerhalten und dem direkten politischen Zugriff insgeheim auszuweichen - die Bildung von kleinen Verschwörergemeinschaften der engsten Mitarbeiter, die bewußten Plagiate oder die Camouflage brisanter Themen in Klassiker-Analysen gehören ebenso zu diesen wissenschaftlichen Abwehrmechanismen, wie ein übertriebenes professionelles Verhalten und Vokabular, mit dem politische Gegner ihre parteiideologischen Kämpfe verbrämten, oder auch die beflissene Einhaltung bürokratischer Regeln, um wenigstens ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Arbeit voranzubringen. Diese Abwehrmechanismen verursachen Schäden und sind zu bedauern wie Krankheitssymptome, ihr Auftreten ist jedoch ebenso sicher zu erwarten wie diese, wenn eine derartige politische Situation einmal eingetreten ist.

Bei der institutionellen Gleichschaltung der Universitäten waren den betroffenen Wissenschaftlern kaum Handlungsspielräume gegeben; die Maßnahmen des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, die Beschneidung der Rechte der Fakultäten, die Einführung des "Führerprinzips", d.h. die Aufhebung der Wahlen des Rektors bzw. der Dekane usw. waren eindeutige Vorschriften und konnten nur auf informellen Wegen gemildert werden. Das wurde in Leipzig häufig praktiziert, sei es durch nachlässige Bearbeitung des Ariernachweises, durch Hervorhebung der Teilnahme am 1. Weltkrieg, politischer Verdienste, oder des sozialen Engagements eines gefährdeten Kollegen, oder z. B. auch durch informelle Beeinflussung bei der Ernennung der Dekane. Hans Freyer hat in dieser Zeit mit großem Geschick die Rolle des savant prudent eingenommen, die ja taktisches Denken, Schläue und List nicht ausschließt5. Auf der institutionellen Ebene kann man Freyer also kaum zur Gallionsfigur des Nationalsozialismus erklären. Da auch die persönliche Biographie keine Anhaltspunkte ergab, bleibt also noch sein wissenschaftliches Werk zu untersuchen. Es war hauptsächlich seine Pallas Athene. Ethik des politischen Volkes (1935), sowie seine Schriften Revolution von rechts (1931), Der Staat (1925) und seine Aufsätze zum Volksbegriff zwischen 1928 und 1934, die in der Nachkriegsrezeption als Nachweis herangezogen wurden, daß er die nationalsozialistische Ideologie vorbereitet bzw. unterstützt hätte.


Volk als Rasse oder "Volk als Tat"?
Der Volksbegriff als Krisenbewältigung der Moderne.

Es sollte nicht unbeachtet bleiben, daß Freyers Reflexionen über den Volksbegriff auf einem langfristigen wissenschaftlichen Diskurs aufbauen. Die Weiterführung von Hegels Phänomenologie des Geistes und seiner Rechtsphilosophie, die Verarbeitung von Fichtes und Lorenz von Steins Staatslehre, die Einbeziehung der Werke von Dilthey und Simmel, Max Webers politischer Soziologie und nicht zuletzt der damals höchst aktuellen Wissenssoziologie, müssen als Gegenstand einer Theorieanalyse (Üner 1992) hier ausgeklammert bleiben. Jedoch kann eine dokumentarische Skizze der wissenschaftlichen Diskurse um den Volksbegriff seit dem 19. Jahrhundert und deren Synergieeffekte mit sozialen und politischen Umwälzungen zur genaueren Bestimmung dienen, wie die Schnittpunkte von langfristigen wissenschaftlichen Diskursen mit politischen Ereignissen die Deutungen des Volksbegriffes beeinflußt haben.

Nach dem 1. Weltkrieg, als Folge des Zusammenbruchs der großen Reiche - des russischen, des österreichisch-ungarischen sowie des osmanischen - stand in ganz Europa die Diskussion um die Volksgemeinschaft im Mittelpunkt. Einerseits wurde die eigene Geschichte und Kultur, Sprache und Traditionen des jeweiligen Volksgemeinschaft aus der Zeit vor der Einbindung in die Großreiche als die eigentliche historische Identität und gemeinschaftsbindende Kraft wieder in Erinnerung gerufen; andererseits wurden aber durch Friedensverträge neue staatliche Einheiten gebildet, die wiederum unterschiedliche ethnische Minderheiten umfaßten; z.B. wurden ehemals ungarische Gebiete der neuen Tschechoslowakei oder Rumänien eingegliedert, oder deutsche Minderheiten kamen erneut zu Frankreich. Das Problem der Nationwerdung (nation building) beschäftigte das zerstückelte Europa und hat der facettenreichen Diskussion des Volksbegriffes in den zwanziger Jahren, die sich zwischen den Extremen biologisch-rassistischer Positionen einerseits und einer expressionistisch-humanistischen, oder auch sozialistischen Weltgemeinschaft andererseits bewegte, einen äußerst aktuellen politischen Gehalt gegeben. Es ist dabei zu betonen, daß diese polarisierte öffentliche Diskussion im Rahmen neuer, die jeweiligen Monarchien ablösender republikanischer Staatenbildungen stattfand, und somit die Vision einer neuen "res publica" der modernen Massengesellschaft, für die alle bisherigen historischen Beispiele als unzulänglich angesehen wurden, auch hinter diesen Kontroversen nach dem 1. Weltkrieg stand. Diese republikanische Idee wurde im kontinentalen Europa jedoch im Laufe der zwanziger Jahre zunehmend durch moderne Diktaturen6 propagiert, die sich in unterschiedlichen Varianten der Idee eines plebiszitären Führerstaates verpflichtet sahen und insgesamt als Retter der Volksherrschaft, oder der "wahren Demokratie" auftraten. Das Konzept einer biologischen Rasse oder einer ausschließlich durch Geburt bestimmten Volksgemeinschaft blieb dabei ein Außenseiterthema; wenn auch die zeitgenössische expressionistische Literatur euphorisch von "Volk" "Blut" und "Rasse" sprach, oder Hans Freyer in seiner kulturphilosophischen Staatstheorie die Heilighaltung der Rasse (1925: 153) als wichtigste Aufgabe der Macht verkündete, so waren das symbolische Exaltationen für eine durch gemeinsame Geschichte, Sprache und Traditionen übermittelte Kultur.

Man kann diese Diskussion als einen Durchbruch in das öffentliche Bewußtsein und als krisenbedingte Steigerung und Popularisierung ausgedehnter wissenschaftlicher Diskussionen aus dem 19. Jahrhundert über "Volk als Rasse" und dessen Gegenbegriff "Volk als Tat" bezeichnen7. Das Zusammentreffen von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Übertragung eines wissenschaftlichen Modells einer Disziplin in eine andere, und die Popularisierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Medien, soziale Bewegungen und Politik können zu unerwarteten Synthesen führen: z. B. wurde das darwinistische Prinzip der Evolution der Natur durch Selektion übertragen auf historische Prozesse als Wettbewerbsprinzip: Fortschritt durch Veredelung und Auslese der Völker; damit erschien eine Reduzierung vom kulturellen Fortschritt der Menschheit auf den der Nation gerechtfertigt. Oder es kam zu einer politische Synthese eines biologischen Rassebegriffes mit der kulturellen Herkunft, die vor allem durch den immensen wissenschaftlichen Ausbau der Philologie im 19. Jahrhundert: Slawistik, Germanistik, Romanistik, etc. ausgelöst wurde. Im Zuge der politischen Nationalbewegungen ging aus dieser wissenschaftlichen Differenzierung ein neuer Urmythos hervor: Dadurch, daß Ergebnisse vergleichender Sprachforschung,nämlich die Verflechtungen verwandter Sprachen, auf ethnische Gebilde übertragen wurden, ergaben sich aus Sprachfamilien Völkerfamilien, deren Stammesursprung nun wissenschaftlich erforscht werden sollte. Diese Suche nach dem "Urvolk" schlug sich politisch in den zahlreichen "Pan-Bewegungen" nieder - Panslawismus, Pangermanismus etc., und die damit verbundene wissenschaftliche Erforschung von Wanderungsbewegungen führte wieder zurück zum Problem der "Rasse". Deshalb konnten bei der Gründung der "Société Ethnologique" in Paris 1839 Programm und Ziele dieser Vereinigung als Elemente der Rassenforschung bezeichnet werden (Brunner u.a.1972 f., Bd. 5: 157-159), während die Ethnologie Ende 1920 als reine Kulturwissenschaft verstanden wird8.

Wenn auch der biologische Rassebegriff in den Sozialwissenschaften der Weimarer Zeit nur noch periphere Bedeutung hatte (die "Geschichte als Rassenkampf" war wissenschaftlich nicht mehr zu vertreten), so bestimmte er als Amalgam von Rasse-Urvolk-Urkultur nach wie vor die öffentliche Diskussion in Bewegungen z.B. des Zionismus, oder des Alldeutschtums, wie auch in der expressionistischen Literatur, die allesamt damit auch eine wissenschaftliche Grundlage für ihre Ziele beanspruchen konnten. Die auf den biologischen Rassebegriff konzentrierte Spezialdisziplin der Eugenik, in der die amerikanischen Humanwissenschaften die Vorreiter waren, wurde von Erneuerungsbewegungen - sowohl rechter wie linker politischer Couleurs - ebenfalls popularisiert und "voluntarisiert": die Planbarkeit des Erbes versprach Befreiung aus dem Zustand des Ausgeliefertseins an die Natur und verhieß bewußte Gestaltung - des germanischen oder auch des sozialistischen freien Menschen. Es ist wissenschaftgeschichtlich zu wenig aufgearbeitet, wie sehr die junge Disziplin der Bevölkerungswissenschaft der zwanziger Jahre in Verbindung mit der Eugenik gerade von linken Bewegungen gefördert und in die politische Arbeit einbezogen wurde. Der wissenschaftliche Referent im sozialdemokratischen sächsischen Kultusministerium, Karl Valentin Müller, in den Fächern Geschichte, Nationalökonomie und Statistik an der Universität Leipzig promoviert, verfaßte 1927 im Auftrag der Gewerkschaftsbewegung die Schrift Arbeiterbewegung und Bevölkerungsfrage, mit dem Untertitel: Eine gemeinverständliche Darstellung der wichtigsten Fragen der quantitativen und qualitativen Bevölkerungspolitik im Rahmen gewerkschaftlicher Theorie und Praxis; die Kapitelüberschriften reichen von der Gesellschaftsbiologie über Arbeiterbewegung und Rassenhygiene bis zu Siedlung und Wanderung als Lohnbestimmungsgrund.

Der mit der Idee der Planbarkeit einer Gesellschaft verbundene Voluntarismus konnte ohne weiteres mit dem Konzept des "Volkes der Tat" verschmelzen, das aus den konstitutionellen Bewegungen Anfang des 19. Jahrhunderts stammt: Das Volk, das aus dem gegenwärtigen Zustand der Unmündigkeit heraustritt und sich eine gemeinschaftlich erarbeitete Constitution gibt, die nun die Kräfte der einzelnen zu einem geschichtlichen Ziel der Volksgemeinschaft vereinigt9. In euphorische Hoffnungen steigerte sich diese Volksdiskussion in der Literatur des politischen Expressionismus der Zeit: Das Individuum ist gefallen. Das Volk steht auf, der Mensch und das Volk, beide wollen eins sein - sie wollen Menschheit sein. Die Vernichtung des Eins, um das All zu sein, ist der Sinn der namenlosen Erschütterung, die Menschen und Völker der Gegenwart umgestaltet (Lothar Schreyer); Masse wird als "wirkendes Volk" (Ludwig Rubiner) oder als "verschüttet Volk" (Ernst Toller) beschworen, aus deren Trümmern sich das Volk als höhere freie Gemeinschaft erheben wird (Üner 1981: 135-141).

Derartige Begriffssynthesen führen dazu, daß es in der wissenschaftlichen Rezeption, den Expertisen und in der Anwendung ihrer Ergebnisse, immer schwieriger wird, die Begriffe und Resultate sauber zu trennen. Auch innerhalb der wissenschaftlichen Diskussion herrschen dann die Analogieschlüsse, die Übertragung der Modelle auf andere Disziplinen vor. Nun sollte das nicht von vorneherein als Defizit bewertet werden. Um ein "Darüber-hinaus" über den bisherigen Wissensstand der eigenen Wissenschaft zu erreichen, die Verhärtungen der eingefahrenen Theorien aufzubrechen, müssen die disziplinären Grenzen überschritten werden, um neue Inspirationen aus Entdeckungen anderer Gebiete zu gewinnen und sich neuen Aufgaben aus dem politisch-sozialen Umfeld zu stellen. Gerade in Zeiten des krisenhaften Wandels wird auch ein Wissenschaftsverständnis vorherrschen, das gekennzeichnet ist durch Gegenerschaft den Traditionen der etablierten Disziplin gegenüber - die "Wissenschaft als Bewegung" (Üner 1992: 16-19), die nicht mehr die "Reform" des Bestehenden, sondern eine "Revolution" im Sinn des "Umsturzes der Werte"10 anstrebt, die eine neue "Weltsicht" und den ethischen Appell in den Vordergrund stellt. Eine ins Detail gehende logisch-analytische Diskussion ist noch gar nicht möglich, weil dem alten Wissenschaftsverständnis noch kein neues entgegengesetzt werden kann - und auch nicht soll, denn man will ja aus der Verhärtung des bisherigen Systems herauskommen. Gerade deshalb wird eine große Ausdehnung der wissenschaftlichen Bestrebungen auf andere Disziplinen und auch auf religiöse, künstlerische und soziale Erneuerungsbewegungen möglich. Die "Wissenschaft als Bewegung" ist keinesfalls als zweitrangig einzustufen, sie bleibt neben der sogenannten "Expertenwissenschaft" eine konstitutive Komponente jeder Wissenschaft; denn hohe Spezialisierung bedeutet immer auch Erstarrung und Senilität, die wieder aufgebrochen werden muß.

In diesen kaum mehr entwirrbaren Verflechtungen von wissenschaftlicher Diskussion und Aufbruchsparolen der sozialen Bewegungen sind die ersten wichtigen Arbeiten Hans Freyers zur Geschichts- und Kulturphilosophie (1921, 1923), zum Staat als Kultursystem (1925) und zum Begriff des "politischen Volkes" entstanden. Freyer ging in seinen frühen Schriften während der Weimarer Republik, anknüpfend an Hegels Volksgeist, vom Volk als kulturelle Konkretion bzw. vom Staat als Einheit der Gesamtkultur aus (1966: 129 ff.) - wie übrigens auch sein Leipziger Kollege Theodor Litt, der ebenfalls Staat und Volk als "Wesensgemeinschaft" idealisiert, in der eine Ineinssetzung von Individuum und Gemeinschaft stattfände (Litt 1919: 171 ff.). Eine unpolitische Flucht in eine höhere Realität ist bei keinem von beiden intendiert, denn sie knüpfen doch sehr dezidiert an eine die deutsche Reichsgründung begleitende politische Diskussion um die Kulturnation an: Mensch und Volk einander zugeordnet, Volk ist durch Führung geschaffen, jedoch wird - nun im Denkstil der Weimarer Reformen - Führung mehr eine Leistung der geführten Schar, als eine Leistung des Führers; je weiter der Schaffensprozeß fortschreitet, desto mächtiger wird das Werk, um so ohnmächtiger sein Täter (Freyer 1925: 108 f.). Die in den zahllosen kulturellen Erneuerungsbewegungen des Expressionismus, der Jugendbewegung, der Arbeiterkultur etc. artikulierten Konflikte zwischen Mensch und Masse, Natur und Kultur, Kultur und Geschichte, Geist und Macht, vereint Freyer als Kulturphilosoph in seinen Werken bis 1925 mit gleichem expressionistischen Pathos (Üner 1981) zu einer eher integrationistischen dialektischen Theorie der Sinnzusammenhänge, der Objektivationen der Kulturwirklichkeit, während er ab 1925, nun als Ordinarius der Soziologie11, die soziale Wirklichkeit als Handlungszusammenhang und Entscheidungsprozeß in den Vordergrund stellt. Die Schriften vor und nach 1925 können durchaus als komplementäre Analysen der gesellschaftlich-kulturellen Welt betrachtet werden. Die Komplementarität bezieht sich dabei nicht auf die Untersuchungsgegenstände - es handelt sich nicht um die Analyse von Kulturphänomenen einerseits und die Untersuchung gesellschaftlich-politischer Erscheinungen andererseits, sondern um zwei komplementäre wissenschaftliche Betrachtungsweisen ein- und desselben Lebenszusammenhangs. Bemerkenswert ist - wirkungsgeschichtlich gesehen - wie zeitgleich der Wechsel Freyers vom Lehrstuhl für Philosophie in Kiel zum Ordinariat für Soziologie in Leipzig (den er ja nicht maßgeblich beeinflussen konnte) und damit der Wechsel seiner wissenschaftlichen Aufgaben mit einer verstärkten Kulturpolitik zusammenfällt, in der man durch Erwachsenenbildung, Volksbibliotheken, Volksmusikbewegung, Arbeiter- und politische Bildung das "Werden" des Volkes voranbringen wollte.


Hans Freyers Begriff des "politischen Volkes".

Zusammenfassend kann man Freyers "Volk" als politischen Begriff - im Kontext der aktuellen politischen Turbulenzen deutlich vom Volksbegriff in seiner Kulturphilosophie bis 1925 unterschieden - als dynamische und handlungsorientierte Kategorie bezeichnen, die der gegenwärtigen politischen Gemeinschaft im revolutionären Wandel entsprechen sollte: Das "politische Volk" ist nach Freyers historischer Einordnung eine Erscheinung der Moderne, erstmals möglich geworden im Zeitalter der Aufklärung und durch die darauf folgenden Säkularisierungsbewegungen in allen Wissensbereichen der sich konsolidierenden Industriegesellschaft im 19. Jahrhundert; der Begriff "politisches Volk" steht für eine neue, nicht mehr auf organisch gewachsenen kulturellen Traditionen oder auf unveränderbaren staatlichen Institutionen begründete politische Gemeinschaft, die erstmalig in der Menschheitsgeschichte dazu fähig ist, sich von pseudo-theologischen, von oben oktroyierten politischen Heilsmythen und von überzeitlichen "ewigen Werten" des Staates zu emanzipieren, und durch gemeinschaftliches politisches Handeln sowie durch eine dieses Handeln ständig begleitende wissenschaftliche Selbstreflexion, die ihr in ihrer jeweiligen historischen Lage gemäße Staatsform hervorzubringen (Freyer 1931b, 1933). Die wissenschaftliche Selbstreflexion dieser modernen politischen Gemeinschaft hat sich nach Freyer in der Soziologie bereits institutionalisiert - eine Disziplin, die ebenfalls erst durch die Epoche der Aufklärung möglich geworden sei als "Wirklichkeitswissenschaft"12.

Das Neuartige an Freyers Begriff des "politischen Volkes" nach 1925 bestand darin, daß er den Akzent auf Tat und Entscheidung, damit verbunden den Machtaspekt der Führung, vor ihre kulturelle Leistung setzte. Dieser Begriff hat nichts mehr mit kleinen Stammesgesellschaften, oder mit kultur- und lebensweltlichen Aspekten zu tun, die für Ethnologen bedeutsam sein könnten. Freyers Volksbegriff wurde nach 1933, trotz seines Aktivismus und seiner Hervorhebung des Führertums, von den nationalsozialistischen Zeitgenossen keineswege als Artikulierung ihrer "Bewegung" begrüßt - im Gegenteil vermißte man ein biologisch-rassistisches Fundament bzw. eine Volkstheorie, die auf dem Prozeß des organischen Wachstums als Entfaltung von vorneherein gegebener Anlagen gegründet sein müsse. In einem vernichtenden internen Gutachten der NS-Kontrolle kreidete man Freyer an, daß sein Postulat, die Nation sei das Volk des 19. Jhdts, eine Historisierung und Soziologisierung des Volksbegriffes bedeute. Man schloß (vollkommen zutreffend) daraus, daß Freyer "Volk" jeweils in unterschiedlichen historischen Erscheinungen verstünde, daß "Volk" also immer neue staatliche Strukturgedanken aus sich hervorbringen könne, und folgerte, daß nach Freyers Lehre heute an Stelle des Nationalsozialismus auch der Marxismus die Lage beherrschen könnte. Diese Historisierung des Volksbegriffes und darüberhinaus Freyers dezidierte Parteinahme für die idealistische Geschichtsphilosophie "kann in diesem Zusammenhang nur so gedeutet werden, daß eine auf die Biologie gegründete nationalsozialistische Geschichtsphilosophie in ihrer Möglichkeit und Notwendigkeit bestritten wird. Die Schrift ist als marxistisch schärfstens abzulehnen". (Archiv IfZ München 1933).

Die Vorstellung des Volkes als organisch gewachsene Kultureinheit, wie etwa Othmar Spann sie zur selben Zeit vertreten hat, konnte nach Freyers Ausführungen höchstens für ständische Gesellschaftsformen vor der Aufklärung und für das idealistische Konzept der Nationalkultur gelten, die eigentlichen Problem der modernen Gesellschaft im Umbruch würden darin übergangen: daß erstens das ganze Gewebe der Realbedingungen und Realfaktoren ausgeklammert bleibe (Freyer 1930: 76); daß zweitens die heute erreichte Individuation der Individuen geleugnet werde, die bei aller "Gliedhaftigkeit eine unverlierbare Existenz" beanspruchen würde (und um der konstruktiven Entwicklung der Gesellschaft auch beanspruchen solle) (Freyer 1930: 72); daß drittens in Spanns universalistischem Modell der gegliederten Ganzheit der Charakter der Offenheit der Geschichte geleugnet werde, da er damit Entwicklung nur als Emanation von bereits Angelegtem verstehen kann: "Jeder Emanatismus entwertet die konkreten Unterschiede und die konkreten Beziehungen innerhalb der Erscheinungswelt zugunsten des gemeinsamen Bezugs aller Erscheinungen auf die absolute Mitte. Jeder Emanatismus entwertet insbesondere die zeitlich-geschichtlichen Veränderungen der Wirklichkeit zugunsten ihrer metaphysischen Rangordnung [...]; die geschichtliche Veränderung wird zur bloßen Oszillation. Die Wirklichkeit ist von Anfang präformiert; [...] was sie außerdem zu sein scheint, ist Verfall oder Trug" (Freyer 1929: 235).

Freyers methodologischer Grundsatz - die Historisierung aller, auch der allgemeinsten soziologischen Strukturbegriffe (1931a: 124-129) - ist verbunden mit einem neuen Geschichtskonzept der Emergenz, das im Gegensatz zu den emanatistischen oder evolutionären Entwicklungsmodellen des 19. jahrhunderts den Aspekt der Variation und Kontingenz in den Vordergrund stellt: In jeder Situation sind mehrere Möglichkeiten der Weiterentwicklung angelegt, und eine davon wird durch Handeln aktualisiert. Handeln bedeutet immer auch Entscheidung, denn es kann niemals alles aktualisiert werden, was in der Latenz angelegt ist. Das bedeutet auch, daß die gegenwärtige Situation niemals vollständig aus der vergangenen erklärt werden kann: es kann Entwicklungsbrüche, Gabelungen und Umwälzungen geben (Üner 1992: 49 ff.). Dieses Geschichtsmodell der Diskontinuität, das die schöpferische Aktualisierung durch die handelnde Gemeinschaft hervorhebt, wurde in der Leipziger Geschichts- und Sozialphilosophie bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts (Fechner, Wundt, Lamprecht) vorbereitet und von Hans Freyer, Schüler von Karl Lamprecht und Wilhelm Wundt, weiter entwickelt. Es ist theoretische Grundlage sowohl von Freyers politischen Schriften um 1933, als auch von Freyers Überwindung einer evolutionären Entwicklungsgeschichte zugunsten einer modernen sozialwissenschaftlichen Strukturgeschichte nach 1945 (Schulze 1989: 283 ff.)

Hans Freyer sieht seine politische Gegenwart nach dem Zusammenbruch des alten Europa im 1. Weltkrieg in einer Umwälzung, die dem Anbruch der Moderne nach der französichen Revolution vergleichbar ist, und in der sich die politische Gemeinschaft völlig neu zu bestimmen hat. Freyer ist also durchaus ein Theoretiker der Revolution, wie Rammstedt hervorhebt. Nur legt Freyer die Epochenschwelle nicht auf den Zeitpunkt 1933, sondern auf den Anbruch der industriellen Gesellschaft im 19. Jahrhundert mit ihren proletarischen Aufständen, der "Revolution von links", historisch gebunden an die Klassengesellschaft des 19. Jahrhunderts; Akteur war damals das Proletariat, das sich aus der materialistischen Entfremdung zu emanzipieren suchte. Nun, in der Gegenwart der Weimarer Republik, kündigt sich für Freyer die Antithese an: eine "Revolution von rechts" (1931b), die keineswegs gegen die Revolution von links gerichtet ist, sondern im Gegenteil diese im Sozialstaat der Bismarckzeit liquidierte, (26 f.), zu einer selbstläufigen Dialektik der Produktionsverhältnisse irrtümlich umgedeutete (10 f.) und zu einem Bekenntnis zur industriellen Welt umformulierte (41) Revolution dialektisch weitertreiben und vollenden soll; gerade die Eingliederung des Proletariats in das System der Industriegesellschaft habe die neue revolutionäre Kraft erzeugt (37). Akteur sei jetzt nicht mehr das Proletariat, das seine materiale Deprivation zu überwinden suchte, sondern das "politische Volk", das jetzt um die vorenthaltene politische Emanzipation kämpft und "die Geschichte des 20. Jahrhunderts freimachen" wird (5).

Nicht dezidiert genannte zeitgeschichtliche "Folie" Freyers war dabei sicher auch die russische Oktoberrevolution 1917, die weltweit mit Faszination betrachtet wurde. Die Sowjetunion verzeichnete in diesen Jahren erstaunliche industrielle Fortschritte, erschien 1931 als einzige politische Macht unbehelligt von der weltweiten Wirtschaftskrise und hat als Modell und Alternative gedient bei den Umstürzen der liberalen Demokratien in fast allen europäischen Staaten (Hobsbawm 1995: 99f.) In dieser Zeit erfolgte auch in der Sowjetunion eine Wendung der politischen Ziele von der sozialistischen Internationale zur Respektierung der nationalen Einheiten. Des weiteren erschien ein Jahr vor Freyers Revolution von rechts die "Theorie der permanenten Revolution" von Leo Trotzki (1930); es ist kaum von der Hand zu weisen, daß Freyer auch dazu eine Entgegnung intendierte. Freyer schließt sich außerdem einer damals weit verbreiteten öffentlichen Kritik an; den Parteien der Weimarer Republik wurde nicht nur von den Konservativen, sondern auch von der politischen Linken vorgeworfen, sie wären mit ihren Programmen im weltanschaulichen Gedankengut des 19. Jahrhunderts steckengeblieben und daher unfähig, die gegenwärtige Gesellschaft im Umbruch zu repräsentieren und deren Ziele politisch umzusetzen.

Freyers "politisches Volk" ist also ein revolutionäres Volk: "Nachdem die Gesellschaft ganz Gesellschaft geworden ist, alle Kräfte als Interessen, alle Interessen als ausgleichbar, alle Klassen als gesellschaftliche notwendig erkannt und anerkannt hat, erscheint in ihr dasjenige, was nicht Gesellschaft, nicht Klasse, nicht Interesse, also nicht ausgleichbar, sondern abgründig revolutionär ist: das Volk" (1931 b: 37). Eine berühmte dialektische Formel von Karl Marx aufnehmend, versteht Freyer das "Volk" als das "gründliche Nichts, von der Welt der gesellschaftlichen Interessen aus gedacht, denn in dieser Welt kommt es nicht vor; und das gründliche Alles, wenn man nach der Zukunft fragt, die dieser Gegenwart innewohnt" (44). Das Recht einer Revolution kann niemals durch eine Analyse der Stärkeverhältnisse bewiesen werden - "man kann ein Nichts nicht messen, und ein Alles auch nicht" - es gilt nur "Prinzip gegen Prinzip zu stellen: das Prinzip Volk gegen das Prinzip industrielle Gesellschaft" (44). Mit derartig polarisierender Dialektik wird immer eine genauere Definition, was nun "Volk" im Gegensatz zu "Gesellschaft" bedeuten soll, umgangen, ja vielmehr würde eine solche Definition für Freyer bereits den gefürchteten Rückfall in längst überholte wissenschaftliche Konzepte bedeuten; eine revolutionäre Entwicklungsdynamik kann nicht mit altbewährten Begriffen erfaßt werden. So muß Freyer das "aktive Nichts" als neues Prinzip der Geschichte vornehmlich mit negativen Bestimmungen einkreisen:

- Das "politische Volk" ist nicht Nation, wie das 19. Jahrhundert Volk verstanden und verwirklicht hatte, als Begriff, der "den Stolz auf das geschichtlich Erreichte, die Gewißheit des geschichtlichen Bestands und irgendeinen Willen zur Weltgeltung im zugemessenen Raum" versinnbildlichte. "Das Bewußtsein eines unendlich reichen geistigen Gemeinbesitzes schwingt mit. Alle Bildung schöpft aus diesem Besitz, und das Bekenntnis zu ihm verpflichtet zum treuen Festhalten an der geprägten geistigen Art, die ihn erwarb. Dieser Begriff des Volkes ist in der neuen Lage der Gegenwart überwunden." (51).

- Das "politische Volk" hat mit "Urvolk" ebenfalls nichts zu tun. Eine tiefer als der Begriff der Nation liegende Schicht: Volk als "Urkräfte der Geschichte [...], Geister, die der Natur ganz nahe waren[...], ein unmittelbares Dasein [...], Volk als Ahnungen und Verkündigungen [...], bleiben für Freyer lediglich als unspezifische Sedimente gültig und sollen als solche in den neuen Begriff des Volkes eingehen. "Nur ist zu sorgen, daß nicht auch diese Schicht als unverlierbarer Besitz und als naturhaft-selbstverständliches Sein erscheine"; denn dann wäre die Wirklichkeit die ungetrübte Darstellung dieser zugrundeliegenden Potenz, und Volk wäre "so etwas wie eine Weihnachtsbescherung" (51 f.), auch hier erlaubt Freyer keinen theoretischen Emanatismus.

Die positive Bestimmung als neues Prinzip der Geschichte ist auffallend vage - Freyer beschränkt sie auf Volk als "Sinn, der in der industriellen Gesellschaft aufgeht", als "lebendiger Kern, um den sich die Mittel des industriellen Systems zu einer neuen Welt zusammenfügen werden, wenn es gelingt sie zu erobern" (1931b:52); da vom neuen Prinzip Volk her eine totale Neuordnung der Welt erfolge, sei es nicht möglich, die Struktur dieses "werdenden Volkes" jetzt schon genau zu bestimmen. Gleichwohl stellt er der Soziologie drei konkrete Aufgaben: Es muß gefragt werden "erstens nach der Struktur des herrschenden Systems, innerhalb dessen sich die Revolution bildet; zweitens nach den Kräften, die sich an dem neuen Gegenpol aufladen, nach ihrer Herkunft und nach der Notwendigkeit, mit der sie ihm zuströmen; und drittens nach der Richtung, die diesen Kräften und ihrer Revolution innewohnt" (53). Die Richtung benennt er: "von rechts", jedoch wiederum nur negativ bestimmend, daß Volk zum einen keine Gesellschaftsklasse wäre, daß also rechts nicht die Fortsetzung der Revolution von links mit anderen Mitteln sein könne; zum anderen könne rechts auch nicht Reaktion heißen. Freyer nimmt den Begriff der Revolution beim Wort, wenn er immer wieder hervorhebt, daß die Revolution quer durch alle bisherigen Interessengegensätze hindurchbräche, weil hier ein umfassendes Freimachen aus dem alten Gesamtsystem und eine totale Umordnung nach einer neuen Generalformel stattfinde (54). Seine positive Definition des Schlagwortes "von rechts" ist ebenso vieldeutig: Emanzipation des Staates. Der Staat, der in der Epoche der industriellen Gesellschaft immer nur Beute, bestenfalls vorsichtiger Schlichter der Wirtschaft war, wird in der Synthese mit dem politischen Volk zum ordnenden Prinzip gegen die Industriegesellschaft. Auch von diesem neuen Staat gibt Freyer keine politische Struktur oder Ordnung an, aber sehr deutlich dessen Bedeutung als realer Faktor im Vollzug der Revolution: Die Revolution von rechts läuft über den Staat, nicht in dem Sinne, daß eine unterdrückte Gesellschaftsklasse sich des Staates taktisch bemächtige, um ihre gesellschaftlichen Interessen durchzusetzen; vielmehr das Volk wird Staat, erwacht zu politischem Bewußtsein, und als "politisches Volk" wird es zum selbständigen Prinzip gegen die wirtschaftlichen Interessen der Industriegesellschaft, ist also die neue, alles umordnende Generalformel (61).

Es ist ein Modell des plebiszitären Führerstaates13, die Freyers Arbeiten zum "politischen Volk" bis 1934 bestimmt. Ganz im Gegensatz dazu steht seine Schrift Pallas Athene: Ethik des politischen Volkes 1935, die bestenfalls eine Ethik des totalen Ausnahmezustandes genannt werden kann; mit dem "politischen Volk" im obigen Sinn hat sie nichts mehr zu tun. Dies erscheint nur noch als "Block des Volkes", an dem der Staatsmann wie ein Bildhauer arbeitet (1935: 98). Die Maximen dieser Ethik sind nicht mehr generalisierbar, vielmehr werden "Ethik" und "bürgerliche Moral" gegeneinander ausgespielt, wird dem "Gewissen aus der Welt des kleinen Mannes" ein Gewissen "mit politischem Format", eben Pallas Athene, die "Göttin der politischen Tugend" gegenübergestellt (30 f.), erinnert der Aufbruch in seiner Doppeldeutigkeit fatal an Vergewaltigung. Das folgende Freyersche Zitat reicht von der magischen Beschwörung bis zum blanken Zynismus und läßt kaum einen Interpretationsspielraum offen. "Immer handelt es sich darum, im Leben [...] ein neues magisches Zentrum aufzurichten, auf das die Menschen nun hinstarren, welcher Segen von ihzm komme oder welches Unheil. Das ist eine Vergewaltigung der menschlichen Natur, und die Menschen entgleiten der Politik immer wieder, weil sie mit ihren eigenen Dingen so viel zu tun haben. Aber die Leistung der politischen Tugend besteht darin, daß diese Vergewaltigung immer aufs neue gelingt, so gründlich gelingt, daß die Erde nicht bloß Wohnhäuser und nützliche Anstalten, sondern Tempel, Burgen und Paläste trägt. Aus dem arbeitssamen und verspielten Menschenwesen [...] eine Heldenschar zu machen für ferne Ziele, ihm, das gegen diesseitige Autoritäten im Grund skeptisch ist [...], den absoluten Glauben an die sichtbare Macht aufzuzwingen, ihm das so gerne lebt, den freiwilligen Tod zu versüßen , ihm eine neue Ehre einzupflanzen, die nur Opfer kostet, kurz diese weiche Materie in ein hartes Metall zu verwandeln, mit dem man stoßen und schlagen kann - das ist die merkwürdige Alchimie, die immer neu erfunden werden muß, wenn politisch etwas geschehen soll" (50 f.). Freyer scheint hier nichts weniger als sein eigenes Werk und seine Gelehrtenkarriere zu verraten, denn Die "Ethik des Willens" ist vor allem auch gegen die theoretische Vernunft gerichtet, die Ausschau nach dem Ganzen hält, und die Begründung sucht, damit aber die Tat begrenzen könnte. (21 f.). Aus der kritischen Sicht der Emigranten wurde diese Kombination von Desperado-Mentalität und hochgepriesener Fahnentreue mit den Verbrechen des Dritten Reiches in Verbindung gebracht - René König und Herbert Marcuse haben die politischen Konsequenzen klar herausgestellt (König 1975: 135 f., Marcuse 1936).

Dennoch ist nicht zu übersehen, daß es auch in dieser Schrift eine zweite Sichtweise gibt, aus der bereits die Enttäuschung über einen "zweitrangigen Principe", über die Geistlosigkeit der an die Macht gelangten nationalsozialistischen Bewegung und das Denken in "Räuberkategorien" zu entnehmen ist. "Es ist armselige Romantik zu glauben, daß in der politischen Welt der Instinkt den rechten Weg fände, und daß der Staatsmann um so genialer sei, je mehr er sich auf sein Gefühl statt auf seinen Verstand verlasse [...]" (112). Und eines erläßt die Göttin der politischen Tugend ihren Lieblingen nicht: "daß ihre Handlungen Adel. Reinheit und die Spannung des guten Gewissens haben [...] Wer beim ersten Schritt, den er aus der Welt der bürgerlichen Arbeit heraustut, dem Kitzel der Zwecke, die die Mittel heiligen, verfällt und sich höchst politisch dünkt, wenn er aus großen Niederträchtigkeiten eine kleine Intrige zusammensetzt, beweist damit nur, daß er lieber in der Welt der bürgerlichen Arbeit hätte bleiben sollen. [...] Ein Principe aus zweiter Hand ist immer nur eine traurige oder je nachdem eine lächerliche Figur" (30 f.) - das konnte kaum ein Aufruf zur Konsolidierung der 1935 gegebenen Verhältnisse sein. Eine Deutung dieser Schrift, die sich nicht zu einem konsistenten Bild zusammenschließt, ist ohne Nachweis der Adressaten, die Freyer ansprechen wollte, nicht möglich. Als Aufruf zur nationalsozialistischen Revolution kam sie 1935 um einige Jahre zu spät. Der von Freyer ursprünglich gewählte Untertitel Ethik der konservativen Revolution, der vom Verleger Niels Diederichs als zu brisant korrigiert wurde (Universitätsarchiv Jena), nennt allerdings die Adressaten. War die Schrift Antwort auf die Mordaktion der Gestapo und SS am 30. Juni 1934 an Ernst Röhm, Schleicher, Gregor Strasser und anderen Feinden, derer sich Hitler damit entledigt hatte - war sie konzipiert, um eine "Zweite Revolution" einzuleiten? Dafür spricht Freyers Stil, der mehr einem Kreuzzugsaufruf als einer ethischen Abhandlung entspricht, aber es gibt bisher keine Nachweise einer Verbindung Freyers zu dieser Gruppe. Freyer hatte nie Sympathien für die Wehrverbände der Parteien während der Weimarer Republik gehegt, und so wird er wohl kaum eine Unterstützung des Machtkampfes der SA bzw. Ernst Röhms gegen die SS intendiert haben. Welche konkrete politische Bewegung er mit der "Pallas Athene" zur Aktion aufrufen wollte, kann zur Zeit noch nicht nachgewiesen werden.

Diese Schrift stellt einen paradigmatischen Fall dar für die anfangs erwähnten "Abwehrmechanismen" des geistigen Schaffens in totalitären politischen Systemen. Als heimliche Botschaft einer Verschwörergemeinschaft konnte sie nur von den Eingeweihten entziffert werden. Sowohl René König (1975) als auch Herbert Marcuse (1936), die Deutschland verließen, haben sie als Fanfare für den Nationalsozialismus gelesen, und auch alle nicht zum engsten Kreis um Freyers zählenden Kollegen konnten sie nur als solche einschätzen. Die Schwierigkeiten der Interpretation liegen offenbar darin, daß hier Innen- und Außenperspektive weit auseinandertreten. Aus der Innenperspektive der Beteiligten verstanden, stellte die reine Willensethik mit ihren Kategorien "Tat" und "Entscheidung", die schon bei Fichte gewissermaßen als Kategorien des Widerstands literaturfähig gemacht worden sind, keineswegs eine Äußerung der politischen Reaktion oder eine Festschreibung der bestehenden Verhältnisse dar, sondern konnten die noch aufrechterhaltene Hoffnung in die Kraft des politischen Volkes oder eines echten politischen Führers beschwören. Das Verhängnisvolle daran ist, daß sowohl NS-Gegner wie NS-Kämpfer in der gleichen Umwelt an die gleichen Adressaten die gleiche Sprache sprechen mußten. Solange ihre Schriften noch in Deutschland publiziert wurden, konnten auch die Gegner ihre Botschaften nur in den gleichen Allegorien verstecken. Aus der Außenperspektive, entweder in der Emigration oder im zeitlichen Abstand, verliert man den Sinn für den zeithistorischen Kontext, sieht man keine Notwendigkeit, in Allegorien zu sprechen - also kann den Botschaften nur ihr aktueller Sinn, von außen gesehen, unterstellt werden; und der ist eben Aktivismus, Gewalt und Diktatur.

Für die Wirkungsgeschichte war Freyers Pallas Athene zweifellos die verhängnisvollste Schrift seines Gesamtwerkes, denn sie bildete die Folie, auf die seither Freyers Gegner sowohl seine frühen, wie auch die späteren Werke projizierten. Es wurde nicht mehr erkannt, daß Freyers Pallas Athene aus der werkimmanenten Entwicklung vollkommen ausbricht, daß er, wie oben dargelegt, zur gleichen Zeit die Reziprozität von Herrschaft und Volk konzipiert hat und die Aufgaben der Wissenschaft, entgegen der Pallas Athene, mit Verve vertreten hat. Deshalb soll nun die Betrachtung wieder zu dieser zurückkehren.



Die Stunde der Soziologie.

In der revolutionären Gegenwart, die diese neue Selbstfindung, Willensbildung und geschichtliche Leistung des Volkes verlangt, schlägt die Stunde einer qualitativ völlig neuen Wissenschaft, die Stunde der Soziologie: Im Freyerschen Konzept ist sie als bewußte wissenschaftliche Lebensgestaltung, Planung und Sozialtechnik der Nachweis dieses historischen Umschlags zu einem neuen Zeitalter der menschlichen Bewußtwerdung. Allerdings hat Freyer diesen Umschlag zur wissenschaftlichen Bewußtwerdung nicht auf den politischen Umbruch 1933 bezogen, wie seine Kritiker ihm vorwerfen (u.a. König 1987), sondern bereits in der Epoche der Aufklärung gesehen: Durch die emanzipatorischen geistigen Strömungen der Aufklärung ist Soziologie als Nachdenken der Gesellschaft über sich selbst erst möglich geworden - sie ist seitdem als "Wirklichkeitswissenschaft" systematisierte gesellschaftliche Selbsterkenntnis. Für seine Gegenwart formulierte Freyer daraus die große Erwartung, daß die Soziologie auch jetzt als Medium der politischen Emanzipation oder "Volkwerdung" fungiert; denn, indem sie mit der kontinuierlichen Selbstanalyse auch die ständige Neuformulierung gesellschaftlicher Ziele leistet und so das Substanzielle eines Zeitalters ausdrückt, treibt sie die Veränderungsprozesse als gesellschaftsimmanente Dialektik weiter und kann also den H

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lundi, 08 mars 2010 | Lien permanent

Ein heroischer Akt

Ein heroischer Akt

von Fabian Flecken

Ex: http://www.blauenarzisse.de/

 

Der Freitod Dominique Venners hat unter pragmatischen Konservativen Unverständnis hervorgerufen. Die Tat war kompromisslos: griechisch-​antik und damit ureuropäisch. Symbol der Haltung und der Hoffnung.

In den deutschen Medien hat der Selbstmord des rechten französischen Historikers in der mit Besuchern gefüllten Kathedrale Notre Dame ein äußerst unterschiedliches Echo hervorgerufen. Während in diversen Mainstream-​Publikationen die Meldung unter „ferner liefen“ rangierte und der Franzose zu einem extremistischen Wirrkopf abgestempelt wurde, entspannte sich im konservativen und rechten Spektrum ein reger und breiter Diskurs.

Der Opfergang Venners

Ohne die genannte Debatte in Gänze rekapitulieren zu wollen, sei dennoch gesagt, dass der benannte Begriff des Lackmustests durchaus angebracht erscheint. Die breite Spanne an unmittelbaren Reaktionen fiel ins Auge und scheint auf konträre innere Strukturen zu verweisen. Hier stellt sich jedem die primär vorrationale Frage, ob er ein Sensorium für den Opfergang Venners aufweißt, oder nicht.

Vereinfachend kann man sagen, dass, je liberaler, bürgerlich grundierter und christlicher der Hintergrund des jeweiligen Kommentators war, desto größer das Unverständnis für die Tat. Ganz anders sahen es die Kompromisslosen, Exzentriker und Lebenskünstler. Ob es nun in die Zeit sowie in bürgerliche Musterkarrieren passt, oder nicht: eine heroische Haltung fällt nicht in den Bereich der Pathologie, sondern gehört zu den edelsten Möglichkeiten des Menschen – insbesondere des Mannes. Der Kopfschuss von Notre Dame war ein heroischer Akt.

Die NS-​ferne Rechte in Europa sollte froh sein, ein gegenwärtiges Beispiel fremdartig-​souveräner Haltung dargebracht zu bekommen. Wer kann schon ernsthaft die Selbsttötung eines Überzeugten mit den sinnlosen Gewalttaten von Extremisten in einen Topf werden? In den vergangenen Jahren machten eher kriminelle Politchaoten mit Geheimdienstkontakten und perverse Massenmörder à la Breivik von sich reden und Unschuldige zu Opfern. Dominique Venner richtete seine Energie nicht gegen Unschuldige, sondern gab seinem Leben eine abschließende Form.

Ausdruck seiner Ethik der Ehre

Von Vorbild sprach er dabei nicht. Und darum geht es auch gar nicht. Es war sein Weg und eine Ausdrucksform seiner Ethik der Ehre, wie sein langjähriger Weggefährte Alain de Benoist betonte, der – das sei an dieser Stelle angemerkt – im Falle Venners sicherlich eine größere Autorität darstellt, als allzu besserwissende Ferndiagnostiker, denen jedes Gespür für das Absolute abgeht.

Ich will hier gar nicht auf diverse Belehrungen eingehen (was hätte er denn nicht noch alles produktiv mit seinem Leben machen können, welche Fleißkärtchen wären zu sammeln?), die bei einem alten Mann vom Format Venners unangebracht sind. Stattdessen ist Respekt für seinen Freitod einzufordern, den ich allein schon aufgrund des Stils der Tat auch politischen Gegnern ohne weiteres zugestehen würde.

Ein Fanal

Dennoch kann man natürlich fragen, ob diese Geste nicht sinnlos war und wo hier doch der Nutzen liege? Mal abgesehen vom bourgeoisen Unterton solcher Einwürfe, und dies angesichts einer sehr persönlichen Entscheidung, ist die Frage dennoch berechtigt.

Was hätte der 78-​jährige Historiker und frühere politische Aktivist stattdessen tun können, was es an Durchschlagskraft und Erschütterung mit seinem Fanal hätte aufnehmen können? Noch ein, zwei Bücher schreiben? Ein paar Interviews? Ein Sit-​in vor dem Élysée-​Palast? Sicher, alles ehrenwerte Dinge. Aber man muss gestehen, dass keine der Alternativen eine vergleichbare Wucht gehabt hätte.

Man spürt, wie alltäglich die möglichen Optionen im Vergleich zur erschreckenden Tat wirken. Das kann verstören. Es bedeutet keinesfalls, dass dies der Weg schlechthin sei. Die Wirkungskraft des „Opfers“ wird aber zum historischen Faktum, das nicht zu bestreiten ist. Klar ist, dass aus solchen Ereignissen ein schöpferisches Elixier gewonnen werden kann, um kommende Aufgaben überhaupt bewältigen zu können. Man wird sehen, was sich in unserem Nachbarland diesbezüglich entwickelt – oder auch nicht.

Hoffnung und Haltung

Generell wäre es schlichtweg absurd, die zahllosen historischen Beispiele der Verbindung von Opfer, Blut und Mythos aufzuzählen, da es sich um eine menschliche Konstante handelt. Sie schufen erst eine Identität, die unser heutiges Sein ermöglicht hatte und sind unverändert imstande, Ehrfurcht zu erwecken. In seinem veröffentlichten Abschiedsbrief nimmt Venner ausdrücklich Bezug auf die uralten Wurzeln unseres Kontinents. Es scheint, als wäre sein Opfer eine Mischung aus persönlichem Dienst und dem Wunsch nach Anknüpfung und Auffrischung jener Kräfte, die unsere Kulturen schufen.

Genug der Worte. Einige schüttelten den Kopf ob der letzten Geste des Jünger-​Anhängers. Egal, es bleibt so oder so eine persönliche Tragödie. Eben griechisch-​antik und damit ureuropäisch. Dominique Venners letzte Minuten sowie die Tat in der Kathedrale waren kein Symbol der Aufgabe. Sie machen Hoffnung und schaffen Haltung. Ehrt ihn!

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jeudi, 06 juin 2013 | Lien permanent

George Santayana

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150. Geburtstag George Santayana

Ex: http://www.sezession.de

(Text aus dem Band Vordenker [2] des Staatspolitischen Handbuchs, Schnellroda 2012.)

von Till Kinzel

Santayana war ein Denker sui generis, der verschiedene Denkströmungen zusammenbrachte, die man gemeinhin als inkompatibel betrachtet.

PT-AK480_BRLede_DV_20081217173514.jpgEr war z. B. Materialist und Atheist (Naturalist), schätzte aber die religiösen Traditionen des Katholizismus. Santayana kam während seines Studiums in Berlin in Berührung mit dem Werk Schopenhauers, über den er auch seine Dissertation schreiben wollte. Dies wurde ihm jedoch von seinem Doktorvater in den USA verwehrt. Die starken ästhetischen Interessen Santayanas wurden aber durch die Lektüre Schopenhauers gefördert – sein frühestes Werk, das sich auch gegen Kant richtete, unternahm bereits eine Verteidigung des Sinns für Schönheit (The Sense of Beauty, 1896).

Die akademische Karriere an der Harvard-Universität, wo u. a. T. S. Eliot [3] und Robert Frost zu seinen Studenten gehörten, gab er 1912 auf und siedelte nach Europa über. Seit den zwanziger Jahren lebte er nur noch in Italien. Politisch hatte Santayana, weil er Ordnung über Chaos stellte, situationsbedingt durchaus eine generelle Sympathie für das innenpolitische Ordnungskonzept des frühen italienischen Faschismus [4] (siehe dazu den wichtigen Brief vom 8. Dezember 1950 an Corliss Lamont). Er hielt aber Mussolini für einen schlechten Menschen und dessen kriegerische Außenpolitik für fatal. Santayana wandte sich grundsätzlich gegen die politischen Erscheinungsformen der modernen massenpolitischen Systeme, wozu seiner Meinung nach auch der Amerikanismus gehörte. Es erschien ihm dagegen wichtig, aristokratische Elemente in der Gesellschaft zu bewahren, die für ihn mit der Vernunft in der Gesellschaft unbedingt vereinbar waren, wie er in The Life of Reason (1905–06) erklärte.

Santayanas ambivalentes Verhältnis zur Religion läßt sich von seiner Ästhetik her aufschließen. Denn Santayana denkt zuerst über die Kunst nach, bevor er die Religion aus ihrer Nähe zur Kunst her genauer in den Blick nimmt. Dabei hat er zunächst ein starkes Gefühl für die Notwendigkeit einer »Apologie der Kunst«, die Santayana durch den Beweis liefern möchte, daß »die Kunst zum Leben der Vernunft gehört«. Diese Verteidigung der Kunst ist notwendig, weil die Kunst aufs engste mit etwas verbunden ist, das man Verzauberung nennen kann und eben deshalb auch gefährlich ist. Denn, so Santayana, »Berauschtheit ist eine traurige Angelegenheit, zumindest für einen Philosophen «. Es ist demnach für Santayana eine philosophische Notwendigkeit, sich mit der Kunst als einer potentiellen Rivalin der Philosophie auseinanderzusetzen. Santayanas ästhetische Präferenzen dienen ihm als Ausgangspunkt für eine Reflexion auf die »Ursachen und die Feinde des Schönen«, was wiederum zu der politischen Frage führt, im Schutze welcher Mächte das Schöne gedeihen kann und unter dem Einfluß welcher Kräfte esdahinwelkt. Positiv werden jene Einflüsse gewertet, die die Entfaltung von Möglichkeiten fördern, während die negativen Einflüsse feindselige Umstände hervorbringen.

Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Formen im politischen Leben erweist sich als die zentrale Aufgabe der politischen Philosophie im Sinne Santayanas, die vor allem in seinem Werk Dominations and Powers (1951) niedergelegt ist. Santayana steht insofern in der Nachfolge Spinozas, als er die Geschicke der Menschheit unter der Perspektive der Ewigkeit, sub specie aeternitatis, betrachtet. Er dachte dabei auch intensiv über den Wandel der politischen Ereignisgeschichte und der politischen Systeme nach, die er mit einer gewissen Distanz beobachtete, was ihn deutlich von den auf klare praktische Ziele ausgerichteten modernen Philosophen unterschied. Er lehnte deshalb auch entschieden die Projektemacherei von modernen Propheten à la Ezra Pound [5] ab. Platonisch war Santayanas Einsicht, daß eine uneingeschränkte Ernsthaftigkeit in menschlichen Dingen immer unangebracht sei. Eine große literarische Darstellung seiner Weltanschauung jenseits von Tragödie und Komödie bietet Santayanas Bildungsroman The Last Puritan (Der letzte Puritaner, 1936).

Santayanas politische Philosophie gehört in die skeptisch-realistische Tradition von Aristoteles über Montaigne, Locke und Hume bis zu Oakeshott [6], die sich um ein Verständnis der Grundlagen einer freiheitlichen Politik bemühten. Auch wenn er Machiavellis Ansatz ablehnte, anerkannte er dessen genuine Einsichten in die Welt der Politik und lobte ihn dafür, daß er den Tatsachen ins Auge sah und sie freimütig zum Ausdruck brachte. Santayana teilte diese Sicht und sah selbst sehr scharfsichtig, welches Gefahrenpotential z. B. in jenen »sentimentalen Banditen « schlummert, die sich einem falsch verstandenen Humanitarismus verschreiben: »Er raubt und mordet nicht zu seinem eigenen Nutzen, sondern für die Größe seines Landes oder die Befreiung der Armen.«

Santayana stand dem Liberalismus sehr kritisch gegenüber, da dieser sich weigerte, alles das zur Kenntnis zu nehmen, was es über Politik und Kultur zur Kenntnis zu nehmen gebe. Die Liberalen erschienen nach Santayana auf der Bildfläche, wenn »eine Kultur ihre Kraft verausgabt hat und rasch absinkt«. Die Liberalen würden in ihrem Bestreben, die Kultur zu reformieren, unter einer spezifischen Blindheit leiden, da sie die (nichtliberalen) Grundbedingungen dessen, was sie wertschätzten, nämlich geistige und künstlerische Errungenschaften, nicht erfaßten.

Schriften: The Sense of Beauty, New York 1896; The Life of Reason, 2 Bde., London 1905–06; Scepticism and Animal Faith, New York 1923; Der letzte Puritaner, München 1936; Die Spanne meines Lebens, Hamburg 1950; Die Christus-Idee in den Evangelien, München 1951; The Letters of George Santayana, hrsg. v. Daniel Corey, New York 1955; Dominations and Powers. Reflections on Liberty, Society and Government, Clifton 1972; Interpretations of Poetry and Religion, Cambridge, Mass. 1989; The Essential Santayana. Selected Writings, hrsg. v. Martin A. Coleman, Bloomington 2009.

Literatur: Thomas L. Jeffers: Apprenticeships. The Bildungsroman from Goethe to Santayana, New York et al. 2005; Till Kinzel: The Tragedy and Comedy of Political Life in the Thought of George Santayana, in: Limbo 29 (2009); John McCormick: George Santayana. A Biography, New York 1987; Paul Arthur Schilpp (Hrsg.): The Philosophy of George Santayana, Evanston 1940; Irving Singer: George Santayana. Literary Philosopher, New Haven 2000.


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[2] Vordenker: http://antaios.de/detail/index/sArticle/1116/sCategory/9

[3] T. S. Eliot: http://www.sezession.de/40896/125-geburtstag-t-s-eliot.html

[4] frühen italienischen Faschismus: http://www.sezession.de/2339/faschismus-links.html

[5] Ezra Pound: http://www.sezession.de/3552/autorenportrait-ezra-pound.html

[6] Oakeshott: http://antaios.de/gesamtverzeichnis-antaios/restposten-/1148/michael-oakeshott.-philosoph-der-politik?c=12

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mardi, 24 décembre 2013 | Lien permanent

Carlo Costamagna: un illustre sconosciuto del ‘900 da riscoprire

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Carlo Costamagna: un illustre sconosciuto del ‘900 da riscoprire

 
In attesa della conferenza di sabato 3 Ottobre , presso la libreria di Raido, scopriamo la figura e il pensiero di Carlo Costamagna, tramite anche l’ausilio dell’ultimo  libro scritto da Rodolfo Sideri
L’Umanesimo nazionale di Carlo Costamagna

a cura della Redazione

Ex: http://www.azionetradizionale.com

In un’epoca di “democrazia liquida”, di sovranità limitata e quant’altro, parlare del pensiero politico di Carlo Costamagna significa entrare a gamba tesa sulle categorie moderne del politico. Ed è proprio questo il merito di Carlo Costamagna: oggettivizzare in forma giuridica e politica quella “rivolta contro il mondo moderno” che rischia, altrimenti, di essere un’inattuabile visione del mondo.

E’ questo, perciò, il merito dell’ultimo libro di Rodolfo Sideri – “L’Umanesimo nazionale di Carlo Costamagna”  che riscopre questo illustre sconosciuto del ‘900, e riporta alla luce pagine importantissime della sua troppo poco nota opera. Opera riedita in minima parte, ma comunque fondamentale e da conoscere.

Tutta l’opera di Costamagna parte da un quesito: avrebbe potuto, il Fascismo, sorto grazie agli irripetibile eventi della Prima Guerra Mondiale, superare le contingenze temporali che lo avevano informato per divenire dottrina a-temporale dello Stato? E’ per questo che Costamagna cerca di definire la “dottrina fascista dello Stato”. Infatti, non è di “scienza” bensì di “dottrina” che devesi parlare nei confronti dello Stato. Lo Stato non è mera organizzazione politica: è “ordine” che contiene la diseguaglianza intrinseca di chi lo compone. E’ “ordine” poichè fondato su di una visione superiore: non un contratto sociale, semmai, reciproca subordinazione ad una volontà superiore e formatrice.

“Fascismo” è per Costamagna perciò un movimento “restauratore” della vera Idea di Stato (e di Uomo). Per questo Costamagna si batte in seno al Fascismo cercando spazio e consenso alle sue idee. Idee radicali, forse troppo per un movimento rivoluzionario divenuto prima regime e poi, in alcuni casi, burocrazia statolatrica. Costamagna propugna idee che lo rendono antipatico a chi aveva fatto carriera col Fascismo: invoca la formazione di una élite che vada al comando, integralmente fascista; invoca la funzione temporanea dello stesso “duce”, subordinata all’affermazione del vero Stato, secondo il leitmotiv diffuso fra i fascisti più intrepidi: “Deve essere Mussolini a servire il Fascismo, e non il Fascismo servire Mussolini

Lo Stato è realtà a sè, non è un “fatto giuridico”. E’ realtà irriducibile. Ed in Costamagna la concezione dello Stato diventa tutt’uno con quella dell’uomo: perché a quell’uomo avente dimensione spirituale ed integrale non potrà che corrispondere uno stato analogo.

Costamagna afferma, di conseguenza, la superiorità dello Stato su tutto: nazione, popolo, diritto stesso. Lo Stato è autosufficiente, è principio generatore. Si oppone così alla visione contrattualistica che pone l’individuo, ed il razionalismo, a fondamento dello Stato. E’ la riaffermazione totale del principio virile ed aristocratico della politica. La grande politica, potremmo dire.

Costamagna si schiera contro l’illuminismo, il liberalismo ed il positivismo in genere. E va oltre. La sua acuta analisi lo porta a comprendere che è proprio nella frattura, già segnalata da Evola e Guenon, determinata dal razionalismo e poi proseguita con Umanesimo e Rinascimento, che stanno i motivi della decadenza attuale.

Le pagine di Costamagna sulla sovranità sono una anticipazione beffarda al triste destino delle nazioni europee post-1945. Il vero Stato o è sovrano o non è. E’ uno schiavo eunuco, lo stato senza vera sovranità.

La questione del “bene comune” invece – un vero e proprio mantra del liberalismo e dell’individualismo moderno – secondo Costamagna si può risolvere solo alla luce di un’esperienza e d’una visione spirituale. Dove, però, per bene comune si intende un bene “politico”, e non misurabile secondo i criteri edonistici della felicità o, peggio, quelli economicistici della ricchezza.

Non è questa la sede per affrontare la biografia politica di Costamagna, che meriterebbe dei capitoli a parte che neanche il libro di Sideri, nella sua economia complessiva, può affrontare se non di sfuggita. Molto ci sarebbe da dire in merito al capitolo del rapporto con Gentile ed Evola. Rispetto al primo, non possiamo che ribadire e sottoscrivere le posizioni di Costamagna contro quell’idealismo liberale di Gentile che nulla aveva a che realmente spartire con il Fascismo. Ricordiamo di sfuggita che solo per un limite del Fascismo, che non seppe o non volle essere coerente con le sue premesse rivoluzionarie, non si apportò nella cultura politica quella spinta radicale che invece uomini come Costamagna, ardentemente fascisti – della “prima ora”, a differenza di Gentile – invocavano a gran voce. Gentile dagli anni ‘30, cioè dopo il consolidamento istituzionale del Fascismo, non ebbe vita facile, bersagliato com’era dall’eterogeneo mondo degli anti-idealisti fascisti.

Quanto al rapporto con Evola, parlano abbastanza le collaborazioni alla rivista di Costamagna “Lo Stato”. Inoltre, un capitolo a parte, pressoché sconosciuto, meriterebbe il progetto che nel secondo dopoguerra avrebbe visto Evola, su incarico di Berlino, costituire delle “uova del drago” a Roma all’indomani della conquista alleata. A tale progetto Costamagna avrebbe partecipato attivamente ma, altro non è dato sapere.

Capitolo a parte, su cui si sofferma Sideri, è dedicato ai rapporti fra Costamagna e la Rivoluzione Conservatrice germanica (austriaca e tedesca), nei rapporti con Spann e Schmitt in particolare. L’economia dell’opera non ha consentito di approfondirli ma, pure, Sideri sottolinea alcuni aspetti di convergenza e di divergenza che ci fanno dire come Costamagna abbia superato (positivamente) alcuni limiti di entrambi i filoni. Anche sul grandissimo Carl Schmitt, Costamagna infatti segna il punto, soprattutto circa le differenti vedute in merito al cosiddetto Führerprinzip.

Non male per un illustre sconosciuto

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jeudi, 01 octobre 2015 | Lien permanent

Da ”Ordem Natural” à ”Auto-Organização” ou a Vigência da Idéia Orgânica

Da "Ordem Natural" à "Auto-Organização" ou a Vigência da Idéia Orgânica
 
por José Agustín Vásquez
 
 
O organicismo, um fantasma?
 
"A idéia orgânica", à primeira vista, aparece como um vasto e pouco definido campo de exploração ideológica. Onde escuta-se hoje mencionar a idéia orgânica? Na imensa estepe democrática e igualitária, onde já nada nem ninguém tem sentido enquanto célula de um organismo social, senão somente em sua qualidade de número, igual a outros, haveria lugar para uma concepção orgânica da sociedade?
 
Hoje por hoje, os politólogos e cientistas políticos, que assistem deslumbrados à decadência do socialismo no oceano da democracia liberal e do capitalismo, somente poderiam conceber ao organicismo como a fórmula ideológica própria do fascismo de entreguerras, esmagado e rechaçado pela história, ou bem certa forma de organização social reacionária própria da Idade Média (por tanto, retrógrada, obscurantista) e contra a qual alçou-se o Terceiro Estado em 1789 para proclamar os sagrados e eternos príncipes da Liberdade, da Igualdade, e da Fraternidade, ao tempo que, com a lei Le Chapelier, arrasava com as potestades sociais e corporativas, em nome da liberdade de associação. Mais além dessas interpretações reducionistas não encontramos nenhuma tentativa de uma releitura objetiva da concepção orgânica, nem de uma renovação do discurso corporativista entre os que poderiam considerar-se seus "herdeiros", salvo notáveis exceções (que já encarregar-nos-emos de assinalar); a partir do tronco neofascista na Europa, as chamadas "direitas nacionais", que desenvolvem uma tática entrista no sistema parlamentar, ou o interessante fenômeno intelectual que resolveu chamar-se a "Nova Direita", que tenta criar um projeto de influência metapolítica sobre a sociedade.
 
Por sua parte, o tradicionalismo católico, preferencialmente o hispano, produtor de uma multitude de pensadores no passado, encontra-se hoje atrofiado no conservadorismo ou desnaturalizado em suas essências doutrinárias. Em definitiva, o discurso orgânico ou corporativo pareceria ter passado à história das idéias políticas. Enquanto presença nas estruturas políticas contemporâneas, é inegável que este pura e simplesmente, não existe, ou bem aparece, como o musgo entre as pedras, como uma excrecência parasitária de estruturas alheias por inteiro à cosmovisão na qual o organicismo insere-se. O ponto está, então, em verificar sua vigência, sua realidade sociológica e sua capacidade de assumir, como método de análise e como concepção capaz de guiar o caminho das comunidades humanas, a complexidade dos processos sociais e do devir histórico.
 
Porém, antes de verificar tal hipótese, é necessário orientar o leitor em relação ao significado da idéia orgânica, de seu desenvolvimento histórico e das concepções teóricas que desde essa perspectiva formularam-se.
 
Origens Teóricas
 
Podemos encontrar as primeiras concepções teóricas guiadas pela idéia orgânica já em Platão e Aristóteles. O primeiro, na República, afirma que "a cidade bem constituída pode comparar-se a um corpo que participa do prazer e da dor de seus membros. E suas três classes - os governantes, os guerreiros e os artesãos - são como órgãos que cumprem funções diversas do organismo estatal". Por sua parte, Aristóteles compara a cidade com o ser vivo, composto de elementos. Ambos filósofos, como indica-o Gonzalo Fernández de la Mora, não "afirmam o organicismo em sentido estrito e real; porém entranham uma imagem antropomórfica do Estado que inicia um milenar paralelismo doutrinário dos organismos biológicos com os sociais" (G. Fernández de la Mora. Os teóricos esquerdistas da democracia orgânica).
 
Esta origem teórica milenar não aparece como uma formulação "ideológica", no sentido de uma preconcepção que tenta ser imposta ao ente social senão que constitui o reconhecimento de uma ordem que, por essas épocas, era muito fácil distinguir; uma ordem que, baseada na harmonia das partes que conformam a sociedade, reconhece as naturais hierarquias entre os homens e entre as instituições. Uma cosmovisão muito distinta à moderna, permite a subsistência milenar desta ordem alheia às idéias lineares de desenvolvimento ou progresso. Esta ordem milenar da tradição persistirá, surgindo já na escuridão do paleolítico, para prolongar-se ao longo de grandes ciclos históricos e de culturas muito diversas. Assim, encontramo-a presente na Antiguidade grecolatina, nos povos germânicos e celtas como também nas altas culturas americanas precolombianas, e estender-se-á sem maiores variações ao longo do período histórico ocidental chamado "Idade Média", já dominado pela mensagem cristã, porém que assumiu os valores externos das civilizações tradicionais. Encontramos no mundo medieval um dos momentos de ápice da concepção orgânica, manifestada tanto nas formas que assume a comunidade como em suas manifestações físicas. Assim, "na cidade medieval experimenta-se um sentimento de biologia perfeita, de harmoniosa correspondência entre a forma - soma de esforços convergentes a um mesmo fim - e a comunidade urbana em si mesma. Vemos uma incorporação sutil de elementos diversos, unificados desde o interior pela unidade espiritual que vincula à Comunidade. Estamos em um dos ápices da arte urbana: a da arquitetura orgânica, e do ser urbano: a da comunhão". (Ciudad de los Cesares Nº2: "O urbanismo, desde uma perspectiva orgânica"). A sua vez as teorias medievais da sociedade assumem formas decididamente orgânicas: "Uma construção orgânica da sociedade humana era tão familiar ao Medievo como era-lhe alheia uma construção mecânica e atomista" (O. Giercke: Das deutsche Genossenschafsrecht). Tomás de Aquino, Tolomeu de Lucca, e outros teólogos, assentam as bases de uma concepção organicista a partir de seus postulados teológicos. A sua vez, os doutrinadores políticos extraem as consequências práticas destes postulados. Entre eles Marsilio de Pádua, que refere-se aos estamentos, associações e grêmios (agricultores, artesãos e comerciantes), ou Nicolás de Cusa, que propõe um esquema quase parlamentar, no qual "os distritos eleitorais são membros orgânicos e corporativos de um povo articulado" (Nicolás de Cusa: De concordantia Catholica).
 
A comunidade política medieval construía-se através de âmbitos espaciais (família, paróquia, município, feudo, reino e império) que integravam-se sucessivamente; e âmbitos funcionais (grêmios, estamentos, confissões, culturas e Estados) articulados de modo recíproco e, com frequência, escalonado, ninguém era igual a outro, cad um era ele mesmo com sua determinada circunstância. Esta magna construção histórica sofrerá o embate de duas ofensivas: a Reforma e a Revolução. Entre os teólogos espanhóis da Contrarreforma, aparecem alguns, como Francisco Suárez adeptos à concepção orgânica do Estado: "A comunidade humana é como um organismo que não pode subsistir sem diversos ministros e categorias de pessoas que são como vários membros" (F. Suárez, Defensor Fidei).
 
A Reforma e o protestantismo entranham a dissolução da religiosidade orgânica, na qual o crente religa-se a Deus e às Escrituras através do magistério e da tradição. O livre exame luterano deixa-o sozinho diante dos textos, proclamando um absoluto individualismo intelectual, ao qual agrega-se um individualismo moral (a justificação pela fé), e um individualismo político, na qual o sacerdote já não é um supervisor carismático, senão um igual, encontrando-se o crente sozinho diante de Deus.
 
Com a revolução francesa, a investida contra a antiga sociedade orgânica alcança sua máxima intensidade. A Comunidade política, segundo os postulados de Locke e Rousseau, nasce de um pacto entre iguais que partilham a soberania. O cidadão, sem corpos intermediários entre ele e o Estado, exerce mediante o sufrágio universal inorgânico sua mínima fração de poder. É o atomismo abstrato frente ao organicismo concreto. Este último, despojado de seu caráter de cosmovisão "consensual", começa a percorrer diversos caminhos. Na Alemanha encontramo-nos, paralelamente com o chamado "romantismo político", com o organicismo restauracionista, representado por figuras como Herder, Fichte, Novalis, Schlegel e Savigny, entre outros. Rechaçam o individualismo, o pactismo social, o racionalismo e a democracia inorgânica, afirmando ao invés, os grêmios, o naturalismo social, as minorias, os sentimentos, a representação estamental e corporativa. A extensa obra destes autores e sua programa institucional foram derrotados pelos princípios revolucionários; razão pela qual não são suficientemente conhecidos ou valorizados.
 
Hegel, por sua parte, deve ser considerado um organicista metafísico, e sua teoria da sociedade e do Estado é manifestamente organicista: "A sociedade civil deve designar a seus representantes não dispersa em individualidades atômicas que somente reúnem-se para um ato isolado e ocasional, senão em associações (Genossenschaften), prefeituras (Gemeinden) e Corporações (Korporationen)" (G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechtes). A idéia de representação em Hegel, ainda que tendencialmente corporativa, mantém as grandes linhas do estamentalismo tradicional.
 
Do organicismo social que vai-se perfilando surgirão duas versões posteriores, a sociológica e a corporativa. A primeira mantém-se em um plano acadêmico, sendo seus representantes mais destacados Spencer, Fouillé, Lilienfeld e Kjellen, entre outros. Potencializada pela influência do darwinismo, a sociologia organicista verá sua época de ouro na segunda metade do século XIX, e chegará até o período de entreguerras, em que o organicismo social entrará em sua nova etapa: o corporativismo, representado por figuras como Renán, Giercke, Oliveira Martins, Durkheim, Mosca, Duguit e Spann, que enlaçou com os medievais e românticos e conectou com as tradições nacionais. Em Portugal (1923 - 1973), Itália (1922 - 1945) e Espanha (1936 - 1976) fez-se teoria e prática, em diversas circunstâncias históricas e sociais, e com resultados desiguais. A história destes regimes e do desenvolvimento dentre deles das concepções orgânicas e corporativas permite um desenvolvimento muito mais amplo que não é o objetivo desse trabalho.
 
 
Paralelamente a este desenvolvimento histórico, as tendências organicistas católicas lograram um importante com pensadores como Brañas, Vásquez de Mella, Donoso Cortés, Aparisi Guijarro, etc. Vásquez de Mella, por exemplo, destaca a existência da soberania social que é "um conjunto de direitos naturais que projetam-se perante o Estado (soberania política) para ser respeitado e cumpridos, desta maneira as sociedades intermediárias entre a família e o Estado, vem a ser as manifestações orgânicas da soberania social e portanto constituem poder por si mesmas" (Citado em Osvaldo Lira, Nostalgia de Vásquez de Mella). Na Espanha, igualmente cativaram as teorias políticas de Enrique Ahrens, catedrático e político alemão (1808 - 1879), discípulo de Carlos Cristian Krauss (1781 - 1822). Sua obra Curso de Direito Natural gera na Espanha uma escola de pensamento organicista de tendência laica e esquerdista, cujos representantes mais destacados foram Sanz del Rio, Salmerón, Giner de los Ríos, Pérez Pujol, Posada, etc. O chamado "Krausismo", ou escola de Krauss, constitui a raiz da linha sóciopolítica que deriva nos corporativismos do segundo terço do século XX na Europa. A sociedade é, para Ahrens, "um grande organismo que compreende um conjunto de sistemas e de organismos particulares, sendo esses organismos particulares ou esferas sociais de dois tipos: os territoriais (família, município, região, nação, etc.) e os funcionais, (ordem jurídica, religiosa, moral, científica, artística, educativa e econômica)".
 
Já no século XX encontramo-nos com um amplo desenvolvimento teórico e prático: as construções institucionais do fascismo na Itália,  do integralismo português ou do nacional-sindicalismo na Espanha recolheram as diversas teorias que circulam. Filósofos e pensadores de grande relevância aprofundaram-se na teoria organicista do Estado.
 
Os italianos Gentile, Spirito e Bottai, o romeno Manoilesco, o austríaco Spann, e muitos outros interessam-se e desenvolve as teorias orgânicas corporativas do Estado. Gentile e Spirito, com sua concepção do "Estado Ético", ou a "societas in interiore homini"; Manoilesco caracterizando o corporativismo como aquela forma de organização social cuja essência é a solidariedade nacional; Oliveira Salazar tentando realizá-lo na prática em Portugal; no Chile, Guillermo Izquierdo Araya em sua Racionalização da Democracia, tentando precisar aquele conceito de "democracia funcional" que implique "uma transformação integral no econômico e no social que trará logicamente uma morfologia nova do Estado".
 
A Perspectiva Tradicional
 
Esta concepção do organicismo, que poderíamos chamar sociopolítica, não contrapõe-se fundamentalmente com a perspectiva que chamaremos "tradicional" (para diferencia-lo daquela "tradicionalista", que tem seu discurso próprio e autônomo). Para Julius Evola, a idéia orgânica pertence a essa ordem de idéias que, em uma civilização "normal" (entendamos por isso uma civilização tradicional) tem um caráter real-constitutivo, enquanto que nas civilizações em crise somente tem um caráter ideal-normativo ("o que é" frente a "o que deve ser"). Para Evola, esta idéia tem uma orientação "desde e para o alto". Esta tensão "garante o caráter normativo e suprahistórico que confere à idéia tradicional uma perene atualidade". A idéia orgânica não é, pois, produto de uma especulação filosófica, e teve vigência na realidade histórica de uma série de grandes civilizações e sociedades, o que não obsta que a idéia possa ser permanentemente separada de suas encarnações contingentes para preservar sua permanência como modelo de novas estruturas existenciais, "diversas porém homólogas" às anteriores.
 
Para Evola, em todo Estado tradicional à idéia central une-se um correspondente princípio positivo de soberania e de autoridade. Pois a idéia orgânica não abarca somente a relação das partes entre si, senão também a das pa

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dimanche, 13 novembre 2011 | Lien permanent

Karel Martel en de Slag bij Poitiers

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Karel Martel en de Slag bij Poitiers

Deze Frankische koning is over het algemeen onbekend. Toch heeft Europa zeer veel aan hem te danken. Het was immers Karel Martel die de moslimopmars in Europa een halt toe riep en daarmee de tot dan toe de onoverwonnen legers van de Islam een eerste beslissende nederlaag toebracht. Zonder deze overwinning had de wereld er totaal anders uitgezien en was er van het huidige Europa met onze normen en waarden, cultuur en andere verworvenheden totaal geen sprake geweest.

Leven van Karel Martel

Karel Martel werd geboren in Herstal (in het huidige Wallonië) op 23 augustus 676. Hij was een onwettige zoon van Pepijn II en zijn concubine Alpaida. Karel werkte zich op boven zijn jongere halfbroers, de Pepiniden en andere rechtmatige erfgenamen van Pepijn II.

In de onzekere toestand na de dood van Pepijn II in 714 had de Friese koning Radboud Utrecht heroverd op de Franken en met zijn vloot in 716 zelfs Keulen bedreigd tijdens de Slag bij Keulen, die de Friezen wonnen. Karel Martel zijn eerste overwinning als aanvoerder van het Frankische leger kwam in 716 in de Slag bij Amel. Daar versloeg hij de Neustrische koning Chilperik II door hem te overvallen met een hinderlaag. In 717 maakte Karel Martel zich van de totale macht meester en werd koning der Franken. Het jaar daarop verdreef hij de Saksen en won waarschijnlijk zo ook Utrecht terug. Toch was dit alles slechts klein bier ten opzichte van wat hij nu moest gaan presteren.

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samedi, 30 mai 2009 | Lien permanent | Commentaires (1)

Der Monismus und Bruno Wille

Der Monismus und Bruno Wille


von Erik Lehnert (Friedrichshagen)

Ex: http://www;friedrichshagener-dichterkreis.de/

Monismus%2.jpgMan muß es so hart sagen: Bruno Wille war weder ein originärer Denker noch ein Philosoph. Damit könnten seine Veröffentlichungen beiseite gelegt und die Person den Lokalhistorikern überlassen werden. Aber die Beschäftigung mit dem Denken Willes ist trotz alledem aufschlußreich. Was seine Schriften erinnernswert macht, ist die Tatsache, daß sie an den weltanschaulichen Auseinandersetzungen der Zeit teilgenommen und so den Zeitgeist gleichzeitig reflektiert, mitgeformt und bekämpft haben. Dabei war Wille Teil einer zeitbedingten Denkströmung, die sich, trotz "fortschrittlicher" Gesinnung, dem Materialismus der Zeit entgegenstellte, wenn auch oft mit zweifelhaften Positionen und Erfolgen. Wille läßt sich aber in einen ewigen Zusammenhang der Philosophie bringen. Er gehört, wenn auch lediglich rezipierend, zu den Bemühungen um eine einheitliche Weltanschauung, die das Denken von Anfang an begleiteten.

Der Monismus ist eines von jenen Schlagwörtern, denen keine eindeutige Definition mehr zukommt, die im Laufe ihrer Begriffsgeschichte manigfaltige Umdeutungen ertragen haben, die sie heute nicht mehr ohne weiteres anwendbar machen. Das griechische "monon", das Eine, ist die Wurzel des Monismus, das durch die Erweiterung zu einem "Ismus" den Charakter einer Lehre von der Einheit bekommt. Bei vielen "primitiven Kulturen" ist die Wahrnehmung monistisch: die Welt ist von Kräften regiert, denen alles unterworfen ist. Auch der Brahmanismus und der Taoismus sind von einem metaphysischen Monismus bestimmt. Das philosophische Ringen um eine solche Weltanschauung ist als Gegenstück und Ergänzung zum Dualismus ebenso alt wie die Philosophie selbst, der Begriff hingegen ist ein Kind der Aufklärung. Beide kommen menschlichen Grundbedürfnissen nach: Der Leib/Seele und Gott/Welt Dualismus ist die Folge des menschlichen Erwachsens aus seinem unbewußten Einssein mit Gott und der Welt (Sokrates). Seit dieser Erkenntnis ist das Gebot und Bestreben in der Welt, hinter der Vielheit die Einheit zu erkennnen (Platon). Der Monismus trägt der Tatsache Rechnung, daß das im Dualismus getrennte von einem einheitlichen verbindenden Prinzip regiert wird, das überhaupt erst die Wahrnehmung der Gegensätze begründet. "Der Dualismus ist eine psychologische Tatsache, aber der Monismus ist sein zureichender Grund. Der Dualismus ist nach alledem nur das vorletzte, der Monismus aber ist das letzte Wort der Philosophie." (Ludwig Stein) Der Begriff "Monismus" ist nicht zuletzt deshalb so belastet, weil seine erste Verwendung (in der Schulphilosophie Chr. Wolffs) in ablehnender Form erfolgte. Monisten sind danach Anhänger der Lehre, die besagt, daß nur eine Grundsubstanz, beispielsweise die Materie, existiert und die restlichen Erscheinungen bedingt. Als Monismus werden deshalb vereinfachend so unterschiedliche Anschauungen wie Materialismus und Idealismus bezeichnet, da beide die Welt aus einem Prinzip erklären. Eine weitere Abwertung erfuhr der philosophische Begriff durch die Verwendung bei Ernst Häckel, der ihn zu einem einseitigen Kampfbegriff popularisierte, um seine diesseitige, materialistisch-naturwissenschaftliche Weltanschauung zu verbreiten. Im "Deutschen Monistenbund" versammelten sich diejenigen, die die Materie oder die Energie (bzw. die Kraft) als die eine grundlegende Substanz ansahen. Seitdem ist der Begriff nicht mehr ohne umständliche Erläuterungen zu gebrauchen. Aber er zeigt beispielhaft ein menschliches Grundbedürfnis: die Gegensätze durch einen oftmals fragwürdigen, und nur selten "goldenen" Mittelweg zu überwinden. Insbesondere über die Problemlage der Jahrhundertwende im weitesten Sinne kann er uns Auskunft geben. Es gab ja nicht nur den Häckelschen Monismus, d.h. den wissenschaftlichen Materialismus. Der Begriff wurde in zahlreichen Ausdeutungen und Neudefinitionen zum Gegenstand des denkerischen Diskurses des Kaiserreichs. Es erschienen unzählige Bücher zum Thema: von Rosenthal "Die monistische Philosophie" (1880) bis Seidel "Das Wesen des Monismus" (1920). Einen Höhepunkt an wissenschaftlicher Intensität wie auch übler Polemik erlebte die Diskussion allerdings erst, nachdem Häckel den Begriff für sich entdeckt hatte - nun wurde die Geschichte des Monismus erforscht und seine zeitgenössischen Vertreter zu Wort gebeten, so daß sich scheinbar mehr als 16 verschiedene Arten des Monismus unterscheiden ließen. In der 1892 erstmals veröffentlichten und bis 1929 in 42 Auflagen verbreiteten "Einleitung in die Philosophie" von dem Berliner Philosophie-Professor Friedrich Paulsen heißt es: "Die Anschauung, der nach meiner Ansicht die Entwicklung des philosophischen Denkens zustrebt, die Richtung, in der die Wahrheit liegt, bezeichne ich mit dem Namen des idealistischen Monismus." Dieser soll die religiöse Weltanschauung (supranaturalistischen Dualismus) und die wissenschaftliche Naturerklärung (atomistischer Materialismus) einander verträglich machen.

Diesem Bemühen hat sich auch Bruno Wille angeschlossen, der dieses Modewort wohl zunächst, durch seinen Freund Bölsche vermittelt, von Häckel übernahm, es aber anders verwendete. Zuvor jedoch promovierte sich Wille nach einem Studium der Philosophie und Theologie 1888 über den "Phänomenalismus des Thomas Hobbes", einer besseren Hauptseminararbeit, und war seitdem als freier Schriftsteller tätig, dessen lyrisches und belletristisches Schaffen nicht ohne Grund vergessen ist. Sein organisatorisches Talent auf kulturellem und sozialpolitischem Gebiet ist hingegen unbestritten. Philosophie im akademischen Sinne hat Wille nicht betrieben, ihm ging es um Moral und Ethik, um eine Weltanschauung für den Menschen des Fortschrittzeitalters. Die Ansichten und Themen Willes variieren deshalb im Laufe seiner Publikationstätigkeit nur wenig. Die Situation seiner Zeit hatte Wille, wie im Grunde auch Häckel (dessen Schluß allerdings darin bestand, den Glauben an etwas Transzendentes ganz abzulehnen), erkannt: die Fortschritte auf dem Gebiet der Naturwissenschaften machten die christliche Religion scheinbar überflüssig, die Religion durfte keine eigene Geltungsebene mehr beanspruchen - es schien, als könne der Mensch sich selbst erlösen. Damit ging ein geistig-moralischer Verfall einher, die christliche Religion wurde als Heuchelei um der Konventionen Willen aufrechterhalten: man gab vor, an Erlösung und die zehn Gebote zu glauben und fand (und findet) doch im täglichen Leben genügend spitzfindige Ausreden. Die Religion befand sich also im Umbruch. Die Kirche konnte den Kampf gegen diesen Atheismus in den Augen der sozialreformerisch orientierten Vordenker nicht wirkungsvoll genug führen, so daß sich eine außerkirchliche Religiösität organisierte, zu der sich auch Wille zählte. Seine Beschäftigung mit religiösen Themen fand u.a. Ausdruck in seiner Tätigkeit als Lehrer und Sprecher der freireligiösen Gemeinde in Berlin. (Da wundert es einen auch nicht mehr, daß Wille Bruder der Loge "Zur aufgehenden Sonne" und Haupt einer "Allgemeinde" war.) Der theoretische Schluß aus der aktuellen Situation heraus war für Wille, da eine Ethik/Moral naturalistisch schwer zu begründen ist, vor allem die christliche Religion ihrer Besonderheit, der Erlöser und Herr Jesus Christus, zu berauben, um so einen vernüftigen Glauben zu erhalten: eine für jedermann verständliche Universalreligion, die die scheinbaren Unterschiede der Religionen überwindet und so das Menschengeschlecht beglückt. Vorbild hierfür ist indirekt der "Positivistische Katechismus" Auguste Comtes aus dem Jahre 1852 (und natürlich der Kult des "Höchsten Wesens" in der französischen Revolution). In Anlehnung an D.F. Strauß erklärt Wille die Evangelienberichte über Jesus zu Mythendichtungen. Jesus ist nur noch ein Gleichnis für das sittliche Streben des Menschen. In der monistischen Neulektüre der Bibel wird das Christentum zur Tradition, christliche Rituale und Symbole zu allgemein-menschheitlichen Mythen und Ideen. Auch aus der deutschen Mystik, insbesondere von Jakob Böhme, nimmt Wille das Material für seine Bemühungen. Man fühlt sich dabei zuweilen an die moderne Esoterik erinnert, die Mystik als eine esoterische Disziplin versteht, und dabei vergißt, daß das Ablegen der Selbstvergottung, durch das der Mensch erst in der Lage ist, Gott zu erkennen, das Wesen der Mystik ist ("Cogitor, ergo sum." Ich werde -von Gott- erkannt, deshalb bin ich. Franz v. Baader), und nicht eine Selbsterkenntnis oder ein sich Gehenlassen und "Einsfühlen" mit den Elementen. (Auch nicht "Teetrinken", wie es in unserem letzten Heft hieß.) Jesus hatte gesagt: "Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." (Joh 8,32) In der "Philosophie der Befreiung durch das reine Mittel", Willes Auseinandersetzung mit Nietzsche und Stirner, heißt es programmatisch: "ein Jeder erarbeite mit Eifer seine eigene Erlösung". Der Übermensch Nietzsches wird zum freien Vernunftmenschen und Stirners Solipsismus hält Wille die "Menschheit" als moralische Kategorie entgegen. Eine merkwürdige Nähe Willes zu den nordamerikanischen "pragmatischen Idealisten" Emerson und Trine, bei denen insbesondere letztgenannter den Pantheismus als Universalreligion zur Selbsterlösung des Menschen predigte, zeichnet sich dort ab. Mit der Feststellung, daß "unsere Erlösung durch den Stellvertreter ... eigentlich unsere Selbsterlösung, wenn diese auch durch Christus bedingt wird" bedeute, kann Wille seine Nähe zum Buddhismus, der ja keine Erlösung in unserem christlichen Sinne kennt, nicht verleugnen. Ebenso ist Willes Abneigung gegen die Geheimlehre Helena Blavatskys, nur aus seiner unbewußten Nähe zu dieser zu verstehen. Sie propagierte eine innere Einheit der Religionen und ein monistisches Gott-Welt-Verständnis, konnte aber die Berechtigung der Naturwissenschaften nicht anerkennen. Willes Motto für seine Spielart des Monismus lautet im postum veröffentlichten Spätwerk "Der Ewige und seine Masken": "Im Ewigen verschmelzen alle Besonderheiten, Bestimmungen und Gegensätze zum Ganzen." Also eher ein Monopluralismus. Zunächst aber erhob Wille die Forderung Goethes "Materie nie ohne Geist" zum Programm, das als Selbstverständnis seiner Weltanschauung im "faustischen Monismus" gipfelt, um sich von den materialistischen Monisten zu unterscheiden, die auch Wille sehr schön als metaphysische Nihilisten entlarvt. "Faustischer Monismus" bedeutet praktisch, in Vorwegnahme der "faustischen Kultur" Spenglers, daß sich "dieser Gottmensch durch die Hingabe des männlichen Tatendranges...an das Reich der ewigen Werte" zeugt. Ein weiterer geistiger Vater, auf den sich Wille offen bezieht, ist Fechner, der als Begründer der Psychophysik, einer exakten Lehre der Abhängigkeiten zwischen Körper und Seele, den Weg für einen zumindest relativen Dualismus und damit relativen Monismus ebnete. "Ich sehe keinen andern Ausweg...als die ausnahmslos psycho-physische Deutung der Natur", sagt Wille deshalb gegen Häckel und dessen Verehrer. Wille hatte erkannt: um Monist sein zu können, muß man Metaphysiker sein, der "Materialismus ist philosophische Gedankenschwäche" (O. Spann). Vorbild wird deshalb auch die Philosophie Brunos, der einen monistischen Pantheismus lehrte, aber an der Transzendenz Gottes festhielt. Der "Giordano-Bruno-Bund" (1900-1908) war das Organisationsforum der idealistischen Monisten, die, um Einigung bemüht, "Naturwissenschaft, Philosophie, Kunst und Andacht harmonisch zusammmenschließen" wollten.

Die monistisch-pantheistische Frömmigkeit die Wille uns zeigt, ist ein ästhetisch geprägter Synkretismus, der Basis für eine einheitliche Ethik sein soll. Das ist problematisch und hat sich nicht in der Lage gezeigt, den Siegeszug des Materialismus aufzuhalten. Man wollte Religion, ohne konservativ oder gar reaktionär zu sein, das war das eigentliche Dilemma. Die Beweggründe, zu solch einer Weltanschauung zu gelangen, sind edler Natur. Es ist das Bestreben, die Entfremdung zwischen Religion und Kultur zu überwinden. Dabei fällt die alte Weisheit, daß der Mensch die Rolle eines "Mitstreiters, ja Mitwirkers Gottes" (Scheler) übernehmen muß, neu auf. Die Einheit ist also noch nicht da, sie muß erst errungen werden. Hegel: "Erst das Christentum hat durch die Lehre von der Menschwerdung Gottes und von der Gegenwart des Heiligen Geistes in der gläubigen Gemeinde dem menschlichen Bewußtsein eine vollkommen freie Beziehung zum Unendlichen gegeben und dadurch die begreifende Erkenntnis des Geistes in seiner absoluten Unendlichkeit möglich gemacht. Nur eine solche Erkenntnis verdient fortan den Namen einer philosophischen Betrachtung." Kierkegaard: "1800 Jahre ist es her, daß Christus lebte, er ist also vergessen / nur seine Lehre besteht: ja das heißt, man hat das Christentum abgeschafft."

Anmerkung: Das hier aus Platzgründen nur angerissene Thema soll in einem Vortrag im "Kulturhistorischen Verein Friedrichshagen" voraussichtlich im Oktober 1999 ausführlicher besprochen werden.

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mardi, 21 décembre 2010 | Lien permanent

Dostoïevski et la dégénérescence du monde par le réseau

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Dostoïevski et la dégénérescence du monde par le réseau

par Nicolas Bonnal

Ex: http://www.dedefensa.org

Car il est poussé dans le filet par ses propres pieds ; et il marche sur les mailles du filet...

Job, 8, 18

J'ai souvenance d'un brillant texte de notre cher Guy Sorman (qui redonna jadis ses lettres de prosaïsme au Figaro magazine) dans le journal de la « droite » espagnole ABC (BHL est chargé lui de distraire et surtout d'instruire les maigres sections d'assaut du mondialisme dans El Pais). Et Guy Sorman, essayiste pourtant renommé pour ses piles d'invendus, et entre deux éloges des réfugiés considérés comme des forces vives du capital selon les Marx Brothers et Merkel, présentait ainsi son argumentaire : « même la Russie finira un jour par être démocratique et progressiste et globalement dans le global ». Sans oublier la Chine, l'Iran, la Turquie et tous les autres bons copains de ses modèles Américains.

La Russie n'est donc pas progressiste, branchée et dans le coup, et ce surtout depuis que – selon Marc Ferro – elle a déçu les aspirations prolétariennes d'une gauche que l'on croyait portée plutôt à servir la soupe à la vieille bourgeoisie américanisée.

Sur la Russie et le progrès j'ai heureusement mieux que Sorman ou BHL : Dostoïevski. Je l'ai aussi sur le thème des « réseaux », sociaux ou numériques, qui aujourd'hui captent, détournent et recyclent toutes les énergies et intellects de la planète terre devenue nervalienne. On cite brièvement cette vision du mage dans Aurélia :

« Cette pensée me conduisit à celle qu'il y avait une vaste conspiration de tous les êtres animés pour rétablir le monde dans son harmonie première, et que les communications avaient lieu par le magnétisme des astres, qu'une chaîne non interrompue liait autour de la terre les intelligences dévouées à cette communication générale, et les chants, les danses, les regards, aimantés de proche en proche, traduisaient la même aspiration. La lune était pour moi le refuge des âmes fraternelles qui, délivrées de leurs corps mortels, travaillaient plus librement à la régénération de l'univers. (1) »

Dostoïevski a abordé le thème de la confrontation de la Russie et du progrès, de la Russie et de l’Occident dans plusieurs de ses plus grands livres, en particulier dans l'Idiot et dans Les Possédés, qui eux font allusion à une origine américaine de la prochaine révolution.

krokodil_dostojewski.JPGDans le récit satirique Crocodile (2), il le fait d’une manière parodique, s’en prenant aux préjugés modernistes du dernier homme à venir (et surtout à durer). Il y a l’épisode humanitaire – ne pas maltraiter un pauvre animal, fût-ce un croco –, l’épisode pédagogique – de l’importance de la question économique ! – et pour finir l’épisode gastronomique qui résout la question – en dévorant le crocodile.

Depuis deux siècles nous nous gorgeons de ce progrès technique et économique, et il semble que l'imbécillité satisfaite qui l’accompagne n’a jamais été plus remise en question qu'à l’époque de Flaubert ou de Dostoïevski. Mais à la même époque un Walt Whitman célèbre les achèvements de ce qu’il est convenu de nommer à la télé la modernité...

Dans Passage to India ou Song of the Exposition (à comparer avec le cadre médiéval et traditionnel des Tableaux, le chef d'oeuvre pianistique de Moussorgski), le trop célébré Walt Whitman chante et célèbre sur tous les tons le canal de Suez, ce passage qui va réunir l’orient et l’occident, notions fort disparues auxquelles on fait mine de croire encore : car «dans un monde unifié on ne peut s’exiler » (Debord). Avec une accumulation dont il a le secret, le « pohète » américain fait l’état des lieux, et il nous étourdit avec son clinquant verbalisme, chaque mot faisant office de paradigme roturier de la modernité aboyante:

With latest connections, works, the inter-transportation of the world,

Steam-power, the great express lines, gas, petroleum,

These triumphs of our time, the Atlantic’s delicate cable,

The Pacific railroad, the Suez canal, the Mont Cenis and Gothard and

Hoosac tunnels, the Brooklyn bridge,

This earth all spann’d with iron rails, with lines of steamships threading in every sea,

Our own rondure, the current globe I bring.

Barde « tendance » avant l’heure, Maïakovski un rien couillon, « animal verbal » (Daudet) plus que poète, Whitman est en extase devant ce qui pétarade. Il admire nos exploits à Suez (dont bien sûr Dostoïevski se moque avec son crocodile du Nil), et il célèbre le chemin de fer unificateur, celui des Anglais aux Indes ou des Américains :

I see the tracks of the railroads of the earth,

I see them in Great Britain, I see them in Europe,

I see them in Asia and in Africa.

I see the electric telegraphs of the earth,

I see the filaments of the news of the wars, deaths, losses, gains, passions,

Of my race.

Or précisément sur ces chemins de fer qui ont vidé les campagnes et ruiné le contribuable français (la moitié des lignes servant à faire élire un député), ou ont justifié une bonne moitié des crises boursières de l’époque (comme les actions techno d’aujourd’hui), Dostoïevski a quelque chose de peu aimable à dire, et qu'il va dire dans l’Idiot. C’est un autre idiot métaphorique (un simple d’esprit qui voit l’Esprit) que le Prince, l’ivrogne Lebedev qui s’exprime sur les chemins de fer et leur réseau qui selon lui s’en prend aux formes de vie.

Montrez-moi donc quelque chose qui approche de cette force dans notre siècle de vices et de chemins de fer…

dostoidiot3458352037-fr-300.jpgLebedev voit dans tout réseau moderne un affaiblissement à la fois spirituel et physique de l’homme, lié au progrès de la matrice du confort matériel. L’homme va être coupé de ses sources de vie et de son tellurisme. C’est aussi la leçon d’Andersen (La Vierge des glaces), de Novalis ou de Vigny (« avant vous j’étais belle et j’allais parfumée »…). Mais Tocqueville nous a aussi prévenus sur les risques que faisaient peser l’égalité et le réseau fort sur les hommes dits modernes. Dans le tome II de sa somme, il décrit, dans un texte mal compris, cet affaiblissement des forces de vie liées au développement étatique:

« C’est ainsi que tous les jours il rend moins utile et plus rare l’emploi du libre arbitre ; qu’il renferme l’action de la volonté dans un plus petit espace, et dérobe peu à peu à chaque citoyen jusqu’à l’usage de lui-même. L’égalité a préparé les hommes à toutes ces choses : elle les a disposés à les souffrir et souvent même à les regarder comme un bienfait… il ne tyrannise point, il gêne, il comprime, il énerve, il éteint, il hébète, et il réduit enfin chaque nation a n’être plus qu’un troupeau d’animaux timides et industrieux, dont le gouvernement est le berger (3). »

Retournons à l’Idiot. Lebedev voit le premier, cent-vingt ans avant Tchernobyl, un lien entre l’étoile absinthe de l’Apocalypse (Tchernobyl désigne comme on sait l’absinthe en russe) et l’extension du réseau en Europe :

« Le collégien lui affirma que l’"Étoile Absinthe" qui, dans l’Apocalypse, tombe sur terre à la source des eaux, préfigurait, selon l’interprétation de son père, le réseau des chemins de fer étendu aujourd’hui sur l’Europe. »

Lebedev dégage comme le prince Muichkine une aura d’imperfection, d’inadéquation à la mondanité. C’est souvent le cas chez Dostoïevski : le porteur de la vérité doit être ridiculisé ou caricaturé – pour ne pas être pris au sérieux par la compagnie qui doit continuer de se tordre, comme dit Allais.

Lebedev va désigner une autre cible, qui nous rapproche de la petite société actuelle: l’idéologie du bonheur matériel universel ; le dernier homme dont parle Francis Fukuyama après bien d'autres.

Vous n’avez pas d’autre fondement moral que la satisfaction de l’égoïsme individuel et des besoins matériels. La paix universelle, le bonheur collectif résultant du besoin !

Lebedev n’est bien sûr pas un sot : il n’incrimine pas la machine en tant que telle. Il incrimine plutôt la notion de réseau. Par ailleurs il a pleinement conscience que son expression des forces de vie est incompréhensible à un esprit moderne :

« Par eux-mêmes les chemins de fer ne peuvent corrompre les sources de vie. Ce qui est maudit, c’est l’ensemble ; c’est, dans ses tendances, tout l’esprit scientifique et pratique de nos derniers siècles. Oui, il se peut que tout cela soit bel et bien maudit ! »

Sur le ton de l’imprécation, emporté par cette inspiration religieuse, Lebedev adresse un défi au monde matérialiste et satisfait, monde sans gouvernail et sans cap même :

« Je vous lance maintenant un défi à vous tous, athées que vous êtes : comment sauverez-vous le monde ? Quelle route normale lui avez-vous ouverte vers le salut, vous autres, savants, industriels, défenseurs de l’association, du salariat et de tout le reste ? Par quoi sauverez-vous le monde ? Par le crédit ? Qu’est-ce que le crédit ? À quoi vous mènera-t-il? »

Ainsi Dostoïevski n'encenserait pas ce monde et son crédit ?

A ce propos le psalmiste dit :

« Que l’usurier jette le filet sur tout ce qui est à lui... (4) »

Cent ans avant l’effet de serre et le réchauffement climatique du cerveau qui va avec, Lebedev voit l’avènement de l'homoncule affaibli par sa si riche information et la « thermocratie » (5). Il constate l’absence de la force dans notre société :

« Et osez dire après cela que les sources de vie n’ont pas été affaiblies, troublées, sous cette “étoile”, sous ce réseau dans lequel les hommes se sont empêtrés. Et ne croyez pas m’en imposer par votre prospérité, par vos richesses, par la rareté des disettes et par la rapidité des moyens de communication !  Les richesses sont plus abondantes, mais les forces déclinent ; il n’y a plus de pensée qui crée un lien entre les hommes ; tout s’est ramolli, tout a cuit et tous sont cuits ! Oui, tous, tous, tous nous sommes cuits !… Mais suffit ! (6) »

Nicolas Bonnal

Notes

(1) Nerval, Aurélia, 2ème partie, VI.

(2) Lisez mon étude sur france-courtoise.info/pdf/BonnalDostoievskiCrocodile.pdf. Voyez aussi Internet, nouvelle voie initiatique (les Belles Lettres, 2000)...

(3) De la Démocratie II, IV, ch.6

(4) Psaumes, 109, 11

(5) Gilles Châtelet, Vivre et penser comme des porcs (2000).

(6) L'Idiot, III, chapitre  IV

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mardi, 26 juillet 2016 | Lien permanent

Ernst Moritz Arndt, jacobin romantique

Ernest Moritz Arndt, jacobin romantique

 

par Guy CLAES

 

ernst_10.jpgErnst Moritz Arndt est la figure essen­tielle du nationalisme romantique allemand. « Je suis né dans le petit peuple proche de la glèbe », écrivait-il en 1819. À son propos, l'éminent historien Diwald (Cf. Vouloir n°8) disait : « Au contraire de presque tous les autres romantiques, le romantique Arndt est issu de ce terreau populaire, de cette glèbe que les ruraux travaillent ; il s'est hissé à l'esprit du romantisme et n'a pas suivi la voie inverse comme les Schlegel, Tieck, Novalis qui sont, eux, partis de l'intellect et de l'esprit pour découvrir les merveilles de la forêt et la joie des fêtes de la moisson ». Arndt est effecti­vement né d'une famille de paysans poméra­niens de l'Ile de Rügen, en 1769, la même année que Napoléon.

 

Aucun de ses ancêtres n'était libre. Son père fut affranchi par son seigneur puis devint inspecteur de ses terres et, enfin, métayer. Son père acquiert suffisamment de moyens pour lui payer un précepteur et l'envoyer au gymnasium de Stralsund. Après avoir quitté cet établissement sur un coup de tête et par dégoût pour l'étroitesse d'esprit petite-bourgeoise rencontrée chez ses condisciples, il étudie la théologie aux universités de Greifswald et d'Iéna. Après cette pose studieuse, il reprend sa vie errante, traverse et visite toute l'Europe, poussé par une soif de connaître la diversité des peuples et des mœurs. Cette vie vagabonde lui donne conscience de son identité d'Alle­mand et le récit de ses expériences vécues sera codifié dans son Geist der Zeit (= L'es­prit du temps) dont l'impact, dans la société, fut finalement plus important que le Discours à la Nation Allemande du philosophe Fichte. Dans cet ouvrage fait de plusieurs volumes, sans prétention philosophique, il y a "flammes et enthou­siasme".

 

Sa prise de conscience identitaire l'oblige à choisir son camp : il sera pour la Prusse de Gneisenau et de Clausewitz et Napoléon sera l'ennemi, le "Satan à la tête de ses troupes de bandits". Il sera l'ennemi mais aussi le modèle à suivre : il faudra faire de l'Allemagne une nation aussi solide que la France, et lui donner une constitution moderne calquée sur les acquis positifs de la Révolu­tion française, acquis revus et corrigés par le Baron von Stein. Arndt sera un "jacobin allemand", un "jacobin romanti­que", les deux termes n'étant pas antinomi­ques dans le contexte de son époque et de sa patrie.

 

En 1818, Arndt, le paysan voyageur, devient professeur d'histoire à Bonn. Son esprit farouchement contestataire lui cause ennui sur ennui. Accusé de "démagogie", il est emprisonné, chassé de sa chaire, relâché sans explications, jamais jugé. À partir de 1822, il ne cessera d'écrire, notamment sur le problème de l'indépendance belge (nous y revien­drons). En 1848, il siège à l'Assemblée Nationale de Francfort pour en être chassé en mai 1849. En 1860, il meurt âgé de 90 ans et un mois.

 

Ces 90 années d'une vie dûment remplie et mise entièrement au service de la cause de son peuple, ont permis à Arndt d'élaborer, avec un vocabulaire clair et limpide que les Français croient rare en Allemagne, la théorie du "jacobinisme romantique". L'anthologie que nous offre la Faksimile-Verlag nous permet de saisir les piliers de cette vision (c'est à coup sûr davantage une vision qu'une théorie sèche et ardue) et de comprendre les racines du nationalisme populaire, non seulement allemand mais propre à tous les pays continentaux de langue germani­que. Le Mouvement Flamand en a été fortement influencé et, dans l'élaboration de son corpus culturel, a tenu compte des écrits enthousiastes d'Arndt à propos de nos provinces, écrits qui ont précédé ceux de Hoffmann von Fallersleben (ajoutons ici qu'Arndt distinguait Wallons, Flamands et Luxembourgeois par la langue mais englobait les trois ethnies dans la sphère des mœurs sociales germani­ques).

 

Né sujet du roi de Suède, Arndt a voulu favoriser l'union des Allemands au sein d'un même État. Son modèle initial fut le modèle suédois. Les Suédois consti­tuaient, disait-il, un vrai peuple ("ein echtes Volk"), conscient, depuis Gustav Adolf, de la valeur des vertus politiques et de la nécessité de protéger le peuple par une structure étatique solide. L'antholo­gie de la Faksimile-Verlag nous dévoile le système d’Arndt : les rouages de sa conception du "Volk", les lois vitales du peuple, le peuple et l'État dans la perspective d'un double combat contre la réaction féodale et le révolutionna­risme de 1789 et les projets pour la consti­tution d'un État "völkisch".

 

L'idée de "Volk" repose sur trois batte­ries de définitions : empiriques, métaphy­siques et politiques. Sur le plan empiri­que, tout observateur décèlera l'existen­ce tangible et concrète de spécificités ethno-culturelles, de folklores immémo­riaux, de réseaux de liens communautai­res, d'us et de coutumes ancestrales. Sur le plan métaphysique, le "Volk" est le réceptacle d'une unicité idéelle, d'une religiosité particulière que rien ni personne ne saurait rendre interchangeable. Sur le plan politique, le "Volk" est une volon­té. La volonté de demeurer dans l'histoi­re est une force redoutable : les Anglais et les Suédois ont tenu tête ou se sont imposés à des voisins plus puissants quanti­tativement parce qu'ils avaient une con­science très nette de leur identité et refusaient de se laisser guider par l'arbi­traire de leurs gouvernants. Les peuples libres (et Arndt regrette ici que le peuple allemand n'en fasse pas partie) ont une claire conscience de leur honneur (Ehre) et de leur honte (Schande).

 

Arndt distingue la notion de "Volk" de celles de "Menge" (= masse, foule) et "Pöbel" (= populace). "Menge" est la masse "neutre", sans opinions clairement définies ; elle est cette "majorité silencieu­se" que tous réclament comme clientèle. Le "Pöbel" est l'ensemble des éléments déracinés, incapables de discipliner leurs comportements parce que dépouillés de toute norme ancestrale, de toute pesan­teur stabilisatrice. La Révolution françai­se, par son individualisme (manifeste notamment dans les lois qu'elle édicte contre les corporations et contre le droit de coalition), a hissé au pouvoir le "Pöbel" qui a mené la "Menge" dans l'aventure révolutionnaire et napoléonienne. Le "Pöbel" s'est imposé en "maître", en despote sur une "Menge" d'esclaves. La collusion des "despotes" et des "esclaves" ne donne pas un "Volk". Pour que "Volk" il y ait, il faut une circulation des élites, une égalité des chances et une adhésion spontanée et non contrainte à un même ensemble de valeurs et à une même vision de l'histoire.

 

Pour Arndt, le peuple est un tout organi­que d'où jaillit une Urkraft (force originelle) qu'il convient de reconnaître, de canaliser et de faire fructifier. Sans ce travail d'attention constant, le "Volk" dégénère, subit l'aliénation (qui deviendra concept-clef du socialisme), sort de l'histoi­re. Arndt, poète, compare le "Volk" à un volcan, à un Vésuve que les despotes veulent maintenir éteint. Les éruptions sont pourtant inévitables.

 

Pour accéder à l'idée d'État, le peuple doit mener une double lutte contre la "réaction" et la "révolution". Cette lutte doit d'abord se concentrer contre la concep­tion mécaniste de l'État, issue à la fois de l'absolutisme et de la Révolution fran­çaise. L'enthousiasme créatif part d'un enracinement, d'une terre (Heidegger nous systématisera cette vision) où vit encore une dimension historique et non des belles et vibrantes rhétoriques abstrai­tes que les premières heures de la Révolu­tion française avaient connues et diffusées par la presse à travers l'Europe. Arndt, dès les séminaires de Stralsund, ressent un malaise inexplicable à l'écoute des discours parisiens contre l'absolutisme et la monarchie. Son "bon sens" paysan perçoit et dénonce la mascarade lexicale des clubs jacobins. Ce sentiment confus d'antipathie, Arndt le retrouvera lors d'une conversation en Haute-Italie en 1799 avec un officier républicain français qui s'enivrait de trop belles paroles à propos de la liberté (au nom de laquelle, expliquait-il, on venait de fusiller deux députés plus ou moins responsables de l'assassinat d'un tribun). Ces paroles sonnaient faux dans l'oreille d'Arndt et la légèreté avec laquelle beaucoup d'adeptes de la terreur envisageaient fusillades et "guillotinades" l'effrayait. La "force tranquille" de l'organicité se passait de tels débordements.

 

L'idée d'État née lors de la Révolution de 1789 est inorganique. Elle est "con­structiviste" et néglige l'évolution lente qui a germé dans les inconscients collec­tifs. Malgré ce jugement sévère, partagé par Burke, par certains contre-révolu­tionnaires français ou par les romanti­ques traditionalistes (dits parfois réaction­naires) allemands, Arndt reconnaît les aspects, les éléments positifs de la Révolution. Les Allemands doivent beau­coup à cette Révolution : elle a permis leur prise de conscience nationale. Elle a accéléré le processus de décomposition amorcé déjà sous l'Ancien Régime. Elle nous a appris que les peuples ne commet­taient, ni en intention ni en pratique, de crime contre les rois en voulant être gouvernés par des lois qu'ils connaissent et reconnaissent, qui sont le fruit d'une sagesse trempée dans l'expérience des générations antérieures. Il a manqué à la France révolutionnaire cette sagesse organique et le torrent révolutionnai­re a débouché sur la Terreur puis sur un nouvel absolutisme ; ce qui fermait la boucle et ne résolvait rien. Les Princes allemands ont trahi leur peuple en se comportant comme des "grands mogols" ou des "khans tatars". C'est à cela que mène l'irrespect des liens organiques et de la faculté d'écouter qu'ils impli­quent.

 

Arndt critique le droit romain, destruc­teur du droit coutumier (il préfigure ici von Savigny) et voit dans une paysan­nerie sainement politisée, le fondement de l'État völkisch (cette idée, Spengler, Spann et bien d'autres la reprendront à leur compte). Enfin, il nous expose les raisons pour lesquelles il ne croit pas en une Pan-Europe qui se ferait au-­delà, par-delà les peuples. Cette Europe ne serait qu'une panacée insipide dépour­vue de cette organicité stabilisante que cherchent, au fond, tous les peuples depuis l'effondrement de l'Ancien Régime. Cette anthologie est une lecture impérative pour tous ceux qui veulent comprendre l'Allemagne du XIXème siècle, la genèse des socialismes et les idéaux des acteurs du 1848 allemand.

 

G.C.

 

Ernst Moritz ARNDT, Deutsche Volks­werdung : Arndts politisches Vermächtnis an die Gegenwart, Bremen, Faksimile­ Verlag (Adresse : Postfach 10 14 20, D­2800 Bremen 1, RFA), 160 pages avec un portrait d'Arndt et une courte biogra­phie, DM 15.

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dimanche, 08 mai 2011 | Lien permanent

Evola e il mondo di lingua tedesca

Evola e il mondo di lingua tedesca

Alberto Lombardo

Ex: http://www.centrostudilaruna.it/

evola_envers_cong.pngLa Germania e in genere il mondo di cultura tedesca ebbero per Evola un’importanza centrale. Sin da giovanissimo questi apprese il tedesco per avvicinarsi alle opere della filosofia idealistica; la sua dottrina filosofica deve molto all’idealismo, ma ancor più a Nietzsche, Weininger e Spengler. Nel 1933 compì il suo primo viaggio in Austria ; per tutti gli Anni ’30 e ’40 continuò a tenersi aggiornato leggendo saggî scientifici in lingua tedesca sui diversi argomenti dei quali si occupava: dalla romanità antica (Altheim) alla preistoria (Wirth, Günther), dall’alchimia (Böhme) alle razze (Clauß, ancora Günther), dalla teoria politica (Spann, Heinrich) all’economia (Sombart) e via dicendo. In generale, considerando gli apparati di note, i riferimenti culturali e in un bilancio che tenga conto di tutti gli apporti non mi sembra affatto di esagerare sostenendo che il peso degli studi pubblicati in tedesco sia nell’opera complessiva di Evola almeno pari a quello di quelli italiani.

Tutto questo è già assai indicativo dell’influenza della cultura tedesca sull’opera di Evola. Vanno aggiunti però altri dati: richiamando qui quanto accennato in sede biografica nel capitolo primo, ricordo i lunghi soggiorni di Evola in Austria e Germania, le numerose conferenze ivi tenute, i rapporti con esponenti della tradizione aristocratica e conservatrice mitteleuropea e della Konservative Revolution etc . Inoltre nei paesi di lingua tedesca Evola godette, almeno sino alla fine della seconda guerra mondiale, di una notorietà diversa da quella che ebbe in Italia, poiché vi fu accolto quasi come l’esponente di una particolare corrente di pensiero italiana, e ciò sin dal 1933, anno della pubblicazione di Heidnischer Imperialismus . Questo il giudizio in merito di Adriano Romualdi: «L’azione di Evola in Germania non fu politica, anche se contribuì a dissipare molti equivoci e a preparare un’intesa tra Fascismo e Nazionalsocialismo. Essa investì il significato di quelle tradizioni cui in Italia e in Germania si richiamavano i regimi, il simbolo romano e il mito nordico, il significato di classicismo e romanticismo, o di contrapposizioni artificiose, come quella tra romanità e germanesimo» .

Dal 1934 Evola tiene conferenze in Germania: in un’università di Berlino, al secondo nordisches Thing a Brema, e all’Herrenklub di Heinrich von Gleichen, rappresentante dell’aristocrazia tedesca (era barone) col quale stabilì una «cordiale e feconda amicizia» . Così Evola ricordò nel 1970 quest’importante esperienza: «ogni settimana si invitava una personalità tedesca o internazionale in quel circolo di Junkers. Devo dire peraltro che, se ci fossimo aspettati di vedere dei giganti biondi con gli occhi azzurri la delusione sarebbe stata grande, poiché per la maggior parte erano piccoli e panciuti. Dopo la cena e il rituale dei toasts, l’invitato doveva tenere una conferenza. Mentre questi signori fumavano il loro sigaro e sorseggiavano il loro bicchiere di birra, io parlavo. Fu allora che Himmler sentì parlare di me» .
È effettivamente assai verosimile che l’attenzione da parte degli ambienti ufficiali per Evola sia nata in seguito alle prime conferenze in Germania. I suoi rapporti col nazionalsocialismo furono di collaborazione esterna, e specialmente con diversi settori delle SS tra cui l’Ahnenerbe ; Evola espresse nei confronti dell’“ordine” guidato da Himmler parole assai positive , anche nel dopoguerra , che da una parte gli valsero i prevedibili (e fors’anche scontati) strali dei suoi detrattori, dall’altra determinarono una rilettura – in seno alla storiografia e allo stesso “sentimento del mondo” della Destra Radicale del dopoguerra – del nazionalsocialismo come di un movimento popolare guidato da un’élite ascetico-guerriera . Dagli ormai numerosi dati d’archivio pubblicati, risulta un quadro di Evola tenuto in considerazione ma sempre osservato con cura dagli ambienti ufficiali tedeschi .

Dopo il conflitto mondiale la notorietà di Evola nei paesi di lingua tedesca andò scemando; la sua immobilità fisica pare che gli impedì, tra l’altro, ulteriori viaggi all’estero. Solo negli ultimi decenni Evola è stato fatto oggetto di una sorta di riscoperta, per merito soprattutto di Hans Thomas Hansen, che ne ha tradotto (e ritradotto) la buona parte delle opere, con il consenso dello stesso Evola quando questi era ancora in vita, e che viene giustamente considerato uno dei massimi conoscitori del pensiero e della vita di Evola. Oltre alla rivista da questi fondata e animata, «Gnostika» (che come suggerisce il titolo ha interessi prevalentemente esoterici), negli ultimissimi anni stanno nascendo diverse attività che si ispirano in vario modo all’opera di Evola, tra le quali meritano una menzione le riviste tedesche «Elemente» e «Renovatio Imperii» e soprattutto l’austriaca «Kshatriya», diretta da Martin Schwarz (autore della più ampia bibliografia evoliana sino a oggi stilata ), di più marcata impronta “evoliana ortodossa”. A margine di ciò, si stanno iniziando a tenere convegni sul pensatore e a tradurre sue ulteriori opere. Inoltre il centenario della nascita di Evola, nel 1998, è stato occasione per varie testate tedesche per ricordarlo con ampi articoli, tra cui quelli apparsi sulla storica «Nation & Europa» (che esce ormai da mezzo secolo, e cui nei primi Anni ’50 lo stesso Evola collaborò), «Criticn» e la prestigiosa «Zeitschrift für Ganzheitforschung», altra rivista cui Evola collaborò (nei primi Anni ’60) e che fu fondata e lungamente diretta da Walter Heinrich (sino alla morte di questi, avvenuta nel 1984), che era in grande amicizia con Evola. Come curiosità, segnaliamo che per l’occasione numerosi complessi e gruppi musicali tedeschi e austriaci hanno dedicato nel centenario allo scrittore tradizionalista un disco, intitolato Cavalcare la tigre.

* * *

Sebbene alcuni elementi politici della storia d’Italia e di quella tedesca appaiano affini, (il processo di unificazione nazionale avvenuto nella seconda metà dell’Ottocento, la comune partecipazione alla Triplice Alleanza, l’Asse Roma-Berlino), Evola individua nella “tradizione germanica” dei tratti che differenziano nettamente – in senso positivo – i paesi di lingua tedesca dall’Italia. Così anzitutto «può dirsi che in Germania il nazionalismo democratico di massa di tipo moderno non fece che una fuggevole apparizione. […]. Il nazionalismo in tal senso, con un fondo democratico, non andò oltre il fugace fenomeno del parlamento di Francoforte del 1848, in connessione con i moti rivoluzionari che in quel periodo imperversavano in tutta l’Europa (è significativo che il re di Prussia Federico Guglielmo IV rifiutò l’offerta, fattagli da quel parlamento, di mettersi a capo di tutta la Germania perché accettandola egli avrebbe anche accettato il principio democratico – il potere conferito da una rappresentanza popolare – rinunciando al suo diritto legittimistico, sia pure ristretto alla sola Prussia). E Bismarck, creando il secondo Reich, non gli diede affatto una base “nazionale”, vedendo nella corrispondente ideologia il principio di pericolosi disordini anche dell’ordine europeo, mentre i conservatori della Kreuzzeitung accusarono nel nazionalismo un fenomeno “naturalistico” e regressivo, estraneo ad una più alta tradizione e concezione dello Stato» . Estranei a questa forma “naturalistica” di nazionalismo, i paesi di lingua tedesca cullarono un diverso spirito, quello del Volk, che animò lo spirito pangermanico. La corrente völkish, che un notevole peso ebbe anche nella genesi del nazionalsocialismo, affondava le sue radici nei Discorsi alla nazione tedesca di Fichte, in Arndt, Jahn e Lange e soprattutto nel Deutschbund e nella deutsche Bewegung . In questa diversità di retroterra si ha la prima divaricazione tra Italia e Germania.

Ma le differenze di ambiente sono assai più nette. Nel suo saggio sul Terzo Reich, delineando le correnti culturali complesse e spesso irriducibili che cooperarono nella sua genesi, Evola scrive: «Dopo la prima guerra mondiale in Germania la situazione era sensibilmente diversa da quella dell’Italia. […] Mussolini dovette creare quasi dal nulla, nel senso che nel punto di combattere la sovversione rossa e di rimettere in piedi lo Stato non poteva rifarsi ad una tradizione nel senso più alto del termine. Tutto sommato, ad essere minacciato era solo il prolungamento dell’Italietta democratica ottocentesca, con un retaggio risorgimentale risentente delle ideologie della Rivoluzione Francese, con una monarchia che regnava ma non governava e senza salde articolazioni sociali. In Germania le cose stavano altrimenti. Anche dopo il crollo militare e la rivoluzione del 1918 e malgrado il marasma sociale sussistevano resti aventi radici profonde in quel mondo gerarchico, talvolta ancora feudale, incentrato nei valori dello Stato e della sua autorità, facenti parte della precedente tradizione, in particolare del prussianesimo. […]. In effetti, nell’Europa centrale le idee della Rivoluzione Francese non presero mai tanto piede quanto nei restanti paesi europei» .

evola_julius_-_meditations_on_the_peaks.jpgIn un’occasione Evola cita la teoria giuridica di Carl Schmitt dell’international law . Il filosofo della politica tedesco aveva espresso l’idea della caduta del diritto internazionale europeo consuetudinario avvenuta, all’incirca, dopo il 1890, e la conseguente affermazione di un diritto internazionale più o meno ufficializzato. «Noi però qui non siamo interamente del parere dello Schmitt», scrive Evola, spiegando che «di contro all’opinione di molti, nei riguardi dell’azione svolta da Bismarck, sia all’interno della Germania che in Europa, non tutte le cose sono “in ordine”. […]. Più che Bismarck, a noi sembra che, se mai, Metternich sia stato l’ultimo “Europeo”, vale a dire l’ultimo uomo politico che seppe sentire la necessità di una solidarietà delle nazioni europee non astratta, o dettata solo da ragioni di politica “realistica” e da interessi materiali, ma rifacentesi anche a delle idee e alla volontà di mantenere il migliore retaggio tradizionale dell’Europa» . Contrariamente a quanto sostenuto da Baillet , Evola fu dunque piuttosto critico nei confronti di Bismarck, che non ebbe, secondo la visione tradizionale evoliana, il coraggio di opporsi in modo sistematico e rigoroso al mondo moderno e della sovversione (nella sua forma economico-capitalistica), ma dovette in alcuni casi venire a patti con esso.

La stessa Germania federiciana e poi guglielmina, seppur conservante le strutture e l’ordine di uno stato tradizionale, nel quale la stessa burocrazia e l’apparato statale apparivano quasi come corpi di un ordine, conteneva i germi della dissoluzione, dovuti alle idee illuministe che avevano iniziato a filtrare – in modo più larvato che altrove – presso le varie corti. Se il giudizio evoliano nei confronti del codice federiciano conservante l’ordinamento diviso negli Stände è positivo, ciò è poiché, per l’epoca in cui sorse, quel codice conservava meglio d’ogni altro le strutture feudali e gerarchiche precedenti. Esse, tramite la tradizione prussiana, affondavano nell’Ordine dei cavalieri teutonici e nella loro riconquista delle terre baltiche: un ordine ascetico-cavalleresco formato da una disciplina e da una severa organizzazione gerarchica. Così, sin da giovanissimo Evola intuì l’assurdità della “guerra civile europea” che, come ufficiale, egli andava a combattere sulla frontiera carsica: l’Italia si schierava cioè contro ciò che restava della migliore tradizione europea. «Nel 1914 gli Imperi Centrali rappresentavano ancora un resto dell’Europa feudale e aristocratica nel mondo occidentale, malgrado innegabili aspetti di egemonismo militaristico ed alcune alleanze sospette col capitalismo presenti soprattutto nella Germania guglielmina. La coalizione contro di essi fu dichiaratamente una coalizione del Terzo Stato contro le forze residue del Secondo Stato […]. Come in poche altre della storia, la guerra del 1914-1918 presenta tutti i tratti di un conflitto non fra Stati e nazioni, ma fra le ideologie di diverse caste. Di essa, i risultati diretti e voluti furono la distruzione della Germania monarchica e dell’Austria cattolica, quelli indiretti il crollo dell’impero degli Czar, la rivoluzione comunista e la creazione, in Europa, di una situazione politico-sociale talmente caotica e contraddittoria, da contenere tutte le premesse per una nuova conflagrazione. E questa fu la seconda guerra mondiale» .

Come accennato, anche nei confronti della tradizione dell’Austria Evola espresse un giudizio marcatamente positivo. La stessa linea dinastica degli Asburgo ebbe un ruolo di rilievo in questa valutazione (Evola si era espresso in termini molto positivi nei confronti di Massimiliano I) ; nel periodo in cui visse a Vienna Evola respirò ciò che restava dell’atmosfera antica dell’Austria felix, e venne in contatto con quella temperie culturale e spirituale e soprattutto con uomini in cui, per usare le parole di Ernst Jünger, «la catastrofe aveva certo lasciato le sue ombre […], ma si era limitata a distruggerne la serenità innata senza distruggerla. A tratti scorgevamo […] una patina di quella sofferenza che potremmo definire austriaca e che è comune a tanti vecchi sudditi dell’ultima vera monarchia. Con essa venne distrutta una forma del piacere di vivere che negli altri paesi europei già da generazioni era diventata inimmaginabile, e le tracce di questa distruzione si avvertono ancora nei singoli individui. […]. Da noi nel Reich, se si prescinde dal generale esaurimento delle forze, si incominciava a notare tutt’al più la disparità degli strati sociali; qui invece si erano aperte, come voragini, le differenze tra le varie etnie» . In questo humus storico degli anni compresi tra le due guerre, in cui ancora forti erano i legami sentimentali ed etici di molti con la precedente tradizione imperiale – la monarchia asburgica d’Austria aveva almeno formalmente conservato, sino al Congresso di Vienna, la titolarità del Sacro Romano Impero – Evola ebbe anche modo di percepire direttamente l’attaccamento diffuso a livello popolare alla monarchia , e lo spiegò in questi termini: «Senza riesumare forme anacronistiche, invece di una propaganda che “umanizzi” il sovrano per accattivare la massa, quasi sulla stessa linea della propaganda elettorale presidenziale americana, si dovrebbe vedere fino a che punto possano avere un’azione profonda i tratti di una figura caratterizzata da una certa innata superiorità e dignità, in un quadro adeguato. Una specie di ascesi e di liturgia della potenza qui potrebbero avere una loro parte. Proprio questi tratti, mentre rafforzeranno il prestigio di chi incarna un simbolo, dovrebbero poter esercitare sull’uomo non volgare una forza d’attrazione, perfino un orgoglio nel suddito. Del resto, anche in tempi abbastanza recenti si è avuto l’esempio dell’imperatore Francesco Giuseppe che, pur frapponendo fra sé e i sudditi l’antico severo cerimoniale, pur non imitando per nulla i re “democratici” dei piccoli Stati nordici, godette di una particolare, non volgare popolarità» . In questo stesso senso nel 1935, scrivendo a proposito della possibilità di una restaurazione regale in Austria, Evola riferisce ciò che gli esponenti del pensiero conservatore e monarchico in quel paese sostenevano: «La premessa, intanto, è quella a cui ogni mente non ingombra di pregiudizî può anche aderire, cioè che il regime monarchico, in generale, è quello che più può garantire un ordine, un equilibrio e una pacificazione interna, senza dover ricorrere al rimedio estremo della dittatura e dello Stato centralizzato, sempreché nei singoli sussista la sensibilità spirituale richiesta da ogni lealismo. Questa condizione, secondo dette personalità, sarebbe presente nella gran parte della popolazione austriaca, se non altro, per la forza di una tradizione e di uno stile di vita pluricentenario» .

Il problema dell’Anschluss, dell’annessione dell’Austria alla Germania naizonalsocialista, fu negli anni che lo precedettero a

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samedi, 21 mai 2011 | Lien permanent

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