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samedi, 07 février 2015

Der vergessene Gigant

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Der vergessene Gigant

von Robin Classen

Ex: http://www.blauenarzisse.de

Gerne setzen Patrioten auf Russland oder China als Alternative zur nationalen und internationalen US-​Dominanz. Dabei gibt es einen weitaus besseren außenpolitischen Partner, meint Robin Classen.

In diesen Tagen blickt die Welt angespannt auf die Ukraine: Dort nimmt der Stellvertreterkonflikt zwischen Russland und den USA langsam wieder an blutiger Fahrt auf. Auch der IS steht weiter im Fokus des öffentlichen Interesses.

Die größte Demokratie der Erde

Etwas in den Hintergrund geriet jedoch der Besuch von US-​Präsident Barack Obamas in Indien Ende Januar. Es handelt sich um ein Land, dem geopolitisch auch in Deutschland viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dabei ist Indien nicht nur eines der größten Länder der Welt, sondern beherbergt auch unvorstellbare 1,2 Milliarden Menschen. Es ist damit die größte Demokratie der Erde.

Im IT– und Pharmazie-​Sektor hat das Land längst internationale Spitzenqualität erreicht. Und auch anderweitig geht es seit dem langsamen Ausstieg aus dem Sozialismus bergauf: Indien gehört längst zu den zehn größten Volkswirtschaften der Erde. Kein Wunder also, dass Obama den Kreis seiner asiatischen Partnerländer – neben Südkorea und Japan – um das Riesenreich erweitern will. Bei den jetzigen Verhandlungen geht es vornehmlich darum, dass die USA gerne die veraltete russische Atomtechnik im Land ersetzen würden. Milliardenaufträge für US-​Unternehmen stehen im Raum.

Die USA und China werben um Indien

Auch im Anti-​Terror-​Kampf und vor allem bei der Verteidigung soll stärker kooperiert werden. Die Ausgaben für letztere wurden von der indischen Regierung gerade erst um 15 Prozent erhöht. Laut der Welt besitzt Indien zugleich die international größte Artillerie-​Streitmacht.

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Indien verspricht sich seinerseits von den USA Unterstützung bei dem Streben nach einem ständigen Sitz im UN-​Sicherheitsrat. Das würde eine enorme weltpolitische Aufwertung bedeuten. Doch China will ein Bündnis zwischen den USA und Indien unbedingt verhindern. Ihm allerdings Konflikte mit letzteren in Sri Lanka, Bangladesch und Nepal im Weg. China unterstützt beispielsweise die Regierung Sri Lankas im Kampf gegen die Tamilen. Es darf dafür einen weiteren Hafen in seine „Perlenkette“ aus geopolitisch und wirtschaftlich wichtigen Häfen einreihen – auch in Bangladesch steht mittlerweile einer.

Indien ist schon ähnlich eingekreist wie Russland von Seiten der NATO. Kein Wunder, dass sich die Sympathien zueinander in Grenzen halten. Zumal auch noch um eine indische Provinz gestritten wird, die China als Süd-​Nepal ansieht. Doch China will Indien nicht an die USA verlieren – und bot daher im September 2014 Investitionen im Umfang von 20 Milliarden Dollar an.

Nicht jeder Gegner der USA ist unser Freund

Angesichts dieser Ouvertüren von allen Seiten lehnt sich das seit 2014 unter dem Premierminister und Hindu-​Nationalisten Narendra Modi neu erstarkte Indien zurück und genießt. Für eine geopolitische Seite entscheiden wird sich das Land nicht so schnell. Das muss es auch gar nicht, solange die globalen Konfliktlinien nicht direkt vor der Haustür verlaufen. Indien hat zudem noch regional mit der islamischen, terrorgeplagten Atommacht Pakistan einen regionalen Gegner.

Von Deutschland aus halten sich die Offerten sowohl von der etablierten als auch von der alternativen Politik eher in Grenzen. Die Etablierten betreiben sowieso keine Geopolitik, sondern halten sich sklavisch an die von den USA vorgegebene Richtung. Andere – links wie rechts – sind der absurden Vorstellung verhaftet, die Auswüchse der US-​Außenpolitik seien nicht etwa die logische Konsequenz des Großmachtdaseins. Stattdessen meinen sie das Ergebnis einer von dunklen Kreisen herbeigeführten, besonderen Boshaftigkeit der USA zu erkennen. Jeder ihrer Gegner soll aus dieser abstrusen Perspektive automatisch unser Freund sein. Auf Grund dieser Denkweise blieb das eher neutrale Indien meist außen vor. Oder es wurde im holzschnittartigen Weltbild dieser Personen als chinesisches Anhängsel betrachtet.

Deutschland: In Indien sehr geschätzt

Für Anhänger eines neutralen, souveränen und ungebundenen Deutschlands als mitteleuropäischer Friedensmacht, wie ich es bin, ist das ebenfalls ungebundene Indien hingegen ein idealer Partner im asiatischen Raum. Gerade der Nationalist und Islamkritiker Modi ist ein Garant für eine positive Entwicklung des Riesenreichs und eine erfrischende, charismatische Gestalt auf der internationalen Bühne.

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Indien genießt zudem mit seinen Gurus, seiner reizvollen Kultur und deren Derivaten wie dem westlichen Entspannungs-​Yoga einen guten Ruf in Deutschland. Umgekehrt wird Deutschland auf Grund des gemeinsamen indogermanischen Erbes als Brudernation gesehen und für seine wirtschaftliche Potenz verehrt. Deutschkurse an zahlreichen Schulen erfreuten sich – bis zu ihrer Abschaffung zugunsten der Klerikersprache Sanskrit – größter Beliebtheit.

Die Voraussetzungen für eine vertiefte Zusammenarbeit wären also vorhanden. Wenn Deutschland sich aus den Fängen der USA befreien und dann nicht gleich wieder in die Russlands oder Chinas springen würde, sollten Berlin und Neu-​Delhi mal telefonieren. Dringend.

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