Etwa zur gleichen Zeit, da die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone einen Rekord verzeichnen konnte, erreichte uns die Nachricht vom Tode des britischen Historikers Eric Hobsbawm. Dessen Mitgefühl und Solidarität mit den sozial Benachteiligten soll ihn neben seiner wissenschaftlichen Arbeit besonders ausgezeichnet haben.. Diesem Vertreter einer materialistischen Geschichtsauffassung, in Zusammenhängen denkenden, kritischen wie auch selbstkritischen Analytiker mußte die Finanz- und Wirtschaftskrise geradezu als etwas Unvermeidliches erschienen sein. Vom Ende des Kapitalismus hätte Hobsbawm auch zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich nicht geredet, aber ebensowenig hätte er möglicherweise beschwören wollen, daß der Kommunismus doch noch das Ergebnis der historischen Entwicklung sein werde. Und vorerst geht diese ja weiter.
Was sich heute in den Straßen von Madrid oder Athen abspielt, ist nicht bloß ein Problem, das nur Spanien oder Griechenland anginge. Zudem ist es eine ökonomische Frage, auf die Karl Marx zwar eine Antwort wüßte. Aber wäre diese heute zeitgemäß und ausreichend? Hobsbawm, zwar Marxist, aber kein dogmatischer, dachte sehr wohl über Marx hinaus. Aber selbst dieser wußte, daß sich nicht alles nur von spezifisch ökonomischen Phänomenen ableiten läßt. Was eigentlich auch Frank Stronach wissen sollte.
In der Tat hat das, was vor allem junge arbeitslose Menschen demonstrieren läßt, zwar einen realen ökonomischen Hintergrund, es weist aber darüberhinaus auf kaum beachtete außerökonomische kulturelle und identitäre Phänomene, die sich mit anderen vermischen und in Krisenzeiten stärker, vielleicht sogar dominierend in Erscheinung treten können.
Möglich ist vorerst aber auch, daß, soferne die Verursacher und Manager der Krise diese nicht mehr in den Griff bekommen, sich bei jenen, die, egal wo, auch morgen keine Arbeit finden werden und/oder in Schulden zu ersticken drohen, ein eigenes grenzüberschreitendes solidarisches Bewußtsein und Verhalten herausbildet. Sozusagen ein europäisches Bewußtsein, aber dieses von unten kommend. Wahrscheinlich ein unerträglicher Gedanke für die da oben, die alles, aber wirklich alles daran setzen werden, ihr Herrschaftsmodell abzusichern. Aber wenn es, trotz allem, einmal darum gehen sollte, dieses Europa nicht nur ökonomisch neu zu ordnen, kämen dann nicht unweigerlich jene außerökonomischen Phänomene, wie sie schon bei der Nationswerdung bestimmend waren, auf die Tagesordnung,?
Doch dann hoffentlich im europäischen Geist und Gleichklang, gelebte europäische Solidarität eben. Hoffen wird man ja noch dürfen, wie der “Wiener” in Hobsbawm sagen würde.
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