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jeudi, 13 juin 2013

Richard Millet im Gespräch

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„Wächter des Niedergangs“

Richard Millet im Gespräch

Benedikt Kaiser

Ex: http://www.sezession.de/

SEZESSION: Der Freitod Dominique Venners vollzog sich in einem nervösen Frankreich. Demonstrationen und Ausschreitungen begleiten die Installierung der  „Lex Taubira“, die homosexuellen Paaren Heirat und Adoption erlaubt. Wie gestaltet sich die Lage vor Ort?

MILLET: Dominique Venner wollte einen symbolischen Freitod. Ich befürchte, daß er unter diesem Gesichtspunkt „gescheitert“ ist: er hat weder die spektakuläre Wirksamkeit eines Mishima noch die diskrete, sehr römische Größe eines Montherlant. Man muß sich nicht in Notre-Dame umbringen, dann schon eher vor dem Pariser Rathaus, dieser Hochburg der sozialistisch-homosexuellen Lobby.

SEZESSION: Wie reagierten die Medien?

MILLET: Die gesamte Presse (und rechts wie links ist es dieselbe politisch korrekte, unwahre Einheitspresse), stellt nur die Tatsache fest, daß ein Historiker der extremen Rechten verzweifelt ist: Sie verschweigt die Gründe für diese Handlung, sie spricht nicht darüber. Wie mehrere Millionen weitere Franzosen wurde Venner vom Gesetz über die Homo-Ehe geschockt, das in der Tat eine Unsinnigkeit und ein politischer Schlag ist, der zum Unterdrückungsarsenal der antirassistischen Religion hinzutritt. Der Tod von Venner erfolgt in einem Zustand der Verzweiflung und einer tiefen Depression in Frankreich wie in vielen weiteren europäischen Ländern, die durch eine massive, nichteuropäische – häufig muslimische – Einwanderung zermürbt werden.

SEZESSION: Zermürbt durch Zustände, die bald an Bürgerkriege erinnern lassen?

MILLET: Europa kennt einen mehr oder weniger latenten Bürgerkrieg: ethnische Unruhen im schwedischen Paradies; Durchschneiden der Kehle eines Soldaten im belebten London durch einen islamistischen Schwarzen; Versuch des Durchschneidens der Kehle eines französischen Soldaten in einer Station der Pariser U-Bahn durch einen Mann mit „dunkler Haut und langen schwarzen Bart“; und ich erinnere gar nicht an Breivik und Merah, ans Bostoner Attentat. Frankreich ist in die post-histoire eingetreten: Es hat Probleme, sich wiederzuerkennen. Das Nachgeschichtliche (nachchristlich, nachkulturell, nachidentitär) trifft auf die Wirtschaftskrise. Es ist unvermeidlich, daß Voraussetzungen für eine Verzweiflung entstehen, von der man nicht weiß, wie die Franzosen, die nicht bereit sind, sich zu bewegen, ihr entkommen sollen. Sie sind gelähmt durch die mediale und politische Propaganda, terrorisiert durch die Gesetze Gayssot und Taubira…

SEZESSION: Nun sieht man aber hunderttausende Menschen demonstrieren, die nicht gelähmt sind. Wieso sorgt ausgerechnet das Gesetz über die Homo-Ehe für eine solche Protestbewegung?

MILLET: Die Demonstranten sind größtenteils französische Katholiken, aber auch andere Menschen guten Willens, die über etwas entrüstet sind, das eine rein geschlechtliche Angelegenheit ist und daher im Privatleben bleiben müßte, obwohl es die sozialistische Propaganda als „sozialen Fortschritt“ präsentiert hat. Wir sahen, wie die erste „homosexuelle Ehe“ spektakulär durch die im Solde der Macht stehenden Medien vermarktet worden ist. Das reicht, um zu begreifen, daß man dabei ist, die Kultur zu verändern.

SEZESSION: Ist die Bewegung „Manif pour tous“ thematisch breiter angelegt als die Fokussierung auf homosexuelles Adoptionsrecht und auf das Unmittelbare, das damit zusammenhängt, erahnen läßt?

MILLET: Es ist bedauernswert, daß diese Demonstranten bei der Homo-Ehe halt machen und es nicht für richtig gehalten haben, ihre Überlegungen auf den gesamten Vorgang auszudehnen: den unwiderruflichen Austausch der europäischen Völker durch andere, die aus nichteuropäischen Kulturkreisen stammen und diese nicht ablegen, oft indes die Maske der amerikanischen Subkultur tragen – als Weichensteller für den Islam. Zwischen der Homo-Ehe und der Islamisierung Europas gibt es also eine objektive Komplizenschaft, eine Zusammenkunft von Interessen, die mit der Globalisierung und dem kulturellen und geistigen Defizit Europas zusammenhängen.

SEZESSION: Umtriebige Verteidiger der „westlichen Zivilisation“ werfen aber doch gerade islamischen Glaubensrichtungen vor, rückständig zu sein und die Rechte sexueller Minderheiten – etwa Homosexueller – nicht zu respektieren. Die „offene“, postmoderne Gesellschaft als Komplize des Islam, der seinerseits ausschließlich die Ehe zwischen Mann und Frau anerkennt – beißt sich das nicht?

MILLET: Es hat bei bestimmten Demonstrationen auch Muslime gegeben, die neben den Katholiken marschiert sind (mit arabisch-sprachigen Spruchbändern, versteht sich!). Es existiert für mich allerdings keine Frontlinie zwischen moderner Sexualität und archaischer Religion. Ich wiederhole es: Sex ist eine private Angelegenheit und Homosexuelle sind keine politische Minderheit …

Die tatsächliche Frontlinie verläuft im Krieg zwischen einem abendländischen und einem islamisiertem Europa, das als angeschlossenes Terrain an das fungiert, was man das arabisch-amerikanische oder muslimisch-amerikanische Kondominium (weil Pakistan eingeschlossen werden muß) nennen kann. Für Europa ist dies bereits ein verlorener Krieg, wenn man die Rolle bedenkt, die Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, ja selbst die Türkei einnehmen: Der Islamismus spielt vor Ort mit, und zwar als Akteur des Kapitalismus (demnach wirkt er post-kulturell; Kultur hier als höchster Wert des judeochristlichen Europas verstanden).

Der Terrorismus ist nur ein etwas vulgäres Verhandlungselement, das glauben lassen soll, daß es jenseits von ihm einen „guten Islam“ gebe. Aber es gibt keine „gute“ Religion, sobald sie sich in die Politik einmischt. All das ist nicht widersprüchlich: Es ist eher ein Zeichen des Zusammenbruchs innerhalb jener so „offenen“ Gesellschaften, die als solche doch schon längst nicht mehr bestehen.

SEZESSION: Ist die Selbstaufgabe und freiwillige Preisgabe Europas ein Zeichen der Wehrlosigkeit einer gegen die Realität konstruierten, nun untergehenden offenen Gesellschaft? Hat sich Venner vielleicht auch deshalb umgebracht, weil der Okzident dabei ist, sich selbst umzubringen?

MILLET: Es ist tatsächlich diese Verweigerung vor der unmittelbaren Realität, die mich am meisten überrascht, diese geistige Konstruktion, justiert durch die medienpolitische Macht: diese von Toleranz, von Transparenz, von universeller Demokratie träumenden Konzepte; die offene Gesellschaft, alternative Gesellschaft, Globalisierung, Ablehnung der Grenzen, das allgemeine Rassenmischungsprogramm, die Dekonstruktion jeder Metaphysik, der Haß auf den Katholizismus, der Ersatz des „Mannes“ durch ein entladenes, transsexuelles, erratisches und metamorphes Subjekt undsoweiter. All das wird zu einer vielförmigen Ideologie vermengt, die der hedonistischen Knechtung des Individuums gewidmet ist, das alsdann nicht mehr in der Lage ist, etwas selbst zu schaffen.

Sie sprechen richtigerweise von Wehrlosigkeit, denn sie ist charakteristisch für den europäischen Menschen, der zwar weiß, daß die Propaganda ihn belügt, aber der meistens ignoriert, wie diese Lüge, die Umkehrung von Wahr in Falsch, zu entziffern ist. Der europäische Mensch geht in der Wehrlosigkeit auf, die ihm die Schuld aufzwingt; er kann nur in der unendlichen nachkolonialen, nachgenozidalen, nachkulturellen Sühne verschwinden.

SEZESSION: Sie schreiben in ihrem fulminanten Essay Antirassismus als Terror gegen die Literatur, der bald in deutscher Fassung erscheinen wird, trotz dieser Zustandsbeschreibung des gegenwärtigen Abendländers, daß Sie „die Waffen nicht strecken“ können, und führe es auch zu der von Ihnen ebenfalls erwähnten „einsamen Nacktheit“. Venner hat die Waffen auf seine Art und Weise gestreckt und doch nicht gestreckt; die Hoffnung auf folgende Generationen hat er letztlich doch in sich getragen. Haben Sie noch Hoffnung?

MILLET: Das größte Vergnügen, das wir unseren Feinden machen könnten, bestünde darin, zu verstummen. Die Propaganda will die Schriftsteller ruhigstellen, sie einschüchtern. Es ist politischer Terror, vor dem ich mich weigere, das Handtuch zu werfen – trotz der Versuchung der etwaigen Stille. Um jeden Preis weiterzuschreiben, koste es, was es wolle, ist eine Notwendigkeit und zugleich eine Frage der Ehre (Ehre! – eine vergessene Kategorie der Neuen Weltordnung). Besser noch: man kann durchaus eine Art Hoffnung in dieser Haltung des Letzten sehen – letzter Schriftsteller, letzter „Mann“ undsoweiter. Nun: Wir werden wir bis zum Ende die Wächter des Niedergangs sein.

00:05 Publié dans Entretiens | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : richard millet, entretien, france, actualité | |  del.icio.us | | Digg! Digg |  Facebook

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