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dimanche, 04 octobre 2009

Woodrow Wilson und das Selbstbestimmungsrecht

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Woodrow Wilson und das Selbstbestimmungsrecht

Ex: http://www.mehr-freiheit.de/

"...war is in fact the true nurse of executive aggrandizement. In war, a physical force is to be created; and it is the executive will, which is to direct it. In war, the public treasuries are to be unlocked; and it is the executive hand which is to dispose them." James Madison

 

Thomas Woodrow Wilson, geboren am 28.12.1856, gestorben am 03.02.1924, war von 1913 bis 1921 der 27. Präsident der USA. Wilson, seit 1890 Professor der Geschichte und Staatswissenschaften in Princeton, trat in seinen Reden und Schriften immer für hohe Ideale und edle Ziele ein. Sein Handeln stand aber in völligem Gegensatz dazu. Wir wollen hier untersuchen, wie es zu diesem Widerspruch zwischen Wort und Tat eines Politikers kommen konnte, der sich als humanitärer Vorkämpfer ausgab. Welche Motive hatte er für den von ihm so listenreich betriebenen Eintritt der USA in den 1. Weltkrieg?

Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs ermahnte Wilson seine Landsleute, in Worten und sogar in Gedanken neutral zu bleiben. Er selbst hielt sich aber nicht an diese gute Empfehlung. Offizielle Politik der USA war eine unparteiische Neutralität gegenüber allen Konfliktparteien, tatsächlich erfolgte eine unverhohlene Parteinahme gegen Deutschland und Österreich-Ungarn.

Eine internationale Konferenz hatte 1909 die Deklaration von London verabschiedet, in der Regeln für die Kriegsführung auf See festgelegt wurden. Eine der zentralen Bestimmungen war, daß gegen die Zivilbevölkerung nicht Krieg geführt werden dürfe. Der britische Prime Minister, Lord Salisbury, hatte zu Beginn des Jahrhunderts die allgemein verbreitete Position zu dieser Frage so beschrieben: "Foodstuffs, with a hostile destination, can be considered contraband of war only if they are supplies for the enemy's forces. It is not sufficient that they are capable of being so used; it must be shown that this was in fact their destination at the time of the seizure."

Bei Kriegsausbruch erklärte die britische Regierung, daß sie sich nicht an Geist und Buchstaben der Deklaration von London halten werde, sondern für sich das Recht beansprucht, Nahrungsmittel auf See zu erbeuten und zu beschlagnahmen, auch wenn diese auf neutralen Schiffen zu neutralen Häfen transportiert werden. Der Vorwand für diesen Bruch des Völkerrechts war, daß die nicht ausdrücklich für britische Häfen bestimmten Güter letztendlich der deutschen Armee zugute kommen könnten. Der wahre Grund dieser staatlichen Piraterie lag in der Absicht "...to starve the whole population - men, women, and children, old and young, wounded and sound - into submission", wie Winston Churchill, damals Marineminister, offenherzig bekannte.

Auch die Handelsflotte der USA wurde Opfer der britischen Unterdrückung des freien Seeverkehrs. US-Schiffe wurden gekapert, ihre Ladung beschlagnahmt. Das war ein offener Bruch des Völkerrechts. Die USA hatten gegenüber ihren südlichen Nachbarn aus weitaus geringerem Anlaß Krieg geführt. In diesem Fall beschränkte sich die Regierung Wilsons darauf, eine formale Protestnote an die englische Regierung zu senden, vermied aber jede Sanktion gegen den Angreifer.

Im November 1914 erklärte die britische Kriegsmarine die gesamte Nordsee zur Kriegszone, die sofort vermint wurde. Schiffe, die unter der Flagge neutraler Staaten fuhren, konnten in der Nordsee ohne Vorwarnung das Ziel britischer Angriffe werden. Dieses Vorgehen der britischen Regierung verletzte geltendes Völkerrecht, darunter die Deklaration von Paris von 1856, die Britannien unterzeichnet hatte. Wilson lehnte es ab, sich dem Protest der neutralen skandinavischen Länder gegen die Sperrung der Nordsee anzuschließen. Als jedoch im Februar 1915 die deutsche Regierung dem schlechten britischen Beispiel folgte und ihrerseits die See um die britischen Inseln zur Kriegszone erklärte, reagierte Wilson völlig anders als im britischen Präzedenzfall. In einer Note ließ er Berlin wissen, daß Deutschland zur strikten Rechenschaft gezogen werde, falls US-Schiffe oder US-Bürger durch deutsche Kriegsschiffe zu Schaden kämen. Wilson nahm für sich überdies das Recht in Anspruch, US-Bürger auch dann zu schützen, wenn sie sich freiwillig auf einem Schiff aufhielten, daß die Flagge einer kriegsführenden Nation trug.

Am 07.05.1915 versenkte ein deutsches U-Boot in der Kriegszone vor Irland das englische Schiff Lusitania, wobei 1195 Menschen ums Leben kamen, darunter 124 Amerikaner. In einer Note an Berlin behielt sich Wilson jede Handlung vor, die notwendig sei, um seine "heilige Pflicht zur Aufrechterhaltung der Rechte der US" zu erfüllen. Die deutsche Regierung wies in ihrer Antwort darauf hin, daß:

  • der U-Boot-Krieg eine Erwiderung auf die ungesetzliche Hungerblockade sei;
  • die Lusitania Munition für Kriegszwecke befördert habe;
  • die Lusitania als Hilfskreuzer für die britische Kriegsmarine eingetragen sei;
  • britische Handelsschiffe angewiesen worden seien, auf auftauchende deutsche U-Boote zu schießen oder diese zu rammen;
  • die Lusitania bewaffnet gewesen sei.

Die ersten vier Behauptungen der deutschen Regierung treffen zu, die fünfte ist zweifelhaft. Der Außenminister der USA, William Jennings Bryan, war ehrlich bestrebt, einen Kriegseintritt der USA zu verhindern. An Wilson gerichtet erklärte er: "Germany has a right to prevent contraband going to the Allies, and a ship carrying contraband should not rely upon passengers to protect her from attack - it would be like putting women and children in front of an army." Bryan gab auch zu bedenken: "Why be shocked by the drowning of a few people, if there is to be no objection to starving a nation?" Bryan machte den Kriegsparteien folgenden Kompromißvorschlag: Britannien sollte Nahrungsmittel nach Deutschland bringen lassen und Deutschland verzichtet nach Aufhebung der Hungerblockade auf den U-Boot-Krieg. Dieser Plan wurde von der deutschen Regierung angenommen, von den britischen Verantwortlichen jedoch abgelehnt. Als Bryan erkennen mußte, daß Wilson zum Krieg entschlossen war, trat er im Juni 1915 von seinem Amt zurück.

Der Nachfolger Bryans als Außenminister war Robert Lansing, der in aller Offenheit bekannte, daß das Ziel der britischen Hungerblockade sei, "...[to] destroy the morale of the German people by an economic isolation, which would cause them to lack the very necessaries of life." Zu den Protestnoten der US-Regierung an die britische Regierung, betreffend die Einschränkung des freien Seeverkehrs für US-Schiffe durch die britische Kriegsmarine, erklärte er: "...everything was submerged in verbiage. It was done with deliberate purpose. It...was necessary in order to leave this country free to act and even act illegally when it entered the war."

Im Februar 1916 kündigte die deutsche Regierung an, daß jedes feindliche bewaffnete Handelsschiff als Hilfskreuzer behandelt und ohne Vorwarnung angegriffen werde. Diesmal war Wilson empört und er verlangte in einer Deklaration, daß bewaffnete Handelsschiffe kriegsführender Staaten die Immunität friedlicher Schiffe genießen sollten, falls nicht "zwingende Beweise für aggressive Absichten" nachgewiesen werden könnten. Nach der Versenkung der ohne Flagge oder Markierungen fahrenden Sussex durch ein deutsches U-Boot, machte die deutsche Führung das Angebot, ihre Angriffe auf feindliche Schiffe in der Kriegszone einzustellen, wenn die Regierung der USA dafür eintrete, daß die britische Regierung fortan die Regeln des Völkerrechts einhält und ihre Hungerblockade beendet. Doch Wilson lehnte diesen Vorschlag ab, obwohl er wußte, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der rechtswidrigen britischen Blockadepolitik und dem deutschen U-Boot-Krieg bestand. Gleichzeitig lehnte es Wilson ab, dem Wunsch des US-Parlaments entsprechend eine Warnung für alle US-Bürger auszusprechen, daß diese die Reise auf einem bewaffneten Handelsschiff auf eigene Gefahr unternehmen müßten. Wilson rechnete damit, daß jeder Amerikaner, der durch deutsche Kriegsschiffe zu Schaden kam, die Kriegsbereitschaft in den USA verstärken würde und er sollte sich in dieser Hinsicht nicht täuschen.

Wie von der britischen Regierung erhofft, erwies sich die Blockade Deutschlands als sehr wirkungsvoll. Bald war der Hunger in der deutschen Zivilbevölkerung weit verbreitet, die sich überwiegend von Schwarzbrot und einer Ration von drei Pfund Kartoffeln pro Woche ernährte. Als 1916 eine Mißernte bei Kartoffeln eintrat, verschärfte sich die Situation und wurde vor allem für Kinder kritisch. Steckrüben wurden zum Hauptnahrungsmittel und viele Stadtbewohner konnten täglich nur 1.000 Kalorien zu sich nehmen. Während des 1. Weltkriegs starben in Deutschland 700.000 Zivilisten an Unterernährung.

Unter offenem Bruch ihrer Neutralität lieferten die USA Waffen und Munition an Britannien. Am 31. Januar 1917 erklärte die deutsche Regierung den uneingeschränkten U-Boot-Krieg in der Kriegszone. Am 01.02.1917 brach Wilson die diplomatischen Beziehungen ab und erklärte am 06.04.1917 Deutschland den Krieg.

Warum traten die USA in den 1. Weltkrieg ein, obwohl sie in Europa keine Gebietsforderungen hatten und auch nicht in sonstige Streitigkeiten verwickelt waren? Die Gründerväter der USA hatten darauf bestanden, daß sich ihr Land gegenüber allen ausländischen Staaten strikt neutral verhalten sollte. George Washington hatte in seiner Abschiedsrede als Präsident 1797 gesagt: "The great rule of conduct for us, in regard to foreign Nations, is in extending our commercial relations to have with them as little political connection as possible...Why, by interweaving our destiny with that of any part of Europe, entangle our peace and prosperity in the toils of European Ambition, Rivalship, Interest, Humour or Caprice?" Thomas Jefferson gab in seiner Einführungsrede als Präsident folgende Richtlinie: "...peace, commerce, and honest friendship with all nations, entangling alliances with none."

Warum verriet Wilson die Ideale der Gründerväter? Koloniale Besitzansprüche können nicht der Grund für den Eintritt in den europäischen Krieg gewesen sein. Kolonien waren damals wohl begehrte Statussymbole für die großen Industriestaaten, aber ihr Besitz wurde nicht so geschätzt, daß man dafür bereit gewesen wäre, einen großen Krieg zu führen, wie die Marokko-Krise 1911 zeigte.

Auf der Suche nach den Motiven der jahrelangen Bemühungen Wilsons zur Herbeiführung eines Kriegs, wenden wir uns zuerst den Gründen zu, die er selbst für seinen Kriegseintritt nennt. Wilson erklärte bei Kriegsbeginn vor dem US-Parlament, die Kriegsziele seien: "...to fight for the ultimate peace of the world and for the liberation of its peoples, the German people included: for the rights of nations great and small and the privilege of men everywhere to choose their way of life and of obedience. The world must be made safe for democracy." Dreimal in seiner Kriegsbotschaft bekräftigte Wilson die Notwendigkeit, ohne Leidenschaft und Rachsucht zu kämpfen.

In seinem "Friedensprogramm" vom 08.01.1918 (14 Punkte) behauptete Wilson:

  • die Beseitigung der "Autokratie";
  • die Abschaffung des Militarismus;
  • die Gewährung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker;

seien die vordringlichen Kriegsziele. Des weiteren nannte er noch den Aufbau einer Weltregierung in Gestalt des Völkerbundes als einen zentralen Zweck des Kriegs.

Deutschland hatte Ende 1918 nicht bedingungslos kapituliert, sondern nur unter ganz bestimmten Bedingungen, die den endgültigen Friedensvertrag betrafen. Am 05.11.1918 versprach Wilson, daß die USA und ihre Verbündeten den deutschen Vorschlag annehmen würden. Die Grundlage einer abschließenden Regelung sollten die 14 Punkte Wilsons sein. In seiner "4 Grundsätze" Rede im Februar 1918 sagte er: "There shall be no contributions, no punitive damages. People are not to be handed about from one sovereignty to another by an international conference...National aspirations must be respected; peoples may now be dominated and governed only by their own consent. 'Self determination' is not a mere phrase."

Im Vertrauen auf diese Zusagen Wilsons entsprach die deutsche Regierung der Forderung ihrer Kriegsgegner nach Entwaffnung der deutschen Streitkräfte und übergab ihre Flotte einschließlich der U-Boote, 1.700 Flugzeuge, 5.000 Kanonen, 30.000 Maschinengewehre und anderes Kriegsgerät. Deutschland war nun wehrlos und konnte nur hoffen, daß Wilson und seine Verbündeten ihre Versprechungen einhielten.

Doch die Hungerblockade wurde fortgesetzt und sogar noch verschärft. Die britische Kriegsmarine beherrschte nun auch die Ostsee und nutzte dies, um die deutschen Ostseehäfen zu blockieren. Nicht einmal kleine Fischerboote durften auslaufen. Der Hunger erreichte ein für große Teile der deutschen Zivilbevölkerung lebensgefährliches Ausmaß. Erst im März 1919 wurde die Einfuhr von Nahrungsmitteln wieder zugelassen. Die Blockade von Rohstoffen hoben die Siegermächte erst nach Unterzeichnung des Vertrags von Versailles auf.

Die deutsche Verhandlungsdelegation in Versailles stellte bald fest, daß es für sie nichts zu verhandeln gab. Den deutschen Vertretern wurde die Teilnahme an den Beratungen untersagt. Die Siegermächte legten den deutschen Delegierten einen fertigen Text vor, den sie unter Androhung einer vollständigen Besetzung Deutschlands zu unterschreiben hatten. Unter diesen Bedingungen konnte man nicht von einem Friedensvertrag sprechen, sondern es handelte sich um ein Diktat des Stärkeren gegenüber dem Schwächeren.

Wilson hatte versprochen, daß die Selbstbestimmung der Völker die Grundlage einer neuen gerechten Weltordnung sein werde. Ganz im Gegensatz dazu die Bestimmungen der Friedensdiktate:

  • Südtirol, das geschlossene Siedlungsgebiet einer Viertelmillion deutschsprachiger Österreicher, wurde an Italien gegeben;
  • das Gebiet um die deutsche Stadt Memel ging an Litauen;
  • die Schaffung eines polnischen Zugangs zur Ostsee (polnischer Korridor) und die Übereignung der "Freien Stadt" Danzig unter polnische Herrschaft zwang 1,5 Millionen Deutsche in den polnischen Staat;
  • das Saarland wurde Frankreich übergeben;
  • Österreich wurde die Vereinigung mit Deutschland untersagt, obwohl die österreichische verfassungsgebende Versammlung einstimmig dafür gestimmt hatte und Volksabstimmungen in Salzburg mit 98% und Tirol mit 95% sich dafür ausgesprochen hatten;
  • das Sudetenland, das seit dem Mittelalter von Deutschsprachigen bewohnt war, wurde dem neu geschaffenen Staat Tschechoslowakei zugeschlagen, was dazu führte, daß die "Minderheit" der 3,3 Millionen Sudetendeutschen halb so groß war wie das Staatsvolk der Tschechen (6,5 Millionen);
  • in Oberschlesien wurden die industriellen Zentren Kattowitz und Königshütte an Polen gegeben, obwohl in Volksabstimmungen dort 65% bzw. 75% für den Verbleib bei Deutschland gestimmt hatten;
  • im Osten Polens wurden einige Millionen Ukrainer und Weißrussen Polen einverleibt;
  • die Grenzen Ungarns wurden so gezogen, daß ein Drittel der Ungarn in fremde Staaten gezwungen wurde.

Die versprochenen Volksabstimmungen wurden nur durchgeführt, wenn zu erwarten war, daß sie zum Nachteil der Verliererstaaten ausgehen würden. Die Grenzen der Abstimmungsgebiete wurden so gezogen, daß deutschsprachige Mehrheiten an der Grenze von der anderssprachigen Bevölkerung des viel zu groß dimensionierten Abstimmungsgebietes majorisiert wurden. Den Tschechen wurde das Recht auf Sezession von Österreich-Ungarn gewährt, gleichzeitig aber den Sudetendeutschen das Recht auf Sezession von der Tschechoslowakei untersagt. Elsaß-Lothringen kam ohne Volksabstimmung wieder zu Frankreich, obwohl es damals durchaus ungewiß war, was die Bevölkerung dieser Region wünschte. Insgesamt wurde 13 Millionen Deutschsprachigen das Selbstbestimmungsrecht verweigert. Dazu kamen noch weitere Millionen Ungarn, Ukrainer, Weißrussen, die das gleiche Schicksal erlitten. Nach den neuen Grenzziehungen betrug der Anteil der Minoritäten an der Gesamtbevölkerung: Tschechoslowakei (ohne Slowaken) 35%, Polen 30%, Rumänien 25%, Jugoslawien 17%.

Auch die anderen Bestimmungen des Versailler Friedensdiktats weichen eklatant von den 14 Punkten Wilsons ab:

  • Die deutsche Armee wurde auf 100.000 Mann beschränkt; Flugzeuge, Panzer und U-Boote völlig verboten. Die deutschen Gebiete links des Rheins durften "auf ewig" nicht mehr von deutschen Truppen betreten werden. Die Siegermächte verpflichteten sich jedoch zu keiner Abrüstungsmaßnahme, obwohl Punkt 4 dies vorsah.
  • Punkt 5 von Wilson hatte vorgesehen, daß ein "...free, open-minded and absolutely impartial adjustment of all colonial claims" stattfinden sollte. Tatsächlich wurden einfach die Kolonien Deutschlands in Afrika und im Pazifik unter den Siegermächten aufgeteilt.
  • Wilson hatte versprochen, "...no contributions or punitive damages" in den Friedensvertrag aufzunehmen. Im Gegensatz dazu enthielt das Versailler Friedensdiktat eine Reparationsforderung in noch zu bestimmender Höhe. Deutschland wurde die alleinige Kriegsschuld zugewiesen und zum Ausgleich aller Kriegsschäden verpflichtet, inklusive der Pensionen der Veteranen der Siegermächte. Schließlich wurde ein so hoher Betrag festgelegt, daß es dem wirtschaftlich geschwächten Deutschland unmöglich war, auch nur die ersten Teilzahlungen zu leisten.

Die Deutschland in Versailles aufgezwungenen Gebietsverluste wurden von allen deutschen Parteien entschieden abgelehnt. Der englische Premierminister Lloyd George sagte zu der in Versailles gezogenen deutschen Ostgrenze voraus: "...[it] must in my judgement lead sooner or later to a new war in the east of Europe." Das Diktat von Versailles sicherte nicht den Frieden, sondern schuf die Spannungen, die den nächsten Krieg auslösten. Dieser "Vertrag" wurde von dem selben Wilson durchgesetzt, der seinen Kriegseintritt damit rechtfertigte, daß der 1. Weltkrieg "the war to end all wars" sein werde.

Viele Historiker argumentieren, daß der angeblich gutwillige Wilson durch ungünstige gruppendynamische Prozesse bei den Friedensverhandlungen überwältigt worden sei und deshalb Bestimmungen zugestimmt habe, die seinen Ansichten nicht entsprachen. Diese Behauptung ist wenig glaubwürdig, denn es gab bei den Friedensverhandlungen durchaus Vertreter der Siegermächte, die sich entschieden gegen das ungerechte Diktat aussprachen. Ein prominentes Beispiel dafür ist John Maynard Keynes, der Mitglied der britischen Verhandlungsdelegation war und aus Protest gegen die inhumane Behandlung der Verliererstaaten von diesem Amt zurücktrat. Keynes schrieb unmittelbar danach das Buch: "The Economic Consequences of the Peace" (1920), in dem er die Politik der Siegerstaaten entschieden kritisierte.

Wilson hat mit der Durchsetzung der Pariser Friedensdiktate gezeigt, daß seine edlen Ziele und humanitären Absichten nur vorgetäuscht waren. Was waren die wahren Motive für seinen Kriegseintritt?

Wilson hatte 1916 den Wahlkampf für seinen Wiedereinzug ins Weiße Haus mit dem Slogan geführt: "He kept us out of war." Kurz nachdem er mit einer sehr knappen Mehrheit wiedergewählt worden war, tat er alles in seiner Macht stehende, um die USA in den Krieg zu führen. Dabei war ihm durchaus bewußt, daß die Beteiligung an einem großen Krieg in Europa in den USA äußerst unpopulär war. Die von Wilson angestrebte Kriegsführung im großen Stil erforderte eine riesige Armee. Die USA waren aber darauf nicht vorbereitet. Entsprechend der Neutralitätspolitik der Gründerväter waren die Streitkräfte des Landes nicht auf einen Krieg gegen europäische Großmächte eingerichtet.

Am 30.06.1916 verfügten die US-Streitkräfte über 179.000 Mann. Wilson hoffte, daß durch den Appell an patriotische Gefühle sich genügend Freiwillige für sein angestrebtes Millionenheer finden würden. Doch bald stellte sich heraus, daß bei vielen jungen Männern der Selbsterhaltungstrieb stärker ausgeprägt war als jede künstlich angeheizte kollektivistische Emotion. Trotz eines propagandistischen Trommelfeuers der Medien meldeten sich in den ersten 10 Tagen nach Kriegseintritt der USA nur 4.355 Männer freiwillig zum Militärdienst. Bis zum 24.04.1917 betrug die Zahl der Freiwilligen nur ein Sechstel von dem, was die Regierung erwartet hatte.

In dieser Situation zeigte Wilson, wie wendig er sein konnte. Er, der bisher die Wehrpflicht abgelehnt hatte, schlug genau dies dem US-Parlament vor. Damit war er nach Abraham Lincoln der 2. Präsident der USA, der diese weitgehende Aufhebung der persönlichen Freiheit durchsetzte. In der Öffentlichkeit und sogar im Parlament war der Widerstand gegen diese Maßnahme groß. Viele fragten sich, ob es glaubwürdig sei, den preußischen Militarismus zu bekämpfen, indem man sein wichtigstes Merkmal, die Wehrpflicht, übernimmt. Im Kongreß war der Widerstand besonders bei den Abgeordneten der Demokratischen Partei, die aus dem Süden und Westen des Landes kamen, anzutreffen. Die Wehrpflicht wurde in Reden als "involuntary servitude" und "another name for slavery" bezeichnet. Der Sprecher des Repräsentantenhauses Champ Clark sagte, daß "...little difference between a conscript and a convict" besteht. Die Gesetzesvorlage Wilsons wurde vom US-Parlament abgelehnt, aber später unter dem Eindruck der ersten Kriegshandlungen in veränderter Form angenommen. Am Ende des Krieges standen in den US-Streikräften 4 Millionen Mann unter Waffen.

Wilson nutzte die durch den Kriegseintritt erzeugte Krise, um die Macht der politischen Klasse massiv auszuweiten:

  • Die Food Administration wurde im Mai 1917 gegründet. Durch den Lever Act vom 10.08.1917 bekam diese Behörde weitgehende Vollmachten. Sie vergab jene Lizenzen, ohne die ein Unternehmer, der mit Nahrungs-, Futter-, Düngemitteln und Treibstoffen zu tun hatte, sein Gewerbe nicht ausüben durfte. Sie setzte den Preis von Weizen und Kohle fest; konnte Nahrungsmittel und Treibstoffe einschließlich ihrer Produktionsanlagen beschlagnahmen; im eigenen Namen Geschäfte betreiben.
  • Die Fuel Administration sollte vor allem die widerstrebenden Kohlebergwerke auf Regierungslinie bringen. Es war ihr erlaubt, Preise festzulegen und im Detail zu bestimmen, wer, was, wann, erhält. Dadurch geriet die Energieversorgung innerhalb kürzester Zeit so in Unordnung, daß die Gesamtwirtschaft zusammenzubrechen drohte. Die Schuld dafür gab Wilson dem Kapitalismus.
  • Der War Industries Board wurde im Juli 1917 geschaffen. Er war eine Art oberster Planungsbehörde, sehr änlich dem, was wir aus der Kommandowirtschaft des real existierenden Sozialismus kennen. Bernard Baruch, der Leiter des WIB, sagte: "Instead of allowing prices to determine what would be produced and where it would go, we decided...how our resources would be employed."
  • Die War Finance Corporation betätigte sich als Bank für jene Unternehmen, die auf dem privaten Kapitalmarkt keine Kredite erhielten, weil sie dort von den staatlichen Schuldenmachern verdrängt worden waren. Über ihre Kreditbedingungen konnte die WFC einen Großteil der privaten Wirtschaft kontrollieren.
  • Die War Labor Administration war mit der Regulierung des Arbeitsmarktes beauftragt. Der Leiter ihres War Labor Policies Board, Felix Frankfurter, war ein bekannter "progressive", der seine Stellung nutzte, um gewerkschaftliche Forderungen durchzusetzen. Besonders schlagkräftig waren damals die Eisenbahnergewerkschaften, die die Gunst der Stunde nutzten, um drastische Lohnerhöhungen zu erzwingen.
  • Die Railroad Administration übernahm die Eisenbahnen, die größte High-Tech-Branche der damaligen Zeit. Der Leiter dieser Behörde sagte von sich, daß er "...an authority that was...nearly absolute" besaß. Die RA erfüllte alle gewerkschaftlichen Forderungen. Zu ihrer Finanzierung erhöhte sie die Frachtraten um 28% und die Preise für Fahrgäste um 18%. Wirtschaft und Konsumenten wurden durch diese Preiserhöhungen hart getroffen. Doch diese reichten bei weitem nicht aus, um die enorm gestiegenen Kosten der Staatsbahnen zu decken, die fortan mit Steuergeldern subventioniert wurden.

Zum Zeitpunkt des Waffenstillstands hatte die Regierung übernommen: Eisenbahnen, Transport auf dem Meer, Telefon- und Telegraph-Kommunikation. Sie kommandierte hunderte Unternehmen im erzeugenden Gewerbe; betrieb große Unternehmen auf eigene Rechnung im Bereich Schiffsbau, Weizenhandel, Hochbau; betätigte sich als Großbankier; regulierte eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen, legte die Preise einer großen Zahl wichtiger Güter fest, hob die Vertragsfreiheit auf dem Arbeitsmarkt auf.

Die Anzahl der zivilen Beschäftigten der Bundesregierung verdoppelte sich von 1916 bis 1918 auf 450.000. In den 20er Jahren gelang es unter der Präsidentschaft von Warren Harding den wuchernden Staatsapparat etwas zurückzudrängen. Doch selbst auf ihrem niedrigsten Stand in der Nachkriegszeit war die Zahl der Bundesbeschäftigten um 141.000 größer als vor dem Krieg. Hier liegt der Schlüssel zum Verständnis der Politik Wilsons. Die einzigen wahren Kriegsgewinnler sind die Intellektuellen aus dem "progressiven" Lager. Murray Rothbard stellte zu Recht fest: "Never before had so many intellectuals and academicians swarmed into government to help plan, regulate, and mobilize the economic system". Ohne Krieg wäre diese Systemveränderung nicht möglich gewesen. Der listenreiche Weg Wilsons in den Krieg entsprach dem Klasseninteresse der Staatsbürokraten.

Die Ausweitung des Staates mußte finanziert werden. Wilson erhöhte den niedrigsten Satz der Einkommensteuer von 1% (bis 20.000 $) in 1915 auf 6% (bis 4.000 $) in 1918. Der oberste Steuersatz wurde von 7% in 1915 auf 77% in 1918 erhöht. In 1916 gab es weniger als eine halbe Million Einkommensteuerpflichtige, in 1920 mußten 7.000.000 Millionen Bürger Einkommensteuer bezahlen. Auch andere Bundessteuern wurden erhöht. In den 20er Jahren gelang es Andrew Mellon, dem Secretary of Treasury von Warren Harding und Calvin Coolidge, die Einkommensteuersätze zu senken: den untersten Satz für Einkommen unter 4.000 $ auf 0,5%, für Einkommen von 4.000 $ bis 8.000 $ auf 2%, den höchsten Steuersatz auf 24%. Trotzdem waren die Steuereinnahmen des Bundes auf ihrem niedrigsten Stand in der Nachkriegszeit immer noch fünfmal höher als vor dem Krieg. Wilson bewirkte eine dauerhafte Veränderung in der Herkunft der Steuereinnahmen des Bundes: weg von den Konsumsteuern, hin zu Steuern auf Einkommen, Gewinn und Grundbesitz. Auch diese tiefgreifende Veränderung wäre ohne Krieg nicht durchsetzbar gewesen.

Wilson wird heute von der politischen Klasse als "großer" Mann verehrt, und das aus ihrer Sicht mit einigem Recht. Der Kriegssozialismus Wilsons erwies sich als dauerhafte Einrichtung. Er konnte nur teilweise zurückgeführt werden und er öffnete den Weg in den übermächtigen Staat heutiger Prägung. Einige Jahre später konnte ein anderer "großer" Präsident, F.D. Roosevelt, nahezu unverändert auf die "Errungenschaften" und auch das Personal Wilsons zurückgreifen. Wilson hat das "Verdienst", die Ideen der Gründerväter verraten und das Fundament des sozialistischen Wohlfahrtsstaates gelegt zu haben.

Für diese edlen Ziele war Wilson bereit, andere Menschen einen hohen Preis zahlen zu lassen. Im 1. Weltkrieg sind 117.000 US-Soldaten gefallen, 204.000 wurden verwundet. Wir wissen nicht, ob die Opfer unter der europäischen Bevölkerung überhaupt eine Rolle in seinem Kalkül gespielt haben.

"Every government is a scoundrel. In its relations with other governments it resorts to fraud and barbarities that were prohibited to private men by the Common Law of civilization so long ago as the reign of Hammurabi, and in its dealings with its own people it not only steals and wastes their property and plays a brutal and witless game with their natural rights, but regularly gambles with their very lives. Wars are seldom caused by spontaneous hatreds between people, for peoples in general are too ignorant of one another to have grievances and too indifferent to what goes on beyond their borders to plan conquests. They must be urged to the slaughter by politicians who know how to alarm them." H. L. Mencken

Literatur

Raico, Ralph: World War I: The Turning Point. In: Denson, John V. (Hg.), The Costs of War. America's Pyrrhic Victories. Transaction Publishers, New Brunswick and London, 2. Auflage, 2001.

Rothbard, Murray: World War I as Fulfillment: Power and the Intellectuals. In: Denson, John V. (Hg.), The Costs of War. Ebd.

Higgs, Robert: Crisis and Leviathan. Critical Episodes in the Growth of American Government. Oxford University Press, New York and Oxford, 1987.

Die Alternative

Warum führte Wilson Krieg?

Die Ergebnisse des Krieges

Die Ziele des Krieges

Der Weg in den Krieg

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