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vendredi, 22 juillet 2011

Dragan Cavic (Republika Srpska): "Sezession ist derzeit keine Option"!

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„Sezession ist derzeit keine Option“

 

Dragan Cavic, Ex-Präsident der Republika Srpska, über die Bedeutung des Daytoner Abkommens

Ex: http://www.zurzeit.at/

Herr Cavic, die internationale Gemeinschaft drängt auf eine Verfassungsreform in Bosnien, um den Staat zu zentralisieren. Wie stehen Sie dazu?

Dragan Cavic: Bosnien kann als Staat nur überleben, wenn es dezentralisiert bleibt. Wir haben kein Problem damit, daß es gesamtstaatliche Institutionen gibt, die die Funktion haben, anderen Staaten bilateral oder multinational gegenüberzutreten. Solche Institutionen sind notwendig und müssen bestehen, aber man muß die Sachen, die in Dayton unterschrieben wurden, beibehalten. Das heißt, daß die Interessen und die Identitäten der Völker, die in Bosnien und Herzegowina leben, gesichert werden müssen, und das betrifft natürlich auch die Republika Srpska.

Insbesondere EU und USA werfen Bosnien vor, der derzeitige Staatsaufbau sei ineffizient. Wie sehen Sie das?

Cavic: Vielleicht, aber man muß dazu auch sagen, daß man von Bosnien viel zu viel verlangt. Soll man von Bosnien verlangen, daß es in drei Jahren die Schweiz sein wird? Das wird aber nicht der Fall sein, weil Wunsch und Realität zwei Paar Schuhe sind. Vor 16 Jahren, also vor nicht allzu langer Zeit, ist ein grausamer und blutiger Krieg zu Ende gegangen ist, und dieser Krieg wird noch für Jahrzehnte Nachwirkungen haben. Wenn man bedenkt, daß wir den Krieg hatten, sind wir trotzdem einen großen Schritt vorwärts gekommen, wenn man Bosnien-Herzegowina mit Zypern vergleicht: Wie sind die Verhältnisse in Zypern 35 Jahre nach dem Krieg und wie sind sie in Bosnien 16 Jahre nach dem Krieg? – Da ist doch schon ein großer Unterschied!

Würden im Falle einer Zentralisierung die bosnischen Serben von der moslemischen Mehrheit an die Wand gedrängt werden?

Cavic: Wenn das der Fall wäre, würden die bosnischen Moslems mit all ihren Entscheidungen – weil sie auch von der Bevölkerung her mehr sind – die Serben überstimmen und damit würde die Mehrheit bestimmen, was die Minderheit zu machen hat. Aber gerade das wird durch den Daytoner Vertrag verhindert, der den Frieden in Bosnien-Herzegowina ermöglicht hat. Und betrachten Sie die bosniakisch-kroatische Föderation: Dort sind die bosnischen Kroaten gerade deswegen unzufrieden, weil sie immer wieder erleben müssen, daß sie von den bosnischen Moslems überstimmt werden und eigentlich kein Mitspracherecht haben.

Wenn das Daytoner Abkommen geändert werden sollte, wäre dann für die bosnischen Serben die Sezession eine Option?

Cavic: So, wie es jetzt mit dem Daytoner Abkommen und den zwei Entitäten ist, müssen die bosnischen Serben keine Sezession machen, weil es in Ordnung ist. Sobald es sich ändert, ist es aber eine andere Frage. Wenn die internationale Gemeinschaft oder ein anderer Druck auf die bosnischen Serben oder auf Bosnien ausübt, damit es zur Zentralisierung kommt und daß die Republika Srpska von der Bildfläche verschwindet, dann müssen die Serben den Weg der Sezession gehen. Aber zurzeit haben sie kein Bedürfnis, Bosnien zu verlassen, weil die Republika Srpska die Souveränität des serbischen Volkes gewährleistet. Denn die Republika Srpska umfaßt die Hälfte der Fläche des Gesamtstaates und ein Drittel der Macht in Bosnien-Herzegowina kommt aus der Republika Srpska.

In Österreich heißt es immer wieder, der bosnische Islam sei liberal. Wie sehen Sie das, zumal Sie aufgrund ihrer verschiedenen Funktionen das Land besonders gut kennen?

Cavic: Die traditionellen Bosnier haben den Islam immer liberal gelebt. Erst mit dem Krieg sind mit Unterstützung von Saudi-Arabien und dem Iran Mudschaheddin nach Bosnien gekommen und damit die Radikalen wie Wahhabiten und Salafisten, was in Bosnien eine Neuheit war. Aber dennoch sind die Islamisten in Bosnien nicht besonders stark vertreten, und die Mehrheit der Bosniaken ist dem liberalen Islam treugeblieben. Das sind jene Menschen, die die Tradition des liberalen Islam weiterleben, und die ihre serbischen und kroatischen Nachbarn respektieren.

Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.

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