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mercredi, 08 janvier 2014

Demokratische Sklaven

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Demokratische Sklaven

von Christoph Schmidt

Der unlängst verstorbene Politologe Kenneth Minogue analysiert in seinem neusten Buch, wie der allmächtige Staat des 21. Jahrhunderts althergebrachte Moralvorstellungen untergräbt.

Die staatliche Machtaneignung nimmt weltweit immer mehr überhand. Ausufernde und ins Kleinteilige zerfransende Gesetzesvorlagen wie das jüngste Ansinnen der Europäischen Union, abschreckende Bilder auf Zigarettenpackungen abzudrucken, sind Beleg dafür. Folgt man dem australisch-​britischen Politikwissenschaftler Kenneth Minogue, sind „wir“ dekadenten Westler nichts anderes als unmündige Sklaven, denen Freiheit und Verantwortung für ihr eigenes Leben abhanden gekommen sind. Das seien Anzeichen eines schleichenden Totalitarismus, meint Minogue.

Der faule Mensch und die Demokratie

Für viele klingen diese Worte hart und überheblich, schließlich geht es uns doch sehr gut in der westlichen Hemisphäre. Doch die heutigen Bestrebungen, hin zu einem nahezu alles bevormundenden Staat, sind subtil und erschließen sich oberflächlich betrachtet nicht sofort.

Wer hat etwas dagegen, demokratische Geschenke vom Staat zu erhalten? Kitaplatz, Kindergeld und Hartz-​IV scheinen ihre Berechtigung zu haben, doch sie führen in eine Abhängigkeit unvorstellbaren Ausmaßes. Wir verlassen uns laut Minogue nur noch auf den Staat und schrumpfen unter seiner Kontrolle von Erwachsenen zu unmündigen Kindern.

Dieses führt – weitergedacht – zur schleichenden Bedeutungslosigkeit einer Lebensführung mit moralischen Mindeststandards, wie in Die demokratische Sklavenmentalität ausführlich dargelegt wird. Wir ergeben uns und werden Schritt für Schritt zu bequemen und faulen Einheitsmenschen.

Wenn der Staat die Moral bestimmt

Kenneth Minogue ist der festen Überzeugung, daß der heutige westliche Bürger nicht mehr weiß, was man unter einer moralischen Lebensführung zu verstehen hat. Es fehle einfach der unerschütterliche Instinkt, aus sich selbst heraus zu leben und zu urteilen. Dieses wird unbewußt durch staatliche moralische Gesetzgebungen erreicht. So schreibt er: „Die meisten westlichen Regierungen sehen es gar nicht gern, daß ich rauche, mich falsch ernähre oder zu viel trinke – und das sind nur die öffentlich gemachten Mißfallensäußerungen, solche, die zu Gesetzen oder öffentlichen Kampagnen führen.“

Von solchen banal erscheinenden Themen ist es kein großer Schritt mehr, auch für weltanschauliche Positionen abgestraft zu werden. So schreibt Minogue an anderer Stelle zu den strukturellen Bedingungen der Sklavenmentalität: „Aber sie zeigen sich auch deutlich in den rechtlichen und behördlichen Strukturen, die die eine oder andere abstrakte Kategorie im Staate davor schützen soll, drangsaliert, beleidigt, in ihrer Selbstachtung gekränkt zu werden oder vieles andere zu erleiden, was offiziell als repressiv interpretiert wird.“ Ein Teufel, wer nicht sofort an Genderdebatte, Bilderstürmerei, „Nazikeule“ und die omnipräsente politische Alltagsgängelei denkt.

Entschädigung für die akzeptierte Bevormundung

Seit Menschengedenken wurde (von linker Seite) versucht, die Welt zur absoluten Gerechtigkeit zu führen und eine fröhliche Weltgemeinschaft herzustellen. Wahnwitzig erscheint noch heute der Glaube der herrschenden politischen Klasse, durch einen Willensakt die globale Ungleichheit abschaffen zu können. Der Einheitsmensch wird für seine Unfreiheit dadurch entschädigt, daß er sich als Teil einer großen Sache empfinden kann. Doch dieses Erlösungsdenken stimmt nach Minogue nicht mit dem Wesen des Menschen überein, womit er sich selbst als Konservativen einordnet.

Kenneth Minogue vermag es sehr gut, die heutige politische Lage zu analysieren und dem Leser – ein zwar abstraktes – aber durchweg nachvollziehbares Denkgebäude zu präsentieren. Im netten britischen Plauderton bringt er den Leser dazu, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Themen wie politische Egalisierung und zunehmende politisch-​moralischen Einschränkungen werden trotz ihres Umfanges nicht ziellos abschweifend behandelt. Eine große Stärke! Für manchen mag Die demokratische Sklavenmentalität aber zu libertär erscheinen. Der Staat wird gelegentlich allzusehr in Haftung genommen. Dennoch: trotz des stolzen Preises, ist das Buch unbedingt lesenswert!

Kenneth Minogue: Die demokratische Sklavenmentalität. Wie der Überstaat die Alltagsmoral zerstört. 459 Seiten, Manuscriptum Verlag 2013. 34,80 Euro.

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