vendredi, 08 février 2019
Pierre Bourdieu. Sur la télévision
Pierre Bourdieu. Sur la télévision
00:35 Publié dans Sociologie | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : sociologie, pierre bourdieu, télévision, journalisme | | del.icio.us | | Digg | Facebook
samedi, 07 avril 2012
Eine fundamentale Fernsehkritik: Der engagierte Intellektuelle Pierre Bourdieu und die Demagogie des Banalen
Eine fundamentale Fernsehkritik: Der engagierte Intellektuelle Pierre Bourdieu und die Demagogie des Banalen |
Geschrieben von: Felix Menzel Ex: http://www.blauenarzisse.de/
|
Im Mai 1996 strahlte der französische Privatsender Paris Première zwei Vorlesungen Über das Fernsehen des linken Soziologen Pierre Bourdieu (1930-2002) aus. Das Besondere daran: Bourdieu kritisierte als Sprecher im Fernsehen das Fernsehen, entzog sich jedoch den strengen Restriktionen des Mediums. Damit ging er einen gehörigen Schritt weiter als seine intellektuellen Vorgänger, die ihre Kritik an dem Leitmedium der letzten Jahrzehnte zumeist in schwerverständlichen Büchern versteckten. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno hatten in ihrer Dialektik der Aufklärung bereits gnadenlos mit der „Kulturindustrie“ abgerechnet. Von links kam danach u.a. noch von Hans Magnus Enzensberger mit seinem Baukasten zu einer Theorie der Medien (1970) ein Aufruf, das Monopol der Massenmedien zu brechen, weil diese Kommunikation verhindern würden, statt sie zu ermöglichen. Das Fernsehen beschreibt die Welt nicht, es schreibt uns Dinge vor Allen drei Ansätzen gemein ist die Kritik am Eindringen des Ökonomischen in das Feld des Journalismus und alle drei Ansätze bemängeln das intellektuelle Niveau des Fernsehens aus der Sicht des Intellektuellen. Bourdieu läßt in Über das Fernsehen von dem Versuch ab, die vordergründige Funktion des TV-Journalismus zu ergründen. Sein Interesse gilt vielmehr den „anonymen, unsichtbaren Mechanismen“, die dafür sorgen, daß TV-Journalisten über dieses und jenes Ereignis berichten und zwar in ganz bestimmter Art und Weise. Das Fernsehen kann durch die Macht der Bilder Wirklichkeit imitieren und deshalb besonders viele Menschen mobilisieren. Es vermittelt mehr als nur ein Deutungsangebot der Welt. Es macht „aus dem Be-Schreiben der sozialen Wellt (…) ein Vor-Schreiben“, so Bourdieu. Den Zuschauern werde so nur eine konventionalisierte Wirklichkeitskonstruktion des Mediensystems angeboten, das jedoch ins Unterbewußtsein vordringt. Auf diese Weise kann das Fernsehen völlig realitätsferne Vorstellungen verbreiten. Das Problem ist, daß sich diese Vorstellungen auf die soziale Welt ganz real auswirken, sobald die Zuschauer beginnen praktisch zu handeln. Die Manipulateure sind selbst manipuliert worden Wenn Bourdieu in diesem Kontext von Manipulation spricht, dann immer im doppelten Sinne: Die Journalisten selbst sind „manipuliert“ worden und wirken nun „manipulierend“. Das Fernsehen habe Selbstzensur etabliert, die zu einer konformen Berichterstattung und Bestätigung des status quo führen soll. Hinzu käme, daß „eine Reservearmee für die Fernseh- und Rundfunkmetiers in Bereitschaft steht“. Querdenker, die unbequeme Wahrheiten aussprechen wollen, hindere dies daran, neue, andere bzw. kritische Berichte und Kommentare zu veröffentlichen. Bourdieu bemängelt am politischen Fernsehjournalismus, daß er die soziale Welt durch seine eigene Brille betrachte und sie dabei verzerre. Als Beispiel führt er die journalistische „Vorliebe für das gewöhnliche Ungewöhnliche“ an. Dies wirkt sich auch auf die politischen Diskurse aus. Um als Intellektueller bestehen zu können, bedürfe es weniger eines hintergründigen Fachwissens als vielmehr einer ausgereiften Medienkompetenz. Bourdieu weist auf diesen Umstand hin, indem er auf die Einschränkung der Redezeit aufmerksam macht und beschreibt, daß der Ablauf einer Talkrunde immer einem Drehbuch folgt. Dadurch kommen nicht die intelligentesten Wissenschaftler, Intellektuellen und Künstler im Fernsehen zu Wort, sondern diejenigen, die sich den Gepflogenheiten des Fernsehens am besten anpassen können. Die Medien hätten sich dabei eine „Schiedsrichterrolle“ erkämpft, die es ihnen erlaube, Urteile zu fällen. Der spektakuläre Markt gewinnt die Oberhand Bourdieu bestreitet nicht, daß der TV-Journalismus über eine relative Autonomie verfügt, dennoch sieht er ihn „vermittels der Einschaltquote unter der Fuchtel des ökonomischen Feldes“. Noch radikaler als Bourdieu hat der italienische Philosoph Giorgio Agamben in Anlehnung an Guy Debords Die Gesellschaft des Spektakels die Wesensart der (audio-)visuellen Massenmedien beschrieben: „Die äußerste Form des Kapitalismus (…) stellt sich als eine immense Akkumulation von Bildern dar, in der alles, was unmittelbar erlebt wurde, in eine Repräsentation verschoben wird. (…) In Gestalt dieser abgetrennten und von den Medien geordneten Welt, in der sich die Form des Staates und die der Ökonomie durchdringen, erlangt die Marktwirtschaft ihren Status absoluter und von jeglicher Verantwortung entbundener Souveränität über das gesamte gesellschaftliche Leben.“ Die Gesellschaft wandle sich in einen „einzigen spektakulären Markt“ um. Bourdieu benennt mit den „Vermischten Meldungen“ das deutlichste Symptom dieses spektakulären Marktes. Den Boulevardnachrichten geht es ausschließlich um Sensationseffekte, die die Einschaltquote nach oben treiben. Diese für den Durchschnittsgeschmack optimierte Banalisierung führt laut Bourdieu zu politischem Desinteresse und Konformität. Enzensberger spricht in diesem Zusammenhang von „Nullereignissen“, von „Vorgängen, die buchstäblich nichts bedeuten.“ Die von Versammlungen und Printmedien getragene „Politik kultureller Aufklärung“ werde so durch eine „Art spontaneistische Demagogie“ im Fernsehen ersetzt, betont Bourdieu. Der korrumpierte Intellektuelle Dies führt soweit, daß sich ein Großteil der Intellektuellen dem Leitmedium anpaßt. Bourdieu nennt sie „Doxosophen“. Diese „polymorphen Vielschreiber“ wollen gar keine „kritische Gegenmacht“ einnehmen. Sie lassen sich vielmehr von Meinungsforschungsinstituten, die interessengeleitete Umfragen starten, vereinnahmen. Bourdieu wünscht sich dagegen den „kritischen Intellektuellen“, der gefordert sei, eine „Internationale der Intellektuellen“ zu bilden, um gehört zu werden. Die Lösung dürfe es weder sein, sich in den Elfenbeinturm zurückzuziehen, noch, sich dem Fernsehen anzupassen. Die Versuchung ist aber groß: Da der Bildschirm „eine Stätte narzißtischer Zurschaustellung“ ist, befriedigen selbst viele Intellektuelle dort lieber ihre egoistischen Bedürfnisse, als Inhalte in den Mittelpunkt zu stellen. Auch bei eigentlichen Informationsformaten neigt also das Fernsehen dazu, alle Beteiligten in eine Unterhaltungsrolle zu drängen. Das „Infotainment“ erlaubt keine tiefgründigen Äußerungen. Im Gegenteil, ‚Infotainment’ ist ein streng reglementiertes Format mit strikten Rollenzuweisungen, die Redezeit jedes Sprechers (egal, ob Moderator, Experte, Politiker, …) ist auf wenige Minuten begrenzt. Längere Erläuterungen erlaubt dieses Format, abgesehen von wenigen Nischen, auch nicht. Wir alle sind Satelliten geworden Der Medienphilosoph Marshall McLuhan hat die These in den Raum gestellt, daß sich die Menschheit im Zuge des Wandels vom Buchdruck- zum Fernsehzeitalter in ein globales Dorf wandelt, das einer Stammesgesellschaft sehr ähnlich sei. Politiker etwa würden bei ständiger Begleitung von Kameras eher wie Stammeshäuptlinge auftreten. Durch die ständige Beobachtung und Ausweitung der Öffentlichkeit kann der Zuschauer zudem weltweit Nähe zu Menschen aufbauen, die er persönlich gar nicht kennt. Jean Baudrillard spricht in diesem Zusammenhang davon, daß „der Mensch heute selber – samt seinem Körper, seinem Denken und seinem Lebensraum – ex-orbitant, ein Satellit geworden ist“. Nun könnte man meinen, die dadurch entstehende Kontrolle durch die Öffentlichkeit führe dazu, Konflikte und Kriege vermeiden oder wirksamer bekämpfen zu können. Daß dies nicht so ist, hängt mit der von Bourdieu, Neil Postman und anderen erkannten Tendenz des Fernsehens zusammen, durch Unterhaltung alle Themen aufzuweichen. Das Fernsehen verlangt vom Zuschauer keine persönlichen Konsequenzen ab, sondern emotionalisiert ihn lediglich. Aufmerksamkeitserzwingung durch Trivialität mit Spezialeffekten Der Philosoph Peter Sloterdijk spitzt das in seiner Verachtung der Massen noch zu. Die Massenkultur „bleibt auf Strategien der Aufmerksamkeitserzwingung angewiesen, weil sie vorhat, triviale Gegenstände und Personen in die vorderste Sichtlinie zu stellen.“ Es sei „kein Zufall, daß Massenkultur überall, wo sie sich geltend macht, auf die Verbindung von Trivialität mit Spezialeffekten setzen wird.“ Sloterdijk vergißt an dieser Stelle zwar, daß die Konsumenten nicht durch bestimmte Personen gezwungen werden, sich diese durch Spezialeffekte verschönerte Trivialität anzusehen. Aber grundsätzlich liegt er trotzdem richtig: Der Zwang liegt in der Omnipräsenz des Trivialen und den fehlenden Alternativen begründet. Das Fernsehen hat so eine große Bedeutung, weil es ihm gelingt, eine einheitliche Konsumhaltung der Massen hervorzubringen. Kein anderes Medium ist in der Lage, die Emotionen der Zuschauer zu so einer kollektiven Verbindlichkeit zu treiben. Mit Bourdieus Vokabular gesprochen: „Die feinen Unterschiede“ fallen weg und der Habitus der Menschen gleicht sich gegenseitig an. |
00:05 Publié dans Manipulations médiatiques, Sociologie | Lien permanent | Commentaires (1) | Tags : sociologie, manipulations médiatiques, télévision, pierre bourdieu, médias | | del.icio.us | | Digg | Facebook