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mardi, 22 février 2011

NATO-Politik und die inneren Probleme Russlands

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„Wir haben keine Angst vor anderen“

Duma-Abg. Rodnina zur NATO-Politik und den inneren Problemen Rußlands

Ex: http://www.zurzeit.at/

Was sind die größten Herausforderungen, die Medwedew in den nächsten Jahren zu bewältigen haben wird?

Rodnina: In erster Linie wird Medwedew die sozialen Probleme – Bildung, Gesundheit, leistbare Wohnungen – zu bewältigen haben, die in Rußland sehr groß sind. Außerdem ist das Lebensniveau sehr unterschiedlich, von den städtischen Zentren entfernt sehr niedrig, sodaß wir etwas unternehmen müssen. Außerdem gehört zu den wichtigsten Zielen die Modernisierung der Industrie und der Wirtschaft insgesamt. Wir sind mit dem Erbe der Sowjetunion konfrontiert, in den letzten 20 Jahren ist kaum etwas geschehen, und ich denke, daß es an der Zeit ist, einen wirklichen Durchbruch zu schaffen wie etwa nach der Revolution oder nach dem Zweiten Weltkrieg, wo alles mobilisiert wurde, um das Land auf Vordermann zu bringen.

Rußland ist stark von einem Bevölkerungsrückgang betroffen. Welche Folgen wird diese demographische Entwicklung für Rußland haben?

Rodnina: Die Demographie hängt sehr eng mit den sozialen Problemen zusammen. Wenn die Löhne niedrig, die Wohnsituation schlecht ist und das Gesundheitssystem zu wünschen übrig läßt, von welcher Familienplanung sollen wir da reden? Das Gesundheitssystem hängt auch mit der fehlenden Infrastruktur zusammen. Bei uns scherzt man oft: „Rußland hinter dem Ural wird nie von jemanden erobert werden, weil es einfach keine Straßen gibt, wo die Eroberer hinkommen“. Aber ich kann Ihnen bestätigen, daß dort moderne Gesundheitszentren, Geburtskliniken errichtet werden. Darüber hinaus ist noch ein großes Problem für unser Land, daß die meisten Männer nicht einmal ihr Pensionsalter erreichen.

Wegen Alkoholmißbrauchs?

Rodnina: Das hängt nicht nur mit dem hohen Alkoholkonsum zusammen, sondern mit den allgemeinen schlechten Lebensbedingungen. Außerdem ist das Drogenproblem aktuell, weil wir in der Mitte der Drogenrouten von Zentralasien nach Europa liegen. Und ganz schlimm finde ich es, daß die Menschen das Interesse verloren haben, in diesem Land zu leben. Sehr viele sind, besonders nach dem Zerfall der Sowjetunion, ausgewandert, sie sehen in Rußland keine Perspektive mehr und haben deshalb kein Interesse mehr, auf ihre Gesundheit zu achten.

In der Ukraine kommt es zu einem Wechsel im Präsidentenamt. Wird es mit dem Ende der Ära Juschtschenko auch zu einem Ende der Einkreisung Rußlands durch die NATO kommen?

Rodnina: Es hängt nicht davon ab, wer in der Ukraine regiert, weil die russische Position so bleibt wie sie ist. Wir haben keine Angst vor der NATO, sondern es geht darum, daß sich die NATO, wenn man es so sagen will, unanständig benimmt. Diese Allianz dürfte vergessen haben, wofür sie 1949 gegründet wurde, und das, was sie in den letzten 20 Jahren zu machen versucht, weicht unglaublich stark von ihrem eigenen Statut ab. Um Klartext zu reden: Das ist ihre Psychologie, weil sie jemanden braucht, den sie bekämpfen kann. Aber wenn sich in einer Gesellschaft die Waagschale zugunsten den Militärs neigt, dann ist das ein Problem. Außerdem ist die NATO ein Bündnis, wo ein Gast (die USA, Anm. d. Redaktion), über Europa bestimmen will.

Wenn ich Sie richtig verstehe, dann werfen Sie den Europäern Schwäche gegenüber den USA vor.

Rodnina: Ja, das kann man so sagen. Die Amerikaner haben sich in den letzten hundert Jahren nicht nur unanständig benommen, sondern ich gehe so weit zu sagen, die USA waren eine politische Prostituierte in der Weltpolitik. Und noch etwas: die Amerikaner haben unzählige Kriege geführt, aber eigentlich nirgendwo gewonnen. Sie sind ein Land, das während des Zweiten Weltkrieges zum Unterschied von den meisten europäischen Ländern nicht zerstört wurde, das so gut wie keine Opfer getragen hat, darüber hinaus haben sie sehr viel durch den Zweiten Weltkrieg verdient, und dann kann man natürlich leicht groß und stark sein. Aber ich glaube auch, daß die USA die Fehler der Sowjetunion wiederholen. Sie wissen ja, wie die Geschichte ausgegangen ist, als die Sowjetunion versuchte, auf Europa Druck auszuüben. Die USA sehen sich gerne als ein Weltgendarm, aber um diese Funktion auch auszuüben, genügt es nicht, sich nur so zu nennen, sondern man muß auch danach handeln. Allerdings muß ich auch betonen, daß ich zehn Jahre in den USA gelebt habe und dieses Land liebe.

Präsident Medwedew möchte eine multipolare Weltordnung schaffen. Ist dieses Konzept verwirklichbar oder besteht die Gefahr, daß Rußland zwischen dem euro-atlantischen Block auf der einen und China auf der anderen Seite aufgerieben wird?

Rodnina: Wir haben keine Angst davor, weil wir in der Geschichte schon immer zwischen China und Europa waren. Das ist einfach unsere Art zu leben, und der Wunsch, unabhängig und souverän zu sein, hat mit der Mentalität der russischen Bürger zu tun. Und darüber hinaus gibt s noch eine vierte Macht, die islamische Welt.

Aber wann immer in der Geschichte versucht wurde, von unserem großen Land ein Stückchen des russischen Kuchens abzuschneiden, haben wir uns gewehrt. Wir haben viel und sind zufrieden damit und wollen gute Nachbarn sein, aber was uns gehört, das gehört uns.

 
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.

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