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jeudi, 06 juin 2013

Ein heroischer Akt

Ein heroischer Akt

von Fabian Flecken

Ex: http://www.blauenarzisse.de/

 

Der Freitod Dominique Venners hat unter pragmatischen Konservativen Unverständnis hervorgerufen. Die Tat war kompromisslos: griechisch-​antik und damit ureuropäisch. Symbol der Haltung und der Hoffnung.

In den deutschen Medien hat der Selbstmord des rechten französischen Historikers in der mit Besuchern gefüllten Kathedrale Notre Dame ein äußerst unterschiedliches Echo hervorgerufen. Während in diversen Mainstream-​Publikationen die Meldung unter „ferner liefen“ rangierte und der Franzose zu einem extremistischen Wirrkopf abgestempelt wurde, entspannte sich im konservativen und rechten Spektrum ein reger und breiter Diskurs.

Der Opfergang Venners

Ohne die genannte Debatte in Gänze rekapitulieren zu wollen, sei dennoch gesagt, dass der benannte Begriff des Lackmustests durchaus angebracht erscheint. Die breite Spanne an unmittelbaren Reaktionen fiel ins Auge und scheint auf konträre innere Strukturen zu verweisen. Hier stellt sich jedem die primär vorrationale Frage, ob er ein Sensorium für den Opfergang Venners aufweißt, oder nicht.

Vereinfachend kann man sagen, dass, je liberaler, bürgerlich grundierter und christlicher der Hintergrund des jeweiligen Kommentators war, desto größer das Unverständnis für die Tat. Ganz anders sahen es die Kompromisslosen, Exzentriker und Lebenskünstler. Ob es nun in die Zeit sowie in bürgerliche Musterkarrieren passt, oder nicht: eine heroische Haltung fällt nicht in den Bereich der Pathologie, sondern gehört zu den edelsten Möglichkeiten des Menschen – insbesondere des Mannes. Der Kopfschuss von Notre Dame war ein heroischer Akt.

Die NS-​ferne Rechte in Europa sollte froh sein, ein gegenwärtiges Beispiel fremdartig-​souveräner Haltung dargebracht zu bekommen. Wer kann schon ernsthaft die Selbsttötung eines Überzeugten mit den sinnlosen Gewalttaten von Extremisten in einen Topf werden? In den vergangenen Jahren machten eher kriminelle Politchaoten mit Geheimdienstkontakten und perverse Massenmörder à la Breivik von sich reden und Unschuldige zu Opfern. Dominique Venner richtete seine Energie nicht gegen Unschuldige, sondern gab seinem Leben eine abschließende Form.

Ausdruck seiner Ethik der Ehre

Von Vorbild sprach er dabei nicht. Und darum geht es auch gar nicht. Es war sein Weg und eine Ausdrucksform seiner Ethik der Ehre, wie sein langjähriger Weggefährte Alain de Benoist betonte, der – das sei an dieser Stelle angemerkt – im Falle Venners sicherlich eine größere Autorität darstellt, als allzu besserwissende Ferndiagnostiker, denen jedes Gespür für das Absolute abgeht.

Ich will hier gar nicht auf diverse Belehrungen eingehen (was hätte er denn nicht noch alles produktiv mit seinem Leben machen können, welche Fleißkärtchen wären zu sammeln?), die bei einem alten Mann vom Format Venners unangebracht sind. Stattdessen ist Respekt für seinen Freitod einzufordern, den ich allein schon aufgrund des Stils der Tat auch politischen Gegnern ohne weiteres zugestehen würde.

Ein Fanal

Dennoch kann man natürlich fragen, ob diese Geste nicht sinnlos war und wo hier doch der Nutzen liege? Mal abgesehen vom bourgeoisen Unterton solcher Einwürfe, und dies angesichts einer sehr persönlichen Entscheidung, ist die Frage dennoch berechtigt.

Was hätte der 78-​jährige Historiker und frühere politische Aktivist stattdessen tun können, was es an Durchschlagskraft und Erschütterung mit seinem Fanal hätte aufnehmen können? Noch ein, zwei Bücher schreiben? Ein paar Interviews? Ein Sit-​in vor dem Élysée-​Palast? Sicher, alles ehrenwerte Dinge. Aber man muss gestehen, dass keine der Alternativen eine vergleichbare Wucht gehabt hätte.

Man spürt, wie alltäglich die möglichen Optionen im Vergleich zur erschreckenden Tat wirken. Das kann verstören. Es bedeutet keinesfalls, dass dies der Weg schlechthin sei. Die Wirkungskraft des „Opfers“ wird aber zum historischen Faktum, das nicht zu bestreiten ist. Klar ist, dass aus solchen Ereignissen ein schöpferisches Elixier gewonnen werden kann, um kommende Aufgaben überhaupt bewältigen zu können. Man wird sehen, was sich in unserem Nachbarland diesbezüglich entwickelt – oder auch nicht.

Hoffnung und Haltung

Generell wäre es schlichtweg absurd, die zahllosen historischen Beispiele der Verbindung von Opfer, Blut und Mythos aufzuzählen, da es sich um eine menschliche Konstante handelt. Sie schufen erst eine Identität, die unser heutiges Sein ermöglicht hatte und sind unverändert imstande, Ehrfurcht zu erwecken. In seinem veröffentlichten Abschiedsbrief nimmt Venner ausdrücklich Bezug auf die uralten Wurzeln unseres Kontinents. Es scheint, als wäre sein Opfer eine Mischung aus persönlichem Dienst und dem Wunsch nach Anknüpfung und Auffrischung jener Kräfte, die unsere Kulturen schufen.

Genug der Worte. Einige schüttelten den Kopf ob der letzten Geste des Jünger-​Anhängers. Egal, es bleibt so oder so eine persönliche Tragödie. Eben griechisch-​antik und damit ureuropäisch. Dominique Venners letzte Minuten sowie die Tat in der Kathedrale waren kein Symbol der Aufgabe. Sie machen Hoffnung und schaffen Haltung. Ehrt ihn!

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