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samedi, 01 mars 2014

Der Bürgerkrieg kommt

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Der Bürgerkrieg kommt

von Johannes Schüller

Ex: http://www.blauenarzisse.de

BN-​Gespräch. Richard Millet gehört zu den bekanntesten Schriftstellern Frankreichs. Jetzt ist seine rechte Schrift, Verlorene Posten, auf Deutsch erschienen. Ein Interview zu Europas Zukunft.

In Ihrem Essay Literarischer Gesang auf Anders Breivik, der Sie ins literarische Abseits brachte, bezeichnen Sie den Massenmörder Breivik als „Henker und Opfer, Symptom und unmögliche Kur” der multikulturellen Gesellschaft. Welche tragischen Figuren und Massaker wird es zukünftig geben?

Die Breiviks und Mohammed Merahs (islamistischer Attentäter von Toulouse, J. S.) werden zunehmen, sofern man nicht einsehen will, dass Europa nicht Amerika ist. Multikulturalismus verkörpert das Scheitern der Nationen, die sich jeweils auf einem einzigen Volk gründen. Ein latenter Bürgerkrieg ist im Kommen.

Ist dieser latente Bürgerkrieg in Frankreich nicht schon längst im Gange? Was bleibt den Franzosen noch, um ihre Heimat zu schützen?

Der Bürgerkrieg findet auf eine gewisse Art und Weise bereits seit 1789 statt. Aber jetzt ist es ein Krieg ohne Namen, in dem das französische Volk gar nicht mehr als solches besteht.

Welche Rolle wird dabei die islamische Kultur spielen?

Es gibt keine islamische Kultur in Europa, sondern einen politischen Angriff. Er wird durch Länder geführt, von denen man sehen wird, dass sie Feinde sind, nämlich Katar, Saudi-Arabien, Kuwait, Pakistan, Algerien. Sie finanzieren den islamischen Terrorismus und den Krieg der Bäuche in Europa. Dieser Krieg findet in Frankreich auch auf Rechtsebene statt, insbesondere in den Einrichtungen öffentlicher Bildung. All das, was der Islam in Europa darstellt, ist weitgehend negativ.

Sie nennen die Literatur und den tradierten Sprachbestand als einen der letzten Rückzugsräume eines europäischen, christlichen Erbes. Lässt sich die große Krise unseres Kontinents politisch nicht mehr lösen?

Es gibt keinen politischen Willen, diese Krise zu lösen. Europa wird geteilt und seine Intellektuellen unterhalten sich nicht mehr miteinander. Es gibt sogar einen Willen, nicht mehr man selbst zu sein, also eine Ablehnung des christlichen und humanistischen Erbes, die eine neue Art des Totalitarismus darstellt. Jeder wünscht sich, amerikanisch zu sein: also ohne Gedächtnis.

Viele Politiker und Parteien kämpfen gegen die ethnische Krise. Vor der Europawahl befürworten zum Beispiel laut aktueller Umfrage circa 34 Prozent der Franzosen die Positionen des Front National. Ist das alles nichts wert?

Der Front National stellt kulturell nichts dar. Nun ist der jetzige Krieg allerdings besonders kulturell: Und zwar in dem Sinne, nach dem Antonio Gramsci die kulturelle Macht als Beherrschungsinstrument definierte. Die Allianz aus Sozialisten und Rechten (gemeint ist hier die bürgerlich-​konservative UMP in Frankreich, J. S.) besitzt diese Macht, folglich ist alles verloren.

Wie stehen Sie zum Freitod Dominique Venners in der Pariser Kathedrale Notre-​Dame? Handelte es sich um einen Akt der Verzweiflung oder ein souveränes Symbol gegen den Untergang Frankreichs?verloreneposten

Der Katholik in mir kann in diesem Selbstmord nur eine Verzweiflungstat sehen und politisch ist es sinnlos. Auch Notre-Dame zu wählen, um zu sterben, ist ein Fehler. Da hätten sich das Pariser Rathaus oder der Eiffelturm besser geeignet.

Eine der Ursachen des Niedergangs ist das, was Sie als „Horizontalisierung” bzw. „Gleichmacherei” erkennen . Hat diese Idee nicht in unserer Kultur ihre Wurzeln? Haben wir uns damit selbst den Tod vorbereitet?

Das Gleichheitsverlangen darf nicht mit dem ideologischen Egalitarismus verwechselt werden und zwar auf dieselbe Art und Weise wie das demokratische Ideal nicht jene „Tyrannei der Mehrheit bedeuten kann, vor der sich schon Tocqueville ängstigte. Der ideologische Egalitarismus ist derzeit in den Ländern am Werk, die man westliche Demokratien nennt, die in Wirklichkeit aber durch die Finanzmärkte regiert werden.

Auch der Niedergang der französischen Sprache erscheint aus der Sicht Ihres Verlorenen Posten unausweichlich. Warum schreiben Sie noch?

Ich schreibe, um zu vollenden, was ich begonnen habe: für die Ehre und dafür, dem Feind nicht das Feld zu überlassen. Und ich schreibe, um einen gewissen, bald verlorenen Stand der französischen Sprache noch ein wenig erklingen zu lassen.

Das literarische Erbe Frankreichs und Deutschland gehört zu unseren letzten sicheren Beständen. Welche Schriftsteller können Sie also jungen, deutschen Lesern empfehlen?

Alle wahrhaften Zeitgenossen, von Homer bis Peter Handke, von Dante bis Marcel Proust, von Shakespeare bis W. G. Sebald, von Blaise Pascal bis Friedrich Nietzsche, von Honoré de Balzacbis Paul Celan.

Monsieur Millet, merci beaucoup!

Anm. d. Red.: Verlorene Posten, die aktuelle deutsche Übersetzung der wichtigsten politischen Essays von Millet, gibt es hier.

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