mercredi, 16 décembre 2009
Sarrazin wirkt
Sarrazin wirkt
Öffentliche Verkehrsmittel in Großstädten sind eine Universität der rauhen Wirklichkeit. Redakteur Rainer Wehaus von den „Stuttgarter Nachrichten“ ist bodenständig genug, um auch mal die Stadtbahn zu nehmen. Der „Fall Sarrazin“ hat ihn scheint’s ermuntert, die dort gemachten Erfahrungen mit seinen Lesern zu teilen.
Woran denkt die „schweigende Mehrheit“, wenn sich im Stadtbahnwagen „ein paar junge Männer mit Migrationshintergrund“ lärmend, brüllend und rempelnd breitmachen, daß die anderen Fahrgäste stumm die Köpfe einziehen? – fragt Wehaus im Leitartikel der „Stuttgarter Nachrichten“ [1] vom 5. Dezember und mutmaßt:
„An den altklugen Zeitungskommentar von gestern, der zu mehr Verständnis und zu mehr Hilfe für bildungsferne Schichten aufrief? Oder an die salbungsvollen Worte aus der Politik, derzufolge man doch bitte schön andere Kulturen als Bereicherung empfinden und den Dialog suchen solle?“
Eine Dame, die es damit versucht und die Halbstarken um Ruhe bittet, wird wüst angepöbelt. Die Störenfriede steigen aus, die Mehrheit schweigt erleichtert weiter. „Wer Stadtbahn fährt, erlebt so etwas öfter“, weiß Wehaus und findet zur treffenden Lageanalyse:
„Es sind die Erlebnisse des gemeinen Volks, die so gar nicht zu dem passen wollen, was die Politik mit Hilfe der Medien gerne präsentiert: Vorzeigeprojekte zur besseren Integration ausländischer Jugendlicher – die heile Welt im Kleinen. Oder Islamkonferenzen mit großen, leeren Worten. In der Stadtbahn sieht die Welt etwas anders aus. Und die schweigende Mehrheit beschleicht das unbestimmte Gefühl, daß die Politik ihnen nicht die ganze Wahrheit sagt.“
Von dieser Lagebeschreibung aus bringt Wehaus die Sarrazin-Kampagne auf den Punkt –
„Der Stammtisch darf auch dann nicht recht haben, wenn er recht hat.“
– und zieht mit Sarrazins Kommentar zum Schweizer Minarettverbot im Handelsblatt die Quintessenz aus der „Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung“, die ihm in beiden Fällen ins Auge springt:
„ ‚Das Schweizer Volksbegehren zeigt, daß in der Tiefe der Gesellschaft anders gedacht wird, als die politische Klasse und die Mehrheit der Medien glauben wollen.’ Da hilft nur eins: Öfter mal Stadtbahn fahren.“
Kein Zweifel: Sarrazin wirkt. Die Debatte, die der Ex-Senator aus der Flasche gelassen hat, geht weiter; seine Art, Klartext zu reden, wirkt ansteckend. Die Breschen in der politisch korrekten Schweigemauer um das Multikulti-Luftschloß werden größer. Es passen schon immer mehr Redakteure etablierter Tageszeitungen hindurch.
(Foto: flickr/kaffeeeinstein)
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[1] im Leitartikel der „Stuttgarter Nachrichten“: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/detail.php/1405184
00:30 Publié dans Actualité | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : allemagne, europe, affaires européennes, immigration | | del.icio.us | | Digg | Facebook
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