samedi, 08 novembre 2014
Unverdienter Sieg
Unverdienter Sieg
von Prof. Paul Gottfried
Ex: http://www.blauenarzisse.de
Professor Paul Gottfried kommentiert die Midterm-Wahlen in den USA: Nicht glanzvoll, sondern nur mit Hängen und Würgen konnten sich die Republikaner durchsetzen.
Jetzt kann ich mit Genugtuung behaupten, daß ich das Ergebnis des jüngst in den USA ausgetragenen Wahlkampfes mit Akribie vorhergesagt habe. Mein Prognose war, daß die Republikanische Partei eine Mehrheit der Mandate im Bundessenat nach großen Anstrengungen erringen würde.
Ohne die sozialkonservative Parteibasis zwingend anzusprechen, erreichten die Republikaner den Zieleinlauf mit acht neuen Mandaten im Senat und vierundzwanzig im Unterhaus. Die meisten hinzugewonnenen Sitze legten sie aber mit einer mickrigen Gewinnspanne von ein bis drei Prozent zu. Die Siegerpartei wollte vor allem mit ihrer Mißbilligung von Obamas Gesundheitspolitik und Kritik an einer einsatzbereiten Außenpolitik punkten. Sozialfragen wurden laut Pat Buchanan „nicht mal mit der Kneifzange“ angefasst. Zudem wurden republikanische Kandidaten von einer Gottesangst erfaßt, daß sie mit traditionsgebundenen Christen in schädlicher Verbindung gebracht werden könnten und dabei die Frauen und Minoritäten vergraulen würden.
Notfalls mit Bestechung
Die Parteibonzen und das sozial-links geneigte Mäzenatentum setzten alles daran, jeden gewagten Herausforderer ihrer gut angepaßten oder einförmig dressierten mittleren Kandidaten mit großem Aufwand von Geld und Werbemitteln kleinzuhalten. Im Bundesstaat Mississippi wurden die Diffamierungsanstrengungen der republikanischen Parteioberen so weit getrieben, daß ein wählbarer Gegner des 78- jährigen, tattrigen Amtshabers Thad Cochran ohne den geringsten Beweis als „racist“ in der Vorwahl schlechtgemacht wurde. Der Republikanische Bundesausschuß heuerte sogar schwarze Demokraten an, die beauftragt wurden, ihre Stammesbrüder zur Urne zu treiben, damit Cochran sich durchsetzen konnte. Eine Vielzahl der bestochenen Wähler gaben ihre Stimmen gesetzeswidrig ab, da sie schon in der vorausgegangenen Demokratischen Vorwahl abgestimmt hatten.
In den meisten Bundesstaaten, auch in denjenigen, die nicht parteilich begrenzte Vorwahlen (open primaries) veranstalten, ist es dem Wähler erlaubt, nur einmal wahlweise für Republikaner oder Demokraten zur Urne zu gehen. Auf Amtsstellen und Pfründe, die eine Senatsmehrheit nach sich ziehen würde, lossteuernd, beeilte sich die Parteiführung der „Grand Old Party“ (GOP) die Moralität über den Haufen zu werfen. Und das als eine Partei, die tagein, tagaus auf ihre Ehre insistiert und die Gegenseite der ärgsten Verdorbenheit bezichtigt.
Ohne eigene Vision dagegen
Um eine mögliche Niederlage abzufedern, erläuterten die republikanischen Medien den parteitreuen, daß ein bis dahin nicht ausreichend diskutierter Faktor Schaden bereiten könnte. Es stellte sich heraus, daß die andere Partei über eine riesigere Schatulle verfügte und das Mißverhältnis bei der Waffenstärke den Republikanern eine Enttäuschung eintragen dürfte. Darüber hinaus gelang es der anderen Partei, mit hervorragenden Prominenten ins Feld zu ziehen. Nie wollte man den Verdacht aufkommen lassen, daß die Begünstigung der möglichst farblosen Kandidaten, wie am deutlichsten in Bundesstaaten wie Michigan und Kansas, der Partei etliche Verluste einbringen könnte. Felsenfeste Standpunkte wiesen die Republikaner nichtsdestotrotz auf.
Sie setzten sich Obamacare entgegen, machten aber nicht deutlich, was das Programm ersetzen soll oder ob sie die Willenskraft aufbringen können, das Pfuschwerk abzuschaffen. Gleichzeitig sind sie für eine tatkräftige Außenpolitik und weitere Aufrüstung. Leider findet ihre Kriegstreiberei in der Öffentlichkeit wenig Anklang. Während nach Umfragen mehr als siebzig Prozent unserer amerikanischen Wählerschaft einen Einsatz gegen ISIS bejaht, ist das Ergebnis keineswegs mit Begeisterung für stete amerikanische Kampfhandlungen quer durch die Welt gleichzusetzen.
Und auch wenn eine Mehrzahl der Amerikaner für ein verstärktes Vorgehen gegen ISIS eintreten – diese Haltung rangiert mit Abstand hinter anderen innenpolitischen Sorgen. Aus Kreisen republikanischer Anhänger entnimmt man, daß eine strenge Immigrationspolitik vorrangig bleibt. Aber die Parteitaktiker laufen solchen brenzligen Kampfpositionen davon. Im Gegensatz zu ihrer Basis ist die Republikanische Geberklasse auf eine aufgelockerte Einwanderungspolitik verschrieben und sozial links ausgerichtet. Die unverkennbare Lücke zwischen Feldherren und Fußsoldaten der Partei läßt sich schwerlich mit weiteren Kriegsaktionen und Aufrufen zu einem amerikanischen Überlegenheitsgefühl auffüllen.
Gleichgültig ob Elefant oder Esel
Achtbare linksgerichtete Kommentatoren ließen verlauten, daß republikanische Senatskandidaten verlieren mußten, weil sie nicht genug für die Frauenbewegung geleistet haben. Die betreffenden Kandidaten bemühten sich nicht genug, so die Anklage, zu ansteckenden christlichen Reaktionären eine Distanz zu halten. Diese Anschuldigung läuft der wahrnehmbaren Wirklichkeit zuwider. Es fiel schwer, die meisten republikanischen Kandidaten und ihre demokratischen Gegner sozialpolitisch zu unterscheiden.
Entweder übergingen die Republikaner Sozialfragen oder wollten den Eindruck vermitteln, daß sie und die Demokraten, was die Frauen und illegale Einwanderer betrifft, ähnliche Ansichten haben. Als ein demokratischer Senatskandidat im Bundesstaat Colorado gegen seinen republikanischen Gegner eiferte wegen seiner angeblichen Weigerung Verhütungsmittel in allerlei Läden erhältlich zu machen, ging der Angriff daneben. Sozialpolitisch stellte sich der Republikaner wie sein demokratischer Ankläger. Die zwei konkurrieren miteinander im Anbiedern – bei der Frauenbewegung, bei Schwulen und den Sachwaltern der „Illegals“.
Mangelnde Mobilisierung der Demokraten…
Der republikanische Wahlsieg erhärtet zwei Eindrücke: Zuallererst erreichten es die Parteimedien und die wohlhabenden Förderer, die Basis an der Leine zu halten. Man bläute der republikanischen Wählerschaft ein, daß die demokratische Opposition und voran Obama ihr eigenes Land an den Bettelstab bringen. Entgegen dem weitverbreiteten Spruch konnte man wenigstens in diesem Fall den Hund hinterm Offen hervorlocken. Ohne eine wohlüberlegte Alternative vorzuschlagen und ohne an Sozialfragen von rechts heranzugehen, richtete es die Werbebranche der republikanischen Partei ein, das Geschäft wie immer zu treiben.
Zum anderen verloren der Präsident und seine Partei wegen ihrer gescheiterten Politik das Wohlwollen der meisten Wähler, mit den merklichen Ausnahmen seiner schwarzen Gefolgschaft und des schon ausufernden Staatsbeamtentum. Zum Leiden des jeweiligen Staatsträgers besteht ein klaffender Widerspruch zwischen den Interessen der meisten Amerikaner und den Begehren der Minderheiten, die sich ihm anhängen. Aber auch das ist nicht überzubewerten. Weil gerade die Schwarzen nach ihrer begeisterten Unterstützung des ersten halbschwarzen Präsidenten kaum Verbesserungen für sich warhnehmen, versäumten sie vorgestern, für Obama in gleichwertigen Zahlen wie vorher einzutreten. Kurzum siegten die Republikaner nicht wegen des eigenen Verdienstes – der recht spärlich erscheint.
…und Enthaltung bei den Republikanern
Das Publikum zeigte den Demokraten ihre Verdrossenheit anschaulich. Der Washington Post–Berichterstatter Dan Balz erachtet die erfolgte Wahl als eine „ablehnende Entscheidung“, die nicht mit „einem mündigen Auftrag“ zu verwechseln sei. Jedenfalls sind die Demokraten bei dieser Zwischenwahl glimpflich davongekommen. Die meisten Verluste sind bei der nächsten Bundeswahl in zwei Jahren zu vermuten.
Genau aus diesen Gründen bin auch ich der Wahl ferngeblieben. Eine Förderung des geringeren Übels kam für mich nicht in Frage. Meine Stimmenthaltung werde ich gern überdenken, sobald bedeutende Alternativen zum Kampf antreten. Aber ich bezweifle, daß zu meinen Lebzeiten die erwünschte Änderung eintreffen wird.
00:12 Publié dans Actualité, Politique | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : midterm elections, états-unis, politique, actualité, politique internationale, paul gottfried | | del.icio.us | | Digg | Facebook
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