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lundi, 07 février 2011

Mircea Eliade über Carl Schmitt und René Guénon

Mircea Eliade über Carl Schmitt und René Guénon

Ex: http://traditionundmetaphgysik.wordpress.com/

Er [Carl Schmitt] sagt mir, er sei ein Optimist in Bezug auf die Zukunft Europas. Nationalismus wie Internationalismus sind gleichermaßen überholte Modelle.
(Eintrag vom Mai 1944, S. 108)

eliadeJP.jpgDie State University of New York Press hat die englische Übersetzung des „portugiesischen Tagebuchs“ (Jurnalul portughez) von Mircea Eliade – er war von 1941-45 rumänischer Botschafter in Lissabon – veröffentlicht:


Mircea Eliade: The Portugal Journal. Translated with a preface and notes by Mac Linscott Ricketts. SUNY Press, 296 Seiten, Hardcover/Paperback, Neu-York 2010.
(Rumänische Ausgaben:

Ernst Jünger hatte in den „Strahlungen“, seinem Kriegstagebuch, Carl Schmitts Bericht von Eliades Besuch in Berlin wiedergegeben (Eintrag vom 15.11.1942, über Jüngers Gespräch mit Schmitt über Eliade wird dieser wiederum am 27.12.1942 informiert, siehe S. 54). In Eliades Tagebuch findet sich nun sein Bericht über die Begegnung, demzufolge Eliade von Schmitts Werk nur „Die romantische Politik“ [recte: Politische Romantik] kenne, die in Rumänien großen Einfluß auf Nae Ionescu und dessen Kreis ausgeübt habe. Aber Schmitt zeigt kein Interesse, das Gespräch in diese Richtung lenken zu lassen, lieber spricht er über die Politik der Regierung Salazars. Allerdings noch mehr lebt Schmitt zu dieser Zeit im symbolischen Gehalt des „Leviathan“ auf (vier Jahre nach Erscheinen des Buches, aber sicher vor allem auch im Hinblick auf die im Jahr 1942 erscheinende weltgeschichtliche Betrachtung „Land und Meer“), erwähnt selbstverständlich „Moby Dick“ und wünscht sich von Eliade entsprechende Literatur über Mythen und Symbolik, insbesondere „Zalmoxis“. Und nun unsere Übersetzung des restlichen Eintrags, der nur auf „Berlin, September [1942]“ datiert ist:

Was mich an Schmitt beeindruckt, ist sein metaphysischer Mut, sein Nonkonformismus, die Weite seiner Sicht. Er bietet uns eine Flasche Rheinwein an und bedauert, daß ich morgen bereits nach Madrid abreise. Er sagt, der interessanteste lebende Mensch ist René Guénon (und er ist erfreut, daß ich ihm zustimme).
(S. 32)


In „Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Sinn und Fehlschlag eines politischen Symbols“ (1938, Nachdruck Köln 1982) erwähnt Schmitt bekanntlich Guénons „La crise de la monde moderne“ aus dem Jahr 1927 in einer Fußnote auf S. 44 mit dessen Feststellung daß

„die Schnelligkeit, mit der die ganze mittelalterliche Zivilisation dem Vorstoß des 17. Jahrhunderts unterlag, unbegreiflich sei, ohne Annahme einer rätselhaften, im Hintergrund bleibenden ‘volonté directrice’ und eine ‘idée préconçue’.“

Die von Schmitt zitierte Stelle lautet in der deutschen Übersetzung „Die Krisis der Neuzeit“ (Köln 1950), S. 33:

Wir wollen uns hier nicht unterfangen, den gewiß sehr verwickelten Beweggründen nachzugehen, die sich zu diesem Wandel vereinigten. So grundstürzend war er, daß schwerlich anzunehmen ist, er habe ganz von selbst eintreten können ohne das Eingreifen einer lenkenden Willensmacht, deren wahres Wesen notwendigerweise rätselhaft genug bleibt. Es gibt da Umstände, die im Hinblick darauf doch recht sonderbar sind: Dinge, die in Wirklichkeit längst bekannt waren, werden zu einem bestimmten Zeitpunkt der Allgemeinheit zugänglich gemacht und dabei als neu entdeckte hingestellt; bis dahin waren sie um gewisser ihrer Nachteile willen, die ihre Vorteile aufzuheben drohten, in der Öffentlichkeit unbekannt geblieben.

Schmitt erwähnt dies im Zusammenhang mit den rosenkreuzerischen Verbindungen des offiziellen Vaters der Neuzeit, René Descartes. Interessanterweise hat Schmitt gerade, wie wir seit Mehrings Biographie wissen, in dem Jahr der Enstehung des „Leviathan“ häufiger Julius Evola getroffen (ebenso Johann von Leers, der eine Besprechung des „Leviathan“ für den „Weltkampf“ verfaßt und ironischerweise in den Fünfziger Jahren – wie Guénon – nach Kairo übersiedeln und sich zum Islam bekennen wird.)

eliade_portugal_journal.jpgEvola hat 1942 „Il filosofo mascherato“, die Besprechung eines Buches von Maxime Leroy über Descartes’ deviantes Rosenkreuzertum und seine Rolle im Rahmen der Gegeninitiation, in „La Vita Italiana“ veröffentlicht. (Deutsche Übersetzung: Der Philosoph mit der Maske, in: Kshatriya-Rundbrief, Nr. 7, 2000) Schmitts „Leviathan“ besprach Evola bereits 1938 in „La Vita Italiana“ (nachgedruckt in zwei weiteren wichtigen italienischen Zeitschriften). Evola kommt im übrigen in Eliades Tagebuch laut Index nicht vor.

Am 17. Februar 1943 trifft Eliade jedenfalls den Pariser Korrespondenten der „Kölnischen Rundschau“, Dr. Mário, der einst für den „Cuvântul“ geschrieben hat und sich als Freund von Nae Ionescu bezeichnet.

Wir sprachen eine lange Zeit. Er ist gerade aus Paris gekommen. Er scheint kein großer Anhänger von Hitler zu sein. Er ist der Überzeugung, daß René Guénon die interessanteste Person unserer Zeit sei. (Ich glaube das nicht immer, tue es aber oft. Obwohl ich Aurobindo Ghose für „verwirklichter“ halte.)
(…) Ich berichte ihm über mein Gespräch mit Carl Schmitt im Sommer vergangenen Jahres. Er ist überrascht, daß Schmitt Guénon schätzt.
(S.37)

Selbstverständlich finden sich in Eliades Tagebuch zahlreiche Eintragungen über Nae Ionescu, Emil Cioran, Constantin Noica, und im Westen weniger bekannte Vertreter dieses Kreises, und auch über den eigenständigen Religionsphilosophen Lucian Blaga (in dessen Raumkonzeption Schmitt interessante Aspekte zu finden hoffte, den er aber in Bukarest nicht treffen konnte, S. 108).

Zum Kontext des Kreises der „Generaţia nouă“ um ihren Lehrer Nae Ionescu und „Cuvântul“ siehe:

Corneliu Codreanu und die „Federn“ des Erzengels
Constantin Noica, der letzte große Metaphysiker

Cristiano Grottanelli hat das Gespräch Eliade/Schmitt über den abwesenden Guénon bereits zum Thema eines Aufsatzes gemacht:

Mircea Eliade, Carl Schmitt, René Guénon, 1942.

Jurnalul portughez si alte scrieri, Bukarest 2006, Jurnalul portughez, Bukarest 2010)