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mercredi, 25 juillet 2007

Walter Flex

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Fritz FISCHER  (http://www.deutsche-stimme.de/)

Der Wanderer zwischen beiden Welten
Zum 120. Geburtstag des deutschen Dichters Walter Flex

»Ich lag als Kriegsfreiwilliger wie hundert Nächte zuvor auf der granatenzerpflügten Waldblöße als Horchposten und sah mit windheißen Augen in das flackernde Helldunkel der Sturmnacht, durch die ruhlos Scheinwerfer über deutsche und französische Schützengräben wanderten. Der Braus des Nachtsturms schwoll anbrandend über mich hin. Fremde Stimmen füllten die zuckende Luft. Über Helmspitze und Gewehrlauf hin sang und pfiff es schneidend, schrill und klagend, und hoch über den feindlichen Heerhaufen, die sich lauernd im Dunkel gegenüberlagen, zogen mit messerscharfem Schrei wandernde Graugänse nach Norden … Die Postenkette unseres schlesischen Regiments zog sich vom Bois des Chevaliers hinüber zum Bois de Vérines, und das wandernde Heer der wilden Gänse strich gespensterhaft über uns alle dahin. Ohne im Dunkel die ineinander laufenden Zeilen zu sehen, schrieb ich auf einen Fetzen Papier ein paar Verse:

»Wildgänse rauschen durch die Nacht
Mit schrillem Schrei nach Norden;
Unstete Fahrt habt Acht, habt Acht,
Die Welt ist voller Morden.

Fahrt durch die nachtdurchwogte Welt,
Graureisige Geschwader!
Fahlhelle zuckt und Schlachtruf gellt,
Weit wallt und wogt der Hader.

Rausch zu, fahr zu, du graues Heer!
Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!
Fahrt ihr nach Süden übers Meer -,
Was ist aus uns geworden!

Wir sind wie ihr ein graues Heer
Und fahr'n in Kaisers Namen,
Und fahr'n wir ohne Wiederkehr,
Rauscht uns im Herbst ein Amen!«

Der Verfasser dieser äußerst bewegten Verse war der deutsche Kriegsfreiwillige Walter Flex, der im Frühjahr 1915 diese Zeilen an der Westfront liegend niederschrieb, die nur zwei Jahre später in der Novelle »Der Wanderer zwischen beiden Welten« der deutschen Jugend zugänglich gemacht wurden. In dieser Novelle hatte Walter Flex seine persönlichen Kriegserlebnisse aus dem Jahre 1915 zusammengetragen, eine Novelle, die später eine Auflage von über einer Million erzielen sollte und bis 1940 eines der meistgelesenen Werke im deutschen Kulturraum blieb. Am 6. Juli wäre Walter Flex 120 Jahre alt geworden, weshalb sein Leben und sein Werk eine ausführliche Würdigung erfahren soll.
Geboren wurde Walter Flex im Jahre 1887. Als Sohn des nationalliberalen Gymnasialprofessors Dr. Rudolf Flex und dessen Ehefrau Margarete wuchs er im thüringischen Eisenach auf, wo er das Karl-Friedrich-Gymnasium besuchte und dort 1906 das Abitur ablegte. Anschließend begann er an der Universität Erlangen sein Studium der Germanistik und Geschichte und wurde Mitglied in der Burschenschaft Bubenruthia. Im Jahre 1908 setzte der junge Flex sein Studium in Straßburg fort und veröffentlichte seine ersten Erzählungen, Novellen und Gedichte, eher er 1910 wieder nach Erlangen zurückkehrte und dort ein Jahr später seine Promotion ablegte. Aus dieser Zeit stammt auch die Bekanntschaft zwischen Walter Flex und der Familie des einstigen Reichsgründers Otto von Bismarck, wo er zwischen 1910 und 1913 als Hauslehrer für die Enkel Bismarcks tätig war. Hier wurde ihm auch der geistige Boden für seine Bismarck-Novellen sowie für das bekannte Drama »Klaus von Bismarck« gelegt. Nach dem Kriegsausbruch meldete sich Walter Flex 1914 als Kriegsfreiwilliger in Posen. Von dort verschlug es ihn mit seinem Regiment im Oktober 1914 schließlich nach Lothringen. Hier schrieb Walter Flex auch jene eingangs zitierten Verse nieder. Das Lied »Wildgänse rauschen durch die Nacht…« wurde schon bald mehrfach vertont und avancierte zu einem der bekanntesten deutschen Lieder überhaupt, welches nicht nur die damalige Jugend beigeisterte. Auch heute ist dieses Lied immer noch sehr bekannt, weil es nicht nur bei Wandervögeln, sondern auch bei Wehrdienstleistenden und Verbindungsstudenten nach wie vor beliebt ist und immer noch gerne gesungen wird. Doch was hat es mit diesen Versen eigentlich auf sich?
Im März 1915 wurde Walter Flex zur Offiziersausbildung in das Warthelager bei Posen beordert und dort im Mai zum Leutnant befördert. Hier knüpfte er enge Freundschaft mit dem kriegsfreiwilligen Studenten der Theologie Ernst Wurche, der als Führer des Nachbarzuges neben Walter Flex in Nordostpolen eingesetzt war. Beide verband ihr gleiches soldatisches Denken und Fühlen. Wie sich nach etlichen gemeinsamen Gesprächen an der Front herausstellen sollte, konnte sich auch Leutnant Wurche noch an genau jene Nacht erinnern, in der einst im Frühjahr die Wildgänse an der Westfront vorübergezogen waren. Doch der schnelle Tod, den Leutnant Wurche nach einem Patrouillengang im August 1915 heimsuchen sollte, wurde für Walter Flex zum traumatischen Erlebnis, da dieser in unmittelbarer Nähe auf Posten liegend, dem sterbenden Kameraden leider nicht mehr zur Hilfe kommen konnte. Der Tod des Kameraden sowie seine eigenen Kriegserlebnisse fanden daher in der autobiografischen Erzählung »Der Wanderer zwischen beiden Welten« ihren literarischen Niederschlag. Gegen Ende dieser Novelle beschreibt Walter Flex seine zweite, emotionsgeladene Begegnung mit den Wildgänsen:
»Die Pulse flogen mir. Ich stand auf und ging hinaus. Freie und Frische wehten mich an. Das Herz wallte mir leichter seit langem. Da – ein Rauschen in den Lüften, ein scharfes Schreien, ein Näherbrausen, ein wanderndes Gänseheer rauschte hoch über Winknobroscz nach Süden. Ihre Schatten flogen über mich hin. Eine Erinnerung drückte auf mich wie eine lastende Hand. Wie lange war es her, daß das Gänseheer wandernd nach Norden rauschte über die kriegswunden Wälder vor Verdun hin, über den Freund und mich? … Aus Frühling und Sommer war Herbst geworden. Die Graugänse wanderten nach Süden. Fernhin rauschte ihre Fahrt über das einsame Grab auf den stillen Höhen über dem Simno-See…«
Flex spricht hier vom einsamen Grab des toten Kameraden Ernst Wurche, das er diesem einst persönlich gegraben hatte. Vor diesem Hintergrund und der herbstlichen Wiederkehr der Wildgänse werden nun auch die letzten Zeilen des Gedichtes verständlich: »Und fahr'n wir ohne Wiederkehr, Singt uns im Herbst ein Amen.« Zeilen, deren Tiefe eine ganze deutsche Generation nachempfinden konnte, waren die eigenen Kriegserlebnisse zweifelsohne doch ebenso tragisch behaftet wie die in »Der Wanderer zwischen beiden Welten« geschilderten.
Diese erschienen erstmals im Oktober 1916. Die Novelle wurde anschließend das erfolgreichste Buch eines deutschen Schriftstellers im Ersten Weltkrieg und eines der sechs erfolgreichsten deutschen Bücher im 20. Jahrhundert überhaupt. Für mindestens zwei Generationen deutscher Jugendlicher wurde »Der Wanderer zwischen beiden Welten« zum Kultbuch schlechthin und Walter Flex bis 1945 zum Klassiker. Schließlich wurde Walter Flex im Jahre 1917 nach Berlin abkommandiert, um dort an der Publikation »Der Krieg in Einzeldarstellungen« mitzuwirken. Doch der Berlin-Aufenthalt in der Etappe sollte nur eine kurze Episode bleiben. Auf eigenem Wunsch wieder an die Ostfront versetzt, wurde Flex im Herbst 1917 bei einer deutschen Offensive an der Ostfront mit der Führung einer Infanteriekompanie betraut. Hier erhielt er kurz darauf auf der estnischen Insel Ösel durch einen Schuß seine tödliche Verwundung, die ihm am 16. Oktober 1917 den von ihm ersehnten Heldentod für das Vaterland brachte.
»Der Stahl, den Mutters Mund geküßt, Liegt still und blank zur Seite. Stromüber gleißt, waldüber grüßt, Feldüber lockt die Weite…« Verse, die einst Leutnant Wurche im Leben gedichtet und geliebt hatte und anschließend im Tode gelebt hatte, lebte nun auch Walter Flex. Dieses Schicksal der beiden gefallenen Gefährten leuchtet uns auch heute aus der Vergangenheit entgegen. Als Sinnbild für die Treue und Kameradschaft einer ganzen Frontgeneration, die heute ihresgleichen sucht.?

Fritz Fischer

Weiterführende Literatur zum Thema: Flex, Walter: Der Wanderer zwischen beiden Welten; 128 S., geb., 13,80 Euro (Art.-Nr. 100515); Walter Flex, Das Weihnachtsmärchen des 50. Regiments, Hörbuch, 1 CD mit 60 Minuten Spielzeit, 9,90 Euro (Art.-Nr. 103500)
Zu beziehen über den DS-Buchdienst, Postfach 100 068, 01571 Riesa, Tel.: 03525/5292-0, Fax: -23, Epost: bestellung@ds-verlag.de

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