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jeudi, 05 juin 2014

(K)ein Philosoph des Untergangs

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(K)ein Philosoph des Untergangs

Ex: http://www.blauenarzisse.de

Einen konservativen Lesekanon aufstellen ist nicht einfach. Die Auswahl ist riesig. Oswald Spengler gehört zweifelsohne zum Standardrepertoire aller Konservativen.

Sebastian Maaß hat mit Zyklen und Cäsaren – Mosaiksteine einer Philosophie des Schicksals einen Band zusammengestellt, welcher wichtige Reden und Schriften Spenglers vereint. Versehen mit einer tiefgreifenden Einleitung von Martin Falck, ergibt sich ein umfangreiches Werk über das Wirken des bedeutenden Philosophen.

Missverständnisse gestern und heute

Spengler gehört zu jenen Denkern, mit dessen Weisheiten sich Rechtsintellektuelle gern unreflektiert schmücken. Er wird jedoch von vielen seiner kulturpessimistischen Anhänger falsch verstanden. Von seinen Kritikern gar nicht zu sprechen. Doch für Spengler ist dies nichts Neues. Schon die Erstauflage seines Hauptwerkes Untergang des Abendlandes von 1918, obwohl vollkommen missverstanden, wird zum Verkaufsschlager. Dort, wo Spengler seine Zyklentheorie ausbreiten wollte, suchte die Leserschaft nach Ursachen und Auswirkungen der Kriegsniederlage.

Heute wie gestern wird Spengler verkürzt. Der sprichwörtlich gewordene Untergang des Abendlandes ist heute inflationär zur Hand. Zudem wird der Begriff „Untergang“ oft als Zusammenbruch oder Ende fehlinterpretiert. Dabei meint Spengler damit den Übergang von der Blütezeit der Kultur in eine Zeit der bloßen Zivilisation. Spengler geht nicht davon aus, dass es zu einem plötzlichen Ernstfall kommen wird. Er sieht nicht die abrupte Katastrophe. Der Untergang der Kultur ist für Spengler ein schleichender Prozess. Es ist die sukzessive Zerstörung der kulturellen Seele, die er thematisiert.

Zyklentheorie und Cäsarismus

Auch seine berühmte Weisung „Optimismus ist Feigheit” wird viel zu häufig als Legitimation für Weltflucht, Kulturpessimismus und Untergangsstimmung gebraucht. Dabei gibt uns Spengler ein Bild mit, welches einem Pessimismus zuwider läuft. Jede Umschreibung würde dem Bild nicht gerecht. Jedes Wort der Erläuterung wäre zu viel. Das Zitat ist Auftrag genug: „Auf verlorenen Posten ausharren ohne Hoffnung, ohne Rettung, ist Pflicht. Ausharren wie jener römische Soldat, dessen Gebeine man vor einem Tor in Pompeji gefunden hat, der starb, weil man beim Ausbruch des Vesuvs vergessen hatte, ihn abzulösen. Das ist Größe.“

Anhand dieses Zitates wird auch Spenglers Stil sichtbar. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Spengler mit brachialer Wortgewalt einschlägt. Sein Pathos emotionalisiert und spricht den Leser direkt an. Auch sein Argumentationsstil ist bemerkenswert, da er Dichterisches, Mystisches, Wissenschaftliches und Metapolitisches miteinander in Verbindung bringt. Die wichtigste These Spenglers ist, dass die Weltgeschichte nicht linear verläuft. Es gibt, so Spengler, keine stetige Weiterentwicklung der Gesellschaft. Die Weltgeschichte verläuft in Zyklen. Dort, wo Kommunismus und Nationalsozialismus sich als Heilslehren sehen und ein zielgerichtetes Geschichtsbild vertreten, schmettert Spengler diese Zyklenlehre in den Raum.

Sie besagt, dass jede Kultur einen Aufstieg, eine Blüte und einen Niedergang aufweist. Der Niedergang kann sich über mehrere Jahrhunderte strecken. In dieser Zeit handelt es sich nur noch um eine Zivilisation. Der Menschentypus, der dann regiert, wird von Spengler als Cäsaren bezeichnet. Es sind Machtmenschen, die um der Macht willen handeln. Sie haben den Bezug zum Volk verloren und trachten nicht nach gemeinschaftlichen Zielen.

Eingetretene Vorhersagen und Ist-​Analyse

Wenn die Begleiterscheinungen des Überganges von Kultur zu Zivilisation genannt werden, wird deutlich, wie genau Spenglers Zukunftsvorhersagen waren. Die Fragmentierung des einenden Geistes, der Siegeszug von Demokratie und Kapitalismus, der Zerfall der Nationen, die sukzessive Wandlung demokratischer Strukturen in totalitäre, der Verlust des Ansehens der Mutter, die Machtmenschen in der Politik, das Heraufziehen der Dekadenz, die Bildung neuer Imperien, der Verlust von Kultur und die Macht der Wirtschaft über die Politik.

Insbesondere in seiner Rede über die Pflichten der deutschen Jugend, die ebenfalls im Band Zyklen und Cäsaren enthalten ist, widmet sich Spengler einer deutlichen Wirtschaftskritik. Das Gesagte ist von erstaunlicher Aktualität. „Die beweglichen Vermögen, welche hinter den Banken, Konzernen und Einzelwerken stehen, haben in einem Umfang von welchem die Öffentlichkeit nichts ahnt, die politischen Einrichtungen, Parteien, Regierungen, die Presse, die öffentliche Meinung unter ihren Einfluß gebracht.“

Auch die Rolle der Presse und Propaganda wird von Spengler behandelt: „Drei Wochen Pressearbeit, und alle Welt hat die Wahrheit erkannt. Ihre Gründe sind so lange unwiderleglich, als Geld vorhanden ist, um sie ununterbrochen zu wiederholen.“

Spengler und der Nationalsozialismus

Zyklen und Cäsaren widmet sich auch der Kritik an Spengler und Spenglers Verhältnis zum Nationalsozialismus. Selbst Adorno, Hohepriester aller Linksintellektuellen, gab zu, dass das Vergessen Spenglers eher als Ausflucht zu werten ist. Spengler habe kaum einen Gegner gefunden, der sich ihm gewachsen gezeigt habe.

Spengler ist ein klassisches Beispiel, in welchem die Linken einen Wegbereiter des Nationalsozialismus wittern. Dass diese Bewertung nicht nur zu kurz greift, sondern gänzlich falsch ist, beweist Spengler selbst. Weder sah er in Hitler einen fähigen Führer, noch hatte er Sympathien für Fahnen und Aufmärsche.

Zudem lehnt er die auf leibliche Abstammung ausgerichtete Volksgemeinschaft ab. „Für mich ist ‚Volk‘ eine Einheit der Seele“. Entscheidend war ihm das kollektive Bewusstsein. Rasse ist für Spengler eine von der Kultur geformte Einheit. „Eine feste Einteilung der Rassen, der Ehrgeiz aller Völkerkundler, ist unmöglich … Zuletzt hat jeder einzelne Mensch … seine eigene Rasse.“ Damit steht Spengler im Widerspruch zum nationalsozialistischen Rassedenken.

Spengler muss auf die große Bühne zurück

In Zyklen und Cäsaren wird deutlich, wie breit Spengler thematisch aufgestellt ist. Er äußerte sich zur Entwicklung des Romans in Deutschland, zur modernen Kriegsführung, zur christlichen Kunst und zu den Aufgaben des Adels. Sowohl für eingelesene Spenglerianer, als auch für jene, die auf den ersten Metern ihres persönlichen Waldganges sind, lohnt sich die Lektüre.

Maaß tat gut daran, den Texten eine umfangreiche Einführung voranzustellen. Diese erhellt den Blick auf Oswald Spengler und ermöglicht das Verständnis seiner mystischen Philosophie.

Wertvoll ist Zyklen und Cäsaren insbesondere deshalb, weil es einen Beitrag dazu leisten könnte, die Beschäftigung mit Spengler der rein subkulturellen Sphäre zu entreißen. Spengler ist zu aktuell und zeitlos, um nur in Hinterzimmern, Rittergütern und Kneipsälen besprochen zu werden. Spengler muss wieder auf die große Bühne.

Sebastian Maaß: Zyklen und Cäsaren – Mosaiksteine einer Philosophie des Schicksals. Reden und Schriften Oswald Spenglers. 416 Seiten, Regin Verlag 2013. 19,95 Euro.

 

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