mardi, 13 octobre 2015
Berliner Historiker warnt: Meinungsdiktatur richtet Deutschland zu Grunde
Berliner Historiker warnt: Meinungsdiktatur richtet Deutschland zu Grunde
Die aktuelle Flüchtlingskrise zeigt eine Seite von Deutschland, die uns bis vor Kurzem wenige zugetraut hätten: jubelnde Bürger, die Flüchtlinge an den Bahnhöfen empfangen. Bürger, die Flüchtlinge im Alltag unterstützen, ja, sie sogar bei sich zu Hause aufnehmen.
Es gibt aber auch eine andere Seite: Menschen, die glauben, die Flüchtlingskrise könnte Deutschland überfordern. Gerne gehört werden sie nicht. Viele, die sich kritisch über die Einwanderung Zehntausender Flüchtlinge äußern, werden in die rechte Ecke gestellt. Der Publizist und ehemalige Chefredakteur der "Wirtschaftswoche" Roland Tichy hat diese Menschen die "Ja-aber-Nazis" genannt.
Seine These: Ja-aber-Nazis sind wir irgendwie alle. Denn viele Deutschen heißen die Flüchtlinge willkommen und verteidigen das Grundrecht auf Asyl. Sie machen sich aber gleichzeitig Sorgen, ob die Integration der Neuankömmlinge auch wirklich gelingt. Und sie fragen sich, wie viele Menschen Deutschland noch aufnehmen kann.
Nun hat sich der Berliner Historiker Jörg Baberowski die aktuelle Stimmung in Deutschland in Folge der Flüchtlingskrise für die "Neue Zürcher Zeitung" ("NZZ") angesehen - und er kommt zu einem beunruhigenden Ergebnis.
Baberowski ist Professor für die Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität in Berlin und beschäftigt sich seit Jahrzehnten unter anderem mit der Diktatur in Sowjetrussland.
Sein Text in der "NZZ" ist eine Abrechnung mit der Regierung Merkel und mit den Medien. Hier sind seine 8 Thesen zur Lage in Deutschland:
1. Die Bundesregierung ignoriert die Sorgen der Bürger
Seit Wochen werde nur noch darüber gesprochen, wie die Integration illegaler Einwanderer bewältigt werden soll. Aber niemand stelle die Frage, ob wir diese Einwanderung überhaupt wollen, schreibt Baberowski.
Er schreibt:
"Stattdessen wird Kritikern, die ihre Stimme gegen den Tugendwahn erheben, von der Obrigkeit mitgeteilt, sie seien herzlos und dürften an der Debatte über die Einwanderung nicht beteiligt werden."
2. In Deutschland herrscht eine Meinungsdiktatur
Es ist vielleicht die stärkste Anklage, die Barberowski in seinem Text vorbringt: "Deutschland ist ein Land ohne Opposition, dessen Regierung wünscht, dass in ihm nur noch eine Sprache gesprochen und nur noch eine Auffassung vertreten werde."
Später im Text konstatiert der Historiker: "Der Untertan soll schweigen und preisen, was ihm die Obrigkeit als Wirklichkeit präsentiert." In Deutschland, so meint Baberowski zumindest, werden abweichende Meinungen nicht mehr toleriert. Wir leben in einer Meinungsdiktatur.
3. Der soziale Frieden ist gefährdet
Baberowski bringt zudem ein Argument vor, das häufig zu hören ist: Die Einwanderungspolitik werde von jenen befürwortet, die wohlhabend seien. Baberowski schreibt: "Der soziale Frieden wird aufs Spiel gesetzt und die Armen werden gezwungen, die Folgen jener ungesteuerten Einwanderung zu bewältigen, die die Wohlhabenden herbeigeredet haben."
4. Auch die Medien sind schuld an der Meinungsdiktatur
In Deutschland stehen die Medien bisher - mit wenigen Ausnahmen - hinter der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Selbst die "Bild"-Zeitung, die über Jahre einen ausländerkritischen Kurs fuhr und keine Gelegenheit ausließ, den Deutschen Angst vor der Zuwanderung zu machen, engagiert sich mittlerweile für die Flüchtlinge. Laut Baberowski ist dieser Einheitsbrei an Meinung aber gefährlich - und die Medien verbannten inzwischen jeden in die rechte Ecke, der sich kritisch äußere.
Baberowski schreibt in der "NZZ":
Wer auf den gesunden Menschenverstand verweist, riskiert Ausgrenzung und Ächtung. Viele schweigen, weil sie nicht wollen, dass man ihnen vorwirft, sie seien rechts – und dürften deshalb am öffentlichen Diskurs nicht beteiligt werden. Wer gegen die Konventionen der Tugendrepublik verstösst, wird nach Dunkeldeutschland verbannt.
Damit spielt der Historiker auf ein Titelbild des "Spiegel" an, das ein helles und ein dunkles Deutschland zeigt. Die einen heißen Flüchtlinge willkommen, die anderen lehnen sie ab. Gegen diese schwarz-weiß-Malerei will Baberoswki vorgehen. Nicht jeder, der sich kritisch über Flüchtlinge äußere, sei gleich ein Nazi.
5. Die Bürger stellen berechtigte Fragen
Das Ergebnis der Meinungsdiktatur ist, dass Probleme verschwiegen werden.
Baberowski schreibt:
"Denn die Probleme verschwinden nicht, nur weil man sie beschweigt. Der Besonnene hätte derzeit an die Politik viele Fragen zu stellen. Warum bricht die Regierung europäisches Recht, und warum setzt sie sich über Gesetze hinweg, die das Asylverfahren regeln? Warum soll eigentlich ein Einwanderer Sozialleistungen beanspruchen können, für die jene, die schon hier sind, jahrzehntelang gearbeitet haben?"
6. Die Folge ist Politik-Verdrossenheit
Wer seine Meinung nicht äußern darf und wer das Gefühl hat, nicht gehört zu werden, wendet sich ab. Und genau das passiert laut Baberowski gerade in Deutschland.
Er schreibt:
"Die Bürger wenden sich ab, weil die Politik sich für sie nicht mehr interessiert. Sie aber müssen die Folgen der Masseneinwanderung bewältigen. Davon wollen jene, die entschieden haben, dass Deutschland ein Vielvölkerstaat werden soll, nichts hören."
7. Auch die osteuropäischen Länder wenden sich von Europa ab
Der Osteuropaforscher Baberowski bringt auch Verständnis für Staaten wie Ungarn und Tschechien auf, die Merkel kritisieren und die gegen die Flüchtlingspolitik aus Brüssel sind. Er schreibt:
"Deutschland hat seine nationale Souveränität aufgegeben und die Entscheidung darüber, wer kommen und wer bleiben darf, in die Hände illegaler Einwanderer gelegt. Davon wollen die Nachbarländer im Osten Europas aus guten Gründen nichts wissen. Denn sie sind der Europäischen Union nicht beigetreten, um ihre nationale Souveränität aufzugeben, sondern um sie zu schützen."
8. Das ist das düstere Fazit von Baberowski:
"Deutschland wird sich bis zur Unkenntlichkeit verändern. Der soziale Frieden und der Zusammenhalt stehen auf dem Spiel ... Die Kanzlerin aber verschließt die Augen vor der Katastrophe, die sie angerichtet hat. Anderenorts sind Politiker schon aus nichtigeren Gründen zurückgetreten."
Man muss mit Jörg Baberowski nicht einer Meinung sein. Seine Argumente hören sollten wir aber - und sie diskutieren. Sie als unzulässig zu verschreien, wäre genau der Reflex, den Baberowski anprangert. Und der kann Deutschland tatsächlich gefährlicher werden als jede Diskussion.
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00:05 Publié dans Actualité, Affaires européennes | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : jörg baberowski, dictature médiatique, allemagne, europe, affaires européennes, immigration, migrants, réfugiés | | del.icio.us | | Digg | Facebook
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