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lundi, 29 mars 2010

Warum Carl Schmitt lesen?

Götz KUBITSCHEK:

Warum Carl Schmitt lesen?

Ex: http://www.sezession.de/

schmitt_carl.jpgSeit der Frühjahrsprospekt meines Verlags versandt ist, hat ein rundes Dutzend Leser angerufen, um zu erfragen, wieso ich gerade die Bücher Carl Schmitts in den Versand aufgenommen habe und warum ich ihn derzeit wieder intensiv lese. Meine Antwort:

+ Schmitt zu lesen ist wie Bach zu hören: Beiläufig, schlagartig, nachhaltig stellt sich Klarheit in der eigenen Gedankenführung ein. Ich nahm mir vorgestern Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus vor und las vor allem die Vorbemerkung zur 2. Auflage von 1926 sehr langsam und genau: Schmitts Unterscheidung von „Demokratie“ und „Parlamentarismus“, seine Herleitung der für eine Demokratie zwingend notwendigen Homogenität der Stimmberechtigten, seine Dekonstruktion Rousseaus – das alles löst den Nebel auf, durch den wir auf unsere heutige Situation blicken.
Dabei ist es von Vorteil, daß Schmitt kein reiner Staatsrechtler war, sondern ebenso Kulturkritiker wie Geschichtsphilosoph. Helmut Quaritsch schreibt in seiner Studie über die
Positionen und Begriffe Carl Schmitts: „Die heutige Politikwissenschaft würde diese Schrift wohl gern für sich reklamieren, wenn ihr der Inhalt mehr behagte.“

+ Man muß Schmitt aus der geistigen Situation seiner Zeit verstehen und man versteht seine Zeit, wenn man ihn liest: Ohne die Erfahrung der Auflösung staatlicher Ordnung und des Zustands des Souveränitätsverlustes nach dem Ersten Weltkrieg kann man Schmitts Ordnungsdenken und seine Verteidigung einer starken staatlichen Führung nicht würdigen. Die Lektüre seiner frühen Texte etwa über „Wesen und Werden des faschistischen Staates“ oder „Staatsethik und pluralistischer Staat“ sind lehrreich und wiederum klärend. Bestens geeignet dafür ist der Sammelband Positionen und Begriffe, in dem 36 Aufsätze aus den Jahren 1923-1939 versammelt sind, unter anderem auch der schwerwiegende „Der Führer schützt das Recht“ oder „Großraum gegen Universalismus“.

+ Vielleicht greift man jetzt, da die katholische Kirche wieder einmal in aller Munde ist, auch einmal zu Schmitts kleiner und feiner Studie Römischer Katholizismus und politische Form. Daraus ein Wort?

Die fundamentale These, auf welche sich alle Lehren einer konsequent anarchistischen Staats- und Gesellschaftsphilosophie zurückführen lassen, nämlich der Gegensatz des „von Natur bösen“ und des „von Natur guten“ Menschen, diese für die politische Theorie entscheidende Frage, ist im Tridentinischen Dogma keineswegs mit einem einfachen Ja oder Nein beantwortet; vielmehr spricht das Dogma zum Unterschied von der protestantischen Lehre einer völligen Korruption des natürlichen Menschen nur von einer Verwundung, Schwächung oder Trübung der menschlichen Natur und läßt dadurch in der Anwendung manche Abstufung und Anpassung zu.

Ich stimme dem Leser zu, der mir gestern schrieb: „Schmitt lesen, das ist in hohem Maße elektrisierend, selbst oder gerade dann, wenn man nicht alles versteht.“ So ist es.

Oder irren wir uns?

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