Sie singen Lieder von verlorener Liebe, von Helden und Gefallenen, von Müttern, Kindern und Familien, von stolz wehenden Fahnen und werden von der bundesdeutschen Kulturpresse, in der sie wenn überhaupt ein Nischendasein fristen, als reaktionär und weltfremd beschimpft. Schlager goes Rechtsrock? Nein, keinesfalls! Die Rede ist von der traditionellen amerikanischen Country-Musik. Selbst Versuche der Musikindustrie, den Country den weichgespülten Mainstream-Klängen in Text und Melodie anzupassen, scheiterte kläglich. Der Nashville-Sound verkaufte sich schlecht, die Musiker wurden nicht ernst genommen, gar verachtet für ihren Verrat am althergebrachten Liedgut, geopfert für die versprochene große Karriere.
Als Gegenbewegung dazu formierte sich der sogenannte Traditional Country um Künstler wie George Strait, Trace Adkins oder die deutschstämmige Alison Krauss. Ihr Erfolg gründet nicht umsonst auf ihrem tradierten Weltbild, auf christlichen Werten und der Vermittlung Mut machender Botschaften
Woher der Haß auf Tradition?
Die linksliberale ZEIT titelte jüngst voller Abscheu über die „archaische Welt der Alison Krauss“ und schimpfte über ihr ganz und gar nicht feministisches Frauenbild. Des Weiteren warf sie ihr Kitsch vor und stellte sie für ihre Solidaritätskonzerte für amerikanische Soldaten gar an die Grenze zur Mitschuld an Kriegen. Wenn bundesdeutsche Medien solche Schmähartikel verfassen, lohnt es sich meist, einen genauen und prüfenden Blick auf die Hintergründe zu werfen. Wo haben diese Verrisse ihren Ursprung?
Dazu versuchen wir zunächst einmal zu analysieren, was Volksmusik in der Bundesrepublik eigentlich bedeutet. Meist Samstagabends sitzen grenzdebile Rentner mit rotweingeröteten Nasen dümmlich und frei von Rhythmus vor sich hinklatschend auf Bierbänken, während in Pseudo-Trachten gewandete blondierte Grinsekatzen und welkbrüstige Dirndlträgerinnen auf der Bühne hin und her springen. Scheinbar ganz in Vergessenheit geraten ist dabei das eigentliche Volksliedgut, vertonte Gedichte von Schriftstellern wie Theodor Körner, Eichendorff oder Goethe, aber auch mündlich überlieferte Kinderlieder, Kirchen- und Soldatenlieder und nicht zuletzt auch der ein oder andere nicht immer jugendfreie Gassenhauer.
Man vermag fast unterstellen, daß die Medienlandschaft das tradierte Liedgut bewußt verdrängt und durch eine simple, geschichtslose Massenmusik als für einfache Gemüter leicht konsumierbare Gegenkultur ersetzt hat. Romantische Texte von wahrer Liebe, von Tapferkeit und deutschem Frohsinn entsprechen doch ganz und gar nicht mehr dem Zeitalter der Promiskuität, der Feigheit und drogengeladener Technopartys.
Festhalten am Alten als Stütze in der beschleunigten Welt
Nun pflügt selbst in südlichen Gefilden deutscher Gaue der Alpensepp nur selten noch den Acker, genauso wenig wie die Weiten der USA ausschließlich von Farmern, Goldgräbern und Cowboys besiedelt werden. Wohl aber sind sie beide, nicht nur ethnisch, miteinander verwandt!
Die Vereinigten Staaten als Kunststaat haben sich ihre Kultur im Lauf der Zeit selbst erschaffen müssen. Die Lebensweise der Weißen zumindest entspringt tief christlichen Wurzeln und Werten. Zwar sind die Staaten inzwischen besonders an der Ostküste zu einem weltweiten Machtfaktor der internationalen Hochfinanz geworden. Das archaische im positiven Sinne von ursprünglichem Leben der Menschen in ihren Weiten dagegen ist bis heute fester Teil der Gesellschaftsordnung.
Das spiegelt sich eben auch in der Musik wieder. Natürlich nicht ohne eine Note Wehmut, bleibt doch vor der zunehmenden Beschleunigung und Instabilität kaum jemand bewahrt. Und genau diese Wehmut und Sehnsucht nach Stabilität und bewährten Werten schlägt sich in den Verkaufszahlen des 21. Jahrhunderts nieder, hat doch der traditionelle Country „die Hochburgen des Pop erobert“, so das Online-Musikmagazin laut.de.
Selbstverständlichkeiten, in unseren Breiten am Rande der Strafbarkeit
Betrachtet man sich einmal die Texte der Künstler genauer, so ist der durchschnittliche Bundesbürger nach erfolgreicher Übersetzung oftmals erstaunt, hört er solch klare Bekenntnisse zu Familie und Vaterland doch nahezu nie. Die Leitworte der Revolution von 1848 und der sie anführenden Urburschenschaft „Ehre, Freiheit, Vaterland“ sind in Vergessenheit und unter die Räder ständigen sinnlosen Konsums und hedonistischer Vergnügung geraten.
So singt Toby Keith nicht ohne berechtigte Sozialkritik an der amerikanischen Gesellschaft von einem Jungen vom Land, der aufgrund seiner Arbeitslosigkeit zur Army geht, im Irak kämpft und unverkennbar nicht ohne Stolz die „Hurensöhne“ aufspürt und abknallt: „We found them and killed them, these sons of the bitches.“ Man stelle sich den bundesdeutschen Aufschrei vor, schriebe ein Künstler hierzulande derartige Textzeilen.
Ohnehin nimmt das Soldatentum einen hohen Rang ein. Trace Adkins huldigte den Gefallenen mit seiner getragenen Gänsehaut-Ballade „Arlington“ während Brooks & Dunn, das erfolgreichste Country-Duo jemals, in ihre Konzerte regelmäßig Soldaten und Veteranen einbinden. Unter frenetischem Jubel des Publikums marschieren diese auf der Bühne auf und ihr Gruß wird von Tausenden erwidert.
Szenen, die nahezu befremdlich erscheinen und sicher die übliche Keule hervorspringen ließen, sangen doch Lale Andersen und ähnliche Künstler auch schon zum Tribut der Soldaten. Gut, das taten Sarah Connor und einige unbedeutende deutsche Musiker auch, jedoch wurden solche bemerkenswerten Akte der Solidarität konsequent verschwiegen oder klein gehalten.
Geistiger Schwachsinn versus geistigen Auftrag der Kunst
Welchen tiefsinnigen Hintergrund erfolgreiche „Lieder“ wie „Vadde Hadde Dudde da“, „Piep piep piep“ oder sinnfreies Geplärre grell-schwuler Superstars haben, entzieht sich selbst dem mit dem Dadaismus vertrauten Kritiker. Zumindest werden sie von extatischen Teenagern und bierbäuchigen Maurergesellen mitgegrölt und gekauft. Gleichzeitig offenbaren sie die Grenze der zum Schwachsinn schon längst übertretenen Musikkultur in der Bundesrepublik.
Ganz anders auf der anderen Seite vom Großen Teich, wo natürlich auch Lady Gaga und ähnliche ihrem Namen alle Ehre machen, aber wo es eben mit dem Country noch ein Gegengewicht gibt. Gesungen wir auch vom Wert der Arbeit, vom Stoßgebet, der Weizen möge gedeihen in jenem heißen Sommer in der Gluthitze im texanischen Nirgendwo, bevor man den Traktor ein letztes Mal wendet und heimwärts für ein oder zwei Bierchen tuckert.
Es ist der common man in seinem tapferen, oft vergeblichen Streben nach Glück, der im Mittelpunkt der Songs steht. Es ist eine archaische Figur, in der sich die arbeitende Bevölkerung ebenso wiedererkennen kann wie der Teil, den das Schicksal außer Lohn und Brot gesetzt hat.
Keine Verblödung durch Heile Welt
Während der deutsche Schlager – als Volksmusik ist die Massenproduktion aneinander gereihter Akkorde nicht zu bezeichnen – den Bundesbürger auf seinem Elfenbeinturm beläßt und ihm eine heile Welt suggeriert, spricht der Country durchaus von Einsamkeit, Betrug und Liebesleid. Er stellt damit auch die outlaws and boozers als Randfiguren der Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Texte. Charaktere, mit denen sich jeder zumindest eine kurze Zeit lang hat identifizieren können.
Das Faszinosum an diesem Genre ist der klar erkennbare lebensbejahende Bezug und der gekonnte Spagat zwischen schonungsloser Abbildung der Realität und romantisierten Sehnsüchten. Damit wird statt Suggestion eine Identifikation, ein Spiegelbild seiner selbst erschaffen, das sich darin in seinem ganzheitlichen Leben, Fühlen und Denken wieder erkennt.
Bild 1: Trace Adkins Bild 2: Alison Krauss
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