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lundi, 18 mars 2013

Notizen über ein krankes Land

Notizen über ein krankes Land

von Tobias Witt

Ex: http://www.blauenarzisse.de/

 

abgesang_cover.jpgAbgesang — Notizen über ein krankes Land“ ist eine Sammlung von Texten, in der der bekannte Science Fiction-​Autor Frank W. Haubold ein politisches Bekenntnis ablegt.

Frank W. Haubold zeichnet in dem kleinen Buch ein erschreckendes Bild Deutschlands. Immer wieder wird deutlich, dass wir uns mit großen Schritten auf eine scheinbar nicht abwendbare nationale Katastrophe zu bewegen. Haubolds angenehmer Schreibstil macht das Buch trotz seiner Themenschwere lesbar. Die Gliederung des Buches, die statt Kapiteln Tagebucheintragungen für die einzelnen Kommentare nutzt, hilft, das aufgelistete Sammelsurium politisch korrekter Absurditäten zeitlich einzuordnen.

Seite für Seite den Irrsinn entlarven

Haubold selbst schreibt im Nachwort des Buches: „Dem aufmerksamen Leser wird möglicherweise nicht entgangen sein, dass diese Sammlung kaum noch Beiträge aus dem Jahr 2012 enthält. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Dinge zum Besseren gewendet hätten, sondern das genaue Gegenteil.“

In einem Eintrag vom Dezember 2009 berichtet Haubold über den Fall einer Abiturientin, die in Dresden von einem Pakistani ermordet wird. Die deutschen Mainstreammedien verschweigen die Herkunft des Täters. Erschreckende Parallelen zum jüngst in Holland ermordeten Schiedsrichter oder dem von Türken totgeprügelten Daniel S. lassen sich nicht vermeiden. So geht es Seite für Seite quer durch den bundesrepublikanischen Irrsinn.

Das Bild, das Haubold von Deutschland zeichnet, erinnert stark an die Lebensrealität der Menschen in der DDR, wo unbequeme Fakten solange geleugnet oder überarbeitet wurden, bis sie zur aktuellen Lage passten. Der Autor legt dabei einen scharfen Ton an den Tag, der aber nie ins Überzogene abgleitet. Das Buch eignet sich auch um Freunden und Bekannten, die sich noch nicht mit einer medialen Gegenöffentlichkeit auseinandergesetzt haben, einen Einstieg zu bieten.

Und immer wieder der Waldgang

Man kann die einzelnen, zum Teil sehr subjektiven Kommentare als Denkanstoß auffassen und sich dann mit dem entsprechenden Thema weiter auseinandersetzen. Wer also einen gut zu lesenden und durch den sehr gelungenen Schreibstil auch kurzweiligen Einstieg in die konservativen Themen der letzten Jahre sucht, der wird hier fündig.

Haubold, der sonst auf einem ganz anderen Gebiet zu Hause ist, offenbart sich dem Leser nun als Waldgänger und reiht sich ein in die wachsende Schar derer, die nicht mehr mitspielen: „Das bedeutet keineswegs die Aufgabe der eigenen Positionen, sondern im Gegenteil deren Bewahrung. Der Waldgänger gibt nichts auf, er gewinnt etwas: Die Freiheit, nicht mehr dazu gehören zu müssen.“

Frank W. Haubold: Abgesang – Notizen über ein krankes Land. 138 Seiten, CreateSpace Independent Publishing Platform 2012. 6,55 Euro.

Anmerkung der Redaktion: Neben dieser Rezension hat Tobias Witt ein Interview mit Frank W. Haubold geführt.

Gespräch: Frank W. Haubold
 
von Tobias Witt

haubold6773803-M.jpgParallel zu seiner Rezension hat sich unser Autor Tobias Witt mit Frank W. Haubold über sein Buch Abgesang – Notizen über ein krankes Land unterhalten.

Blaue​Narzisse​.de: In Ihrem Blog haben Sie in einem Eintrag vom 16. Dezember 2011 bereits ein ähnlich pessimistisches Fazit beschrieben, wie am Ende Ihres Buches. Auch haben Sie in den Kommentaren dazu festgehalten, daß dies der letzte Eintrag in Ihrem Blog sein wird, was dann bis zum Erscheinen von Abgesang – Notizen über ein krankes Land auch eingehalten wurde. Was hat sie dazu bewogen, dieses Buch zu veröffentlichen?

Frank W. Haubold: Das hat in erster Linie damit zu tun, daß im Lauf der Jahre einige Texte entstanden sind, die möglicherweise auch über den Tag hinaus ihre Wirkung entfalten könnten. Im Internet sind die Lesegewohnheiten anders als bei „normaler“ Lektüre, die doch etwas mehr in die Tiefe geht. Außerdem bot die Zusammenstellung der Texte in der Reihenfolge ihres Entstehens die Möglichkeit, eine Art „Gesellschafts-​Porträt“ zu zeichnen, das ganz anders wirkt als ein einzelner Blogbeitrag.

Im Nachwort „Der Waldgang“ schreiben Sie sehr treffend, daß sich in den letzten Jahren an den von Ihnen angeprangerten Mißständen in Deutschland leider überhaupt nichts geändert hat. Wo sehen sie dennoch Chancen und Möglichkeiten für freiheitliche Positionen?

Die Chance zu positiver Veränderung besteht immer, selbst in einer Gesellschaft, die nach meinem Eindruck immer mehr totalitäre Züge annimmt. Wie in der „Endphase“ der DDR liegt es jedoch an jedem einzelnen selbst, ob er sich dem Anpassungsdruck beugt und mit den Wölfen (die doch wohl eher Schafe sind) heult oder ob er seine Selbstachtung bewahrt und opponiert. Auf das Verständnis einer Mehrheit kann er dabei nicht unbedingt hoffen, dafür funktionieren die Ausgrenzungsinstrumente der politisch-​medialen Kaste (noch) zu gut.

Es scheint, als ob Sie das Vertrauen in die deutsche Politik völlig verloren hätten. Gibt es Ihrer Meinung nach Strömungen, die vielleicht eine Chance hätten, den Mißständen entgegenzutreten?

Das hängt in erster Linie davon ab, ob es gelingt, die zahlreichen Strömungen des konservativen und freiheitlichen Lagers zusammenzuführen, die heute fast im Dutzend völlig unkoordiniert agieren und deshalb politisch bedeutungslos sind. Ansätze wie die „Wahlalternative 2013“ gibt es durchaus, aber die Hürden bis zum Entstehen einer funktionsfähigen Partei sind hoch, zumal der mediale Gegenwind erheblich ist, der vom Totschweigen bis zur persönlichen Diffamierung reicht.

In Ihrem Blog und auch im erwähnten Buch beschreiben Sie eine nicht abwendbare Katastrophe, auf die wir zusteuern. Wo sehen sie Deutschland in 10 Jahren?

Zehn Jahre sind möglicherweise ein zu enger Zeitrahmen, um grundlegende gesellschaftliche Veränderungen zu prognostizieren. Die demographische Katastrophe, die Herr Sarrazin fundiert beschrieben hat, dürfte zu diesem Zeitpunkt allerdings schon so weit fortgeschritten sein, daß die Folgen offenbar werden. SPD und „Grüne“ setzen ja bereits heute auf Mehrheiten jenseits der autochthonen Bevölkerung. Wollte man hier ernsthaft gegensteuern, müßte das heute geschehen, wofür gegenwärtig so gut wie nichts spricht. Wann es konkret zum vorprogrammierten Zusammenbruch des Sozialstaates und den damit verbundenen Verwerfungen kommt, hängt auch von den ökonomischen Rahmenbedingungen ab; das war in der „Endzeit“ der DDR nicht anders.