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vendredi, 18 septembre 2009

Gespräch mit Dr. Tomislav Sunic

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Archiv von "SYNERGIES EUROPEENNES" - 1998

Gespräch mit Dr. Tomislav Sunic

Tomislav Sunic, 1953 in Zagreb/Agram geboren, ist Autor von drei wichtigen Büchern Against Democracy and Equality. The European New Right, Dissidence and Titoism  (beide bei Peter Lang, Bern/Frankfurt a. M.) und Americka Ideologija  (= Die amerikanische Ideologie). Wegen politischer Dissidenz muß­te er 1983 in die Vereinigten Staaten emigrieren, wo er in der Ca­lifor­nia State Uni­versity von Sacramento und in der University of Ca­lifornia in Santa Barbara studierte und promo­vierte. Er hat in den VSA für verschiedenen Zeitschriften ges­chrieben und hat in der California State University in Long Beach und in den Ju­nia­ta College in Pennsylvanien doziert. Seit 1993 ist er zurück in Eu­ropa. Heute schreibt er für Chronicles of American Culture und für Eléments  (Frankreich).

 

Dr. Sunic, in welchem Familienkontext sind Sie aufgewachsen? Welche ideologische Einflüße hat ihr Vater auf Ihnen gehabt?

 

Mein Vater war Anwalt, hat politische Dissidenten verteidigt, wurde zweimal wegen politischer Nonkonformität im kommu­nistischen Jugoslawien eingesperrt. Er war antikommunistisch und stark vom kroatischen Bauernkatholizismus geprägt. Amnisty International hat ihn als Mustergefangenen adoptiert, weil er 1985 der älteste politische Gefangene im kommunisti­schen Osteuropa war. Die FAZ  und Die Welt  haben sich auch für ihn engagiert. Wir lebten in sehr bescheidene Umstände, wir hatten weder Fernsehen noch Pkw. Mein Vater war der Mei­nung, nur Bü­cher machen eine richtige Bildung. Wir wur­den ständig schika­niert und mein Vater verlor bald das Recht, seinen Beruf auszu­üben. Er war während des Krieges nicht Mitglied der Ustascha, stand eher kritisch dem kroatischen Staats­wesen von Pavelic gegenüber. Mein Vater war Domobran, d. h. in der Einwohner­wehr. Heute ist er 83 und hat 1996 seine Memoiren unter den Titel “Moji "inkriminari” zapisi” (= Meine “inkrimi­nier­ten” Pa­piere) publiziert, wobei er im neuen kroati­schen Staat viel Aufmerksamkeit geregt hat.

 

Aber wie würden Sie ihre eigenen philosophisch-ideologischen Weg beschreiben?

 

Um es kurz zu fassen, bin ich ein “reaktionärer Linke” oder ein “konservativer Sozialist”. Ich gehöre keiner Sekte oder keiner theologish-ideologischer Partei. Ich war antikommunistisch wie mein Vater, aber, als ich jung war, nahm meine persön­liche Revolte den Gewand des Hippismus. Ich pilgerte nach Amster­dam, danach nach Indien im kaschmirischen Srinagar und in der Stadt Goa. Der Ersatz zum Kommunismus war für mich die hippy Gemeinschaft. Ich war gegen alle Formen von Establish­ment, egal welche ideologische Gestalt es hat. Aber ich verstand sehr bald, daß der Hippismus auch eine traurige Farce war. Um es salopp auszudrucken: “Eben beim Joints-Rauchen, haben die Hippies eine Art Hierarchie mit aller möglichen Heu­chelei re­produziert”. Das gilt auch selbstverständlich für den Fe­minis­mus und den Schwulenbewegungen. Mein einziger Trost war das Lesen der großen Klassiker der Weltliteratur. Die sind die richtigen Antidoten zum Konformismus. Als Kind las ich Tintin (dt. “Tim”) auf französisch, Karl May auf deutsch sowie den Dichter Nikolas Lenau. Als Jugendlicher las ich weiter deutsche, französische und englische Bü­cher. Mit dieser klassi­schen Bildung und meiner Hippy-Erfahrung, habe ich dann die Rock-Musik entdeckt, u. a. “Kraft­werk” und Frank Zappa, der zur gleichen Zeit Anarchist, Porno­graph und Nonkonformer war. Zappa war für mich sehr wich­tig, da er mich die Realsprache gegen alle Heucheleien der eta­blier­ten Gesellschaft gelernt hat. Mit ihm habe ich das ame­rikanische Slang bemeis­tern können, die ich oft benutzt in meinem Schreiben, um das links-liberale Establishment diesmal konser­vativ aber im­mer ironisch und höhnisch zu bes­potten.

 

Können Sie uns ein Paar Worte über ihre Studien sagen?

 

In Kroatien zur Zeit der kommunistischen Herrschaft habe ich Literatur, moderne Sprachen und Vergleichende Literatur stu­diert. Ich war 1977 fertig. Ästhetisch und graphisch konnte ich den Jugo-Kommunismus nicht mehr ertragen, Betonsprache und balkanische Vetternwirtschaft machten mich kotzen. 1980 nutzte ich die Gelegenheit, für ein jugoslawisches Unternehmen in Algerien als Dolmetscher zu arbeiten. 1983 emigrierte ich in den Vereinigten Staaten. Dort las ich wiedermal die nonkon­forme Li­teratur. Damals waren meine Lieblingsautoren  Ke­rouac und der Fran­zose Barbusse; weiter habe ich Sartre gele­sen, weil er nicht nur Linker sondern ein bissiger Entlarver war, oh­ne Her­mann Hesse zu vergessen, weil er mich an meine Indien-Reise erinnerte.

 

In den Vereinigten Staaten haben Sie den amerikanischen Neo­kon­servatismus entdeckt?

 

Zuerst muß ich sagen, daß der amerikanische Neokonservatis­mus nicht mit dem europäischen gleichgestellt sein kann. Links, rechts, was heißt das heute? Ich teile die Leute in Konformisten und Nonkonformisten. Der Mann, der mich in diesen Kreisen beeindruckt hat, war Thomas Molnar. Er war damals mein Mentor, weil er Un­garn und Angehöriger des ehemaligen k.u.k-Kulturraumes ist. Molnar ist ganz und klar Konservativer aber er bleibt ein Mann mit Ironie und sehr viel Humor. So trifft er immer das Wesentliche. Der Schmitt- und Hegel-Spezialist Paul Gottfried übte auch auf mich einen tiefen Einfluß. Danach habe ich Paul Fleming kennengelernt, der die Zeitschrift Chronicles of Ame­rican Culture  leitet. Ich bin Autor der Redaktion seit mehr als zehn Jahre. Aber Rebell bin ich ge­blieben, deshalb interessierte ich mich intensiv für die sogenannten europäi­schen Neue Rech­te bzw. den Neo­konservatismus Europas mit Mohler und seinem heroischen Realismus, Schrenck-Notzing und seiner Feind­schaft jeder öffentlichen Meinungsdiktatur gegenüber, Kalten­brun­ner und seiner Faszination für die Schönheit in unse­rer geistigen Trümmernwelt,  Benoist mit seine Syn­these in Von rechts ge­sehen.  Ich habe dann die Autoren gelesen, die die Neue Rechte empfahl. Mein Buch über die Neue Rechte ist eigentlich ein fol­low-up meines Eintauchens in diese Bil­dungswelt. Aber die Benennung “Neue Rechte” kann auch trügen: ich ziehe es vor, diese neue Kulturbewegung als “GRECE” zu bezeichnen, d.h. wie Benoist es sieht, als ein dynamische Forschungstelle zur Erhal­tung der Lebendigkeit unserer gesamteuropäischen Kultur. Cé­line (mit seiner groben Pariser Rotwelschsprache die alle einge­bür­gerten Gewißheiten zertrümmert), Benn und Cioran mit ihrem unnachahmbaren Stil bleiben aber die Lieblingsautoren des Rebells, der ich bin und blei­ben werde.

 

Sie sind in Kroatien und in Europa 1993 zurückgekommen. Wie haben Sie die neue Lage in Ostmitteleuropa beurteilt?

 

Das Schicksal Kroatiens ist eng mit dem Schicksal Deutschlands verbunden, egal welches politische System in Deutschland herr­scht. Sowie der schwedische Gründer der Geopolitik, Rudolf Kjellén, sagte: “man kann seine geopolitischen Bestimmung nicht entweichen”. Andererseits, hat uns Erich Voegelin gelernt, daß man politische Religionen wie Faschismus und Kommu­nis­mus wegwerfen kann, aber daß man das Schicksal seines Hei­matlandes nicht entrinnen kann. Das deutsche Schicksal, ein­gre­kreist zu sein, ist dem kroatischen Schicksal ähnlich, eben wenn Kroatien nur ein kleiner Staat Zwischeneuropas ist.  Ein gemeinsames geographisches Fakt ve­reint uns Deutsche und Kroaten: die Adria. Das Reich und die Doppelmonarchie waren stabile Staatswesen solange sie eine Öffnung zum Mittelmeer durch die Adria hatten. Die westlichen Mächte haben es immer versucht, die Mächte Mitteleuropas den Weg zur Adria zu ver­s­perren: Napoleon riegelte den Zugang Österreiches zur Adria, indem er die Küste direkt an Frankreich annektierte (die sog. “départements illyriens”), später sind die Architekte von Versail­les in dieser Politik meisterhaft  gelungen. Deutschland verlor den Zugang zum Mittelmeer und Kroatien verlor sein mittel­eu­ropäisches Hinterland sowie seine Souveränität. Das ist der Schlüssel des kroatischen Dramas im 20. Jahrhundert.

 

Wird Kroatien den Knoten durchhaken können? Seine Position zwischen Mitteleuropa und Mittelmeer optimal benutzen kön­nen?

 

Unsere Mittelschichten und unsere Intelligentsija wurden total durch die Titoistischen Repression nach 1945 liquidiert: Das ist soziobiologisch gesehen die schlimmste Katastrophe für das kroatisches Volk. Der optimale und normale Elitekreislauf ist seitdem nicht mehr möglich. Der “homo sovieticus” und der “homo balkanicus” do­minieren, zu Ungunsten des “homini mit­teleuropei”.

 

Wie sehen Sie die Beziehungen zwischen Kroatien und seinen balkanischen Nachbarn?

 

Jede aufgezwungene Heirat scheitert. Zweimal in diesem Jahrhun­dert ist die Heirat zwischen Kroatien und Jugoslawien geschei­tert. Es wäre besser, mit den Serben, Bosniaken, Albanern und Makedoniern als gute Nachbarn statt als schlechte und zän­ki­sche Eheleute zu leben. Jedes Volk in ehemaligen und in Rest­ju­goslawien sollte seinen eigenen Staat haben. Das jugosla­wische Ex­periment ist ein Schulbeispiel für das Scheitern jeder aufgez­wun­gen Multikultur.

 

Was wird nach Tudjman?

Hauptvorteil von Tudjman ist es, daß er völlig die Geschichts­schreibung des Jugokommunismus entlarvt hat. Größtenteils hat er das kroatische Volk und besonders die Jugend von der Ver­fälschung der Geschichte genesen.

Herr Dr. Sunic, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

(Robert STEUCKERS, Brüssel, den 13. Dezember 1997).

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