jeudi, 25 février 2010
Von Bio-Hackern und künstlichen Bazillen
Von Bio-Hackern und künstlichen Bazillen
Supermenschen, biologische Roboter und synthetische Lebensformen zählen nicht nur zum allseits beliebten Hollywood-Repertoire, sondern genauso auch zu den futuristischen Forschungsprojekten des Militärs. Genom-Hacker dringen zu den innersten Geheimnissen des Lebens vor, um neue Wesen ganz nach Maß zu schaffen. Ziel: unsterbliche Erfüllungsgehilfen für die verschiedensten Einsätze. Das Pentagon mischt natürlich tüchtig mit – und auch private Bio-Hacker rühren in der gefährlichen Brühe herum.
Die Pentagon-Behörde für fortschrittliche Verteidigungsforschung DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) stößt oftmals in utopisch wirkende Dimensionen vor, um zu zeigen, was prinzipiell machbar ist. Und genau damit rücken diese Utopien bereits wieder in greifbare Nähe. Die militärische Forschergilde findet zunehmend Geschmack an ganz besonderen Rezepten, wie sie derzeit in ganz besonderen »Kochkursen« ersonnen werden. Denn neue DNA-Cocktails, künstliche Ursüppchen und mehrgängige Biosynthese-Menüs erfreuen sich bei den militärischen Gen-Gourmets wachsender Beliebtheit.
Jetzt fördert die DARPA das Projekt BioDesign mit Dollar-Millionen. Nichts als vorsichtige Anfänge allerdings. Immerhin aber sollen die Forschungen zur gezielten Modifikation von Genen merklich beschleunigt werden, um künstliche Kreaturen mit den ungewöhnlichsten Eigenschaften zum Leben zu erwecken. Die DARPA-Visionäre wollen die evolutionsbedingte »Zufälligkeit« ausschalten und genetisch programmierte, synthetische Organismen erzeugen, die unbegrenzte Zeiträume leben können und all das tun, was ihre Schöpfer von ihnen erwarten. Sollte das aber einmal nicht funktionieren und in alter SF-Manier eine gefährliche Fehlfunktion auftreten, darf ein – selbst natürlich unfehlbares – genetisches Selbstzerstörungsprogramm logischerweise nicht fehlen, ein Code, der automatisch in Gang gesetzt wird und dem ganzen Spuk ein jähes Ende setzt.
Die Kombination von Leben und Technik beginnt bereits auf der mikrobiologischen Ebene. Denn bekanntlich macht Kleinvieh auch Mist, und ohne die winzigsten Organismen gäbe es uns sowieso nicht. Paradebeispiel Cyano-Bakterien als supereffektive Sauerstoffproduzenten. Was vor Milliarden Jahren auf der Erde geschah, wollen Planeteningenieure und »Terraformer« in unbestimmter Zukunft auch auf dem Mars bewerkstelligen: die Umwandlung einer kompletten Atmosphäre mit entscheidender Starthilfe von Mikroben.
Abgesehen aber von diesen eher fernen Träumen gibt es schon jetzt harte Fakten. An zahlreichen Instituten wird weltweit fieberhaft an bizarren und auch bedrohlichen Konzepten getüftelt. Mit sogar relativ einfachen Mitteln und teils auch im Rahmen studentischer Projekte soll eine sehr zielorientierte Umformung des Lebens erreicht werden. Natürlich mit ganz anderen Absichten als die Planetenumwandler, aber mit nicht weniger Ehrgeiz. Mittlerweile ist schon von einer »Revolution der synthetischen Biologie« die Rede.
Der DARPA und verschiedenen Forschungsinstituten geht es aber nicht alleine darum, möglichst naturgetreue humanoide Biosysteme zu schaffen, synthetische Wesen, die im »Idealfall« nicht mehr von Menschen zu unterscheiden wären. Vor allem nämlich eine Idee begeistert die Experimentatoren: Sie wollen nicht nur genetische Bauteile kopieren und neu zusammenstellen, sondern auch völlig neue Gene und einen neuen genetischen Code schaffen. Wieder eingepflanzt in ausgewählte Bakterien sollen die Mikroben dann als lebende Werkzeuge tätig werden und ihre genetisch neu definierten Aufgaben erfüllen, darunter die Produktion von Treibstoffen oder auch Pharmazeutika.
Das Neudesign des Gencodes muss aber laut einer Studentengruppe der Universität von New York nicht auf hochspezialisierte Labors beschränkt bleiben. Die DIYbio-Gruppe (DIYbio = Do it yourself Biology) stellt sich eine wachsende Beteiligung von Amateurbiologen vor. Und davon gibt es schon jetzt eine ganze Reihe. Freizeit-Genetiker und Bio-Hacker, die im Hobbykeller, in der Garage oder gar der heimischen Küche neues Erbgut züchten. Manche Zeitgenossen betrachten deren Passion als Legospiel auf deutlich höherer Ebene, andere sehen darin einen riskanten, weitgehend unkontrollierten und ungeschützten Umgang mit potenziell gefährlichen Viren und Mikroben. Dass dereinst auch Kinder mit Mikroben herumbasteln und dazu die geeigneten Gen-Experimentierkästen zu Weihnachten geschenkt bekommen werden, davon ist der visionäre US-Physiker Freeman Dyson bereits eine ganze Weile überzeugt. Baupläne für Viren können heute schon »ergoogelt« werden, auch die Hardware ist verfügbar.
Mittlerweile existieren auch große »Bibliotheken« mit genetischen Bauteilen, beispielsweise das Registry of Standard Biological Parts am Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit rund 5.000 »BioBricks«, also biologischen Bausteinen. Am MIT gibt es übrigens schon seit bald einem Jahrzehnt ein Preisausschreiben für die das »beste Bakterien-Neudesign«! Wer baut die tollste Bazille!
Die Gefahren solcher Technologien liegen wie bei vielen anderen Versuchsfeldern des Menschen klar auf der Hand. Eine hundertprozentige Sicherheit der Verfahren und Ergebnisse kann niemand wirklich garantieren. Schon heute lauern in den großen militärischen und geheimdienstlichen Biolabors die gefährlichsten Mikroben. Allesamt tickende Zeitbomben. Mit Gewissheit sind auch dies exakt die Stätten der skrupellosesten, der bedrohlichsten Entwicklungen auf dem Sektor. Was wird die nächste Generation der Gen-Hacker an bedrohlichen Neukreationen zu schaffen im Stande sein?
Donnerstag, 18.02.2010
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00:15 Publié dans Sciences | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : sciences, robotique, défense, prospective, robots, bacilles | | del.icio.us | | Digg | Facebook
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