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lundi, 28 avril 2014

Was will Žižek?

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Was will Žižek?

von Arnold Neumann

Ex: http://www;blauenarzisse.de

Während die Ideologen des Multikulturalismus immer neue Toleranz-​Debatten anstoßen, veröffentlicht der linke Pop-​Philosoph Slavoj Žižek ein „Plädoyer für die Intoleranz“.

Anlaß zu Slavoj Žižeks Kritik an Toleranz, Kapitalismus und Multikulti gibt die „Entpolitisierung der Ökonomie“, in der anti-​ideologischen post-​modernen Welt, deren Ideologie letztlich doch der Multikulturalismus ist.

Verwirrender Titel, harte Lektüre

Der größte Feind dieser Ideologie ist der Fundamentalismus und die Intoleranz. Im Gegensatz zu der irreführenden Betitelung des Buches, ist es vielmehr eine Schrift gegen die Zerstörung der „eigentlichen Politik“ durch die kapitalistische Egalisierung. Žižeks „Intoleranz“ besteht also nicht in der Ablehnung bestimmter Ziele der Toleranz, sondern in der Ablehnung und Kritik der derzeitigen ideologischen Lage.

Die künstlich verlängerten Sätze führen den Leser gelegentlich an seine kognitiven Grenzen, da er versucht ist, stets den Kontakt zwischen dem Gelesenen und dem Erwarteten herzustellen, was nicht immer leicht fällt, da Žižek in einem extremen Ausmaß vom Weg abzukommen pflegt. Als Linker gelingt es ihm nicht, sich von dem ständigen Herbeireden der „faschistischen“, vulgo rechten Gefahr zu lösen. Gleichzeitig besteht seine Taktik darin, den liberalistischen Spieß umzudrehen und die gesellschaftliche Waffe der Intoleranz auf diese selbst zu richten: „Grundsätzliches Ziel antidemokratischer Politik ist und war der Definition gemäß immer die Entpolitisierung, das heißt die bedingungslose Forderung, dass die ‚Lage sich wieder normalisieren soll‘ und jedes Individuum wieder seinem oder ihrem partikularen Geschäft nachgehen [kann].“

Die post-​politische Gesellschaft

In diesem Sinne sei Politik nicht der „rationale Diskurs“, wie Habermas sie definierte, sondern „ein Kampf um die eigene Stimme“. Eine Aussage, der zuzustimmen man geneigt ist. Andererseits unterläuft dem „intellektuellen Rock-​Star“ Slavoj Žižek ein Denkfehler in seiner Definition der Politik als „Verzerrung des gesellschaftlichen Antagonismus“ oder der Ungleichgewichtung der verschiedenen Gegensätze – denn er selbst fordert mehrfach einen Mittelweg zwischen gesellschaftlichem Frieden und Krieg, zwischen Ordnung und Anarchie ein. Durch diese Unvereinbarkeit des Unvereinbaren leistet er selbst der „Entpolitisierung“ Vorschub.

Zuzustimmen ist ihm in der Diagnose der „post-​politischen Gesellschaft“, die gar keinen anderen Weg als den der Gewalt zulasse und damit zum „Es-​Bösen“ werde. Ihr Merkmal ist besagte Entpolitisierung durch Entzug der Eigeninitiative und der Vermittlung des Gefühls, jeder habe seinen Platz in der Gesellschaft. Dieses Verhalten führe zu irrationalen Ausbrüchen der Gewalt (wobei nicht klar wird, auf welches gewalttätige Ereignis diese Aussage gestützt ist), da jede Form des politischen Protests auf eine einzige, rationale Forderung reduziert und jede Form des Protests damit obsolet werde.

Fetisch Nationalstaat

Eine Chance zur Änderung des Status quo sieht Žižek weder in der Fortführung der „Nicht-​Politik“, noch in den Ansätzen einer identitär-​fundamentalistischen Position. Diese sind in seinen Augen lediglich Versuche, das Objekt von konträren Positionen aus zu betrachten, ohne einen Blick für die Umgebung zu erhalten.

Die Grenzen sind also fließend, da ein Multikulturalist sich genauso für die Identität einer Minderheit begeistern kann, wie ein Fundamentalist Gefahr läuft, sich selbst als ein „Opfer“ oder eine schützenswerte Minderheit darzustellen. Auch in dieser Beobachtung kann man Žižek durchaus rechtgeben.

Beklagenswert erscheint ihm, daß „nur der rechtsgerichtete Populismus […] heute die authentische politische Leidenschaft [besitzt], den Kampf aufzunehmen“. So folgert er, der Nationalstaat sei eine „imaginierte Gemeinschaft“, deren Etablierung mit der Unterdrückung lokaler Traditionen verbunden gewesen sei.

Der Kapitalismus als entscheidender politischer Faktor

Virulent ist bei ihm ferner das Verhältnis zwischen der Post-​Moderne und Nationalstaat. Dieses ist geprägt vom Handel, da sich der traditionelle Handel von Staat zu Staat über den Imperialismus und seine Unterdrückung, hin zum heutigen Kapitalismus, der weder Staaten noch Grenzen kennt, entwickelt habe. Somit liege eine Kolonialisierung von Staaten ohne kolonisierenden Staat vor, welche den Nährboden des Multikulturalismus bilde. Dessen Forderung der kulturellen Koexistenz wiederum befördert die Egalisierung und Vernichtung aller Differenzen und ist damit treibende Kraft des Kapitalismus.

Sein eigentlicher Lösungsvorschlag besteht in der „Rückkehr zum Primat der Ökonomie“ und damit einer Re-​Ökonomisierung. Die Linke müsse sich durch die „Bereitschaft, den abstrakten, moralischen Rahmen außer Kraft zu setzen“ definieren, ergo anarchistischer werden, da die Rechte traditionell linke Gedanken äußere und damit zahlreiche post-​moderne Forderungen verhindert würden. In dieser Verwirklichung der feministischen, ökologischen aber auch „queeren“ Forderungen, die durch die Post-​Moderne entstanden, hat Slavoj Žižek sein politisches Ziel deklariert. Dazu nötig: die Überwindung der Gegenwart.

Slavoj Žižek: Ein Plädoyer für die Intoleranz. Herausgegeben von Peter Engelmann. Übersetzt von Andreas Leopold Hofbauer. 104 Seiten, Passagen Verlag 2009. 15 Euro.

00:06 Publié dans Philosophie | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : slavoj zizek, philosophie | |  del.icio.us | | Digg! Digg |  Facebook

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