Ok

En poursuivant votre navigation sur ce site, vous acceptez l'utilisation de cookies. Ces derniers assurent le bon fonctionnement de nos services. En savoir plus.

samedi, 03 septembre 2016

Großeuropa, Eurasien, Großeurasien oder…

eurasia_2_1.jpg

Großeuropa, Eurasien, Großeurasien oder…

Ausblicke auf mögliche Entwicklungsfelder

by

Ex: http://younggerman.de

Während die EU heftige Krisen durchläuft, kommen von hier und weiter aus dem Osten Stimmen auf, die eine eurasische Perspektive eröffnen wollen: ein Konstrukt, dass von Lissabon bis Vladivostok reicht. Viele Anhänger dieser Idee sitzen dabei oft einem Paradoxon auf: Während der EU unterstellt wird, die nationalen Fliehkräfte niemals einfangen zu können, wird einem Gebilde das im Durchmesser (Lissabon nach Vladivostok) ungefähr 10.000 Kilometer ((!) Lässt man eine Fahrtroute berechnen, kommt man sogar auf auf 13.626 km, bei 156 Std. Fahrtzeit, also ca. sechseinhalb Tage) beträgt, diese Eigenschaft zugesprochen.

Nein, diese räumliche  Tatsache ist es also nicht, die als Motivation für diese Annahme dient. Es geht um die geistige Distanz die hier überbrückbarer erscheint: Transatlantisches, neoliberales-unversielles Weltbürgertum steht gegen eine autoritär-marktwirtschaftliche, identitäre Idee. Es geht um Sympathien, die die einen nach Westen führt und die anderen nach Osten. Denn seien wir ehrlich: Von Lissabon bis nach San Francisco, ist die Distanz nicht kleiner.

Zukunftspläne nur aus Gegensätzen heraus zu denken macht mir nicht nur keine Freude sondern scheint auch nicht besonders weise, denn all zu leicht implodieren diese Gedankengebäude wenn der Gegensatz wegfällt oder pervertieren zu Konfliktproduzenten um ihren Rechtfertigungsgrund zu behalten. Oder um es mit Goethe zu sagen: „Beim Zerstören gelten alle falschen Argumente, beim Aufbauen keineswegs. Was nicht wahr ist, baut nicht.“ Und wenn wir uns die Geschichte der Nordhalbkugel und damit auch Eurasiens anschauen, so sehen wir, dass Ideen bzw. Wahrheiten wirkmächtig, ordnend und damit auch aufbauend sein können. Zerstört wurde bei der „Wirkung“ dieser „Wahrheiten“ viel… Aber diese Entwicklungen sind oft nur noch in Ruinenfrom zu betrachten.  Es folgen also einige Ausblicke auf mögliche „wahrhaftige“ Entwicklungsfelder rund um Eurasien:

a) Deutschland und Europa

– Deutschland und seine europäischen Nachbarn dürfen nicht zur „Bitch“ anderer Großmächte werden. Was nützt es uns, wenn wir die USA nur mit Russland austauschen und weiterhin fremdbestimmt reagieren?

– Unser europäischer Standard an Freiheitsrechten, Rechtsstaatlichkeit usw. dürfen für diese neue Entwicklung nicht geopfert werden. Dieses zeigt aktuell gerade TTIP und CETA.

b) Politische Heterogenität wird noch (!) größer!

– Der EU wird unterstellt, dass sie verschiedene politische Systeme nicht zusammenzwingen darf, in einer Eurasien-Union wäre  das Konfliktpotential noch größer: Hier hätten wir Autokratien neben Demokratien, Monarchien neben Republiken. Sehr korrupte Staaten neben weniger korrupten Staaten.

– Gleichzeitig zeigt das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (HRRDN), das selbst aus Heterogenität Großes erwachsen kann – auch wenn hier tendenziell zumindest eine nationale Unterfütterung vorhanden war. Vll. können erreichbare Institutionen Bindungskräfte entwickeln? Auch im HRRDN haben Hof- und Reichskammergericht, so wie die verschiedenen Gremien in Kombination mit den Fürstentümern, Zusammenhänge geschaffen, die z.T. bis heute nachwirken. Wichtig ist, dass die einzelnen Bürger davon profitieren können.

– Alte Vorbehalte aus den Weltkriegen und dem Imperialzeitalter müssen überwunden werden. Gerade prosperierende Ex-Kolonien werden ungern von alten Kolonialmächten Anweisungen erhalten wollen.

– Welche politischen Ziele hat die Zusammenarbeit? In unserer Welt mangelt es an Sicherheit, Ordnung und (wirtschaftlicher) Wohlfahrt. Viele Menschen kommen immer noch aus allen Teilen der Welt nach Europa, weil hier Arbeit und Perspektiven – scheinbar – vorhanden sind. In diesem eurasischen Gebilde muss also auf einen Lebensstandard hingearbeitet werden, der kaum auf ein sowjetisches „jeder ist gleich arm“ hinauslaufen kann. Hier befürchte ich harte Verteilungskämpfe.

c) Mehr Kulturen und Religionen

– Moskau als drittes Rom, das Erbe von Byzanz. Alte Mythen treiben den Prozess von Russland aus an… Das spricht die Trennung der Ost- und Westkrichen an, die bei einem solchen Prozess eine nicht unwichtige Rolle spielen könnten –  gerade wenn die neue Entwicklung traditioneller ablaufen soll. Bietet sich also eine Überwindung des Ost-West-Schismas an!? Das scheint schwierig, wenn ich das Gezerre um das Orthodoxe Konzil in den vergangenen Monaten betrachte.

– Mehr Eurasien beutet am Ende auch MEHR Islam. Dieser Punkt wird manch einem Islamfeind „im Westen“ wohl etwas irritieren. Viele Staaten in Eurasien haben islamisch geprägte Gesellschaften und Völker. Und das in den verschiedensten Formen…

– Es wird  also genau so eine interkulturelle Kompetenz erforderlich sein, wie sie von den „westlichen Weltbürgern“ gefordert wird. Das ist aber dann wohl machbarer, da es nicht atomisiert-individuell in kulturfremden Räumen sondern noch gemeinschaftlich und staatlich organisiert geschieht sowie die Traditionen des Ortes achtet.

– Als gutes Beispiel für die kulturellen Unterschiede möchte ich ein intimes Thema ansprechen: Die Toilettenkultur. Wir werden die Konfrontation von Toiletten zum Hinhocken und Hinsetzen erleben. Wir werden den Irritationen beiwohnen, wenn der eine nicht weiß ob er das benutzte Klopapier in einen Mülleimer oder in’s Klo werfen soll. Ja, auch über solche kleinen Dinge wird man sich einigen müssen.

d) Raumordnung – Dimensionen begreifen

– Die EU fassen schon nicht alle Menschen: Manche Portugiesen können sich nicht mit Polen identifizieren und umgekehrt. Wie soll das in Eurasien vorangehen? Viele Europäer träumen von den USA, mit ihrer vielseitigen Landschaft und Lebensarten. Hoffnungen, Träume und Wünschen werden bedient. Wie werden die Sehnsüchte nach Eurasien geweckt?

– Wo sind die Grenzen? Durch das europäische Erbe passen die EU-Länder und Russland gut zusammen, oder? Aber auch Kleinasien gehört zwangsläufig auch mit hinein, auch wenn es erstmal an der europäischen  Peripherie liegen. Schlichtweg weil es als geopolitisch, strategisch wichtiges Austragungsort aktueller und zukünftiger Konflikte sein kann.

– Fasst man Eurasien größer, gehört auch Indien, China und die arabische Halbinsel mit dazu. Diese Bereiche müssen mitgedacht werden, um langfristig Erfolg zu haben, gerade weil hier durch sozialen Missstand Konflikte exportiert werden können.

– Afrika und Europa sind miteinander verbunden – geschichtlich und wirtschaftlich. Dies kann für das Eurasien-Projekt genutzt werden und stellt gleichzeitig eine natürliche Grenze dar.

– Was macht man mit der Herausbildung von Hegemonialmächten? Werden die europäischen Staaten nicht von Russland erdrückt? Wird Indien oder China diese Union einfach geschehen lassen oder gar mitarbeiten? Wird es zu zerstörerischen Wettkämpfen um die Hegemonialstellung kommen, wie damals zwischen Österreich und Preußen? Oder wird die Union am Ende nur von einer Macht (aus)genutzt?

– Bleiben wir bei Eurasien hängen? Was ist mit der gesamten Nordhalbkugel? Wäre es nicht interessanter hier effizienter zusammenzuarbeiten? Gerade wenn sich die Zusammenarbeit mit der arabischen Halbinsel, China usw. als schwierig gestaltet. Die USA wird sich mit einem Machtblock in Eurasien auseinandersetzen müssen. Die Welt(ordnung) wird eine andere werden.

Abschlussfazit

Sollte das alles gelingen, hätten wir eine Situation eines „ruhenden Imperiums“ (Ich blicke auf das alte China und meine das nicht im negativen Sinne), dass durch enorme kulturelle und wirtschaftliche Lebenskraft, einen stabilisierenden und befriedenden Ausstrahlungseffekt haben könnte. Gleichzeitig, sollte es in der Peripherie oder im Inneren zu Konflikten kommen, braucht es einen machtvollen Handlungsrahmen in juristischer und exekutiver Hinsicht. Es muss als Einheit verstanden werden um ein „Jugoslawien“ zu verhindern.  Es wird der Alptraum jedes alten, isolationistischen Nationalisten oder Volksverleugners gleichzeitig aber wohl die Hoffnung für fast 2/3 der Weltbevölkerung. Viel konkreter, weil begrenzter, als die Vereinten Nationen könnte es handlungsfähiger sein. Dadurch, dass es freier als die Sowjetunion sein wird, ist es auch realistischer. Wie kann das weitere Vorgehen aussehen?

Kurzfristig: Konsolidierung Europas.

Mittelfristig: Eurasische Kooperation von Europa und Russland, erste Zusammenarbeit mit Afrika und anderen eurasischen Teilen bzw. der Perpherie.

Langfristig: Kooperation aller(!) eurasischer Gruppen. Und noch weitergedacht: Kein Weltstaat mit Weltbürgertum sondern ein mit unserem Planeten verwurzeltes Imperium.

Eine für mich wahrhaft elektrisierende Idee.

Les commentaires sont fermés.