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samedi, 27 juin 2009

Heroischer Realismus im Kerker - Nationalrevolutionäre der Weimarer Republik

Heroischer Realismus im Kerker – Nationalrevolutionäre der Weimarer Republik
Geschrieben von Daniel Bigalke - http://www.blauenarzisse.de/   
08.02.2009

Wir klagen an!Im agitatorischen Stil kommt der unter Herausgeberschaft von Hartmut Plaas’ 1928 erschienene Sammelband: „Wir klagen an! Nationalisten in den Kerkern der Bourgeoisie“ daher. Als einen der ersten Faksimiles druckte der Uwe-Berg-Verlag die Schrift in seiner Reihe „Quellentexte zur Konservativen Revolution“ unter der Kategorie „Die Nationalrevolutionäre“ ab. Was der Einband nicht verrät: der Herausgeber wurde 1944 im Zuge des Stauffenberg-Attentats hingerichtet.

„Revolutionärer Wille“: Konservatismus und Technik

Vorliegender Band thematisiert jedoch vor allem die nationalrevolutionären Bewegungen in der Weimarer Republik. Die Vertreter dieser Bewegung waren im Allgemeinen recht jung und von den Fronterlebnissen des Ersten Weltkriegs und der Niederlage von 1918 sowie den daraus entstehenden politischen und institutionellen Verwerfungen entscheidend geprägt. Der „revolutionäre Wille“ fand bei ihnen deshalb den stärksten Ausdruck. Das konservative, bewahrende Element tritt dadurch stark in den Hintergrund. Sie seien – so die Sicht des nationalistischen Kriegsromanciers Franz Schauwecker – von allen Gruppen der Konservativen Revolution am ehesten bereit gewesen, Fortschritt und Technik zur Erreichung ihrer Ziele zu akzeptieren, allerdings nicht als Ziel an sich.

„Wir klagen an!“ ist ein Standardwerk des nationalrevolutionären Denkens in der Weimarer Republik und damit ein Beitrag zur gesamten konservativ-revolutionären Bewegung. Es enthält eine interessante Aufsatzsammlung von Inhaftierten und ihren Fürsprechern: Hartmut Plaas, Ernst von Salomon, Kapitän Ehrhardt, Hans-Gerd Techow, Martin Bormann und Arnold Friese. Insbesondere tritt hier die Person Ernst von Salomons hervor. Er verbüßte eine Haft bis 1928 wegen Beteiligung an der Ermordung Walther Rathenaus und dem Mordversuch an einem Gesinnungsgenossen.

Jenseits von „Rechts“ und „Links“

Wie Ernst von Salomon bewiesen fast alle Nationalrevolutionäre eine starke Affinität zu sozialen Fragen und zum Sozialismus. Eine Aufteilung in die üblichen Schemata von „Rechts“ und „Links“ lehnten sie deshalb ab. Bestes Beispiel dafür bleibt der im sozialdemokratischen und kommunistischen Spektrum anzutreffende Ernst Niekisch. Im Gegensatz zum typischen Berufspolitiker konnte er jedoch niemals allein durch seine Parteizugehörigkeit verstanden werden. Insbesondere eine „unkapitalistische Ordnung“ wurde auch von ihm als wünschenswert angesehen – auf Basis der Nation. Damit stand er dem Konzept des Nationalbolschewismus am nächsten.

Der die Zeitschrift TAT herausgebende gleichnamige Kreis um Hans Zehrer pendelt nach Armin Mohler zwischen Nationalrevolutionären und Jungkonservativen. Vertreter dieser Gruppe sind unter anderem Ernst Jünger, Friedrich Georg Jünger, Friedrich Hielscher, Ernst von Salomon, Hartmut Plaas, Franz Schauwecker, Harro Schulze-Boysen und die Zirkel um den erst sozialdemokratischen, dann nationalsozialistischen Otto Strasser und wieder Ernst Niekisch.

Die Anklage der Nationalrevolutionäre

Es geht in der Textsammlung um die jeweils individuelle Anklage an Vertreter des bürgerlichen Deutschlands, wie bereits die Einleitung verdeutlicht: „Ihr hattet den Staat. Ihr habt ihn verkommen lassen. Ihr hattet die Macht. Ihr triebt Mißbrauch Emblem Freikorps Roßbachmit ihr! Ihr führet Krieg und heulet derweil um Frieden! Wir klagen euch an.“ Die Zeilen lesen sich oftmals als prägende Leidensgeschichten aus den Gefängnissen der Weimarer Republik. Aber auch eine gewisse Zynik spricht aus vielen Zeilen. So etwa hier bei Roderich Zoeller: „Und ich verließ nach sechsmonatigem Nachdenken hinter Gitterfenstern das Gefängnis natürlich als sittlich gebesserter Mensch.“

Alles Geschehene wird in vielen Essays als unvermeidbar hinzunehmend betrachtet – frei nach Leon Bloy: „Tout ce qui arrive est adorable!“ Zu Deutsch: „Alles was passiert, ist zu bewundern!“ Damit ist der tragische Heroismus für sie charakteristisch. Er zeigt sich in den Texten der Verurteilten als eine Tugend, die selbst durch die Aussicht auf die völlige Vernichtung und Hoffnungslosigkeit in den Gefängnissen nicht zu erschüttern ist. Die besondere Tragik der Nationalrevolutionäre beginnt aber erst 1933: spätestens seit der Ermordung Ernst Röhms verschonten sie auch die neuen Machthaber nicht. Man mag dies einer Konzeption des „permanenten Widerstands“ in nationalrevolutionären Denkzirkeln zuschulde kommen lassen, aber auch andere ideologische Hürden zur Politik der NSDAP spielen hier eine Rolle – wie zum Beispiel der rigide Antisemitismus der Partei. Neben Ernst Niekisch bleibt auch der Zeichner Paul A. Weber hier ein Beispiel für die brutale Verfolgung und Internierung von Nationalrevolutionären.

Ihre Texte aber treten kämpferisch auf, verzweifelt und doch niemals selbstverleumderisch. Zugleich unterlegen sie auch die ausgefeilte Publikations- und Rezeptionsstrategie ihrer Autoren, denn tatsächlich fand Ernst von Salomons autobiographischer Erstling, „Die Geächteten“ beim deutschen Leser Anklang. Dieser thematisiert ebenso eindrücklich wie vorliegende Schriften seine Inhaftierung während der Weimarer Republik. Nicht nur deshalb liegt hier ein interessantes Stück rechter Publizistik vor.

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