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mercredi, 25 décembre 2013

Konservatives Kroatien

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Konservatives Kroatien

von Boris Relja

Ex: http://www.blauenarzisse.de

Im Gegensatz zu Deutschland ist der Konservatismus in Kroatien äußerst vital. Jugendliche bekennen sich zu Nation und Glauben. Popgrößen feiern das Vaterland.

Als am ersten Dezember die kroatischen Wähler in einem Referendum über die verfassungsmäßige Verankerung der Definition der Ehe als Verbindung von Mann und Frau abstimmen durften, gelang dem konservativen Lager ein fulminanter Sieg. Fast 66 Prozent der Wähler stimmten für die Idee, die die Aktion „Im Namen der Familie“ vorlegen konnte. Beeindruckend ist auch, wie schnell es ihr gelang, Unterstützung zu finden, um die Volksabstimmung möglich zu machen: Innerhalb von drei Wochen wurden knapp 700.000 Unterschriften gesammelt.

Keine historischen Brüche

Die Frage, die sich einem aufdrängt, ist, warum es den Konservativen so leicht fällt, so schlagkräftig zu agieren und Kampagnen zum Erfolg zu führen. Der Blick in die Geschichte beantwortet diese Frage. Kroatien hat 1945 und ab 1968 eben keine kulturelle Zäsur erlebt wie Deutschland. Zunächst wurde das faschistische Regime der Ustascha, das rund 500.000 Menschen tötete, „künstlich“ durch Hitler und Mussolini eingesetzt. Es gab keine Wahlen, die Ustascha-​Bewegung wurde nicht vom Volk legitimiert. Das ist derart zwar auch nicht in Deutschland passiert. Schließlich wurden die Nationalsozialisten auch nicht in der letzten freien Reichstagswahl mit Mehrheit gewählt, aber doch von knapp 44% der Wählerschaft. Damit fällt eine zentrale Voraussetzung für einen Schuldkomplex in Kroatien weg.

Der Krieg brachte keine systematische Bombardierung und Zerstörung der Städte mit sich. Auch von Massenvergewaltigungen durch feindliche Soldaten blieb das kroatische Volk verschont. Die nationale und katholische Identität der Bevölkerung ist bis heute in großen Teilen ungebrochen.

Vielvölkerstaat Jugoslawien

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs war das Adrialand Teil des sozialistischen Jugoslawien unter Josip Tito. In diesem Vielvölkerstaat und Pulverfass dominierten die Serben politisch, ökonomisch und militärisch. So flossen die Gelder, die in Slowenien und Kroatien, den ökonomischen Zentren Jugoslawiens, erwirtschaftet wurden, größtenteils nach Belgrad. Die Serben hielten auch die meisten wichtigen Posten besetzt. Die Waffenarsenale befanden sich in serbischer Hand. Eine Konstellation, wie diese, war ideal, um die Bevölkerung in ihrem kulturellen und nationalen Bewusstsein aufzuladen und damit dem Konservativismus, der die kulturelle, nationale Tradition anspricht, ein Massenfundament zu verschaffen.

Damit bietet sich auch heute noch ein optimaler Nährboden für Kampagnen. Und das Referendum über die Ehe war nicht der letzte Versuch der Konservativen, um ihren politischen Anspruch durchzusetzen. Es ist bereits eine neue Unterschriftenaktion im Gange, um die Verwendung der Kyrillischen Schrift im öffentlichen Schrifttum und auf zweisprachigen Amtstafeln zu verbieten und damit die serbische Minderheit einzuschränken. Hintergrund ist, dass in letzter Zeit in verschiedenen Zusammenhängen der Name der Stadt Vukovar von Serben auf Kyrillisch propagiert wurde, was in Kroatien als ungeheure Provokation verstanden wird.

Ortsnamenstreit

Vukovar ist eine alte, barocke Stadt im Osten der Region Slawonien, an der Donau, der gemeinsamen Grenze mit Serbien. Sie wurde von serbischen Militärs im Unabhängkeitskrieg schwer zerstört und war einer der Hauptschauplätze von Kriegsverbrechen an der kroatischen Bevölkerung. So zeugt der zerstörte Wasserturm heute von Krieg und Leid. Er ist für die kroatische Bevölkerung ein Sinnbild, für die Opfer die sie bringen musste, um ihre nationale Unabhängigkeit zu erringen. Wenn also Angehörige der serbischen Minderheit Vukovar für sich beanspruchen, dann wird das als eine Verkehrung der Geschichte wahrgenommen und löst wütende Reaktionen aus. Diese Reaktionen bündeln sich in der Organisation nationaler Gruppen, die zu weiten Teilen aus Veteranen bestehen und die sich vorgenommen haben, einem Geschichtsrevisionismus aggressiv entgegenzutreten. Die Chancen für einen Erfolg stehen gut.

Es gibt aber auch Schattenseiten. So wurden in jüngster Zeit zweisprachige Amtstafeln gewaltsam zerstört. Ein Polizist prügelte einen Veteranen, den er bei einer solchen Aktion auf frischer Tat ertappt hatte krankenhausreif. Solche Vorfälle heizen die Stimmung auf und geben den Anti-​Kyrillisch-​Aktivisten zusätzlichen Sprengstoff. Die Mobilisierung findet über Facebook statt und erreicht damit ein weites Publikum, besonders unter der jüngeren Bevölkerung.

Die Heimat ist Pop

Jugendliche und relativ junge Erwachsene vertreten im Vergleich zu Deutschland sehr häufig nationale Standpunkte. Sie sind unbefangen. Sie kennen kein Büßergewand. Ihnen verleihen populäre Musiker wie Miroslav Škoro und Marko Perkovic „Thompson“ eine feurige, künstlerische Stimme. Thompson, der sich nach seinem im Krieg benutzten Gewehr benannt hat, macht Pop-​Rock-​Musik mit folkloristischen Elementen. Er gilt als gefragtester politischer Künstler. Zu jedem neuen Album findet eine groß angelegte Tournee in allen Landesteilen statt. Er tritt aber auch in Frankfurt, München und Stuttgart auf.

In seinen Liedtexten greift er die Themen Freiheit, Glauben und Patriotismus auf und kleidet sie in musikalische Ästhetik. Auf diese Weise gelingt es dem National-​Konservativismus besonders effektiv seine Inhalte zu transportieren. Er hat aber auch mit teils heftiger Gegenpropaganda zu kämpfen. So wird er gelegentlich als Faschist bezeichnet. Auf einem Konzert vor mehreren Jahren sang er ein Kriegslied aus der Ustascha-​Zeit, in dem die führenden Funktionäre und der Völkermord an den Serben verherrlicht werden. Das war äußerst dummer Ausrutscher, von dem er sich allerdings auch distanziert und dafür entschuldigt hat. Derartige Auswüchse sind unter den nationalen Aktivisten oft keine Überzeugung, sondern emotionale Überreaktionen.

Nicht nur politische Strömung, sondern breit akzeptierte Lebenseinstellung

Ein gefundenes Fressen war der Auftritt für seine Gegner auf der Seite der Serben und kroatischer Postkommunisten dennoch. Sie nehmen ihn bis heute zum Anlass, sämtliche Patriotismus als Faschismus zu stigmatisieren. Auch darauf reagiert der Künstler: „Heimatliebe nennen sie Faschismus /​so wie sie ihren Kommunismus schützen /​durschaubare Demagogie“ heißt es in einem Lied. Das erinnert an die große Nazi-​Keule, wie sie in Deutschland gerne geschwungen wird. Doch in Kroatien wirkt sie nicht und sie wird von den meisten Journalisten auch nicht benutzt. Vielmehr bietet man ihm Auftritte in Talks-​Shows und überträgt auch seine Konzerte im Fernsehen. Man hat keine Angst vor sozialer Ausgrenzung, weil klar ist, dass die Gesellschaft klar national positioniert ist. Sieht man also die gesellschaftliche Gesamtheit, bleibt Thompsons Beliebtheit und die des positiven nationalen Selbstbildes mit seiner starken katholischen Komponente ungebrochen.

Der große Vorteil des Konservativismus in Kroatien ist, dass er eben nicht einfach eine eigene politische Strömung, sondern in Fragen der Gesellschafts– und Geschichtspolitik breit akzeptiert ist. Diesen Zusammenhalt schaffen die historischen Sphären, die das ganze Volk betreffen. Von Jugoslawien, über den gemeinsamen „vaterländischen Krieg“ bis zur katholischen Tradition.

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