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vendredi, 16 octobre 2015

Billige Arbeitskräfte und viel Konsum

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Billige Arbeitskräfte und viel Konsum

Dax-Konzerne hoffen, von der Masseneinwanderung zu profitieren – Die Kosten sollen andere tragen

Sverre Gutschmidt
Ex: http://www.preussische-allgemeine.de

Dax-Konzerne verkünden ein neues Wirtschaftswunder durch Zuwanderer. Die Bundespolitik verschiebt Renten und Steuern, um das Wunder zu erzwingen.


Parteipolitik, Wirtschaft und Wissenschaft scheinen dieser Tage einig wie selten: Die Zuwanderung nach Deutschland biete wirtschaftliche Chancen. Handwerkskammern hoffen auf nicht akademisierten Nachwuchs, Großkonzerne bekunden, genau die Menschen, die jetzt kommen, zu suchen. Der Bausektor darf mit einem Aufschwung rechnen: Zuwanderung erfordere völlig neues Denken am Wohnungsmarkt, sagen die Systemforscher des Pestel-Instituts. Jährlich würden dank Zuwanderung 400000 zusätzliche Wohnungen in Deutschland gebraucht. Die Forscher, die sonst Kommunen und Firmen beraten, sagen immerhin, woher der Aufschwung kommen soll: Der Staat, also der Steuerzahler, solle jährlich 6,4 Milliarden Euro zum Bau entsprechender Wohnungen bereithalten, empfiehlt ein aktuelles Papier des Instituts.


An der Frage, ob Zuwanderung den Deutschen einen selbst tragenden volkswirtschaftlichen Aufschwung oder ein politisches Konjunkturprogramm der besonderen Art beschert, haben Politik wie Wirtschaft erkennbar kein Interesse. Daimler-Chef Dieter Zetsche verglich auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) die Aufnahme von 800000 Menschen mit dem Aufschwung der Nachkriegsjahre: „Aber im besten Fall kann es auch eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden – so wie die Millionen von Gastarbeitern in den 50er und 60er Jahren ganz wesentlich zum Aufschwung der Bundesrepublik beigetragen haben.“ Wer alles zurückgelassen habe, sei hoch motiviert: „Genau solche Menschen suchen wir bei Mercedes und überall in unserem Land.“


Das sind zu erwartende Profite, die auf dem Ausmaß der Verzweiflung anderer beruhen und der wahren Größenordnung der Veränderung doch stets hinterherhinken. Vizekanzler Sigmar Gabriel rechnet bereits mit einer Million Menschen, die dieses Jahr ankommen. Dass die Kriegsflüchtlinge unter den „Neuan­kömm­lingen“ not­gedrungen kom­men und schwer mit Gastarbeitern vergleichbar sind, blenden die Wortführer des neuen Wunders aus. Der Post-Vorstandsvorsitz Frank Appel spricht sich ebenfalls für mehr Hilfen für Zuwanderer aus. Auf dem Hintergrund jüngster Streiks in seinem Konzern, bei denen es um angemessene Bezahlung ging, bekommt solche Fürsprache einen fahlen Beigeschmack. Mehr Hilfe fordern auch Porsche-Chef Matthias Müller und Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender des Chemiekonzerns Evonik.


Jedes denkbare Argument kommt gerade recht: Das allherbstlich ritualhaft diskutierte Thema Lehrstellen macht Zetsche zum Zeugen seines Wirtschaftswunders: 40000 Lehrstellen drohten dieses Jahr unbesetzt zu bleiben. Daher gelte für „Flüchtlinge“: „Wer an die Zukunft denkt, wird sie nicht abweisen.“ Deutsche Wirtschaftslenker und Politiker sprechen kaum mehr vom Ende des Krieges in Syrien, auch nicht von der Zukunft jenes Landes und seiner jungen Generation. Der bei den freidemokratischen Forderungen nach Steuererleichterungen unnachgiebige Finanzminister Wolfgang Schäuble stellt für 2016 sechs Milliarden Euro diskussionslos für Zuwanderung bereit. Sparen will er bei anderen Ressorts. Politik und Wirtschaft handeln dabei als Bündnis. Große, weltweit auftretende Konzerne haben sich einen ethischen Handlungsrahmen zugelegt, den sie in ihre Strategie einbauen. Diese Unternehmerverantwortung (Corporate Social Responsibility) macht sich auf dem Hintergrund der aktuell diskutierten Summen wie ein Feigenblatt aus. 2013 gab Daimler 60 Millionen Euro für nicht profitorientierte Organisationen, Sponsoring und Sozialprojekte zusammen aus. Diese Verantwortung drängt aber Konzerne weiter in die Moralfalle.


Zahlen soll der Bürger. So sieht es das renommierte arbeitgebernahe Münchner Ifo-Institut. Es regt auf dem Hintergrund der Zuwanderung an, die Deutschen sollten die Rente mit 63 aufgeben, was zusätzliche Milliardenbeträge freisetze, um den Zustrom zu finanzieren. Eine Neuverschuldung oder Steuererhöhungen lehnt das Institut wegen schädlicher Folgen für die Wirtschaft ab. Die Deutschen sollen lieber länger in die Sozialkassen einzahlen. Der Ifo-Finanzwissenschaftler Niklas Potrafke sagte, aufgrund des demografischen Wandels müssten „alle ein bisschen länger arbeiten“. Durch einen späteren Rentenbeginn ließe sich viel Geld in kurzer Zeit sparen.


Die Politik arbeitet daran, das neue Wirtschaftswunder durch massive vorherige Investitionen zu erzwingen. Arbeitsministerin Andrea Nahles will Flüchtlinge mit dem Einsatz von 600 Millionen bis 1,1 Milliarden Euro in den Arbeitsmarkt integrieren. Nahles gab auch bekannt, dass nicht einmal jeder Zehnte die Voraussetzungen erfülle, direkt in Arbeit und Ausbildung zu starten. Hohe Investitionen in (Vor-)Bildung und Integration sind also unumgänglich. Sie stehen im Widerspruch zu Erwartungen eines Wirtschaftswunders durch „Neuankömmlinge“. Die Bundespolitik schiebt Zweifel beiseite. Schon ventilieren Arbeitgeber die Auflösung des Mindestlohns – nur für Zuwanderer.    

Sverre Gutschmidt

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