dimanche, 02 septembre 2018
Martin Heidegger und die Lügenpresse
Volk und Bewegung ( Ausgabe 3/4 - 2018)
Martin Heidegger und die Lügenpresse
Dr. Tomislav Sunic
Die Ausdrücke „Fake news“ und Lügenpresse werden heute oft im öffentlichen Leben gebraucht, besonders in rechtsnationalen Kreisen, die dem liberalen System kritisch gegenüber stehen. Das deutsche Wort Lügenpresse ist jedoch kein Synonym für das neue amerikanische Modewort Fake news, obgleich beide gleicher begrifflicher Familie entstammen und beide auf falsche oder lügenhafte politische Auslegungen verweisen.
Ich muss zuerst zwei Punkte unterstreichen. Im heutigen System in Europa und Amerika sind es die Maßmedien, die das Verhalten der Politiker beeinflussen. Vor dem Fall der Mauer in Berlin 1989, und noch vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, als Heidegger tätig war, war es umgekehrt: es waren die Politiker bzw. die Regierungen, die immer das letzte Wort in der Medien-Berichterstattung hatten.
Das deutsche Wort „Gerede“, welches von Martin Heidegger in seinem Hauptwerk Sein und Zeit gebraucht wird, hat keine abschätzige Bedeutung wie das Wort Fake news oder das deutsche Wort Lügenpresse, obgleich auch das Wort „Gerede“ den beiden Worten zugeordnet sein kann, insbesondere wenn man den leeren Worten heutiger Politiker oder Medien zuhören muss. Man kann auch, statt des Wortes „Fake news“ oder „Lügenpresse“ das einfache Wort „Propaganda“ benutzen.
Das Wort Propaganda gehört auch derselben Begriffsfamilie an wie die Worte Gerede, Lügenpresse oder Fake news. Heideggers Wort „Gerede“ wurde in englischer Sprache mit dem Ausdruck „idle talk“ übersetzt und in französischer Sprache mit dem Worte „bavardage“. Wenn diese übersetzten Worte wiedermal ins Deutsche übersetzt werden, dann entsprechen sie den deutschen Wörtern „Geschwätz“, „Gerüchte“ oder „Tratsch und Klatsch“. Um den vollen Sinn von Heideggers Darstellung des Begriffs vom Gerede zu bekommen, wäre es am besten, das Wort Gerede mit dem amerikanischen Umgangssprachewort „bullshitting“ zu ersetzen oder das deutsche Wort „spinnen“ oder „jemanden verarschen“ zu benutzen. Allerdings benutzt Heidegger nie die Umgangssprache in seiner sehr schwierigen Prosa. Mit dem Wort Gerede beschreibt Heidegger allerdings die Ziellosigkeit und die Nichtigkeit der öffentlichen Kommunikation in der Weimarer Republik, wo er auch im Jahre 1926 sein Hauptwerk schrieb.
Ehe wir vorangehen sollten wir ein paar Worte über Martin Heidegger verlieren. Abschließend gebe ich euch ein paar Beispiele aus der Tagespolitik und aus heutigen Medien in Amerika und Europa, die den Begriff des Geredes, der Fake news oder der Lügenpresse teilweise veranschaulichen.
Es gibt ein zweifaches Problem mit Heidegger. Das erste Problem, wie schon vorher erwähnt, liegt in seiner schwierigen Sprache, die auch für viele deutsche Leser rätselhaft klingt und demzufolge oft an verschiedenen und falschen Auslegungen seiner Werke schuld gewesen ist. Außerdem gibt es viele nicht-deutsche Experten und Heideggerianer, die Heidegger kritisch bewerten. Sie tun dies aufgrund seiner übersetzten Werke ohne Kenntnis der deutschen Sprache. Das geht einfach nicht im Falle Heideggers. Heideggers Sprache, so wie seine Botschaft kann man nicht verstehen, ohne gute Kenntnis der deutschen Sprache. Meine Empfehlung ist die folgende: Man muss gleichzeitig Heidegger in deutscher und in andern Fremdsprachen lesen, um eventuell etwas von ihm zu lernen.
Das zweite große Problem ist noch schwieriger und es betrifft Heideggers politische Beziehungen. Heidegger war von 1933 bis 1945 Mitglied der NS Partei. Er war nie politisch aktiv. Seine Werke sind auch keine politischen Traktate gegen den Liberalismus, Bolschewismus oder Parlamentarismus. Sein Hauptanliegen ist die Spekulation über das Wesen des Seins und des menschlichen Daseins und keineswegs die Beschreibung der politischen und geistigen Lage Europas in der Vorkriegszeit und nachher. Da er jedoch Mitglied der NS-Partei war, wird er heute oft von linken Kritikern als Vordenker des NS etikettiert. Wir sollten auch hier unterstreichen, wie die Wörter „Nationalsozialismus“ und „Faschismus“ ihre einstige Bedeutung heute verloren haben und als Sinnbild für das absolute Böse gelten. Demzufolge sei Heidegger auch ein absolutes Monster.
Manche von Heideggers Kritikern erblicken in jedem Satz von ihm den Wegweiser zu Ausschwitz. Trotz alledem ist heute Heidegger der meistzitierte Philosoph und seine Auslegungen über menschliche Entfremdung in der modernen Gesellschaft werden von zahlreichen Linksintellektuellen zitiert. Daraus kann man schließen, dass viele seiner linken Kritiker, die ihn kritisch als Nazi-Philosophen bewerten von dem NS-Gedankengut unbewusst fasziniert sind, ohne es in der Öffentlichkeit zugeben zu wollen.
Die gelegentliche kriminalisierende und kritische Auslegung von Heideggers Werken aufgrund seiner frühen Zugehörigkeit zur NS-Partei kann man auch umkehren. Wenn ein Philosoph solchen Kalibers wie Heidegger der Fürsprecher des Reiches des absoluten Bösen gewesen wäre, dann sollte man sich auch fragen, ob dieses Reich des absoluten Bösen, wo Heidegger tätig war, tatsächlich so böse war wie es heute in offizieller Geschichteschreibung dargestellt wird.
Gehen wir jetzt zurück zu Heideggers Beschreibung des Begriffes Gerede und versuchen wir eine Parallele zur heutigen Fake news und Lügenpresse zu ziehen. Hier sind ein paar kurze Zitate aus Heideggers Buch, aus seinem Paragraph über das Gerede. Dieser Paragraph trifft auch gut auf die heutigen allwissenden Meinungsmacher zu. Zitat:
Das Gerede ist die Möglichkeit, alles zu verstehen ohne vorgängige Zueignung der Sache. Das Gerede behütet schon vor der Gefahr, bei einer solchen Zueignung zu scheitern. Das Gerede, das jeder aufraffen kann, entbindet nicht nur von der Aufgabe echten Verstehens, sondern bildet eine indifferente Verständlichkeit“ ( Sein und Zeit 1927, § 35. Das Gerede).
Lassen Sie uns auch erklären, worauf Heidegger mit seinem Begriff vom Gerede zielt und wie dieser Begriff zur heutigen Lügenpresse oder zu Fake news passt, oder einfach gesagt, zu moderner Systempropaganda und ihren Schreiberlingen.
Laut Heidegger sind wir in die Welt hineingeworfen, ohne dass uns irgendjemand vordererst gefragt hätte, ob wir in dieser Welt leben wollen oder nicht. Unser Dasein in der heutigen Welt ist ständig den verschiedenen Herausforderungen ausgesetzt, die uns das heutige System als Freiheit verkaufen will, wenn auch diese Freiheit in Wirklichkeit eine neue geistige Versklavung bedeutet. Damit verliert unser Dasein heute seine Authentizität, oder heideggerianisch gesagt, seine Eigentlichkeit. Das System, in dem wir heute leben, betrügt unter dem Mantel der Demokratie und der Menschenrechte ihre Bürger. Es ist eine Scheinwelt! Heidegger schreibt weiter: Zitat: „So kommt die Sprache unter die Diktatur der Öffentlichkeit. Diese entscheidet im Voraus, was verständlich ist und was als unverständlich verworfen werden muß.“ (§ 27. Das alltägliche Selbstsein und das Man in SuZ). Mit anderen Worten gesagt, ich darf nicht entscheiden, was Wahrheit und was Lüge ist, sondern muss diese Entscheidung dem System und seinen Medien überlassen.
Im folgenden Paragraphen (§ 37, SuZ, Die Zweideutigkeit) schreibt Heidegger weiter:
„Zwischen das ursprüngliche Miteinandersein schiebt sich zunächst das Gerede. Jeder paßt zuerst und zunächst auf den Andern auf, wie er sich verhalten, was er dazu sagen wird. Das Miteinandersein im Man ist ganz und gar nicht ein abgeschlossenes, gleichgültiges Nebeneinander, sondern ein gespanntes, zweideutiges Aufeinanderaufpassen, ein heimliches sich-gegenseitig-Abhören. Unter der Maske des Füreinander spielt ein Gegeneinander“.
Was kann man heute aus diesem Paragraphen lernen? Wie können wir diese Sätze von Heidegger weiter erläutern? Auf gut Deutsch: in dieser angeblich freien Gesellschaft, in der wir heute leben, bespitzelt laut Heidegger jeder jeden und bewacht die gute Aufrechterhaltung der Political Correctness seiner Mitbürger. Wir können daraus schließen, dass das moderne System nicht mehr die Polizei mit Gummiknüppeln oder Maschinegewehren benötigt; das System verwendet den Gesinnungsterror durch die Bildung der öffentlichen Meinung und seiner Lügenpresse, wobei sich jeder verpflichtet fühlt, den Anderen zu kontrollieren und sich selbst zu zensurieren.
Die politischen Auswirkungen des Geredes und das damit verbundene Wort Fake News wurden treffend vom englischen Schriftsteller George Orwell illustriert. Um die Bedeutung der liberalen Fake news, bzw. der Systempropaganda besser zu begreifen, ist die Lektüre von Orwell unerlässlich. Orwell benutzt das Wort „newspeak“, welches ins Deutsche mit dem richtigen Worte „Neusprech“ übersetzt wurde. Orwell hatte eine revolutionäre Arbeit geleistet indem er das Gerede, falsche Nachrichten, oder kurz gesagt Lügenpresse, in einer zugänglicher Sprache gut lesbar gemacht hatte.
Fake news in heutiger politischer Kommunikation sind gar nichts Neues. Jene von uns, die lange Zeit im Kommunismus gelebt haben kennen die zersetzende Trageweite der Fake news oder Lügenpresse sehr gut. Die offizielle Sprache und das tägliche Gerede in den ehemaligen kommunistischen Ländern Osteuropas bestand aus bedrohlichen, aber auch aus himmlischen Redewendungen, die mit fremden Worten geschmückt waren, um ihren kommunistischen Autoren den Duft intellektueller Unfehlbarkeit zu verleihen. Die kommunistischen Sprüche erinnern an die Sprache der ehemaligen kommunistischen Zeitungen „Neues Deutschland“ in der DDR, oder „Rude Pravo“ in der Tschechoslowakei oder „Pravda“ in der Sowjetunion.
Jeder Satz in diesen Zeitungen hatte die Größe eines ganzen Absatzes und belegte fast ein Viertel der Zeitungsseite. Für solche kommunistische sprachliche Folter erfanden die französischen antikommunistischen Intellektuellen vor etwa fünfzig Jahren, den Ausdruck "Holzsprache" (langue de bois). Der Ausdruck "Holzsprache" ist in Frankreich mittlerweile ein beliebtes und sarkastisches Schlagwort für unverständliche Sprache der politischen Eliten geworden. Ebenso benutzten antikommunistische Dissidenten in der ehemaligen DDR das ähnliche Wort "Betonsprache" zur Bezeichnung der staatlich geförderten Fake News oder Lügenpresse Eine ähnliche, jedoch elegantere Methode politischer Propaganda, bzw. die Förderung der Lügenpresse, sieht man heute in den sogenannten freien Medien in der EU und den USA.
Geben wir jetzt einen schnellen Überblick über manche Wörter und Ausdrücke, denen wir täglich in der öffentlichen Rede sowie in unserer Gesetzgebung in unserem System begegnen. Das erste Anzeichen aller tyrannischen Regierungen, einschließlich des modernen liberalen Systems ist der Überschuss an abstrakten paradiesischen Wörtern wie „Demokratie“, „Menschrechte“, „Humanität“, „Vielfalt“, „Toleranz“, usw.
Wenn wir kritisch darauf eingehen wollen, bemerken wir sofort, dass diese Wörter unterschiedliche Bedeutungen in unterschiedlichen historischen Epochen hatten. Diese Wörter haben oft gegensätzliche Auslegungen je nach der Gesinnung ihrer Ausleger. Zum Bespiel bedeuten Menschrechte für einen Albaner etwas anderes als für einen Serben; für einen Palästinenser haben Menschenrechte eine andere Bedeutung als für einen Juden in Israel oder in New York. Besonders in Amerika begegnet man häufig solchen sentimentalen Weltverbesserungssprüchen, die schon längst ihren Platz in der Gesetzgebung gefunden haben. Hier sind manche: Diversity oder „Vielfalt“ auf Deutsch, ethnic sensitivity training, auf Deutsch „ethnisches Bewusstseinstraining“, oder affirmative action das ins Deutsche mit dem Ausdruck „positive Diskriminierung“ übersetzt wurde.
Anderseits benutzt das System auch seine Höllensprache, mit dem Ziel en Regimekritiker, wie im Kommunismus, zu dämonisieren. Sollte ein Regimekritiker als Dämon bezeichnet werden, gelten fortan keine Menschenrechte mehr für ihn. Er ist kein Mensch mehr. Er sei Dämon und demzufolge muss jeder Dämon abgeschlachtet werden oder in spezielle Anstalten eingekerkert werden.
Sehr viel von diesem Neuwort—Gerede, welches meistens aus Amerika stammt, taucht mehr und mehr in der europäischen Gesetzgebung auf – und besonders in den Systemmedien wie in der FAZ oder Frankfurter Rundschau, usw. Allmählich gewöhnen sich die Bürger an solche Sprüche und Schlagworte und nehmen sie als etwas ganz Normales hin. So ist beispielsweise der Ausdruck hate speech oder „Hassrede“ ein amerikanischer sehr abstrakter und undefinierbarer Ausdruck, der heute auch viel in Europa verwendet wird. Weiter haben wir die Ausdrücke, die auch schwer ins Deutsche übersetzt werden können und deren Ziel es ist, den politischen Gegner zu kriminalisieren und zu dämonisieren. Was heißt „Hassrede“ eigentlich? Jemandes freie Rede ist immer die Hassrede von jemand anderem.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Sprachen ist die deutsche Sprache die reichste Sprache, die besonders geeignet ist zum Philosophieren und tiefsinnigen Nachdenken. In der deutschen Sprache kann man immer neue zusammengesetzte Wörter erschaffen, was uns Heideggers selbst in seinen Texten stets vormacht. Trotzdem erlaubt die deutsche Sprache auch die Zusammenstellung grotesker, zweideutiger Wörter, die wenig Sinn ergeben und die, wenn in andere Sprachen übersetzt, völlig andere Bedeutung tragen und damit oft gefährliche geistespolitische Missverständnisse hervorrufen. Das ist der Fall mit dem Titel des Paragraphen 130 aus dem deutschen Strafgesetzbuch. Das Wort "Volksverhetzung" ist ein Gerede-Konstrukt, dessen Sinn sehr dehnbar ist und sich gut zu verschiedenen Auslegungen eignet. Auf den ersten Blick ist es verboten, laut dem Wort Volksverhetzung, gegen das deutsche Volk zu hetzen; tatsächlich aber ist die reale oder angebliche Hetze gegen nicht-deutsche Bevölkerungsteile, die in der BRD leben, mit dem Wort gemeint.
Wir sollen auch versuchen, uns in die Perspektive eines amerikanischen oder französischen Juristen oder Sprachwissenschaftlers einzufühlen. Wie begreift er das deutsche Wort „Volksverhetzung“? Dieses Wort wird in englischer Sprache mit „ incitement to hatred" oder "incitement of popular hatred" übersetzt, was im Englischen eine völlig andere Bedeutung hat. In der französischen Sprache wird das Wort „Volksverhetzung“ mit dem Ausdruck „l'incitation à la haine“ übersetz, was auf Deutsch rückübersetzt „Aufstachelung zum Hass“ bedeutet. Hetze ist jedoch kein Hass! „Popular incitement“, wie es in der amerikanischen Übersetzung heißt, kann auf Deutsch auch „beliebte oder populäre Aufstachelung oder Anstiftung“ bedeuten! Wir sollten immer beachten, dass das deutsche Wort Volk kein begriffliches Äquivalent in andern europäischen Sprachen besitzt.
Dieses deutsche Neuwort „Volksverhetzung“ ist jedoch von den Behörden als Code für die sogenannten deutschen Rassisten oder Holocaustleugner konzipiert worden. Mit diesem schwerfälligen zusammengesetzten Substantiv sind in den letzten Jahrzehnten dennoch Hunderte von Deutschen im Gefängnis gelandet.
Falsche Nachrichten oder Fake news sind nicht nur das Kennzeichen der Mainstream-Medien und Politiker, sondern verbreiten sich auch in anderen Bereichen des geschriebenen Wortes, besonders in der modernen Geschichtsschreibung und im Hochschulwesen. Wenn die meisten Medien lügen, dann müssen wir zum Schluss kommen, dass die meisten Medienexperten, die meisten Universitätsprofessoren, und die meisten Befürworter des Liberalismus auch zu Lügen bereit sind. Unsere Pflicht ist es, uns gegen die Fake News, Lügenpresse, das Gerede und die Gesinnungspolizei zu wehren.
10:56 Publié dans Actualité, Affaires européennes, Manipulations médiatiques | Lien permanent | Commentaires (3) | Tags : presse, presse mensongère, allemagne, europe, affaires européennes, fake news, martin heidegger, philosophie, tomislav sunic, tom sunic | | del.icio.us | | Digg | Facebook