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lundi, 11 mai 2009

Karl Kraus

Ellen KOSITZA - http://www.sezession.de

Karl Kraus

Karl Kraus

Eins meiner Steckenpferde, die Physiognomik, wird heute gemeinhin zu den „Pseudowissenschaften“ gezählt. Das kann ruhig stimmen, auch wenn die Liste von Vertretern des phsysiognomischen Zugriffs lang und prominent ist – von der Antike ganz abgesehen, bedienten sich später Albertus Magnus, Dürer, Galen und ungezählte andere solcher Herangehensweise an den Menschen.

 Man mag sie als obskure Geheimwissenschaft apostrophieren oder als „Schädelkunde“ diskreditieren – ich nenne sie die Lehre vom Antlitz.

Wer sich der Physiognomik in abwertender Absicht bedient, der mag sich in halb-rassistische Gefilde begeben – anders, wenn man sie als Menschenkenntnis und erweiterte Seh-Schule begreift. Wer mir eine Bilder-Liste von, sagen wir, Mitgliedern des deutschen Bundestags vorlegt, dem sag ich, wer Sozialdemokrat, wer liberal und wer grün ist: Die Trefferquote dürfte bei 90% liegen.

 Wenn ich den Prototyp jener Klientel zeichnen (kann ich nicht: also als Phantombild am Polizeirechner basteln) müßte, die auf unserem Rittergut den Veranstaltungen des Instituts für Staatspolitik beiwohnt, käme ungefähr die Erscheinung heraus, die hier links oben Karl Kraus zeigt.

 Ob Karl Kraus dabei gewesen wäre? Eine Anmaßung, logisch. Heute dürfen wir den 135. Geburtstag feiern – der 110. Geburtstag seines publizistischen Kindes, „Die Fackel“ liegt übrigens nur ein paar Tage zurück. Wikipedia schreibt:

Unter dem Motto Was wir umbringen, das er dem reißerischen Motto Was wir bringen der Zeitungen entgegenhielt, sagte er der Welt, vor allem der der Schriftsteller und Journalisten, den Kampf gegen die Phrase an und entwickelte sich zum wohl bedeutendsten Vorkämpfer gegen die Verwahrlosung der deutschen Sprache.

Dieser Karl Kraus, wortgewaltiger Satiriker, Misanthrop, zum Katholizismus konvertierter Jude, wechselweise Anhänger von Sozialdemokratie, dann Franz Ferdinand, zuletzt von Engelbert Dollfuß, ist einer unserer ganz Großen. Viel Feind – viel Ehr, hier trifft’s den Nagel auf den Kopf. Geblieben ist von dem mit Prozessen überzogenen Publizisten und Dramaturgen (Die letzten Tage der Menschheit), wie so oft, ein gewaltiger Nachruhm.

Presse und Phrase galten ihm als ein Begriff, auf ihn dürfte das Schmähwort „Journaille“ zurückgehen. Ob’s heute einen Spruch-Kalender ohne Karl-Kraus-Aphorismen gibt?
Nehmen wir den:

Ein Historiker ist nicht immer ein rückwärts gekehrter Prophet, aber der Journalist immer einer, der nachher alles vorher gewußt hat.

Oder den:

Die deutsche Sprache ist die tiefste, die deutsche Rede die seichteste.

Und, wunderschön aus pazifistischen Munde:

Sollte man, bangend in der Schlachtordnung des bürgerlichen Lebens, nicht die Gelegenheit ergreifen und in den Krieg desertieren?

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