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dimanche, 11 mars 2012

Das türkische Trauma

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Das türkische Trauma

Der türkische Traum von der Hegemonie im Nahen Osten bleibt unerfüllt

Ex: http://www.andreas-moelzer.at

Es war der schwedische Außenminister Carl Bildt, der dieser Tage erklärte, Österreich möge doch das Trauma der Türkenbelagerung von 1683 endlich vergessen. Man müsse die Türkei möglichst schnell in die Europäische Union holen, damit diese in Zukunft auf der weltpolitischen Bühne eine Rolle spielen könne. Nur mit der Türkei sei dies möglich.

Nun mag es wirklich stimmen, daß die Österreicher mehr als andere Europäer im historischen Unterbewußtsein so etwas wie eine traumatische Furcht vor den Ambitionen der Osmanen haben. Zwar sind die Türkenkriege nahezu 400 Jahre vergangen, und in der Zwischenzeit war das Osmanische Reich sogar „Waffenbruder“ der Habsburger Monarchie im Ersten Weltkrieg, aber die Österreicher wissen, daß die Türkei, insbesondere als eine Art islamische Vormacht, geradezu das Gegenbild zu Europa, zum alten Abendland darstellt. 

Bei einem Besuch in der türkischen Hauptstadt Ankara konnte der Autor dieser Zeilen vor wenigen Monaten Gespräche mit führenden türkischen Parlamentariern und mit dem Staatspräsidenten Abdullah Gül führen. Dabei wurde den europäischen Gesprächspartnern durchaus der Eindruck von aufgeklärter Vernunft vermittelt, auch von politischer Berechenbarkeit, darüber hinaus aber von einem gewaltigen Selbstbewußtsein und einer gewissen Verachtung für die Europäer. Wirtschaftlich und politisch fühlen sich die türkischen Eliten offenbar derart im Aufschwung begriffen, daß man die europäischen Bedenkenträger eher belächelt als ernstnimmt.

Das betrifft die Behandlung des kurdischen Volkes, das betrifft die Haltung Ankaras gegenüber Zypern und das betrifft natürlich auch die türkische Geschichtspolitik in Hinblick auf den Armenier-Genozid. Es sind diese drei Bereiche, an denen man die mangelnde Europareife der Türkei am klarsten erkennen kann. Recep Tayyip Erdogan, ganz in der Attitüde eines neuen Sultans, macht aus seinem Herzen auch keine Mördergrube. Bei seinen großen Rede-Auftritten, etwa vor einigen Jahren in Köln oder in Kuwait, sagt er klar und deutlich, daß die neue Türkei sich zwar als einzige wirkliche Demokratie europäischer Prägung im islamischen Bereich fühlt, daß sie aber gleichzeitig so etwas wie eine neo-osmanische Politik der neuen Machtentfaltung und beinharter Interessenswahrung betreiben will. Die sich zunehmend islamisierende Türkei hat zunehmenden Einfluß in die Turk-Staaten bis hinein nach Zentralasien. Sie gilt zunehmend als Modell für die islamisch-arabischen Staaten des Nahen Ostens und Nordafrika. Und sie strebt weiterhin nach Europa, wobei sie insbesondere in den islamischen Bereichen des Balkans ihren Einfluß auszudehnen versucht.

Europäische Werte, etwa die Respektierung des EU-Staats Zypern, eine Entschuldigung für den Armenier-Genozid oder die Respektierung von Minderheitenrechten des großen kurdischen Volkes, liegen den Türken im Zuge dieses neo-osmanischen Aufbruchs fern. Man setzt auf neue politische Stärke, auf andauernden Wirtschaftsaufschwung, auf die eigene militärische Kraft und auf nationales Selbstbewußtsein. Europa will man offenbar nur benützen.

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