Bekannt und unübertroffen sind Frank Lissons Überlegungen zum Ende des Abendlandes. Auch JF–Autor Thorsten Hinz widmete in Zurüstung zum Bürgerkrieg dem kommenden Aufstand ein nicht nur in konservativen Kreisen viel beachtetes Werk. Aber ernsthaft darüber nachzudenken, ernsthaft die Militanzfrage zu diskutieren, wie es in linken Kreisen seit Jahrzehnten üblich ist, das trauen wir uns nicht. Zu schnell fängt uns der Trott unseres bürgerlichen Lebens ein oder zu schnell geraten wir in das subjektive Dunstfeld heraufbeschworener „Terrorgruppen“. Michael Ley dagegen versucht es.
Der umtriebige Geisteswissenschaftler Ley hat im renommierten Wiener Passagen-Verlag publiziert, ein Standardwerk zur Romantik verfaßt, vieles zu politischer Religion veröffentlicht, zu Antisemitismus und mittelalterlicher Militärgeschichte. Ley ist also wahrlich kein verbitterter Salonfaschist, sondern ein sprachgewandter Autor. Mit wissenschaftlich fundierten Analysen und stupender Kenntnis der antiken und europäischen Geistesgeschichte skizziert er ein finsteres, aber gegenwärtiges Szenario.
Das Fehlen der Väter
Die postmoderne Ideologie der One World, dem globalen Dorf, unter den Bedingungen des Kapitalismus und der modernen Gesellschaften durchschaut Michael Ley schonungslos wie sachlich. Statt dumpfem Aufbegehren glänzt er mit hochphilosophischer und tiefenpsychologischer Analyse der Jetztzeit, die er als „post-ödipal“ betrachtet: Ley erkennt das Fehlen der Vaterfigur, über Generationen hinweg.
War der „pater familias“ anfangs noch in der Fabrik, so fiel er später millionenfach in zwei Weltkriegen. Mit ihm starb im Zuge der Säkularisierung auch die metaphysische Vaterfigur: Gott. Die tief greifenden Umwälzungen durch die 68er sind für Ley bedeutsam. Er weist den Protagonisten nicht nur ihre Perfidität und Widernatürlichkeit nach, sondern anerkennt andererseits auch ihr tiefgehendes Denken und ihren Einfluß auf die zeitgenössische Philosophie! Sie zementierten den ideologisierten Feminismus, der den Mann als herabgewürdigtes, auf seine Arbeitskraft beschränktes Formfleischwesen einstufte.
Titten und Dschungelcamp für die Masse
Das Buch Die kommende Revolte ist keine Anleitung zum Aufstand und kein hetzerisches Pamphlet eines Verlierers, sondern nichts weiter als die Beschreibung von Lebensumständen, die wir tagtäglich in unserem Alltag beobachten. Ley analysiert und interpretiert ebendiese Beobachtungen, indem er sie sowohl philosophisch als auch psychologisch, politisch und wirtschaftlich in einen leicht verständlichen Gesamtkontext einordnet.
Nicht nur Migranten, so Ley, auch die autochthonen Bevölkerungen leben mehr und mehr in Parallel– und Gegenkulturen. Noch sei die breite Masse durch Fußball, Titten und Dschungelcamp ausreichend beschäftigt, wer aber noch einen Funken kultureller Identität in sich trägt, bleibt zu Recht in dieser verhaftet. Wer noch denkt und wagt zu denken, schart um sich Gleichgesinnte und läßt das „Tittytainment“ nonchalant an sich vorbeirauschen.
Die Weltverbesserer hingegen unterliegen dem Trugschluß, sie könnten eine Welt von oben verändern. Der wahre Weltverbesserer dagegen hat erkannt, daß die Welt nicht das große Ganze ist, sondern das, was er vor seinen eigenen beschränkten Augen vorfindet. Das wagt er zu verbessern, zu verändern, im Kreise der Seinen und schließt sich damit freiwillig aus dem Laufrad der Massengesellschaft aus. Beispielhaft sind dafür die zahllosen sozialen Alternativbewegungen, die keinesfalls nur auf linker oder überhaupt politischer Seite existieren. Michael Ley analysiert die tiefe Spaltung unserer Gesellschaften und prophezeit ihren weiteren Auseinanderfall, der auch und gerade durch unser politisch-wirtschaftliches System keinesfalls mehr aufgehalten werden kann.
Narrenschau der Zeitgeschichte
Michael Ley setzt in jedem Kapitel einen Schwerpunkt seiner Analyse, die trotz ihres unglaublichen Umfangs kurz, knapp und leicht verständlich bleibt. Vom Beginn der Aufweichung traditioneller Lebensweisen, über die Totalitarismen, bis hin zu Migration, Armutsgefährdung und dem Anspruch der Wirtschaft auf die Welt, führt Ley detailgenau einen jeden Aspekt auf. Er prophezeit: Die kommende Revolte wird zu einer asymmetrischen Revolution ausarten. Ohne eine politische Führung, ohne ein klares Konzept werden zahlreiche Konflikte ausgetragen werden, die eben nicht zu einem neuen Gesellschaftsvertrag führen. Das „Projekt Moderne“ ist somit gescheitert. Eine Zukunft versprechende Perspektive kann nur durch die Überwindung der totalitären Ideologien des Multikulturalismus, der Gottlosigkeit und der geradezu widerwärtig anmutenden Verstrickung von regionaler Politik und globaler Wirtschaft gefunden werden.
Ley ist Reaktionär, Visionär, Utopist und glasklarer Analytiker zugleich. Sein schmales Werk zu lesen gibt einen argumentativen Überblick, führt den Leser an neue Aspekte des politischen Denkens heran und wird ihn ermutigen, den Schmutz der Zeit umso heftiger von sich zu schütteln. Verstehend wird er die Gegenkultur stärken und wenn nicht eines Tags zum Pflasterstein greifen, so doch sich ernstliche Fragen stellen.
Michael Ley: Die kommende Revolte. 138 Seiten, Wilhelm Fink Verlag 2012.16,90 Euro.
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