Ok

En poursuivant votre navigation sur ce site, vous acceptez l'utilisation de cookies. Ces derniers assurent le bon fonctionnement de nos services. En savoir plus.

samedi, 23 février 2013

Die Brüder Jünger

Die Brüder Jünger

von Till Röcke

Ex: http://www.blauenarzisse.de/  

 
Die Brüder Jünger
 

Es gilt, zwei gelungene Arbeiten über Friedrich Georg und Ernst Jünger in aller Kurzweil anzupreisen: zum einen „Brüder unterm Sternenzelt“ und andererseits „Schwert und Mohn“.

Jörg Magenau behandelt die Brüder Ernst und Friedrich Georg Jüngerin seiner Doppelbiographie Brüder unterm Sternenzelt. Was heißt behandeln? Er massiert und knetet, er herzt und tätschelt die Objekte seiner Begierde wohlmeinend und mit ganz viel Empathie in seinem ästhetischen Hinterstübchen. Magenau liefert beste Feuilleton-​Kunst, die Jüngers wirken durch seiner Schreibe Suggestionskraft plüschig wie nie. Mehr Mensch hat noch keiner aus beiden herausgedrückt. Vielleicht warFritz J. Raddatz Ghostwriter?

Nimm Zwei: Die Jüngers als Bonbon

Dennoch: Man muss die Nacherzählung Magenaus einfach mögen, muss schätzen, wie er liebevoll beider Lebensläufe in eins zwirbelt und das Knäuel anschließend in Bonbonpapier wickelt. Nimm Zwei für Ästheten. Die Jüngers waren nie schöner. Friedrich Georg – ein kauzig-​altgriechischer Spinner mit visionärem Öko-​Thrill. Ernst – ein ziviler Stahlhelm-​Bolide mit potenter Humanisierungsgabe. Beide spannend und ganz dolle außergewöhnlich.

Kurz noch der Hinweis des Biographen, dass Friedrich mal irgendwo „Neger“ geschrieben hatte – war früher aber erlaubt und okay. Überhaupt: Früher mal. Weit weg von allem Konkreten gelingt Magenau eine große Dichterhagiographie. Wer Geschichten mag, bekommt eine nach der anderen serviert. Das ist nicht wenig. Wer von Literatur und Literaten ein wenig mehr erwartet – Zeitgeist, Zeitbild, Zeitenläufe – der sollte zu Sebastian Maaß greifen.

„Schwert und Mohn“ bohrt tiefer

Maaß ist ganz Wissenschaftler, und das tut dem Stoff gut. Mit Schwert und Mohn hat er seinen Studienband über Friedrich Georg Jüngers politische Publizistik betitelt, und souveräne Kost abgeliefert. Er führt seinen Gegenstand nicht vor – geschweige, dass er ihn plastisch schilderte – vielmehr setzt er sich sachlich mit dem Wirken Friedrich Georgs auseinander. Mit diesem nüchternen Handgriff gelingt ihm ein kompaktes Stück historischer Zustandsbeschreibung – mehr darf der Leser nicht erwarten, das gibt der Gegenstand einfach nicht her.

Dieses Verfahren schafft natürlich Distanz, die unaufhebbar bleibt. Friedrich Georgs Mittun im Ringelreigen der Zwischenkriegszeit ist dem hartgesottenen Nostalgiker zu empfehlen. Mag er damit glücklich werden, das Individuum der Kristallisation, die Gestalt 2013, wird es nicht. Warum? Man nehme nur die Schlagworte der beigefügten Texte aus jener Zeit: „Kampfbünde“, „Revolution“, „Diktatur“, „Staat“. Sogar „Persönlichkeit“ taucht auf. Begriffe mit Bezug. Weltanschauung. Politische Begriffe, an jemanden gerichtet, der kein Einzelner ist, sondern Teil eines – horribile dictu – politischen Bezugsrahmens. Das meint dann doch etwas mehr als Kindergeldanspruch und Freibetragsgrenze. Wohlan: die Gestalt 2013 ist damit doch in Anspruch genommen. Vollumfänglich. Und deshalb liest auch keiner mehr die Jüngers.

Jörg Magenau: Brüder unterm Sternenzelt. 322 Seiten, Klett Cotta 2012. 22,95 Euro.

Sebastian Maaß: Schwert und Mohn. Friedrich Georg Jünger. Eine politische Biographie. 144 Seiten, Telesma Verlag 2012. 16,80 Euro.

Les commentaires sont fermés.