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samedi, 21 mars 2015

Keltischer Patriotismus

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Keltischer Patriotismus

von Niels Krautz

Ex: http://www.blauenarzisse.de

Die Schotten sorgten 2014 mit einer Unabhängigkeitsabstimmung für weltweites Aufsehen. Doch auch in Wales, der Bretagne und sogar im kleinen Cornwall gibt es freiheitsliebende Kelten.

Die im vergangenen Jahr angefachte Diskussion und die folgende Abstimmung über Schottlands Unabhängigkeit zeigen: Eine langfristige Spaltung des Vereinigten Königreiches Großbritannien ist unausweichlich.

Denn viele Menschen in den von England okkupierten Ländern sehnen sich nach mehr Freiheit und vollständiger Souveränität. Sie fürchten sich davor, ihre Identität und ihre Bräuche zu verlieren. Und sie erkennen, dass ihr Land regelrecht ausgeblutet wird. Das geschieht durch eine Politikerkaste, die weit entfernt im britischen Parlament in London Westminster sitzt.

1000 Jahre in Unfreiheit

Seit dem Jahr 1066, als französische Normannen die britischen Inseln eroberten, befinden sich die Völker der Iren, Waliser, Schotten sowie andere keltische Stämme in Unfreiheit. Wales, das seit dem Jahre 1284 und dem damaligen Statut von Rhuddlan unter englischer Herrschaft steht, wurde zwangsweise mit dem „Act of Union“ 1536 an das englische Königreich angegliedert. Schottland folgte mit dem Act of Union 1707 und Irland im Jahre 1800. Nur Irland konnte bisher seine Souveränität vom Vereinigten Königreich Anfang des 20. Jahrhunderts halbwegs zurückgewinnen. Doch es wurde geteilt: Die sechs Grafschaften der nordirischen Provinz Ulster verblieben in englischer Hand.

Aufgrund unterschiedlichster Probleme und des wachsenden Nationalstolzes haben sich in den betroffenen Ländern patriotische Parteien und Gruppierungen gebildet. Sie wollen die vollständige Unabhängigkeit erlangen. In Schottland, dem „William-​Wallace-​Land“, rief die Scottish National Party (SNP) im letzten Jahr zu einem Referendum auf, das über den Verbleib Schottlands im Vereinigten Königreich entscheiden sollte. Damit scheiterte sie nur knapp, rund 45 Prozent stimmten für die Unabhängigkeit. Die „Plaid Cymru“, die „Walisische Partei“, fordert schon seit vielen Jahren die Unabhängigkeit ihres Heimatlandes von England. Eine Umfrage von 2007 aus Nordwales zeigte, dass etwa 50 Prozent der dortigen Bevölkerung für die Unabhängigkeit sind. Seit dem schottischen Referendum ist die Tendenz steigend.

Jeder fünfte Bretone für Unabhängigkeit

bret710123021.jpgRepublikanische Parteien Irlands, wie etwa die „Sinn Fein“, können auf eine lange Geschichte des Kampfes um Unabhängigkeit zurückblicken. Seit dem Jahr 1905 tritt sie als Partei auf und fordert die vollständige, ungeteilte Souveränität ihres irischen Heimatlandes. Ins Deutsche übersetzt bedeutet „Sinn Fein“ nichts anderes als „Wir selbst“. Und selbst im kleinen Cornwall, im äußersten Südwesten Britanniens, verlangt man nunmehr „Devolution“ – also die Übertragung zusätzlicher Macht. Lord Alwyn aus Cornwall fand dazu einst passende Worte im britischen Oberhaus: „Nicht bloß in Wales – auch in Cornwall wächst das Bewußtsein, wie vernachlässigt das Land von London wird. Auch in Cornwall leben Kelten, und keine Engländer.“

Doch dieser neu entflammte keltische Patriotismus ist nicht nur ein britisches Phänomen. Auch in Westfrankreich lodert das Feuer der Unabhängigkeit. Fast jeder fünfte Bretone sprach sich 2013 in einer repräsentativen Umfrage für die vollständige Unabhängigkeit von Frankreich aus. Am Ostersamstag 2014 demonstrierten in Nantes bis zu 15.000 Bretonen für die Unabhängigkeit.

Die wohl bekannteste aller Unabhängigkeitsbewegungen in Großbritannien bleibt die „Irish Republican Army“ (IRA). Es handelt sich dabei um eine paramilitärische Einheit, die den Anschluss Nordirlands an die Irische Republik mit Waffengewalt erzwingen wollte. Sie ging 1919 aus den „Irish Volunteers“ hervor, die den Osteraufstand 1916 auslösten. Die IRA unterstand der damals ausgerufenen Republik Irland als legitime irisch-​republikanische Armee. Von da an führte sie den irischen Unabhängigkeitskrieg gegen die englische Herrschaft.

Irische Unterstützung aus Amerika

Bekannt wurde sie durch die sogenannte „Border Campaign“ von 1956 bis ’62, eine Anschlagsserie, die sich an der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland abspielte. Die IRA erhielt seit ihrer Gründung finanzielle und materielle Unterstützung von in Amerika lebenden Iren, den sogenannten „Feniern“. Der Begriff kommt vom irischen „Fianna“, einem sagenumwobenen Heerhaufen des mythischen keltischen Heerführers Fiann Mac Cumhaill. Die modernen Fenier gründeten sich als Untergrundorganisation in Amerika 1859. Sie erlangten Aufmerksamkeit, als sie englische Forts in Kanada angriffen um die dortigen Truppen zu binden und damit den bewaffneten Widerstand in Irland zu unterstützen.

Auch heute noch existiert die IRA. Doch in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gab es etliche Spaltungen und Zerwürfnisse der verschiedenen republikanischen Gruppierungen. 2012 erfolgte ein erneuter Zusammenschluss: Diese neue Army hat schätzungsweise über 600 Mann unter Waffen und zählt als terroristische Vereinigung.

Englands protestantischer Kampf

In den Geschichtsbüchern wird bis heute von einem Bürgerkrieg gesprochen, der zwischen irischen Katholiken und Protestanten stattfand. Doch das ist falsch. Es gibt keinen Bürgerkrieg zwischen den Iren, es gibt einen Befreiungskrieg Irlands gegen die englische Besatzung. Denn England hat seit der Besetzung Irlands die irische Bevölkerung mit Waffengewalt und gesellschaftlichen Repressalien unterdrückt. Der Großteil aller Kämpfe rund um den Nordirlandkonflikt waren Straßenschlachten der IRA gegen die englischen Besatzer oder von England provozierte ethno-​kulturelle Konflikte. Denn seit 1600 siedelte England ausschließlich walisische, schottische und englische Menschen im Nordosten Irlands an, um gegen die Iren eine protestantische Hausmacht zu bilden.

plaidcymru.jpgAuch in Wales gab es kleinere Gruppen nationalistischer Separatisten. Zum einen existierte die „Free Wales Army“, die aus nur 20 Mann bestand. Zum anderen gab es die „Mudiad Amddiffyn Cymru“, die „Bewegung zur Verteidigung Wales“. Sie erlange 1969 Aufmerksamkeit, als sie im Vorfeld der Investitur von Prinz Charles an verschiedenen Orten in Wales Bomben explodieren ließen. In der Bretagne existiert ebenfalls eine Unabhängigkeitsfront mit Namen „Bretonische Revolutionäre Armee“. Sie verübte zwischen den Jahren 1993 und 2000 17 Anschläge, unter anderem 1978 auf das Schloss Versailles. Als politischer Arm wird die linksnationalistische, bretonische Partei „Emgann“ angesehen.

Nationalismus von Links

Was lehrt uns dieser Unabhängigkeitskampf? Die politische Richtung ist nicht ausschlaggebend dafür, ob man seine Heimat, seine Kultur und sein Erbe liebt. Denn Parteien wie die SNP und die walisische Plaid Cymru sind eher im linksliberalen Lager beheimatet. Sie wollen sich, sofern die Unabhängigkeit gelingt, dem nächsten System unterordnen – der Europäischen Union. Die bretonische Unabhängigkeitsbewegung Emgann wird von ihren Mitgliedern als kommunistisch bezeichnet. Auch die irische Sinn Fein gilt als sozialdemokratisch, doch sie hat eine kritische Haltung gegenüber der EU. Selbst die IRA hatte sich in den späten 1960er Jahren zum Teil dem Marxismus zugewandt.

Nationalstolz muss also nicht nur von rechts kommen: Gerade der sogenannte Linksnationalismus hat in den keltischen Ländern, die überwiegend landwirtschaftlich und industriell geprägt sind, einen hohen Stellenwert. Wir dürfen gespannt sein, ob der Geist des schottischen Freiheitskämpfers William Wallace weiterhin über die britischen Inseln weht – und den Funken der Unabhängigkeit in den Herzen weiter brennen lässt.

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