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mardi, 19 octobre 2010

Messianismus mit verheerenden Folgen

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Dr. Tomislav SUNIC:

 Messianismus mit verheerenden Folgen

Ex: http://www.deutsche-stimme.de/

Ein Kapitel Hintergrundpolitik: Nutznießer und Drahtzieher der US-Kriege im Irak und Afghanistan

Statt der Frage »Wem nutzt der Krieg in Afghanistan und Irak« kann man auch die Frage stellen: »Wer war der Anstifter dieser beiden Kriege?« Diese direkte Frage klingt aber nicht sachlich und stellt außerdem eine Fundgrube für Verschwörungstheoretiker dar.

Wilde Spekulationen über die wahren Motive dieser Kriege interessieren uns hier nicht, abgesehen von der Tatsache, wenngleich manche auch stimmen mögen. Was uns interessiert ist die Bilanz dieser Kriege, wie diese Kriege sprachlich und völkerrechtlich gerechtfertigt werden und wer von diesen Kriegen am meisten profitiert.

 


Übrigens sind Verschwörungstheorien keinesfalls Kennzeichen sogenannter »Rechtsradikaler« – wie liberalistische Medien oft unterstellen. Laut neuer liberaler Sprachregelung nutzt die herrschende Klasse im Westen gegen ihre politischen Feinde und Gegner auch Verschwörungsvokabeln, die auf Verteufelung und Kriminalisierung abzielen. Auch benutzen die Systempolitiker zur Rechtfertigung ihrer eigenen militärischen Aggressionen durchaus Verschwörungstheorien. Monate vor der Invasion Iraks hatten viele amerikanische Politiker und Medienleute mit vollem Ernst über die »irakischen Massenvernichtungswaffen« schwadroniert. Es stellte sich bald heraus, daß die Iraker keine derartigen Waffen hatten, wie später von denselben Politikern auch zugegeben wurde.


Ähnliche Sprachregelungen sind heute im Wortschatz der EU-Systempolitiker zu bemerken, die freilich ihre politischen Mythen und Vorstellungen nicht mit dem Wort »Propaganda«, sondern mit den Vokabeln »Kulturarbeit« und »Menschenrechte« tarnen.

Feldzugsplan aus der Schublade

Im Falle des Irak und Afghanistans ist es wichtig zu analysieren, wie die Systempolitiker und die Kriegshetzer mit der Sprache umgehen. Einerseits hört man Horrorvokabeln wie »Kampf gegen den Terror«, »Islamofaschismus«, »Al Kaida-Terroristen«, und andererseits vernimmt man sentimentale Sprüche wie »Kampf für die Menschenrechte« »Multikulti-Toleranz« oder »Freiheit für afghanische Frauen«.
Die deutsche Kanzlerin klang dabei auch nicht glaubwürdig, als sie vor kurzem in Bezug auf den deutschen Einsatz in Afghanistan erklärte: »Unsere gefallenen Soldaten haben ihr Leben für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gegeben.« Ihre Worte stellen eine typisch theatralische Metasprache nach kommunistischer Machart dar.
Außer dieser hypermoralischen Seite aus dem liberalen Lexikon sind die empirischen Belege und Beweise für die vorgenannten Angaben, Aussagen und Wunschvorstellungen der Systempolitiker bezüglich des Irak und Afghanistans spärlich, wenn nicht völlig abwesend.
Zunächst eine Bilanz: Der Krieg in Afghanistan wurde drei Wochen nach dem Terroranschlag in New York am 11. September 2001 begonnen. Eine langfristige militärische Strategie für Afghanistan kann man nicht innerhalb von drei Wochen formulieren. Der Plan zum Sturz der Regime in Afghanistan und Irak war schon lange Zeit vorher medial und akademisch in Amerika vorbereitet worden. Die ersten Hinweise auf den kommenden Krieg im Nahen Osten hatten amerikanische Medien und pro-zionistische Kulturkreise in Amerika schon Anfang neunziger Jahren gegeben, nämlich nach dem unentschiedenen ersten Golfkrieg von 1991.
Viele pro-israelische Kreise in Amerika sowie bekannte amerikanisch-jüdische Akademiker und Journalisten entwarfen damals einen langfristigen Plan für die Umorganisation des Nahen Osten und Asiens. Besonders wichtig war die Rolle einer sogenannten Denkfabrik wie dem »American Enterprise Institute« und die Aufstellung des »Projektes für das neue amerikanische Jahrhundert« (PNAC).
Sehr bedeutende Namen waren unter diesem Firmenschild beteiligt. Diese sind unter der Selbsteinschätzung »Neokonservative« bekannt und pflegten dabei ihre eigenen fixen Wahnideen zur Weltverbesserung. Der 11. September kam ihnen wie von Gott gesandt.
Ein entscheidender Kulturkampf, oder in der heutigen Sprache ausgedrückt: eine Erfolgspropaganda, muß in der Regel immer den großen politischen Umwälzungen vorangehen. Der Krieg in Afghanistan und Irak begann zuerst als akademische Auseinadersetzung, die von den neokonservativen Intellektuellen in Amerika bestimmt wurde. Aber das soll nicht heißen, daß sich die Akademiker und die Befürworter dieser Kriege nicht irren konnten. Die ganze völkerrechtliche Architektur der Irakkriege ist heute brüchig geworden.

Schwache Europäer, korrupte Kommunisten

Die US-Neokonservativen wollten seit langem die irakische und iranische Regierung beseitigen. Auch die angebliche Terrorgruppe Al Kaida war eine nebulöse Unterstellung, an der vielleicht etwas dran sein kann, die aber auch falsch sein kann. Wir haben nämlich keine genauen Beweise dafür, daß diese Terrorgruppe wirklich existiert. Aber solche Unterstellungen, ob wahr oder falsch, sind oft ein perfektes Mittel zur Rechtfertigung endloser Kriege. Schlimmer noch: Sie sind heute ein ideales Alibi für die Errichtung eines Überwachungssystems.
Nach neun Jahren Krieg in Afghanistan, nach sieben Jahren im Irak, hat sich das Sicherheitsklima im Nahen Osten und in Afghanistan sowie in der ganzen Welt nicht verbessert, sondern verschlechtert. Darin stimmen fast alle Politiker in Europa und Amerika überein. Heute gibt es einer größere Terrorismusgefahr als vor acht oder neun Jahren. Man kann sagen, daß die Terrorismusgefahr in Europa seitens radikaler Islamisten in dem Maße steigt, wie der Krieg in Irak und Afghanistan andauert.
Und was geschah mit den Europäern? Natürlich brauchten die Amerikaner 2001 die Zustimmung ihrer Verbündeten für die beiden Kriege. In Westeuropa war es dieses Mal ein bißchen schwieriger, da die meisten Systempolitiker in Europa, abgesehen von ihrer sonstigen Anbiederungspolitik gegenüber Washington, wußten, daß diese Kriege keine raschen Resultate erbringen würden. Das offizielle Deutschland war skeptisch, da es mehr muslimische Einwanderer beherbergt als die USA. Aber als europäisches NATO-Mitglied war es nicht leicht, den Amerikanern zu trotzen.

Politische Theologie der Amerikaner

Im Gegensatz zu Deutschland und Frankreich hatten die Amerikaner keine Probleme, Befürworter für ihre Expeditionen in Afghanistan und Irak in Osteuropa zu finden. Einer der Gründe dafür war, daß fast alle Etablierten und Akademiker vom Baltikum bis zum Balkan Überreste oder der Nachwuchs ehemaliger Kommunisten sind. Um ihre eigene kriminelle Vergangenheit aus den kommunistischen Terrorzeiten zu decken, müssen sie jetzt päpstlicher als der Papst sein, also amerikanischer als die Amerikaner selbst.
Die ersten Nutznießer der beiden Kriege waren, zumindest am Anfang der Kriege, wie schon erwähnt, die Neokonservativen und Israel. Aber es ist falsch zu behaupten, daß der Krieg nur von den amerikanischen Neokonservativen gerechtfertigt wurde. Um die wirklichen Motive der amerikanischen Außenpolitik zu begreifen, muß man die amerikanische politische Theologie gut verstehen, insbesondere die Überzeugung vieler amerikanischen Politiker von einer besonderen politischen Auserwähltheit. Die Nutznießer und die Architekten der Kriege sind ein tagespolitisches Phänomen, aber der Zeitgeist, der ihnen die Kriege rechtfertigt ist ein geistesgeschichtliches Phänomen. Dies kann man nicht voneinander trennen.
Uri Avnery, ein linker israelischer Schriftsteller, hat vor kurzem gesagt, daß »Israel ein kleines Amerika und die USA ein großes Israel« seien. Seit einhundert Jahren hat Amerika seine politischen Begriffe aus dem Alten Testament. Im Zuge dessen haben viele amerikanische Politiker ihre Mentalität von den alten Hebräern übernommen. Es ist auch kein Zufall, daß sich Amerika als Gottesbote mit einer universalistischen Botschaft für die ganze Welt wahrnimmt.
Vor 150 Jahren waren es die sezessionistischen Staaten des Südens, die das Sinnbild des absolut Bösen darstellten; später, Anfang des 20. Jahrhunderts, wurde das Sinnbild des »bösen Deutschen« bzw. »der Nazis« zum allgemeinen Feindbild; dann, während des Kalten Krieges, war eine Zeitlang der böse Kommunist in der Sowjetunion das Symbol des absolut Bösen. Heute gibt es keine Kommunisten, Konföderierten oder Faschisten mehr. Deswegen mußten die amerikanischen Weltverbesserer ein Ersatzfeindbild finden: nämlich den »Islamo-Faschisten« oder den islamistischen Terroristen.
In diese Kategorie des Bösen soll man die palästinensische Hamas, die libanesische Hisbollah und manche »Schurkenstaaten« wie Irak oder Iran einstufen. Geopolitisch sind diese Staaten von keinerlei Bedeutung für Amerika. Aber Amerikas religiös-ideologische Beziehungen zu Israel verpflichten die amerikanischen Politiker, Israels Feinde als ihre eigenen Feinde zu behandeln.
Es ist völlig falsch, nur die Israelis oder die Neokonservativen für die Kriege der USA verantwortlich zu machen. Sie sind zwar eindeutig die Nutznießer, aber die wahren Architekten dieser Weltverbesserungsideologie sind die Millionen amerikanischer christlicher Zionisten, die eine außerordentliche Rolle in Amerika spielen. Es ist auch falsch, über angebliche amerikanische »Heuchelei« zu reden, wie es oft üblich ist. Aufgrund ihres alttestamentarischen Geistes glauben viele amerikanische Christzionisten tatsächlich, daß Amerikas Militäreinsätze für alle Völker gut seien.

Die Verantwortung der Messianisten

Aus dieser Positionierung entspringt auch die Ideologie der »Menschenrechte«, die wir heute als etwas Selbstverständliches und Humanes hinnehmen. Aber gerade im Namen der Menschenrechte kann man ganze Völker bzw. viele nonkonformistische Intellektuelle kurzerhand auslöschen. Wenn jemand über »Menschenrechte« spricht, sollte man ihn immer fragen, was mit jenen passieren sollte, die nicht in die Kategorie der vorgesehenen Menschen passen. Das sind dann nämlich meist Bestien und Tiere, die nicht nur umerzogen, sondern kurzerhand physisch liquidiert werden sollten.
Fragen wir uns, welche Gedanken durch die Köpfe der amerikanischen Piloten gingen, die Köln oder Hamburg im Jahr 1943 niederbrannten. Ihrem Selbstverständnis nach waren sie keine Kriminellen. Sie hatten keine Gewissensbisse, da dort unten nach ihrer Auffassung keine Menschen, sondern die Verkörperung ganz besonders gefährlicher Tiere lebten.
Die amerikanischen Christ-Zionisten und viele andere biblische Fanatiker tragen die größte Verantwortung für die meisten der amerikanischen Kriege unserer Zeit. Der Außerwähltheitsgedanke führt nicht zu mehr Völkerverständigung, sondern zu endlosen Kriegen.

Unser Autor Dr. Tomislav (Tom) Sunic ist Schriftsteller und ehemaliger US-Professor für Politikwissenschaft. (www.tomsunic.info) Er ist Kulturberater der American Third Position Party. Sein neustes Buch erschien in Frankreich: La Croatie; un pays par défaut? (Ed Avatar, Paris, 2010)

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