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jeudi, 11 novembre 2010

Die Zeit ist reif für eine neue Theorie des Geldes

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Die Zeit ist reif für eine neue Theorie des Geldes

Ellen Brown

Ex: http://info.kopp-verlag.de/

 

Wenn unser Finanzsystem immer wieder in Krisen gerät und dabei periodische Depressionsphasen durchmacht wie die heutige, so geschieht dies nicht allein deshalb, weil nicht hinreichend verstanden wird, welche Rollen das Bankwesen und der Kredit spielen, sondern vor allem, weil die Rolle des Geldes selbst nicht verstanden wird. In der Zeit, als sich unsere Wirtschaft entwickelte, haben wir Geld als ein »Ding« betrachtet – das unabhängig war von den Verbindungen, die es erleichterte. Doch heute gibt es kein Gold oder Silber, das unser Geld stützt. Das Geld wird vielmehr von den Banken dadurch erzeugt, dass sie Darlehen vergeben (das gilt auch für die Federal Reserve Notes oder Dollarscheine, die von der Federal Reserve, einer Bankgesellschaft in Privatbesitz, ausgegeben und als Darlehen an die Wirtschaft vergeben werden). Heute entsteht praktisch alles Geld in Form von Kredit oder Schulden, es ist also nur eine Form rechtswirksamer Vereinbarung darüber, in der Zukunft zu bezahlen.

 

Geld als Verbindung

In einer aufschlussreichen Abhandlung mit dem Titel »Für eine allgemeine Theorie von Kredit und Geld«, die in der Zeitschrift The Review of Austrian Economics erschienen ist, schreibt Mostafa Moini, Wirtschaftsprofessor an der Oklahoma City University, Geld sei in Wirklichkeit nie eine »Ware« oder »Ding« gewesen. Es habe stets nichts anderes dargestellt als eine »Verbindung«, eine rechtswirksame Vereinbarung, eine Abmachung über Soll und Haben, ein Eingeständnis bestehender Schulden und das Versprechen, dieselben zurückzuzahlen.

Das Konzept von Geld als Ware geht auf die Nutzung von Edelmetall-Münzen zurück. Gold wird weithin als älteste und stabilste bekannte Währung bezeichnet, doch das stimmt nicht ganz. Es trifft nicht zu, dass das Geld mit Goldmünzen angefangen und sich dann zu einem komplizierten Buchhaltungs-System entwickelt hätte. Am Anfang stand vielmehr ein Buchhaltungssystem, bei dem erst später Edelmetall-Münzen zum Einsatz kamen. Geld als »Verrechnungseinheit« (eine Art Zähleinheit für gezahlte und geschuldete Beträge) ist ungefähr 2.000 Jahre älter als Geld als »Wertanlage« (eine Ware oder ein Ding). Die Zivilisationen im antiken Sumer und Ägypten, die dieses Buchungs- und Zahlungssystem verwendeten, überdauerten nicht nur ein paar Jahrhunderte (wie andere Zivilisationen, die Gold benutzten), sondern Jahrtausende. Ihre bankähnlichen antiken Zahlungssysteme waren öffentliche oder staatliche Systeme – die von der Regierung auf dieselbe Weise betrieben wurden wie heute Gerichte, Bibliotheken oder Postämter als öffentliche Dienstleistungen betrieben werden.

Im Zahlungssystem im antiken Sumer wurde den Waren ein bestimmtes Gewicht beigemessen, nach dieser Einheit wurden die Waren gegeneinander aufgerechnet. Die Gewichtseinheit war der Schekel, der ursprünglich keine Münze, sondern ein standardisiertes Maß darstellte. She [wie in shekel] war das Wort für Gerste, was darauf hindeutet, dass die ursprüngliche Maßeinheit eine bestimmte Gewichtseinheit Getreide war. Dieses wurde nach seinem Gewicht gegen andere Waren verrechnet: Eine bestimmte Menge Schekel Weizen entsprach einer bestimmten Anzahl von Kühen oder von Schekeln Silber usw. Die Preise für die wichtigsten Waren wurden von der Regierung festgelegt; Hammurabi, der König und Gesetzgeber von Babylon, ließ entsprechende Tabellen erstellen. Auch der Zinssatz war festgelegt und unveränderlich. Die wirtschaftliche Entwicklung ließ sich also gut vorhersehen.

Getreide wurde in Silos gelagert, die als eine Art »Bank« dienten. Aber Getreide war leicht verderblich, also wurde Silber schließlich zur Zähleinheit, die geschuldete Beträge repräsentierte. Ein Bauer konnte auf den Markt gehen und seine leicht verderblichen Waren gegen eine bestimmte Gewichtseinheit Silber eintauschen, später konnte er dann wiederkommen und diesen Marktwert gegen andere Güter, die er gerade brauchte, eintauschen. Doch es blieb eine einfache Zähleinheit für einen geschuldeten Betrag und für das Recht, diesen später einzulösen. Irgendwann wurden die Silberzähleinheiten durch hölzerne Zähleinheiten – die Kerbhölzer – ersetzt, später wurden daraus Papiereinheiten und noch später elektronische Zähleinheiten.

Die Kredit-Revolution

 

Das Problem der Goldmünzen bestand darin, dass sie sich nicht ausreichend ausdehnen konnten, um den Erfordernissen des Handels zu genügen. Die revolutionäre Neuerung der Bankiers des Mittelalters bestand darin, dass es ihnen gelang, eine flexible Geldmenge zu schaffen, die mit dem kräftig wachsenden Handel Schritt halten konnte. Sie nutzten dafür den Kredit, den sie dadurch erzeugten, dass sie ihren Einlegern gestatteten, ihre Konten zu überziehen. In diesem später als »Mindestreserve«-Bankwesen bekannten System stellten die Bankiers Papierquittungen aus, die »Banknoten« genannt wurden – und zwar meistens über mehr Gold, als sie tatsächlich zur Verfügung hatten. Ihre Kunden, die Seefahrer, segelten mit ihren Waren in die Welt hinaus, sie kehrten mit Silber oder Gold zurück und glichen ihre Konten wieder aus, sodass nun auch die Bilanzen der Bankiers wieder ausgeglichen waren. In der rapide wachsenden Wirtschaft herrschte große Nachfrage nach dem auf diese Weise erzeugten Kredit, doch da er auf der Annahme beruhte, Geld sei ein »Ding« (Gold), mussten die Bankiers zu einer Art »Hütchenspiel« greifen, das sie regelmäßig in Schwierigkeiten brachte. Sie setzten darauf, dass nicht alle ihre Kunden gleichzeitig kommen und ihr Gold zurückverlangen würden. Doch wenn sie sich verrechneten oder wenn die Kunden aus irgendeinem Grund misstrauisch wurden, dann wurde die Bank gestürmt, das Finanzsystem brach zusammen und die Wirtschaft stürzte in eine Depression.

Heute kann das Papiergeld zwar nicht mehr gegen Gold eingetauscht werden, aber Geld wird noch immer als ein »Ding« betrachtet, dass »da sein« muss, bevor Kredit vergeben werden kann. Banken betreiben noch immer Geldschöpfung, indem sie Kredite vergeben, die dann dem Konto des Kreditnehmers als Einlage gutgeschrieben werden, über die er per Scheckbuch verfügen kann. Um die ausgestellten Schecks einzulösen, müssen die Banken jedoch auf das Geld zurückgreifen, das ihre Kunden bei ihnen eingelegt haben. Reichen diese Einlagen nicht aus, müssen die Banken sich am Geldmarkt oder bei anderen Banken Geld borgen.

Die britische Autorin Ann Pettifor beobachtet: »Das Bankensystem … hat seinen Hauptzweck verfehlt: nämlich als Apparat zur Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft zu fungieren. Das Bankensystem ist vielmehr auf den Kopf gestellt und zu einer Maschine zur Kreditaufnahme gemacht worden.«

Die Banken saugen billiges Geld auf und geben es, sofern sie es überhaupt wieder abgeben, als teureres Geld wieder heraus. Die Banken sitzen an den Geldhähnen und können kleinen Marktteilnehmern den Kredit verweigern und sie dadurch in den Bankrott treiben. Die großen »Player«, die Zugang zu billigem Kredit haben, können dann zu Schleuderpreisen die Vermögenswerte aufkaufen, die als Sicherheiten hinterlegt waren.

Das ist ein systematischer Fehler im heutigen System. Ein weiterer liegt darin, dass das geborgte Geld, mit dem die Bank die Kredite absichert, in der Regel aus kurzfristigen Anleihen stammt. Wie Jimmy Stewards belagerte Sparkasse in dem Film It’s a Wonderful Life (deutscher Titel: Ist das Leben nicht schön?) machen es auch heute die Banken: Sie »borgen kurzfristig Geld, um es langfristig zu verleihen«. Wenn dann der Geldmarkt plötzlich austrocknet, sind die Banken in Schwierigkeiten. Genau das ist im September 2008 passiert: Wie der Abgeordnete Paul Kanjorski im Februar 2009 im US-Fernsehsender C-Span erklärte, gab es damals einen 550-Milliarden-Dollar-»Run« auf die Geldmärkte.

Verbriefung: Kredite nicht mit Gold, sondern mit Häusern »monetisieren«

 

Die Geldmärkte sind Teil des »Schatten-Bankensystems«, in dem die großen institutionellen Investoren ihre Gelder parken. Das Schatten-Bankensystem erlaubt es den Banken, die den Kreditinstituten auferlegten Kapital- und Reservebestimmungen zu umgehen, indem sie die Kredite aus ihren Büchern herausnehmen.

Große institutionelle Investoren nutzen das Schatten-Bankensystem, weil im konventionellen Bankensystem Einlagen nur bis zu einer Höhe von 250.000 Dollar abgesichert werden; Großinvestoren schieben täglich weit größere Summen hin und her. Der Geldmarkt ist äußerst liquide, er ist nicht durch die Einlagenversicherung FDIC abgesichert, sondern dadurch »geschützt«, dass er »verbrieft«, das heißt durch irgendwelche Wertpapiere gestützt ist. Oft bestehen diese Sicherheiten in sogenannten hypothekarisch gesicherten Wertpapieren (MBS, Mortgage Backed Securities), das sind jene verbrieften Einheiten, in die amerikanische Immobilienwerte wie Würste zerteilt und neu verpackt worden sind.

Wie bei dem Gold, das im 17. Jahrhundert zur gleichen Zeit mehrmals verliehen wurde, können mehrere Gruppen von Investoren dasselbe Haus gleichzeitig als »Sicherheit« hinterlegen. All dies geschieht hinter einem elektronischen Schirm namens MERS (die Abkürzung für Mortgage Electronic Registration Systems, Inc.), der es möglich gemacht hat, dass Häuser mehrfach hin und her übertragen werden und ständig den Besitzer wechseln, ohne dass die Änderungen im Grundbuch der jeweiligen Kommune eingetragen werden müssen.

Doch genauso wie im 17. Jahrhundert, so gibt es auch hier Schwierigkeiten, wenn gleichzeitig mehr als eine Investorengruppe versucht, dasselbe Haus zwangsvollstrecken zu lassen. Das Verbriefungs-Modell ist soeben gegen die Wand der seit Jahrhunderten bestehenden gesetzlichen Bestimmungen für Grundbesitz gefahren. Die Banken haben bestimmte bestehende Anforderungen nicht erfüllt – und können sie nicht erfüllen, wenn sie den steuerlichen Bestimmungen für hypothekarisch besicherte Wertpapiere nachkommen wollen. (Mehr dazu hier.)

Die Banker haben bei diesem bei Licht betrachteten massiven Betrug nicht notwendigerweise von vornherein in krimineller Absicht mitgemacht (obwohl man auch dies nicht ausschließen kann), sondern sie mussten mitmachen, wenn sie die Waren (in diesem Fall die Immobilien) beibringen wollten, um ihre Kredite abzusichern. So ist unser System aufgebaut: Die Banken schöpfen in Wirklichkeit keinen Kredit, den sie an uns in der Hoffnung vergeben, dass unsere steigende Produktivität es uns später ermöglicht, ihn zurückzuzahlen, wie es einst unter der irreführenden, aber funktionierenden Fassade des Mindestreserve-Kreditsystems üblich war. Sie saugten vielmehr wie die Staubsauger unser Geld auf und verliehen es uns mit höheren Zinsen zurück. Im Schatten-Bankensystem saugen sie unsere Immobilien auf und verleihen sie mit Zinseszins an unsere Pensionsfonds und andere Fonds. Dadurch entsteht ein mathematisch unmögliches Schneeballsystem, das grundsätzlich scheitern muss.

Die Lösung: Öffentlicher Kredit

Die Fehler im gegenwärtigen System sind jetzt Thema der Berichterstattung in den großen Medien; es ist gut möglich, dass das gesamte System zusammenbricht. Dann erhebt sich die Frage, womit soll es ersetzt werden? Was wäre der nächste logische Schritt in unserer wirtschaftlichen Entwicklung?

Der Kredit muss an erster Stelle rangieren. Als Gemeinschaft können wir unseren eigenen Kredit erzeugen, ohne uns auf solche unmöglichen Schneeballsysteme einzulassen, bei dem wir ständig von Peter borgen, um mit Zinseszins an Paul zurückzahlen zu können. Wir können die Fallen des privat ausgegebenen Kredits mit einem öffentlichen Kreditsystem umgehen, das sich auf die künftige Produktivitätssteigerung seiner Mitglieder verlässt und nicht von »Dingen« gestützt ist, die in einem »Hütchenspiel«, das jederzeit auffliegen kann, heimlich hin- und her geschoben werden, sondern von der Gemeinschaft selbst.

Das einfachste öffentliche Kreditmodell ist das Modell der elektronischen Gemeinschaftswährung. Stellen Sie sich ein System vor, das wir »Freundliche Gefallen« nennen wollen. Die teilnehmende Internet-Gemeinschaft braucht nicht mit einem Kapital- oder Reservefonds anzufangen, wie es heute von privaten Bankinstituten verlangt wird. Die Mitglieder borgen auch nicht aus einem Pool bestehenden Geldes, für das sie den Besitzern Zinsen zahlen. Sie erzeugen ihren eigenen Kredit, indem sie einfach ihre eigenen Konten belasten und anderen etwas gutschreiben. Wenn Jane für Sue Plätzchen bäckt, dann schreibt Sue Janes Konto fünf »Gefallen« gut und belastet gleichzeitig ihr eigenes Konto mit fünf. Sie haben Geld auf dieselbe Art »geschöpft«, wie es die Banken tun, doch das Ergebnis ist nicht inflationär. Janes plus-fünf wird durch Sues minus-fünf ausgeglichen, und wenn Sue ihre Schulden dadurch begleicht, dass sie etwas für jemand anderen tut, ist alles wieder im Lot. Es ist ein Nullsummenspiel.

Gemeinschafts-Währungssysteme können in kleinem Maßstab sehr gut funktionieren, aber da sie nicht in der Landeswährung abgerechnet werden, sind sie zumeist zu begrenzt für größere Geschäfte und Projekte. Würden sie in erheblich größerem Umfang betrieben, so könnten sich möglicherweise dieselben Wechselkurs-Probleme ergeben, mit denen kleine Länder zu kämpfen haben. Im Wesentlichen sind sie einfache Tauschsysteme, die nicht wirklich dazu gedacht sind, Kredite in großem Stil zu vergeben.

Man kann ein funktionelles Äquivalent eines Gemeinschaftswährungs-Systems schaffen, indem die Landeswährung genutzt und eine Bank in öffentlichem Besitz eingerichtet wird. Wenn das Bankwesen zu einem öffentlichen Versorgungsbetrieb gemacht wird, der zum Wohle der Gemeinschaft wirkt, dann kommt der Nutzen des ausweitbaren Kreditsystems der Bankiers des Mittelalters wieder zu Ehren, während gleichzeitig die parasitäre Ausbeutung, die stets mit dem privaten Bankwesen einher geht, verhindert wird. Von der Gemeinschaft erwirtschaftete Gewinne können an die Gemeinschaft zurückgegeben werden.

 

Eine öffentliche Bank, die Kredit in der Landeswährung schöpft, könnte von einer beliebig großen Gemeinschaft oder Gruppe gegründet werden, aber solange es Kapital- und Mindestreserve-Anforderungen und andere strikte Bankengesetze gibt, stellt ein Bundesstaat wohl die praktikabelste Option dar. Dieser kann die entsprechenden Anforderungen leicht erfüllen, ohne die Solvenz der gemeinschaftlichen Eigentümer zu gefährden.

Als Kapital könnte eine bundesstaatliche Bank einen Teil des Geldes einsetzen, das in einer ganzen Reihe öffentlicher Fonds angelegt ist. Dieses Geld muss gar nicht ausgegeben werden. Es braucht nur aus den Wall-Street-Investments, wo es jetzt angelegt ist, auf die eigene Bank des Bundesstaats übertragen zu werden. Es gibt einen Präzedenzfall dafür, der zeigt, dass eine Bank in bundesstaatlichem Besitz eine sehr gesunde und gleichzeitig lukrative Investition darstellt. Die Bank of North Dakota, gegenwärtig die einzige Bank im Besitz eines US-Bundesstaats, verfügt über ein AA-Raking und hat erst kürzlich für den Bundesstaat einen Gewinn von 26 Prozent erwirtschaftet. In den Vereinigten Staaten formiert sich an vielen Orten eine wachsende Bewegung, die diese Option prüft und umsetzen will.

Wir haben aus der Finanzkrise eine neue Erkenntnis gewonnen: Geld ist heute einfach nur Kredit. Wird der Kredit von einer Bank vergeben und diese Bank ist in öffentlichem Besitz, sodass die Gewinne wieder an die Gemeinschaft zurückfließen, dann kann ein wirklich funktionierendes, effizientes und nachhaltiges Finanzsystem entstehen.

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