Viele stabile, wenn auch undemokratische Regierungen der arabischen Welt wurden vom unzufriedenen Volk gestürzt oder zumindest ihrer Legitimation beraubt. Nun herrscht Chaos: Unklare Machtverhältnisse, zweifelhafte Übergangsregierungen und der Mangel einer funktionierenden Staatsgewalt, einer handlungsfähigen Polizei prägen seither das Bild. Die Zukunft der Länder ist noch völlig ungewiss. Keiner weiß, wie Tunesien, Ägypten und Libyen in einigen Jahren aussehen werden. Derweil tobt in Europa ein Streit darüber, wie mit den Flüchtlingsmassen umzugehen ist. Frankreichs Premierminister Nicolas Sarkozy und Italiens Silvio Berlusconi forderten nun sogar, das Schengen-Abkommen zu reformieren, um die Einreise von Flüchtlingen zu kontrollieren und zu regulieren.
Lampedusa – die Außengrenze Europas nach Afrika
Resultat der Ungewissheit in den nordafrikanischen Staaten ist etwas, was europäische Rechtspolitiker schon zu Beginn der Revolution in Tunesien befürchtet haben, nämlich ein in dieser Form noch nie da gewesener Exodus gen Europa. Täglich machen sich insbesondere von Tunesien aus hunderte Menschen in nicht hochseetauglichen Booten auf den Weg. Ihr Ziel ist die kleine italienische Mittelmeerinsel Lampedusa, die auch schon in der Vergangenheit immer wieder von den illegalen Schlepperbanden angesteuert wurde.
Lampedusa ist zum Symbol geworden für tausende Opfer, die die waghalsigen Unternehmungen bisher gefordert haben, aber auch für die Fragilität des weißen Kontinents, der seine Souveränität und ethnische Stabilität an unüberschaubaren Grenzen gegen einwanderungswillige Massen Afrikas zu verteidigen hat.
Überlastete Insel, immer mehr Tote
1.500 Menschen sterben jedes Jahr auf dem Weg nach Europa. Dieses Jahr dürften es deutlich mehr werden. Ein vor kurzem gekentertes Boot forderte allein 250 Tote. Die meisten, bis zum Rand bepackten Schiffe erreichen jedoch ihr Ziel und überlasten Lampedusa inzwischen völlig. Seit Ausbruch der Unruhen sind bereits über 20.000 Tunesier auf der idyllischen Insel gestrandet und es werden jeden Tag mehr.
Die italienische Regierung sitzt in der Klemme: Auf der einen Seite fordern die Inselbewohner einen unverzüglichen Abzug der tausenden Einwanderer, auf der anderen Seite wollen weder die Festland-Italiener, noch die immer mehr von Rechtsparteien unter Druck gesetzten europäischen Regierungen die Menschen aufnehmen. Berlusconi versucht zu beschwichtigen. Bei seinem letzten Lampedusa-Besuch versicherte der illustre Regierungschef, dass die Insel bald wieder ausschließlich von Einheimischen bewohnt sei und er sich für die Verleihung des Friedensnobelpreises für das Inselvolk stark machen werde.
Berlusconi-Regierung in der Zwickmühle
Um die Versprechungen zu unterstreichen, verlautbarte er außerdem, dass er sich ein Haus auf Lampedusa gekauft habe. Ob das die leidenden Insulaner befriedigt, steht in den Sternen. Die Fischer haben sich mittlerweile zusammengeschlossen und blockieren den Hafen, um eine weitere Einwanderung zu verhindern. Die Stimmung ist gereizt, Berlusconi unter Zugzwang. Seine bisherigen Bemühungen waren nicht immer von Erfolg gekrönt: Immerhin wollen 20 Provinzen Flüchtlinge aufnehmen, doch die Verhandlungen über die Rückführung und vor allem über Grenzkontrollen mit der schwachen tunesischen Übergangsregierung gestalten sich überaus schwierig.
Die europäischen Partner lehnen eine Aufnahme der Flüchtlinge ab und lassen die Italiener mit dem Problem allein. Auch die EU-Kommission ist nicht bereit, das Schengen-Abkommen zu reformieren und neue Kontrollen an den Grenzen zuzulassen. Einzig die deutschen Grünen, allen voran Daniel Omnipour und Renate Künast, sind von der Aussicht auf noch mehr Einwanderung und „kulturelle Bereicherung“ erpicht. Schaden wird ihnen das nicht, ist Deutschland doch eines der wenigen verbliebenen Länder, in denen keine Rechtspartei die etablierten Fraktionen unter Druck setzt.
„Touristenvisum“, um Flüchtlinge über Europa aufzuteilen …
Behelfen will sich die italienische Mitte-Rechts-Regierung nun mit einem Trick, der insbesondere bei den Anrainerstaaten zu einem Aufschrei der Empörung geführt hat: Die Tunesier sollen auf sechs Monate befristete Aufenthaltsgenehmigungen in Form eines „Touristenvisums“ erhalten. Damit könnten sie, so spekuliert man in Italien, legal in andere europäische Staaten ausreisen, ohne dass deren Regierungen das verhindern könnte. Insbesondere die französische Sarkozy-Regierung reagierte mit Entrüstung, droht dort doch die regierende Mitte-Partei UMP bei den kommenden Präsidentschaftswahlen hinter Sozialisten und dem rechten Front National nur als dritte Kraft ins Ziel einzulaufen.
Doch auch in Österreich ist die Verunsicherung groß. Auch die FPÖ forderte bereits eine temporäre Außerkraftsetzung des Schengen-Abkommens und eine Wiedereinführung der Grenzkontrollen. Sogar in Deutschland wagte es der CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich im Fall der Verwirklichung des italienischen Taschenspielertricks die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu fordern. Aber auch in Italien spaltet das Vorhaben die Regierung, denn der immer stärker werdende Koalitionspartner Berlusconis, die Lega Nord, droht am Spagat zwischen realpolitischen Erfordernissen und politischem Programm zu scheitern.
… oder Wiedereinführung von Grenzkontrollen?
Die vom Lega-Nord-Minister Roberto Maroni unterstützte Touristenvisum-Lösung würde nämlich anschließend eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beziehungsweise eine Arbeitserlaubnis unter gewissen Voraussetzungen ermöglichen, was Basis und Parteiführung sehr missfällt. Auch Maronis Vorschlag, die Einwanderer für ihre Heimkehr zu bezahlen, stößt bei Parteichef Umberto Bossi, der sich für eine schnelle und kostengünstige Rückführung einsetzt, auf wenig Gegenliebe. Eher den Parteijargon trifft Maronis Infragestellung der EU-Mitgliedschaft Italiens. Man sei „lieber allein als in schlechter Gesellschaft“, so der amtierende Innenminister.
Als gute Gesellschaft dürfte die Lega Nord den prominenten Besuch empfunden haben, der vor wenigen Wochen im inzwischen europaweit bekannten Lampedusa eingetroffen ist. Dort war nämlich die aussichtsreiche Präsidentschaftskandidatin des französischen Front National, Marine Le Pen, zu Gast um sich ein eigenes Bild von den Zuständen in den Lagern zu machen. Der Besuch wurde in ganz Europa beachtet, insbesondere die Tatsache, dass Le Pen wie ein Staatsgast empfangen wurde und lediglich einige Antifas durch Störversuche auffielen. Le Pen suchte derweil auch das Gespräch mit den illegalen Einwanderern, um ihnen zu verdeutlichen, dass Europa sie nicht wird aufnehmen können und dies dem Mehrheitswillen der Europäer entspräche.
Wirtschaftsflüchtlinge fliehen vor „befreiten“ Regimes
Ob sie damit erfolgreich war, ist zu bezweifeln, denn mittlerweile sind nicht mehr nur die Italiener ungehalten, sondern insbesondere auch die Lagerinsassen. Täglich werden neue Sonderwünsche geäußert, es finden Demonstrationen und Revolten statt. Von Dankbarkeit für die Aufnahme und die kostenfreie Verpflegung keine Spur. Stattdessen zündeten einige Tunesier vor kurzem ihr eigenes Lager an. Im letzten Jahr eskalierte die Situation derart, dass in der Stadt vagabundierende Nordafrikaner nur noch von provisorisch bewaffneten Bürgerwehren in Schach gehalten werden konnten.
Es wird einmal mehr deutlich, dass die muslimischen Einwanderer nicht im Sinn haben, sich in Europa einzugliedern und eine Zukunft aufzubauen, sondern viel Verachtung mitspielt. Auch handelt es sich mitnichten um verfolgte oder schutzbedürftige Menschen, sondern die Einwanderung ist fast ausschließlich wirtschaftlich bedingt. Warum in Afrika auf einem staubigen Acker arbeiten, wenn man in Europa umsonst verpflegt wird, ein Dach über dem Kopf hat und speist wie ein König? Die naive Gastfreundlichkeit der Europäer hat sich herumgesprochen: Insbesondere Deutschland wird immer öfter als Wunschreiseziel angegeben.
Revolutionen in der arabischen Welt, bei gleichzeitiger Auswanderung des Volkes
Es ist ein Paradox, dass in Arabien diktatorische, repressive Regierungen gestürzt werden und zum gleichen Zeitpunkt tausende Menschen wegen „politischer Verfolgung“ flüchten. Dass die wirtschaftlichen Vorteile in Europa entscheidend sein dürften, haben auch schon vor Jahren Wissenschaftler angemahnt und auf einen kommenden Exodus von Süd nach Nord hingewiesen. Der gerade entsprungene Einwanderungsstrom könnte hiervon den Anfang markieren. Lampedusa wird noch lange ein Synonym sein für Masseneinwanderung und die Bedrohung des christlich-abendländischen Europas.
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