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vendredi, 29 mars 2013

Syrien – letzter Staat seiner Art

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Syrien – letzter Staat seiner Art

von Gereon Breuer

Ex: http://www.blauenarzisse.de/

Syrien ist islamisch und säkular und damit der letzte Staat seiner Art im erweiterten Mittleren Osten. Kein anderer Staat in der Region erfüllt sonst diese Kriterien.

Die säkularen Staaten des islamischen Raumes standen für Verlässlichkeit und politische Planungssicherheit. Der Bevölkerung gewährten sie Sicherheit. Syrien ist nun auch der letzte Staat aus der Erbmasse des Osmanischen Reiches, in dem noch die Baath-​Partei herrscht. Und im Gegensatz zum Baath-​Regime Saddam Husseins im Irak war es Syrern immer möglich, in Frieden zu leben, solange sie sich nicht offensiv gegen das Regime gestellt haben.

Religiös-​ethnische Konfliktlinien

Seitdem von wo auch immer nach Syrien eingesickerte Rebellen einen Krieg gegen Präsident Baschar al-​Assad vom Zaun gebrochen haben, ist es mit dieser Sicherheit vorbei. Die religiös-​ethnischen Konfliktlinien zwischen Schiiten, Sunniten, Alawiten und Christen sind blutig aufgebrochen. Assad kämpft nicht nur um das Fortbestehen seiner Herrschaft, sondern – als Alawit – auch um die physische Existenz seines Stammes.

Denn die Alawiten, die einem Islam anhängen, der in manchen mystischen Praktiken noch auf die Zeit vor dem Propheten zurückgeht, würden nach einem Sturz des Assad-​Regimes unweigerlich der Vernichtung durch Sunniten und Schiiten ausgesetzt. Ähnlich würde es den Christen ergehen. Die Lage in Ägypten und dem Irak, wo jetzt schon große Teile der tief in der Region verwurzelten Christen-​Gemeinden ausgelöscht und vertrieben wurden, liefert hier blutdurchtränkte Beispiele. Aus diesen religiös-​ethnischen Konfliktlinien heraus ergibt sich auch ein Teil der Interessenlage jener Staaten, für die Syrien strategisch eine Rolle spielt.

Existenzielle Bedrohung urchristlicher Gemeinden

Der Iran etwa träumt schon seit längerer Zeit von einem schiitischen Gürtel vom Iran bis zum Mittelmeer. Könnte Syrien so weit destabilisiert werden, dass die Schiiten schließlich an die Macht gelangten, wäre dieser Traum erreibarer. Es bleibt jedoch ein Drahtseilakt. Denn je mehr sich Syrien destabilisiert, umso schwieriger werden die iranischen Waffenlieferungen an die vom Libanon aus gegen den iranischen Erzfeind Israel kämpfende Hizbollah.

Das wahhabitische Regime in Saudi Arabien, das der sunnitischen Richtung angehört, hat im ewigen Kampf zwischen Sunniten und Schiiten um die Vorherrschaft im Islam kein Interesse daran, den Iran zu stärken. Aus diesem Grund unterstützt es die Sunniten in Syrien. Es ist davon auszugehen, dass schon jetzt aus Riad viel Geld an die Rebellen fließt, damit sie einem sunnitischen Regime in Syrien den Weg ebnen. Für Israel geht es vordergründig vor allem darum, bei einem syrischen Kollaps zu verhindern, dass die chemischen Waffen des Assad-​Regimes in die falschen Hände – etwa die der Hizbollah – fallen und damit zu einer akuten Bedrohung für den Judenstaat werden könnten. Ein schiitisches Syrien von iranischen Gnaden dürfte für Israel die Bedrohungslage noch einmal verschärfen.

Lenker in Saudi-​Arabien und Iran

Russland ist so ziemlich der einzige Staat, dessen Regierung noch fest zu Assad hält. Zum einen ist den Russen seit eh und je die Interventionspolitik der USA ein Gräuel. Zum anderen ist Syrien für Russland auch von strategischer Bedeutung. Seit 2008 unterhält die russische Seekriegsflotte einen Stützpunkt in Tartus, der für ihre Operationsfähigkeit im Mittelmeer von entscheidender Bedeutung ist. Zudem dürfte es einigen Einfluss auf die Haltung Russlands haben, dass sich die Türkei in der Causa Syrien neo-​osmanischen Ambitionen hingibt und diese eventuell auch auf die Staaten mit Turk-​Bevölkerung in der Kaspi-​Region ausweiten könnten. Auch im Hinblick auf seine Interessen in der Schwarzmeerregion dürfte ein Erstarken der Türkei für Russland problematisch werden.

Eine einheitliche Meinung zu einem möglichen Vorgehen in Syrien im Kreis der Staaten der Europäischen Union gibt es nicht. Die meisten Regierungen der EU-​Staaten sehen in Syrien nicht unbedingt ihren Interessenbereich berührt. Großbritannien und vor allem Frankreich möchten gerne die Rebellen bewaffnen und das Assad-​Regime so schnell wie möglich stürzen. Frankreichs Präsident François Hollande ist der derzeit am lautesten polternde Kriegstreiber. Was sich der Führer der einstigen Schutzmacht der Christen in der Levante davon verspricht, darüber kann nur spekuliert werden.

Interessen Europas unklar

Stabilität in der Region kann es jedenfalls nicht sein. Eine existentielle Bedrohung für die christliche Bevölkerung ist es allemal. Dass sich der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nun auch für Waffenlieferungen an die Rebellen stark macht, bestätigt den fehlenden Weitblick dieses bestenfalls für den einfachen Dienst taugenden deutschen Chefdiplomaten.

Weil die Lage in Syrien sehr unübersichtlich ist und niemand genau zu sagen weiß, wo Freund und wo Feind stehen, kann auch niemand voraussagen, wohin die Waffen am Ende tatsächlich gelangen. So könnte sich am Ende das traurige Schauspiel wiederholen, das sich den USA bei ihrer Intervention im Irak bot, als sie mit den Waffen bekämpft wurden, die sie Saddam Hussein für seinen Krieg gegen den Iran geliefert hatten.

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