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dimanche, 26 mars 2017

Die Entstehung des Postmodernismus: Waffe der CIA im Kampf gegen US-kritische Intellektuelle

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Die Entstehung des Postmodernismus: Waffe der CIA im Kampf gegen US-kritische Intellektuelle

 
 
Ein mittlerweile öffentlich zugänglicher Bericht der CIA aus dem Jahr 1985 belegt das große Interesse der CIA an so genannten poststrukturalistischen Denkern wie Michel Foucault, Jacque Lacan und Rolandes Barthes. Das Missionsziel: die Spaltung der Linken.

Wir schreiben das Jahr 1971. Am 7. Januar startet zum letzten Mal ein Flugzeug mit dem Entlaubungsmittel Agent Orange an Bord, um seine todbringende Fracht über Vietnam zu versprühen. Im Juni desselben Jahres beginnt die New York Times damit, geheime Pentagon-Papiere über den Vietnam-Krieg zu veröffentlichen. US-Präsident Richard Nixon versucht über die Justiz, weitere Veröffentlichungen zu verhindern - scheitert aber später vor dem Obersten Gerichtshof der USA.

Im selben Jahr wird es zu einem bemerkenswerten Zusammentreffen kommen. Der französische Philosoph, Psychologe und Soziologe Michel Foucault trifft in einem niederländischen Fernsehstudio auf den US-amerikanischen Linguisten Noam Chomsky. Das Thema der Diskussion lautet "The Human Nature: Justice versus Power" ("Die Menschliche Natur - Gerechtigkeit gegen Macht"). Es entwickelt sich eine tiefgreifende Diskussion darüber, ob der Mensch überhaupt so etwas wie die vielzitierte menschliche Natur hat, und darüber, inwieweit der Mensch ein Produkt gesellschaftlicher Bedingungen ist. Doch vor allem geht es um ein Thema: Wer wird den intellektuellen und politischen Diskurs der Zukunft dominieren?

Am Ende der Diskussion wird Chomsky ernüchtert feststellen, noch nie einen solchen Amoralisten getroffen zu haben wie Foucault. Die 1960er, 1970er und auch noch die 1980er Jahre markieren nicht nur die Spaltung der Welt in NATO und Warschauer Block, zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Auch in der westlichen Intelligenzija kommt es zu einem folgenschweren Bruch. Dieser sollte sich Jahrzehnte später in einer Aufspaltung des linken Spektrums in eine so genannte kulturelle Linke und eine soziale Linke manifestieren.

Vereinfacht zusammengefasst lassen sich die beiden Richtungen so beschreiben: Unter der kulturellen Linken versteht man allgemeinhin soziale Bewegungen, die sich verstärkt für feministische, LGBT, kulturelle und antirassistische Themen engagieren. Zwar ist auch die kulturelle Linke klassischen sozialen Themen gegenüber, wie zum Beispiel der Arbeiterbewegung, in der Regel nicht feindselig eingestellt. Ihre Betonung liegt jedoch verstärkt auf die Herstellung von Gerechtigkeit durch Anerkennung von Differenzen.

Die soziale Linke hingegen definiert sich nach wie vor über die Eigentumsfrage. Klassische linke Themen wie Arbeiterbewegung, Gewerkschaften und Umverteilung von Reichtum stehen im Zentrum der Debatten. Das Augenmerk liegt vor allem auf der materiellen Ordnung und weniger auf der symbolischen. Diese Unterscheidung präsentiert sich in der Theorie und auch in der Praxis zwar selten so eindeutig, spiegelt aber dennoch die Tendenzen der letzten Jahrzehnte wieder. Die Politikwissenschaftlerin Nancy Fraser hat die Trennung unter anderem in ihrem Buch aus dem Jahre 2001 beschrieben. Dieses trägt den Titel: Die halbierte Gesellschaft. Schlüsselbegriffe des postindustriellen Sozialstaats.

Als Chomsky und Foucault sich 1971 in den Niederlanden darüber stritten, was Foucault einmal das "linke und linkische Gerede von Menschen" nannte, haben vermutlich auch einige Männer und Frauen im Publikum gesessen, die eine andere Agenda verfolgten. Ihnen ging es weniger darum, welcher intellektuelle Diskurs in der Zukunft den Menschen konstituieren würde. Sie hatten eher pragmatische und machtpolitische Ziele: Ihnen ging es um die Schwächung aller Intellektuellen, die sich kritisch zu der US-amerikanischen Politik äußerten.

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Dazu brauchte es einen Paradigmenwechsel - von Jean-Paul Sartre zu Michel Foucault. Während Sartre, genauso wie übrigens seine Frau Simone de Beauvoir, auch heute noch als quasi Fleisch gewordenes Klischee des engagierten, sich einmischenden Intellektuellen gilt, ließ sich Foucault nie wirklich zuordnen. Foucault ist vermutlich das größte politische Missverständnis der jüngeren Geschichte. Er war kein Rechter, er war kein Linker - er war noch nicht einmal ein Liberaler. Doch er war der richtige Mann zur richtigen Zeit. Eine Studie der CIA, die seit kurzer Zeit öffentlich zugänglich ist, zeigt auch, warum.

In mühevoller Kleinarbeit wird auf über 20 Seiten minutiös dargelegt, warum die Förderung dieses neuen Typus von französischem Intellektuellem im Interesse der USA lag. Zu Beginn der Studie wird erläutert, wie es überhaupt zu der wichtigen politischen Rolle des Intellektuellen in der französischen Gesellschaft gekommen ist. Angefangen hatte dies mit der so genannten Dreyfus-Affäre. Der französische Artillerie-Hauptmann Alfred Dreyfus wurde 1894 durch ein Kriegsgericht wegen angeblichen Landesverrats verurteilt. Man warf ihm vor, Militärgeheimnisse weitergereicht zu haben. Ausgerechnet an den Erzfeind: das Deutsche Kaiserreich.

Doch es stellte sich heraus, dass Dreyfus unschuldig war. Der Skandal zog weite Kreise. Dreyfus war Jude. Deshalb versuchten antisemitische, katholische und monarchistische Gruppen, die Bevölkerung aufzuwiegeln und die Verurteilung des wahren Schuldigen, Major Ferdinand Walsin-Esterházy, zu verhindern. Auch der berühmte französische Schriftsteller Émile Zola mischte sich ein. Sein Artikel "J´accuse!" ("Ich klage an!") trug maßgeblich dazu bei, Dreyfus zu rehabilitieren, und gilt als Geburtsstunde des sich einmischenden Intellektuellen.

All dies wird im Dossier der CIA aufgeführt. Doch es ging den Verfassern der Studie nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft. Die Aufmerksamkeit sollte weg von den USA und hin zur UdSSR gelenkt werden. Was man heute als Cyberwar und Asymmetrische Kriegsführung bezeichnen würde, nannte man früher den globalen Kulturkrieg. Und die CIA wusste, welche Hebel sie bedienen musste.
 

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Organisationen wie zum Beispiel der Congress für Cultural Freedom (CCF), der Kongress für kulturelle Freiheit, eine von 1950 bis 1969 in Paris ansässige Kulturorganisation, die von der CIA finanziert wurde, spielte dabei eine bedeutsame Rolle. Über sie nahm man aktiv Einfluss auf sogenannte linksliberale Intellektuelle, um diese für den Kampf gegen den Totalitarismus zu gewinnen. Bekämpft wurden US-Kritiker wie zum Beispiel Thomas Mann, Jean-Paul Sartre und Pablo Neruda.

Der Kongress für kulturelle Freiheit hatte Büros in über 35 Ländern der Welt. Darunter natürlich auch in West-Berlin. Er publizierte mehrere Zeitungen und Zeitschriften, war an Buchverlagen beteiligt, organisierte hochwertige nationale wie auch internationale Konferenzen und Ausstellungen. Darüber hinaus beteiligte er sich an der Finanzierung von Kunstpreisen und Stipendien.

Im Fall der Studie über die französischen Intellektuellen ging es konkret darum, über die Manipulation bestimmter prominenter Köpfe die Meinungs- und Deutungshoheit in politischen Fragen zu gewinnen. Die Linke in Frankreich genoss durch ihr starkes Engagement in der Resistance während der deutschen Besatzung einen untadeligen Ruf. Damit stand sie im Gegensatz zu vielen Konservativen und Rechten, die sich zum Teil im Vichy-Regime kompromittierten.

Nirgends war aber auch der Anti-US-Amerikanismus in Frankreich stärker ausgeprägt als bei den Linken. Diese Hegemonie galt es zu brechen. Und dazu musste der Blick weg von dem Vietnam-Krieg (1955 bis 1975), weg von den Interventionen in Guatemala (1954), Dominikanische Republik (1965), Chile (1973) sowie El Salvador und Nicaragua in den 1980er Jahren. Stattdessen sollte der Blick auf die totalitäre UdSSR gerichtet werden.

Die Zeit war dafür auch günstig. Die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und der gescheiterten faschistischen Utopien saßen tief. Auf der Gegenseite gab es aber auch die Erfahrungen in der Sowjetunion mit Stalin und dem Gulag. Sie galten als Belastung für westliche Linke. Vor diesem Hintergrund wendeten sich mehr und mehr so genannte "progressive Intellektuelle" von den "großen Narrativen" ab.

Ein Mann wie Jean-Paul Sartre war da ein Hindernis. Sartre war zwar kein Stalinist, hielt sich mit Kritik jedoch auch zurück. Er schrieb später selbstkritisch dazu, dass die politischen Ereignisse ihn dazu verführt hätten, das Klassenkampf-Schema "wie ein Gitternetz zu verwenden, was mehr der Bequemlichkeit als der Wahrheit diente".

Es brauchte neue Köpfe. Also förderte man anti-marxistische Intellektuelle wie zum Beispiel Bernard-Henri Lévy, André Glucksman oder Jean-François Revel, die sich in mehreren Publikationen angriffslustig gegen die "letzten Retter des Kommunismus" wandten. Zudem waren die neuen Köpfe umso glaubhafter, da sie selber eine linke Vergangenheit vorzuweisen hatten.

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Doch die CIA war noch raffinierter. Nicht nur Intellektuelle, die sich offen gegen den Marxismus aussprachen, waren wertvoll. Vor allem solche, die vorgaben, so genannte reformierte Marxisten zu sein, waren Goldes wert, wie die Studie erläutert:
Noch effektiver im Untergraben des Marxismus waren solche Intellektuelle, die als "wahre Marxisten" starteten, um dann die ganze marxistische Tradition abzulehnen und zu überdenken.
In der Studie wird Michel Foucault als einer jener Intellektuellen zitiert, die einen Anteil daran hatten, "den Marxismus in den Sozialwissenschaften entscheidend zu demolieren". Er wird als der "einflussreichste und tiefste Denker Frankreichs" beschrieben. Man hob dabei seine Kritik an der rationalen Aufklärung des 18. Jahrhunderts und des revolutionären Zeitalters hervor, die zu "blutigen Konsequenzen" geführt habe.

Es würde zu weit führen, hier die Philosophie von Foucault erklären zu wollen. Grob formuliert prägt er vor allem den Diskurs darüber, wie Wissen entsteht und Geltung erlangt. Und wie Macht ausgeübt wird und dabei Subjekte konstituiert und diszipliniert werden. Foucault wurde für seine Gedanken aus ganz verschiedenen Richtungen des akademischen und politischen Spektrums kritisiert: als Anarchist, Linksradikaler, Marxist, Kryptomarxist, Nihilist, Antiwissenschaftler und Irrationalist, Antimarxist, Neoliberaler, gaullistischer Technokrat oder Rechter.

Rechte warfen ihm vor, er stelle jede Macht in Frage und sei eine Gefahr für die geistige Gesundheit der Studenten. Linke hingegen, unter anderem Jean-Paul Sartre, hielten ihm hingegen vor, letztes Bollwerk der Bourgeoisie zu sein oder in der Nähe von Hitlers "Mein Kampf" zu stehen.

Die Maskerade gehörte bei Foucault zum Spiel dazu. Er war ein Vorreiter dessen, was man heute gemeinhin und diffus als die Postmoderne betitelt. Eine neue Unübersichtlichkeit, in der es Wahrheit und Entscheidungen nicht geben kann. Und in der bestehende Machtverhältnisse dekonstruiert, aber nicht mehr revolutionär verändert werden können.

Eine weitere Strategie der CIA bestand darin, das Ansehen der Sozialwissenschaften selbst zu unterminieren. Statt Soziologie oder Philosophie zu studieren, sollten die Studenten lieber Wirtschafts- und Ingenieurskurse belegen. Alles, was von der Herausbildung eines so genannten kritischen Bewusstseins, vor allem für soziale Belange, wegführte, war willkommen.

Ein guter Lesetipp, um dieses Thema weiter zu vertiefen, ist das Buch Wer die Zeche zahlt... Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg von Frances Stonor Saunders. Es belegt neben den vielfältigen Aktivitäten der CIA im Kalten Krieg vor allem eines: die große Angst der CIA vor der Kraft der Gedanken und Worte.

Kommentar: Viele der hier angesprochenen Punkte werden auch in Lobaczewskis Buch Politische Ponerologie behandelt. Darunter fällt die Korrumpierung von Disziplinen (v.a. Geistes-, Sozial- und Neurowissenschaften), die psychopathischen Individuen an der Macht gefährlich werden könnten sowie die Neutralisierung von (potentiell) kritischen Intellektuellen. Denn das unkorrumpierte Wissen in Verbindung mit Mut und Umsicht kann dazu ermächtigen, den Finger auf die Wunde zu legen und jene Machthaber zu entmachten. Die CIA ist als psychopathisches Machtkonglomerat und wesentlicher Bestandteil unserer Pathokratie natürlich ein Gegner wahrhaft kritischen Intellektualismus, der die Existenz der CIA bedrohen könnte.

© SOTT
Politische Ponerologie: Eine Wissenschaft über das Wesen des Bösen und ihre Anwendung für politische Zwecke

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