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lundi, 06 mai 2013

Bismarck im Bett

Bismarck im Bett

Andrej Iwanowski, RIA Novosti

Ex: http://de.rian.ru/

bismark1295041568.jpgAm 6. August 1862 begegnet Otto von Bismarck in Biarritz dem russischen Fürsten Nikolai Orloff und dessen Gattin Katharina, geborene Trubezkaja. Der künftige „Eiserne Kanzler“ verknallt sich auf der Stelle in die 22-jährige Blondine. Er selbst ist bereits 47.

Völlig erfunden ist die Liebesgeschichte wohl nicht. Jedenfalls kann der russische Autor Eduard Topol, dessen Kurzroman „Bismarck. Die russische Liebe des Eisernen Kanzlers“ soeben in Moskau erschien, unter anderem auf den 1930 von Orloffs Enkel in Berlin herausgebrachten Briefwechsel zwischen Bismarck und „Kathi“ hinweisen – in dem allerdings die beiden einander siezen und in dem die junge Fürstin ihren wesentlich älteren Briefpartner mit „Onkel“ anredet.  „Natürlich war er kein Idiot, und sie war auch keine Idiotin, um den Charakter ihrer Beziehung in den Briefen erkennen zu lassen“, so Topol in einem Gespräch mit RIA Novosti. „Wenn man aber die Vorgeschichte kennt und sich das ganze Drumherum vorstellt, lese ich in diesen Briefen zwischen den Zeilen klar und deutlich: Die beiden waren ineinander verliebt. Und sogar mehr als das.“ 

Vor einigen Jahren war Topol nach eigenen Worten auf einen Zeitungsartikel gestoßen, wo es hieß, dass Otto von Bismarck „ein platonisches Verhältnis“ mit der russischen Fürstin hatte, als er 47 und sie 22 war. „Das gibt es nicht, dachte ich sofort“, so der Autor. „Das kann einfach nicht sein.“ 


„Ich besorgte mir Literatur über Bismarck. In ziemlich allen Büchern wurde die Geschichte mit Trubezkaja erwähnt, überall hieß es aber, dies sei eine zwar längere, aber eine platonische Beziehung gewesen. Je mehr ich aber über Bismarck las und je mehr ich mir diesen großen, starken, intelligenten und einflussreichen Mann vorstellte, desto weniger glaubhaft erschien mit dieses ‚Platonische‘.“ 

In Topols Roman geht der Autor gleich zur Sache: Das Ehepaar Orloff wohnt im Biarritzer „Hotel d’Europe“ genau über Bismarck. Nachts sind die Fenster in allen Zimmern dem Meereswind entgegen geöffnet, und der künftige „eiserne Kanzler“ muss dem Stöhnen des über seinem Kopf „auf dem Fußboden“ kopulierenden russischen Fürstenpaares zuhören.  Der arme Graf Bismarck weiß nicht wohin mit seiner Eifersucht und seiner Erregung. 
Fürst Orloff, Russlands Gesandter in Brüssel, ist zwar mit 35 wesentlich jünger als Bismarck, war aber kurz zuvor im Krim-Krieg neunmal verwundet worden. Dort hat er ein Auge verloren, ein Arm ist weitgehend gelähmt. So überlässt er seine temperamentvolle Gattin dem robusten Preußen: Beide wandern zu zweit über Felsen und schwimmen bis zur Erschöpfung im Meer. So etwas kann ja nicht gut ausgehen.

 Der heute in Paris lebende Fürst Alexander Trubezkoi, ein Ur-Nachspross in der rassigen Sippe der attraktiven Blondine, will es genau wissen: „Katharina Trubezkaja hat in der Tat ihren Gatten mit Bismarck betrogen, der aber dieses Verhältnis unterhielt, um vertrauliche Informationen über die russische Diplomatie zu ergattern. Die Franzosen nennen das ‚Bett-Diplomatie‘.“ Das erzählte er auch Topol, der Literat will ihm aber nicht glauben. Sein literarisches Metier ist die erotische Passion, und seiner Version bleibt er auch im jüngsten Werk treu. 

topoled.jpgDer heute 74-jährige Topol (Bild), der in den 70er-Jahren nach Europa und anschließend in die USA ausgewandert war, sich später aber auch in seiner postsowjetischen Heimat einen Namen machte, hat nämlich für Erotik einiges übrig. Mit seinen Büchern „Russland im Bett“, „Neues Russland im Bett“,  „Die unschuldige Nastja, oder: Die ersten 100 Männer“, „Ich will dein Mädchen“ etc. sorgte er dafür, dass seine Leserschaft in jedem neuen Werk von ihm auf Prickelndes wartet. In „Bismarck“ kommt sie – wenn auch nicht mehr so ausgiebig wie früher – auf ihre Kosten. „Ich kann mich noch erinnern, wie das funktioniert“, gesteht der Autor schmunzelnd. 

Ein Telegramm „von Fürstin Katharina Orloff an Minister-Präsident Otto von Bismarck“ vom 10.09.1864 soll angeblich in Archiven noch auffindbar sein: „Nikolai und ich haben heute in Darmstadt Kaiser Alexander und König Wilhelm besucht. Am 11.09. bleibt Nikolai bei Kaiser Alexander, ich fahre mit dem Zug zu meiner Freundin nach Heidelberg.“

Egal, was danach in Wirklichkeit passiert ist: In Topols Roman lässt Bismarck alles stehen und liegen, düst zum Bahnhof (sorgt natürlich dafür, dabei unbemerkt und unerkannt zu bleiben), steigt an einer Zwischenstation in den Zug und verbringt einen halben Tag zu zweit in Katharinas Abteil. Topol:„Es steht Ihnen frei, es sich so vorzustellen, dass sie diese Zeit beim Zigarrenrauchen und politischen Diskussionen verbracht haben.“ In seinem Roman wird es etwas anders beschrieben: „Sie steht auf, und ihre Pelzstola fällt ab von ihrem nackten Körper. Bismarck, vom Regen noch ganz nass, fällt vor ihr auf die Knie. (…) Einige Stunden später, am Bahnhof Weinheim, steigt Bismarck aus und kehrt mit dem Zug nach Frankfurt zurück.“ 


„Ein Fakt, der Bände spricht: In seinen Sarg ließ Bismarck laut Testament ein Uhrkettenanhängsel aus Achat legen, auf dem Katharina ihren Namen hatte eingravieren lassen, und einen Olivenzweig, den sie ihm einmal schenkte“, behauptet Topol. 

topolbis.JPGKatharina stirbt aber noch viel früher als er mit 35. Als Bismarck das erfährt, verfällt er für sieben Jahre in Depression. Inzwischen hat er als Politiker ziemlich alles erreicht, die Liebe seines Lebens ist aber nicht mehr auf dieser Welt. Wozu dann das Ganze? 

Von seiner Ausbildung her ist Topol Drehbuchautor und als solcher hat er seinerzeit auch die Moskauer Filmhochschule absolviert. „Der Roman ist aus einem Drehbuch entstanden“, gesteht er. „Ich stellte mir diese Geschichte gleich als einen Film vor: In schönen Kostümen, vor der historischen Kulisse, mit Kriegs- und Liebesszenen, mit namhaften europäischen Stars.“ Dass sich Bismarcks Geburtstag am 1. April 2015 zum 200. Mal jährt, ist Topol ebenfalls durchaus bewusst. „Wahrscheinlich werden die Deutschen aus diesem Anlass einen Film drehen wollen. Da stehe ich schon mit meinem Drehbuch startbereit. Was ich brauche, wären nur fünf Millionen Dollar.“