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samedi, 10 octobre 2009

Ernst Jüngers "Abenteuerliches Herz", revolutionär gelesen

000314987.jpgErnst Jüngers „Abenteuerliches Herz“, revolutionär gelesen

 

Roland Lorent ( http://www.fahnentraeger.com/ )

 

Im Februar 1929 veröffentlichte Ernst Jünger seine Fragmentsammlung „Das abenteuerliche Herz“. Das Buch entstand u.a. vor dem Hintergrund einer gedanklichen Synthese aus Metaphysik und Technikakzeptanz. In der modernen Welt kann der Individualismus als Relikt des liberalen Bürgertums nur noch in einer subjektiven Scheinrealität entfaltet werden. Als Ausweg erscheint der Gedanke, nur eine auserwählte revolutionäre Elite sei bestimmt, nicht nur die Revolution herbeizuführen, sondern alles Vorhandene zugunsten einer völlig neuen Ordnung zu vernichten.

 

„Es ist mein geheimer Stolz, dass ich hinter der Mathematik der Schlachten den prächtigen Traum witterte, in den sich das Leben stürzte, als ihm das Licht zu langweilig ward. Daher ist es mir gelungen, den Krieg den Spießbürgern aus den Zähnen zu reißen, was in einer Zeit der allgemeinen Wehrpflicht nicht einfach ist und wofür mir mancher wackere Kerl seinen Dank ausgesprochen hat. Aber was in den feurigen Traumlandschaften des Krieges gültig war, das ist auch in der Wachheit des modernen Lebens nicht tot. Wir schreiten über gläsernen Boden dahin, und ununterbrochen steigen die Träume zu uns empor, sie fassen unsere Städte wie steinerne Inseln ein und dringen auch in den kältesten ihrer Bezirke vor. Nichts ist wirklich, und doch ist alles Ausdruck der Wirklichkeit.“ Die moderne Gesellschaft ist gekennzeichnet durch Misstrauen, Bedrohung, Vereinsamung. „So lebt der Einzelne inmitten der Millionenstädte der Zeit in einer eisigen Isolation. So aber auch bereitet sich die Stunde der Rattenfänger vor, der großen Zauberer, denen die alten, furchtbaren Melodien überliefert sind.“ Jünger kritisiert in scharfen Worten die deutsche Schläfrigkeit und die farblose Humanität sowie den traditionellen Mangel an revolutionärer Haltung. „Gerade dies, das Ausweichen vor der Verantwortung dort, wo sie ernsthaft zu werden beginnt, und das Billige der Erfolge, die heute zu ernten sind, hat mich die politische Tätigkeit sehr bald als unanständig empfinden lassen...Man kann sich heute nicht in Gesellschaft um Deutschland bemühen; man muss es einsam tun.“

 

„Es gibt heute in Deutschland vielmehr nur ein Verbrechen, und dies kann nur von den wertvollsten Kräften begangen werden. Es besteht, ob man nun denkt oder handelt, in der Unterlassung des Bestrebens, jede Fragestellung bis in die letzte Schicht der Verantwortung hineinzutreiben. Ein einziger Schlageter ist unendlich wertvoller als die öde Soldatenspielerei von hunderttausend anderen. Dieses Beispiel zeigt, wie das der Idee gemäße Handeln einer höheren als der zweckmäßigen Ordnung angehört und Bilder von höchster Fruchtbarkeit und Abgeschlossenheit erzeugt, an denen der gemeine Sinn nicht teilhaben darf.“

 

„Unsere Hoffnung ruht in den jungen Leuten, die an Temperaturerhöhung leiden, weil in ihnen der grüne Eiter des Ekels frisst, in den Seelen von Grandezza, deren Träger wir gleich Kranken zwischen der Ordnung der Futtertröge herumschleichen sehen. Sie ruht im Aufstand, der sich der Herrschaft der Gemütlichkeit entgegenstellt und der der Waffen einer gegen die Welt der Formen gerichteten Zerstörung, des Sprengstoffes, bedarf, damit der Lebensraum leergefegt werde für eine neue Hierarchie.“

 

„Es ist die kalte, niemals zu sättigende Wut, ein sehr modernes Gefühl, das im Spiel mit der Materie schon den Reit gefährlicherer Spiele ahnt und der ich wünsche, dass sie noch recht lange nach ihren eigentlichen Symbolen auf der Suche sei. Denn sie als die sicherste Zerstörerin der Idylle, der Landschaften alten Stils, der Gemütlichkeit und der historischen Biedermeierei wird diese Aufgabe um so gründlicher erfüllen, je später sie sich von einer neuen Welt der Werte auffangen und in sie einbauen lässt.“

 

„Erkennt man die heroische Weltanschauung als verbindlich an, so muss man auch fühlen, dass der Schmerz, den die Gewalt verursacht, weit erträglicher ist als der, der mit den vergifteten Waffen des Mitleids trifft. Der Verbrecher ist ein Mann, der den Krieg erklärt - nun gut, und er selbst ist am wenigsten darüber erstaunt, dass man mit ihm nach Kriegsbrauch verfährt...Entsprechendes lässt sich von der Haltung des Anarchisten sagen, nicht aber vom Kommunismus, vom deutschen Kommunismus, wohlbemerkt, der einen weit geringeren Zusatz vom Metall der Anarchie in sich verbirgt als etwa der russische - einem äußersten Kleinbürgertum, einer Aktiengesellschaft im Schrebergartenstil, deren Grundkapital der Schmerz und seine Reaktionen und deren Ziel nicht die Vernichtung, sondern eine besondere und langweiligere Ausbeutungsform der bestehenden Ordnung ist.“

 

„Diese Ordnung wird nicht angegriffen als Qualität, (...) sondern in bezug auf eine ihrer quantitativen Eigenschaften, weshalb denn auch jedes Schwungrad munter weiterläuft und sich im Wesentlichen nichts verändert...Dem entspricht eine Haltung, die zwar wenigstens auf kriegerische Taktik und Gewaltanwendung nicht verzichtet, ihr aber nicht jene Not, die von äußeren Dingen ganz unabhängig ist, zugrunde legt, sondern Leid und Mitleid, das sich dazu noch auf materielle Umstände bezieht.

Daher ist es auch ganz unmöglich, dass anstelle von Intelligenzen führende Geister von Rasse in den Kommunismus einströmen, der ein Ausfluss der Unterdrückung, nicht aber der Selbstherrlichkeit ist - oder in dem Augenblick, wo das geschähe, bliebe vom Kommunismus nur noch der Name übrig. Denn Geister dieser Art sind unfähig, sich rein in der materiellen Schicht zu verständigen. Auch spielen die Leiden keine entscheidende Rolle für sie, sie scheuen sie nicht - ja sie suchen sie auf. Außerdem wird man ihnen nicht klarmachen können, warum ein Zustand, der unwürdig ist, von dem Augenblick an, in dem er sich besser bezahlt macht, aufhören sollte, unwürdig zu sein. Sie fühlen wohl, dass in diesem Falle der Wille zu einem weit gründlicheren, zu einem qualitativen Umsturz aufzutreten hätte, der freilich ohne seelische Voraussetzungen gar nicht als notwendig empfunden wird, und der von Bettelleuten, das heißt von Naturen, deren Gesinnung vom Geld abhängig ist, nicht aufgebracht werden kann.“

 

„Demgegenüber stellt sich der Anarchist klar aus der Ordnung heraus; er greift sie nicht als eine in sie eingebettete, infizierte Zelle an, sondern er sucht das Verhältnis eines selbständigen, kämpfenden Organismus auf...So kommt es, dass der Kommunist warten muss, bis die Gesellschaft reif ist, ihm als Beute anheim zu fallen, und dass er wiederum nur in Gesellschaft, nur en masse, diese Beute verwerten kann. Anders ausgedrückt: der Kommunismus ist zum entscheidenden Kampf gegen die Gesellschaft ganz unfähig, weil diese zu seinen Anschauungsformen gehört. Er ist kein Aufstand gegen die Ordnung, sondern ihr letzter und langweiligster Triumph.“

 

„Jeder Einzelne, sofern er nur in sich selbst die Gesellschaft entschieden vernichtet hat, kann sofort dazu übergehen, diese Vernichtung auch am äußeren Bestande der Gesellschaft zu vollstrecken...(...)

Aus diesem Grunde ist denn auch die Lösung des Anarchisten Karl Moor so durchaus menschlicher, die des Sozialisten Karl Marx aber nur humanitärer Natur, wie denn überhaupt der Sturm und Drang eine äußerst erfreuliche Epoche ist, weil hier der Deutsche einer seiner selteneren Eigenschaften an die Oberfläche bringt und zeigt, dass ihm die Ordnung auch einmal langweilig werden kann.“

 

„Er sieht dort, wo jeder für sich im Kampfe liegt, die durchlaufende Front. Daher ist es seine Stimme, die inmitten der Verwirrung von einer höheren Einheit Kunde gibt oder die gleich der eines Meldeläufers bei Nacht das Herz in seiner Verlassenheit darüber beruhigt, dass der Anschluss besteht...Nur von diesem Punkte aus, als Ausdruck einer innersten und entschiedensten Rangordnung, scheint mir auch der Kultus des Unbekannten Soldaten...fruchtbar zu sein. Der weiße Flammenstrahl, der aus dem Asphalt schlägt, sollte der Jugend, die ihn  grüßt, ein Symbol dafür sein, dass unter uns der göttliche Funke noch nicht ausgestorben ist, dass es immer noch Herzen gibt, die sich der letzten Läuterung, der Läuterung der Flamme, bedürftig fühlen, und dass die Kameradschaft dieser Herzen die einzig erstrebenswerte ist.“

 

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