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vendredi, 04 novembre 2016

Der Dollar als Leitwährung - Ein unverschämtes Privileg

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Der Dollar als Leitwährung
Ein unverschämtes Privileg
 
von Thomas Fuster 
Ex: http://www.nzz.ch
 
Seit Jahrzehnten kommt dem Dollar die Rolle einer internationalen Leitwährung zu. Für die USA hat dies handfeste Vorteile. Ist ein Ende des Privilegs absehbar?

Dank der weltweiten Akzeptanz des Dollars können sich die USA zu günstigeren Konditionen verschulden.

Wer auch immer das Rennen um das Weisse Haus für sich entscheiden wird: Sie – oder er – wird sich von anderen Staatschefs zumindest in einem Punkt abheben können: Nur in den USA wacht der Präsident über ein Land, deren Heimwährung zugleich die internationale Leitwährung ist. Diese Besonderheit bringt Vorteile, die im Ausland oft für Irritationen und Verärgerung sorgen. Eher undiplomatisch formulierte diesen Unmut in den 1960er Jahren der damalige französische Finanzminister Valéry Giscard d'Estaing: Er attestierte Amerika ein «exorbitantes Privileg».

Grösste Flagge im Wind

Wie exorbitant ist dieses Privileg tatsächlich? Allein mit Statistiken lässt sich die Frage kaum beantworten. Denn eine Währung ist ein nationales Symbol, ähnlich einer Flagge. Und wenn eine einzelne Flagge auf weit grösserem Tuch im Wind flattert als alle anderen, nagt dies am Selbstbewusstsein der übrigen Fahnenträger. In Debatten zur Rolle des Dollars ist denn auch oft von Hegemonie oder monetärem Imperialismus die Rede. Es fallen Begriffe, die eher wenig mit Ökonomie zu tun haben. Dünnhäutig agieren dabei vor allem jene, die mit ihrer Währung ebenfalls ins Scheinwerferlicht drängen, etwa die Machthaber Chinas.

Kurz, der Neid auf den Dollar ist gross – und dessen Dominanz ebenso. Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ist die amerikanische Währung an 88% aller Devisentransaktionen beteiligt. Für den Euro gilt dies nur bei 31%, und der chinesische Renminbi liegt mit 4% lediglich auf dem achten Platz der am häufigsten gehandelten Währungen. Auch bei den Devisenreserven ist die Sachlage klar: 63% aller beim Internationalen Währungsfonds gemeldeten Devisenreserven lauten auf Dollar, nur 20% auf Euro. Das globale Finanzsystem dreht sich vor allem um den Greenback.

Subventionierter Lebensstil

Für Amerikas Regierung hat diese Dominanz handfeste Vorzüge: Sie kann sich zu tieferen Zinssätzen verschulden, da ihre Schuldpapiere weltweit von Notenbanken zu Reservezwecken gehalten werden. Weil der Emittent der Leitwährung allein kraft seiner Grösse als sicher empfunden wird, tätigen auch andere Investoren einen Grossteil ihrer Anlagen im Dollar. Entsprechend liquid ist Amerikas Kapitalmarkt. Dies drückt die Renditen zusätzlich und erlaubt es den USA, zu günstigeren Kosten ein höheres Handelsbilanzdefizit finanzieren zu können als andere Staaten. Damit subventioniert das Ausland indirekt die Zwillingsdefizite (Handel und Haushalt) der USA und deren schuldenfinanzierten Lebensstil, so der oft artikulierte Groll ausserhalb Amerikas.

Doch subventioniert wird nicht nur der Staat. Gleiches gilt für Amerikas Unternehmen. Ihnen bleiben teure Absicherungsgeschäfte erspart, da ein Grossteil des Handels und die meisten Rohstoffe (etwa Erdöl) ohnehin in Dollar fakturiert werden. Währungsschwankungen spielen für sie daher eine weit geringere Rolle als für ausländische Konkurrenten, was einen Wettbewerbsvorteil begründet. Auch geht mit dem Privileg, im Herkunftsort der Leitwährung zu operieren, ein gewisser Versicherungsschutz gegen finanzielle Schocks einher: Selbst nach Krisen, die von den USA ausgehen – etwa der Kollaps von Lehman Brothers im Herbst 2008 – fliesst erfahrungsgemäss weiterhin viel Geld in den Dollar, da es den Investoren schlicht an ähnlich liquiden Alternativen mangelt.

Kein Ende absehbar

Nicht zu unterschätzen ist auch der pekuniäre Vorteil eines höheren Gewinns aus der Geldschöpfung (Seigniorage); gemeint ist damit die Differenz zwischen den Produktionskosten und dem Nennwert einer Geldeinheit. So kostet es die USA laut Fed derzeit nur 14,3 Cents, um eine 100-Dollar-Note zu drucken. Andere Länder müssen hingegen Güter oder Dienstleistungen im Wert von 100 Dollar anbieten, um einen solchen Geldschein zu erhalten. Da von einer Leitwährung naturgemäss auch im Ausland grosse Mengen zirkulieren, fällt dieser einmalige Gewinn entsprechend grösser aus. So schätzt das Fed, dass derzeit die Hälfte bis zwei Drittel aller im Umlauf sich befindlichen Dollar im Ausland gehalten werden.

Ist ein baldiges Ende des Dollar-Privilegs absehbar? Eher nicht. Zwar wird die Weltwirtschaft mit dem Aufstieg von Schwellenländern wie China oder Indien immer multipolarer – ein Trend, der anhalten dürfte. Dennoch sind keine Währungen erkennbar, die dem Dollar die Führungsposition in absehbarer Zukunft streitig machen könnten. Am ehesten in Frage kämen der Euro und Renminbi. Doch der amerikanische Ökonom Barry Eichengreen bringt in seinem Buch «Exorbitant Privilege» die Nachteile dieser zwei Rivalen in knappen Worten auf den Punkt: Der Euro ist eine Währung ohne Staat – und der Renminbi eine Währung mit zu viel Staat.

Bonus des Amtsinhabers

Was heisst das? Gerät der Euro-Raum in eine Krise, existiert keine handlungsfähige Regierung, die Gegensteuer geben kann. Das beschämende Hickhack nationaler Regierungen seit Ausbruch der Euro-Krise zeigt dies deutlich. Dem Vertrauen in Europas Einheitswährung war dies wenig förderlich. Chinas Regime hingegen beharrt auf einem Zuviel an Handlungskompetenz und pocht auf Kapitalverkehrskontrollen. Man tut sich schwer damit, den heimischen Finanzmarkt für ausländische Akteure vollständig zu öffnen. Die zwei zentralen Voraussetzungen für eine Leitwährung – Vertrauen in die Stabilität des Währungsraums und Existenz eines reifen Kapitalmarkts mit frei konvertierbarer Währung – erfüllen daher weder der Euro noch der Renminbi.

Wie bei politischen Wahlen kommt dem Dollar der Bonus des «Amtsinhabers» zugute. Es ist also für den Dollar bei der Verteidigung seines internationalen Führungsanspruchs von gewichtigem Vorteil, die Führung bereits beanspruchen zu können. Dies deshalb, weil es sich für Exporteure oder Anleger meist lohnt, dieselbe Währung zu nutzen wie andere Exporteure oder Anleger. Dieser Netzwerkeffekt, der den Status quo stärkt, ist vergleichbar mit dem Nebeneinander konkurrierender Computerprogramme. Wer sicher sein will, dass sein per Email verschicktes Dokument vom Empfänger problemlos gelesen werden kann, tut gut daran, das am Markt führende Programm zu benutzen. Nicht anders ist es mit dem Dollar – er bleibt die wichtigste Software der Weltwirtschaft.

 

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