Eigentlich hatte die europäische Einigung nach amerikanischem Muster das ehrgeizige Ziel, das Modell National zu überwinden. Das ist nachweislich mißlungen. Die Europäische Union hat, im Gegenteil, mit ihrer verrückten Politik die nationalen Geister, die man verbannen wollte, vorerst zu neuen Taten erweckt. Es ist vor allem der rechte Populismus, der in diesem Europa ohne Grenzen seine Aktionsbasis gefunden hat, von der aus Fragen von nationalem Interesse und solche der Identitäten in Angriff genommen werden konnten. Was man auch reichlich genützt hat und weiter nützt.
Von Portugal bis Bulgarien, von Schweden bis Italien haben sich populistische Parteien und Organisationen mit unterschiedlichem Erfolg etabliert. Diesen Erfolg verdankt man politischen Fehlern und ökonomischen Problemen der herrschenden Eliten, vermehrt aber der Gefahr einer Islamisierung durch ungezügelte Zuwanderung. Letzteres Problem hat nun eine weitere außereuropäische Kraft auf den Plan gerufen: die israelische Rechte und deren Ableger in Europa. Erst durch das stille bis offene Engagement dieser an der Seite einiger rechten Parteien und Gruppieren hat sich die Lage für die bisher eher als Antisemiten und Ausgegrenzte geltenden Populisten entscheidend verbessert. Jetzt sieht man sie, mit dem Segen der einen israelischen Reichshälfte ausgestattet, endlich regierungsfähig.
Ehe ich in einem späteren Kommentar auf diese merkwürdige Kooperation und auf einige zu Philosemiten gewandelte Akteure näher zu sprechen komme, doch einige klärende Bemerkungen zum rechten Populismus an sich. Ein wichtiges Merkmal dieser populistischen Bewegungen sehe ich darin, daß sie als wählbare und demokratische Kraft anerkannt werden wollen. Also als politische Organisation innerhalb des Verfassungsbogens in gleicher Weise respektiert zu werden wie die etablierten großen Parteien. Die Populisten wollen das System gewiß nicht beseitigen, sondern nur dessen Auswüchse, dazu eben die unkontrollierte Einwanderung, die Ideologie der Globalisierung oder die Spekulation gehören. Allerdings können oder wollen sie nicht begreifen, daß die von ihnen angeprangerten Fehler und Mißstände unentwirrbar mit dem so hoch gepriesenen demokratischen System universellen Zuschnitts verknotet sind.
Insofern können wir einen Widerspruch feststellen, der eben darin besteht, daß man nicht Vollmitglied und Stütze des Systems und gleichzeitig dessen entschiedener Kritiker sein kann, ohne früher oder später unglaubwürdig zu werden. Außerdem fehlt den Populisten, nicht selten sehr einfache Gemüter, das nötige in sich gefestigte ideologische oder weltanschauliche Brecheisen, eine Doktrin, um die herrschenden Denkzirkeln und Ideologien aus den Angeln zu heben. Es ist jedoch, wie gesagt, unmöglich ein System zu ändern oder auszuwechseln, wenn man selbst zum Räderwerk des herrschenden gehört. Wenn überhaupt, müßte in diesem Fall eine solche Initiative aus dem innersten Kern des Systems selbst kommen, um Erfolg zu haben. Diesem Kern aber gehören die rechten Populisten nicht an und werden ihm auch nicht angehören können ohne sich selbst oder die Ideale, für die man angetreten ist, ganz aufzugeben.
Es ergibt sich also, daß alle rechten populistischen Bewegungen nur Erfolg haben können, wenn sie die selbe politische und demokratische Philosophie vertreten und im Grunde das selbe materielles Glück verheißende Ziel anstreben wie ihre das System stützenden Konkurrenten am Platz. Da stellt sich natürlich für andere die Frage: soll man an Wahlkämpfen gar nicht teilnehmen. Man soll, unter der Voraussetzung, daß man sich nicht in den Fängen des Systems wiederfindet, daß man nicht (wie jetzt die linken Populisten in Wien) über den Tisch gezogen wird (von welcher Seite auch immer) und daß man nicht als nützliche Idioten am pseudodemokratischen Spiel teilnimmt.
Die Teilnahme an Wahlen oder an einer Regierung darf nicht dazu führen, daß das korrupte System dadurch funktionsfähig bleibt oder gestärkt wird, sondern hat einzig und allein im Sinne der Sache des Volkes und der eigenen Philosophie den Interessen der Organisation oder Partei zu dienen. Die Möglichkeiten dazu sind mannigfaltig und hängen von den jeweiligen Umständen ab. Auf keinen Fall soll es dazu führen, daß jene, die ein Mandat errungen haben, nichts Besseres zu tun haben, als ihre guten Ideen so einzubringen, daß sie dem kritisierten System zu gute kommen und sich zuletzt als Waffe gegen die Urheber erweisen. Der Geist, der eine gute Idee umsetzt, ist schließlich ein anderer als jener der sie ersonnen hat.
Nun ist der rechte Populismus an sich nicht in jedem Fall etwas Schlechtes, er ist vielfach eine Art Hilfeschrei der überfremdeten oder ausgebeuteten europäischen Völker, Opfer der Globalisierung und Einwanderung, zuletzt auch der Wirtschafts- und Finanzkrise. Eine sanfte Revolte gegen das „Establishment“, aber mehr ist es nicht. Sicher, besser als gar nichts, doch am Ende eben nur ein symbolischer Akt eines Papiertigers , dem der entscheidende Biss, eine revolutionäre Doktrin also, fehlt. Eine solche haben aber jene sehr wohl, denen jetzt rechte Populisten anscheinend ihr politisches Schicksal anvertraut haben. Dazu ist, wie gesagt, demnächst an dieser Stelle noch einiges zu sagen.