Meryvn King, der Gouverneur der Bank of England, hatte kürzlich erklärt: »Die Vereinigten Staaten, die größte Volkswirschaft der Welt, verzeichnen ein erhebliches fiskalisches Defizit.« In Washington war man dem Vernehmen nach empört darüber, dass die Aufmerksamkeit wieder auf den Dollar gelenkt wurde.
Gleichzeitig hat der Internationale Währungsfonds (IWF), der als multinationale Institution die Finanzen der Mitgliedsländer überwacht, unter dem Titel Cross Country Fiscal Monitor seinen Jahresbericht veröffentlicht. In dem Dokument wird analysiert, um welchen Betrag die einzelnen Länder in den nächsten Jahren das jeweilige Defizit verringern müssen. Obwohl der IWF die stark beschönigende Berechnung für US-Staatsdefizit und -verschuldung übernimmt, prognostiziert er, dass die Verschuldung der USA in den nächsten fünf Jahren die Höhe von 100 Prozent des BIP erreichen wird. Zurzeit sind nur wenige Länder, unter ihnen Japan und Italien, in solchem Maße verschuldet. Darüber hinaus verläuft der Anstieg der Staatsverschuldung in den USA steiler als in allen anderen Industrienationen.
Laut IWF werden die Kosten für zusätzliche Gesundheitsfürsorge und Renten in den USA in den nächsten 20 Jahren noch einmal um sechs Prozent des BIP steigen, der größte Anstieg in einem G-20-Mitgliedsland mit Ausnahme Russlands – und das, obwohl die demografische Verteilung in den USA weitaus günstiger ist.
Die Höhe der Staatsverschuldung ist jedoch nicht das einzige Problem. Die Laufzeit der Staatsanleihen ist in den USA viel kürzer als in den meisten anderen Ländern, was bedeutet, dass selbst dann, wenn kein zusätzlich verfügbares Geld geborgt würde, Jahr für Jahr höhere Staatsanleihen aufgelegt werden müssten, nur um die alten Schulden zu refinanzieren.
Das Alarmierendste ist der sogenannte Bruttofinanzbedarf für die US-Staatsverschuldung, der für 2010 das Niveau von 32 Prozent des BIP des Landes erreichen wird – nicht einmal Griechenland verzeichnet einen solch schlechten Wert, und dieser wird in den USA noch mindestens zehn Jahre lang weiter steigen.
Das bedeutet, dass die US-Regierung die Investoren – vor allem ausländische Zentralbanken wie die japanische und chinesische – davon überzeugen muss, in nie dagewesener Höhe neue US-Staatspapiere zu kaufen, und das zu einem Zeitpunkt, an dem diese Länder bereits an der Stabilität des Dollars zu zweifeln beginnen. Nur wegen der Griechenland-Krise und der inszenierten Panik über die Zukunft des Euro konnte eine volle Dollar-Krise bisher abgewendet werden. Derzeit kann niemand sagen, wie lange dies noch möglich sein wird. Klar ist hingegen: Ohne eine wie auch immer geartete neue Kriegssituation lässt sich die Stabilität des Dollar nicht aufrecht erhalten.
Nach Schätzung des IWF müssen die USA die öffentlichen Ausgaben um 1,4 Billionen Dollar kürzen, um wieder fiskalische Stabilität zu erreichen. Wenn dies nicht geschieht, ist ein Zusammenbruch des Dollar unvermeidlich. So oder so befindet sich die US-Wirtschaft in einer ernsten Notlage.
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