Zum Lachen selbst ist Lissons neues Werk erst einmal nur wenig geeignet, trotz einiger feinsinniger Scherze zu Demonstrationszwecken. In den sieben Kapiteln geht es vielmehr um Fragen zum Humor selbst. So etwa, ob er fest zum Menschsein gehört, in welchen Facetten er sich äußert, und natürlich auch, warum die linken Zeitgeistaufseher so schrecklich humorlos sind.
Humor als mentale Leistung
Im Gegensatz zu Gefühlsregungen wie Trauer oder Schmerz, hat der Humor seinen Ursprung nicht in den Affekten, sondern in einer mentalen Leistung. Deswegen kann es auch höchst aufschlußreich sein, über einen Menschen zu erfahren, worüber er lacht und damit, auf welchem kulturellen und intellektuellen Niveau er sich bewegt. Daß nämlich zwischen dem feinsinnigen Humor eines Loriot und den Blödeleien Mario Barths ein großer Unterschied besteht, leuchtet sofort ein.
Das Lachen als körperlicher Ausdruck des Humors, als Entladung einer Anspannung mentaler Gefühle, ist dabei weitaus mehr als nur eine Visualisierung der Heiterkeit. Es dient unter anderem zur Sympathiebekundung, als Signal dafür, zu einer Gruppe zu gehören deren Ansichten man teilt, zur Beschwichtigung von potentiellen Gegnern, oder auch zu deren Täuschung.
Heiterkeit als Schutzvorrichtung
Der Humor übernimmt dabei auch eine Ausgleichsfunktion zwischen dem Menschen und dessen Umwelt. Denn diese ist gerade auf Grund ihrer augenscheinlichen Unvollkommenheit oft nur durch ein blinzelndes Auge noch zu ertragen, will man nicht an ihr verzweifeln. Heiterkeit wirkt wie eine Schutzvorrichtung des Verstandes in dem Sinne immunisierend, daß sie zu einer gelasseneren Sicht auf die Dinge anhält. Der Mensch verkraftet so seine Probleme, die er mit der Welt hat, indem er sich durch den Humor immer wieder neu mit ihr versöhnt und sich selbst nicht so ernst nimmt.
Die politische Linke hingegen, welche die Errichtung eines weltlichen Paradieses für die Zukunft vor Augen hat, verwehrt sich, geht es um sie selbst, diesem so wesentlichen Ausgleich mit dem Leben. Wo die Welt theoretisch wie eine mathematische Gleichung aufzugehen hat, wird der Witz gegen den vermeintlichen Fortschritt schnell zum unerhörten Ereignis. Deswegen ist das linke Kabarett auch so furchtbar langweilig geworden. Man darf über die eigenen Ansichten keine Witze reißen, und hat außerdem keine ernstzunehmenden Gegner mehr, über die man sich noch ernsthaft belustigen könnte.
Beim vermeintlich Heiligen hört der Spaß auf
Wo diese Spielregeln nicht eingehalten werden, wie dies etwa des öfteren bei Harald Schmidt der Fall war, greift sofort die ganz und gar nicht humoristische, medial inszenierte Empörung. Denn gerade der Witz droht eine Enthemmung im Zuhörer zu bewirken, welche die gesellschaftlichen Heiligtümer in Form von politischen Dogmen für diesen dann gar nicht mehr so heilig erscheinen lassen. Eine Funktion, die unter den variierenden Gegebenheiten so wohl immer auftritt.
Der Humor bleibt dabei ebenso veränderbar wie alles Kulturelle auch. In den 1950er Jahren hätte beispielsweise kaum jemand über heutige Figuren wie Dittsche oder Stromberg gelacht. Man hätte sie damals gar nicht verstanden. Sie spiegeln unsere ganz eigenen Erfahrungen im Hier und Jetzt wieder und verdichten diese zu einer Komik, die gerade deswegen so beliebt ist, weil sich der Zuschauer in ihren geschilderten Situationen wieder findet.
Interessant sind auch andere Thesen: Wie etwa, daß die Entstehung des absurden Scherzes eine erste Reaktion auf den Nihilismus war, um sich auch noch mit der größtmöglichen Seinskrise zu versöhnen. Lissons Abhandlung über den Humor ist mehr als eine bloße Wiedergabe bekannter philosophischer Positionen zum Thema, und kann, dank einer nicht allzu schwer verständlichen Sprache, durchaus auch Nicht-Philosophen begeistern.
Frank Lisson: Humor – Warum wir lachen. 152 Seiten, Zu Klampen Verlag 2014. 18 Euro.
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