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vendredi, 10 juin 2016

Die neue Waffe der Revolution heißt Migration

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Neues Buch von Vaclav Klaus vorgestellt

Die neue Waffe der Revolution heißt Migration

Ex: http://www.freiewelt.net

Der frühere Präsident Tschechiens Václav Klaus hat in Berlin zusammen mit Thilo Sarrazin die deutsche Ausgabe seines Buches »Völkerwanderung« vorgestellt. Thomas Fasbender moderierte.

Freigabe mit freundlicher Genehmigung des Autors

Als Václav Klaus am vergangenen Freitag im Beisein von Thilo Sarrazin sein Buch Völkerwanderung in Berlin vorstellte, reagierten die rund dreißig anwesenden Journalisten betont verhalten. Das ist nicht überraschend, wenn man Klaus´ Sympathien für die AfD, seine EU-Kritik und seine Ablehnung der aktuellen Migrationspolitik kennt, und doch bedarf es der Erläuterung. Das »kleine, aber politisch umso mehr unkorrekte Buch« (Klaus) des früheren tschechischen Präsidenten hat es zweifellos in sich, weil es eine Sprache weitab des herrschenden Moralismus spricht, die in Deutschland immer weniger Intellektuelle verstehen.

Klaus´ Buch handelt nicht direkt von den Zuwanderern aus Afrika und dem Nahen Osten. Es handelt vom westlichen Europa und seiner gegenwärtigen ideologischen Verfasstheit, die dazu führt, dass der Kontinent einen Massenansturm ziemlich wehr- und gedankenlos über sich ergehen lässt, der zu siebzig bis achtzig Prozent dauerhaft von Sozialhilfe abhängig bleiben wird, wie Sarrazin betont. Die langfristige steuerliche Belastung durch 800.000 arbeitslose Migranten schätzt der frühere Bundesbank-Vorstand und erfolgreiche Sachbuchautor auf 800 Milliarden Euro – auf eine Million Euro pro Person.

Der Wirtschaftswissenschaftler Klaus, ein Vorkämpfer der freien Marktwirtschaft und ein Gegner der sozialen, spricht an diesem Tag nicht über Zahlen. Er spricht die Sprache des versierten Ideologiekritikers, der zwischen dem Nennwert der Zeitgeistparolen und ihrem Funktionswert unterscheidet, zwischen dem erhabenen Wort und den niederen Interessen, die es kaschiert. Klaus weiß aus Erfahrung, dass es einen unauflöslichen Konflikt zwischen Menschen- und Bürgerrechten gibt (spätestens, wenn es um »Gleichheit« geht). Das eigentliche, uns betreffende Problem ist für ihn nicht die Tatsache, dass es weltweit dutzende oder hunderte Millionen von Menschen gibt, die sich ein besseres Leben wünschen, sondern dass den verhältnismäßig wenigen Europäer der kommunistisch geprägte Irrglaube eingeredet wird, durch Masseneinwanderung die Welt gerechter machen und einen neuen europäischen Menschen schaffen zu können, der keine nationalen Loyalitäten mehr kennt.

Die erste Lektion, die Klaus zu erteilen versuchte, war denn auch eine Aufklärung über den Unterschied zwischen individueller Migration (der allein er das Wort »Flüchtling« vorbehält) und der Massenmigration unserer Tage. Diese gehe nicht allein auf die Nachfrage nach besseren Lebensverhältnissen zurück, sondern auf die Einladung der »EU-Eliten«, wie Klaus sie spitz bezeichnet, insofern »Elite« im Tschechischen einen abschätzigen Klang hat. Es gibt »explizite« und »implizite« Einladungen, wie Klaus sagt; die explizite hat 2015 Bundeskanzlerin Merkel ausgesprochen, um sie seitdem mehr oder weniger deutlich zu wiederholen, und die implizite sprechen die europäischen Sozialsysteme aus, die es auch einem Syrer mit drei Frauen und zwanzig Kindern erlauben, seine Familie ohne seiner eigenen Hände Arbeit durchzubringen. Langfristig entscheidend für das Schicksal Europas ist die implizite Einladung.

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Erklärungsbedürftig ist demnach nicht die Tatsache, dass die Einladung angenommen, sondern dass sie ausgesprochen wird. Aber braucht Europa bei 23 Millionen Arbeitslosen überhaupt Massenmigration? Dazu Klaus: »Unsere Antwort ist absolut nein.« Wirtschaftlich sollte sich Europa auf seine eigene Arbeitskraft besinnen und die sozialen Fehlanreize reduzieren. Die »Überalterung« hält Klaus erst recht für einen hypertrophen Lenkbegriff aus der Mottenkiste des Kommunismus. Die Demographie könne man getrost der spontanen Entwicklung überlassen. Dagegen: Ein Recht auf Migration gebe es nicht. Vielmehr werde das Asylrecht zum Vorwand einer wirtschaftlich motivierten Masseneinwanderung, wie Sarrazin sekundierend bemerkte. Die Probleme des Nahen Ostens und Afrikas habe es »in der einen oder anderen Form« immer schon gegeben, das sei nicht die Schuld Europas, so Sarrazin weiter, und die ständig wiederholte Unterstellung, wir brauchten Einwanderung, um irgendwelche demografischen oder ökonomischen Ziele zu erreichen, sei »in dieser globalen Form einfach Unfug«. Auch kleine Länder kennen Wohlstand.

Der Twitter-Spruch des Spiegel-Korrespondenten Hazain Kazim, der zwei Tage nach der Buchpräsentation für Empörung im Netz sorgte (»Gewöhn dich dran: Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht«) illustrierte bloß die nüchterne Erkenntnis, die der Philosoph Panajotis Kondylis schon vor zwanzig Jahren hatte: »Menschenrechte sind Teilhaberechte.« Der Tag musste kommen, an dem sie materiell definiert und diese materiellen Forderungen nicht nur eingeklagt, sondern auch durchgesetzt würden. In dieser Phase befinden wir uns. Es handelt sich um einen beinharten Macht- und Verteilungskampf, Vergewaltigung und Mord inklusive, der von den europäischen Sozialromantikern nach Kräften gefördert und zugleich geleugnet wird.

Vielleicht muss man wie Václav Klaus´ Co-Autor Jiří Weigl (ein Volkswirt und Arabist, der einst die Präsidialkanzlei leitete) die kommunistische Ära miterlebt haben, um ausreichend sensibel auf die Doppelbödigkeit der Aufrufe zu mehr Internationalismus, Solidarität und Mitleid zu reagieren. Diese Begriffe verbargen, wie Weigl betont, bereits im Kommunismus sehr unterschiedliche, gefährliche Ziele, sie verursachten viel Leid und »verwüsteten unsere Länder«. Daher kommt die gesunde Skepsis der Osteuropäer gegenüber der Aufforderung zu mehr Solidarität und Opferbereitschaft, und daher kommt auch Weigls Verwunderung darüber, dass in Europa alles, aber auch alles  auf Nachhaltigkeit geprüft wird, nur nicht die »blinde« Migrationspolitik, die es uns glatt verbietet, über Risiken und Nebenwirkungen zu sprechen. Was auch Sarrazin zu der Bemerkung veranlasste, dass es ganz bestimmt nicht nachhaltig sei, den afrikanischen Geburtenüberschuss nach Europa zu holen: »Probleme, die man nicht in Afrika lösen kann, kann man schon gar nicht in Europa lösen.«

»Wer ›Menschheit‹ sagt, will betrügen«, ließe sich Carl Schmitt passend zitieren. Dass es ein prinzipielles Recht gibt, angesichts des Massenansturms aus aller Welt nach den Vor- und Nachteilen für Europa zu fragen, nach Spätfolgen und Alternativen, und dass es erlaubt ist, eigene Interessen zu vertreten, das war ungeteilte Meinung des Podiums – aber eine Probe jener Kost, die für die Journalisten schwer verdaulich zu sein schien. Die Frage des Vertreters der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ob Klaus die Frauen zurück an den Herd bringen und dazu verdonnern wolle, statt durchschnittlich 1,2 Kindern wieder vier zur Welt zu bringen, ließ tief ins herrschende Unverständnis blicken. Das Buch enthält zwar en passant eine Kritik an der Realitätsferne westlicher Politik, die sich zu immer kruderen Formen des »Feminismus, Genderismus, Multikulturalismus, Ökologismus, Homosexualismus und Humanrightismus« (Klaus) versteigt, die offenkundig allesamt Luxusprobleme sind.

Dass aber eine Kritik an solchen ideologischen und mittlerweile auch praktisch-politischen Übersteigerungen nicht automatisch den Frauen ihre Berufstätigkeit, den Homosexuellen ihre persönliche Freiheit und den Menschen aller Welt den berechtigten Wunsch nach besseren Lebensverhältnissen abspricht, überfordert die geistige Beweglichkeit der meisten journalistischen Zeitgeistprediger. Statt die herrschenden Klischees zu hinterfragen und die Realität wachsender Spannungen zwischen Einheimischen und Zugewanderten zu betrachten, predigen sie immer noch das nur von Bio-Deutschen gestörte friedliche Zusammenleben mit dem an sich freundlichen Flüchtling, dem Wiedergänger des »edlen Wilden«.

Dem realistischeren Beobachter stellt sich derweil Lenins Frage »Was tun?«. Maßnahmen gegen die Massenmigration sind keine technische oder administrative Frage, so Klaus, sondern eine politische. Man will die Migration stoppen oder man will es nicht. Klaus will es, weil er findet, dass die Stärke und die Resistenz des »postdemokratischen« und zunehmend unfreien Europa hoffnungslos überschätzt werden. Allerdings fürchtet er, dass sich der europäische Zentralismus als stärker erweisen wird. Sarrazin will die Zuwanderung ebenfalls stoppen, hält dazu aber prinzipiell jenen europäischen Zentralismus für nötig, den Klaus fürchtet – mit dem kleinen und wesentlichen Unterschied, dass Sarrazin das Scheitern der zentralistischen europäischen Migrationspolitik prognostiziert (was Klaus unter Anspielung auf den Titel seines neuen Buches zum »Wunschdenken« Sarrazins erklärte).

Klaus und Weigl fürchten die in ihrem Buch beschriebene Gefahr, dass die Massenmigration zu einem wirksamen Mittel der Europapolitik werden könnte, die Reste nationalstaatlicher Souveränität vor allem in Ost- und Mitteleuropa zu beseitigen. Man hat sich schließlich nicht von Moskau befreit, um sich von Brüssel kujonieren zu lassen. Wenn es aber nach Sarrazins Prognose geht, dann wird das Schengen-Regime, dessen offene Binnengrenzen geschlossene Außengrenzen bedingen, an der Verteilungsfrage zerbrechen. Außer Deutschland, Österreich, Luxemburg und Schweden erkläre sich kein Land in Europa zur Aufnahme von Flüchtlingsquoten bereit. Merkels Kalkül, die Macht des nationalen Denkens durch mehr Zwang zur Zusammenarbeit aufzubrechen, sei nicht aufgegangen: »Angela Merkel wollte ihre Position an der Spitze Europas festigen und wollte auch andere Staaten dem von ihr aufgedrückten Willen unterwerfen. Das ist misslungen. So, was daraus wird, weiß ich jetzt auch nicht.« Wer die Gerechtigkeit zum Programm mache, müsse sich allerdings auch um die Millionen Somalier kümmern, die derzeit auf der Flucht sind: 500.000 Menschen mehr oder weniger in Europa nützten angesichts der weltweiten Probleme offenkundig überhaupt nichts.

Zumindest dürfte der ungebremste Druck der Massenmigration die europäischen Sozialsysteme auf ihre entscheidende Bewährungsprobe stellen. Letztlich könnte der von Klaus geforderte Abschied von der Anspruchsgesellschaft aber für beide Seiten heilsam sein. Er würde die Notwendigkeit erhöhen, die Verhältnisse in den Heimat- und Nachbarländern der Migranten zu verbessern, und er könnte auch Europa zu einer neuen Dynamik zwingen. In diese Perspektive passte die überraschende Schlussbemerkung von Co-Autor Jiří Weigl. Er griff die deutsche Lage nach dem Zweiten Weltkrieg auf; allerdings anders, als es die Relativierer der Massenmigration mit Blick auf die damals deutsch-deutschen Flüchtlingsströme so gerne tun: »Was wäre eigentlich aus Deutschland geworden«, fragte Weigl, »wenn die Deutschen, statt Deutschland wieder aufzubauen, geflohen wären?« 

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