Die Geschichte der irischen Aufstände gegen die britische Kolonialmacht ist lang und reicht über die Jahrhunderte bis in die Frühphase der englischen Kolonisation zurück. So unterschiedlich all diese Rebellionen auch gewesen sein mögen, hatten sie doch letztlich eines gemeinsam: sie waren allesamt erfolglos. Das Imperium erwies sich stets als zu stark, Irland stets als zu schwach, um sich aus den Fängen des ungeliebten Nachbarn gänzlich befreien zu können. Nicht anders verhielt es sich mit dem Aufstand um die Osterzeit 1916, welcher sich hauptsächlich auf Dublin konzentrierte. Und dennoch kamen die Unabhängigkeitsbestrebungen der Iren mit diesem Osteraufstand entschieden voran.
Nach dem Osteraufstand vereinigten sich die verschiedenen Gruppen zur IRA
Die Idee einer Unabhängigkeit vom britischen Imperium stieß am Anfang des 20. Jh. in Irland keineswegs auf große Zustimmung. Anders als in vergangenen Zeiten waren die zurückliegenden Jahrzehnte politisch und wirtschaftlich zu ruhig, als daß der Unmut des durchschnittlichen Iren zu einer Unabhängigkeit gedrängt hätte. So waren es auch nur verhältnismäßig kleine Gruppen wie die Irish Republican Brotherhood (IRB), welche mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine bewaffnete Rebellion gegen die englische Besatzung beschlossen. Während viele Iren freiwillig in den Reihen der britischen Armee kämpften, nahm die IRB Kontakte nach Deutschland auf, um im Kaiserreich den entscheidenden Verbündeten für ihr Vorhaben zu finden.
So wurde von Seiten der Iren die Idee eines deutschen Landungsunternehmens im Westen Irlands vorgeschlagen, um die Engländer mit einem Schlag von der Insel zu fegen. Dies lehnte man jedoch von deutscher Seite aus ebenso ab, wie die Bitte um Entsendung deutscher Ausbilder für einen Guerillakrieg. Letztlich einigte man sich auf die Lieferung von 20.000 französischen und russischen Beutegewehren an die irischen Aufständischen. Mit ihnen sollte der akute Mangel an Waffen behoben werden, der ansonsten über 10.000 potentielle Rebellen zur Untätigkeit verdammte. Die Auslieferung sollte mit einem unter norwegischer Fahne getarnten Handelsschiff am Vorabend des Osterwochenendes 1916 erfolgen. Dieses wurde jedoch kurz vor der irischen Küste von einem englischen Kriegsschiff aufgebracht und entzog sich anschließend durch Selbstversenkung seiner Beschlagnahmung.
Ausrufung der Republik am 24. April 1916
Mit dieser geplatzten Waffenlieferung wurde dem irischen Aufstand das Rückgrat gebrochen, noch bevor auch nur ein Schuß fallen konnte. Seitens der Anführer der irischen Rebellen, unter welchen heute berühmte Namen wie James Conolly, Roger Casement und Patrick Pearse zu finden waren, entschloß man sich dennoch zu dem Vorhaben – jedoch im kleineren Maßstab. Wurde ursprünglich ein Aufstand über das ganze Land hinweg geplant, um britische Kasernen, Häfen und wichtige Punkte der Infrastruktur zu besetzen, sollte sich der Aufstand nun – der fehlenden Waffen wegen – auf die Hauptstadt Dublin konzentrieren. Aus 15.000 Aufständischen, wurden so lediglich 1200.
Der deswegen verunsicherten Masse an verbleibenden Kämpfern sagte man, sie würden nun durch die Einnahme von Schlüsselpositionen der Stadt diese unter Kontrolle bringen, um anschließend von hier aus den Aufstand über das ganze Land auszuweiten. Insgeheim waren sich jedoch die Anführer des Osteraufstandes darüber im Klaren, daß ihr Unternehmen in einem militärischen Desaster enden mußte. England, welches zur damaligen Zeit noch als das mächtigste Land der Welt galt, war schlichtweg zu stark. Der Aufstand sollte ab jetzt nur noch durchgeführt werden, um ein Fanal für die Geschichte Irlands zu schaffen; eine Tat des selbstlosen Aufbäumens gegen den ewigen Besatzer, welche zur Inspiration zukünftiger Generationen werden möge.
Und eben so kam es dann auch: am 29. April 1916 blieb den Rebellen nach nur fünf Tagen verheerender Straßenkämpfe, welche die größten Zerstörungen einer europäischen Großstadt seit den napoleonischen Feldzügen mit sich brachte, nichts weiter übrig, als angesichts der hoffnungslosen Überlegenheit der Briten die Waffen zu strecken. Die am Beginn des Aufstandes von James Conolly ausgerufene Republik mußte vorerst weiterhin ein Traum bleiben.
“Ireland unfree shall never be at peace.” (Patrick Pearse)
Am Ende des Aufstandes zählte man 130 tote britische Soldaten, 60 tote Rebellen und ca. 250 tote Zivilisten und die Masse der überlebenden Aufständischen wurde über Jahre in England interniert. Doch mit der Exekution ihrer 15 Anführer im Mai 1916 begannen die Briten jenen für sie fatalen Fehler, welcher die Grundlage für das Scheitern ganzer Imperien legen kann: sie schufen Märtyrer. Mit diesen Hinrichtungen schlug die Ablehnung der Rebellen in der irischen Öffentlichkeit nun in Zustimmung um, und die Idee der irischen Unabhängigkeit bekam Rückenwind. In den Folgejahren konnten denn auch durch einen Unabhängigkeitskrieg größere Zugeständnisse seitens der Briten erkämpft werden, was vor allem mehr Selbstverwaltung und niedrigere Pflichten gegenüber London betraf. Die wirkliche politische Unabhängigkeit kam jedoch erst 1949 mit der Gründung der Republik Irland auf gänzlich politischem Weg, wobei bis heute das 1921 von London einbehaltene Nordirland ein Teil Großbritanniens blieb.
Für die irische Republik ist der Osteraufstand von 1916 ihr ideeller Gründungsakt, der deswegen auch Jahr für Jahr traditionell mit Militärparaden und Nachstellung der Ausrufung der Republik in Dublin begannen wird. Zum 100. Jahrestag finden am anstehenden Osterwochenende zudem zahlreiche weitere Veranstaltungen rund um die damaligen Ereignisse statt, um jene patriotische Tat auch dem jungen Irland in lebendiger Erinnerung zu halten.
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