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vendredi, 23 septembre 2011

Erdogan in Nordafrika: Türkei kehrt Europa den Rücken

Erdogan in Nordafrika: Türkei kehrt Europa den Rücken

http://de.rian.ru/

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan scheint ein diplomatisches Genie zu sein.


Die Ergebnisse seiner Nordafrika-Reise in der vergangenen Woche haben die Erwartungen übertroffen. Bei seinen Reden in Kairo, Tunis und Tripolis traf er den richtigen Ton. Der türkische Regierungschef wird als Held der arabischen Revolutionsmassen gefeiert.

Obwohl Ankara sich nicht aktiv an der Anti-Gaddafi-Offensive beteiligt hatte (es stellte lediglich ein Schiff für die Evakuierung der Einwohner Misratas zur Verfügung), wurde der türkische Premier auch in Tripolis herzlich empfangen. Die Türkei ist mit Libyen vor allem durch Bau-Projekte im Wert von etwa 15 Milliarden Dollar verbunden und bemüht sich darum, sie zu erhalten.

Türkei gewinnt an Bedeutung in der islamischen Welt

Alle seine Aufgaben hat Erdogan glänzend erfüllt. Er hat die internationale Rolle seines Landes unter Beweis gestellt und es als eine der islamischen Führungskräfte in der Nahost-Region etabliert. Der Premier zeigte deutlich, dass es in der islamischen Welt eine Alternative statt den radikalen Vektor gibt: die islamische Demokratie auf türkische Art. Außerdem gewann er an Stellenwert in seinem Land und in der ganzen arabischen Welt.

Es wäre jedoch naiv zu glauben, dass nur die Begeisterung der arabischen Revolutionsanhänger die Türkei zu einem Führungsland zwischen Zentralasien und Maghreb machen. Erdogan wird nur von den Volksmassen gefeiert, die die Türkei für einen vorbildhaften islamischen säkularen Staat halten, der eine starke Wirtschaft hat und seinen Bürgern einen hohen Lebensstandard bietet.

Die Herrscher sind gegenüber Erdogan eher skeptisch eingestellt. Ägypten hat nach der Revolution noch immer keine starke Führung, die dortigen Militärs wollen offenbar nicht ihre Macht verlieren. Auch in Saudi-Arabien oder im Iran sind die Machthaber nicht gerade von den Aktivitäten Ankaras begeistert. Die Begeisterung der Volksmassen ist eine vorübergehende Erscheinung, besonders wenn es sich um arabische Länder handelt.

Man sollte auch bedenken, dass die Türken in der arabischen Welt traditionell nicht besonders beliebt sind. Deshalb kommt Ankara als regionale Supermacht vorerst nicht infrage.

Demokratie auf türkische Art als Vorbild

Arabische Politiker sollten sich aber überlegen, warum Erdogan als gemäßigter Islamist und konservativer Liberale bei den Volksmassen so beliebt ist. Zumal sie von ihm etwas lernen könnten.

Die islamisierte Demokratie auf türkische Art ist in Wirklichkeit etwas wirklich Einmaliges, genauso wie die „souveräne Demokratie“ in Russland.

Die einmalige Mischung aus Islamismus und Demokratie bei einer ständig wachsenden Wirtschaft ist das, was auch Ägypten, Libyen und Tunesien guttun würde. Aber in keinem dieser Länder gibt es derzeit solche Kräfte, die das entstandene Machtvakuum füllen könnten. Dafür ist viel Zeit erforderlich.

Erdogan will seinerseits von den Möglichkeiten profitieren, die ihm der „arabische Frühling“ bietet. Er könnte an Einflusskraft gewinnen, weil Ägypten, Syrien, Libyen und der Irak schwächeln. Dabei geht es vordergründig um die Wirtschaft - Erdogan verkündete in Kairo, dass die türkischen Investitionen in Ägypten von 1,5 auf fünf Milliarden Dollar wachsen werden. Politisch gesehen hat Ankara jedoch keine großen Chancen auf die Führungsrolle in der islamischen Welt.

Erdogans politische Karriere hat zudem einige Kratzer. Bevor er 2003 seine Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung ins Leben gerufen hatte und zum Premier gewählt wurde, war er Mitglied der islamistischen Tugendpartei gewesen, die 1997 verboten wurde. Damals wandete er sogar für die nationalistische Propaganda vier Monate ins Gefängnis.

Darüber hinaus war der begeisterte Empfang des türkischen Premiers in Nordafrika der Beweis, dass die USA und Westeuropa ihre Einflusskraft in der Region endgültig verloren haben.

Nicht zu vergessen ist, mit welcher Begeisterung 2009 der frischgebackene US-Präsident Barack Obama in Kairo empfangen wurde. Damals versprach er, Washingtons politischen Kurs zu ändern und die Interessen der Araber mehr zu berücksichtigen, Israel zu mäßigen und zu einem Friedensabkommen mit den Palästinensern zu überreden sowie die Bildung eines unabhängigen Palästinenserstaates zu fördern. Nichts davon ist jedoch in Erfüllung gegangen. Angesichts dessen ist die Unbeliebtheit der Amerikaner in der arabischen Welt nicht verwunderlich.

Erdogan gewann an Popularität wegen seiner Schritte gegen Israel. Er hatte sich  de facto für die Unterbrechung der diplomatischen Beziehungen mit Tel Aviv entschieden, die Teilnahme israelischer Kampfjets an Manövern in der Türkei verboten und die bilateralen Militärkontakte eingestellt.

Während seines Besuchs in Tunis warnte Erdogan sogar, er würde türkische Kriegsschiffe an die israelische Küste schicken, wenn Tel Aviv weiterhin Schiffe mit Hilfsgütern für den Gaza-Streifen abfangen sollte.

Wenn man bedenkt, dass die Türkei Nato-Mitglied ist, sind Erdogangs Worte starker Tobak. In der arabischen Welt wurden sie aber mit Begeisterung aufgenommen.

Abwendung von Europa


Erdogans Nordafrika-Reise hat noch einen wichtigen Aspekt. Er zeigte den Europäern deutlich, was sie verlieren, wenn sie der Türkei den EU-Beitritt verweigern.

Ankara hatte 1987 die EU-Mitgliedschaft beantragt, wurde aber erst 1999 bei einem EU-Gipfel in Helsinki als Anwärter anerkannt. Seit dieser Zeit haben entsprechende Verhandlungen keine großen Fortschritte gebracht.

Niemand hat den Türken bisher deutlich gemacht, dass es für sie in Europa keinen Platz gibt. Aber Deutschland und Frankreich wollen nicht, dass in der Europäischen Union weitere 60 Millionen Muslime leben. Deshalb wurden Ankara Bedingungen gestellt, die es unmöglich erfüllen kann, um EU-Mitglied zu werden. So verlangte Frankreich, dass die Türken den Völkermord an Armeniern im Jahr 1915 anerkennen.

So etwas kann sich Erdogan nicht gefallen lassen. Jetzt kehrt er Europa allmählich den Rücken. Im Grunde tut er das, was er zuvor versprochen hatte.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

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