Ok

En poursuivant votre navigation sur ce site, vous acceptez l'utilisation de cookies. Ces derniers assurent le bon fonctionnement de nos services. En savoir plus.

vendredi, 20 novembre 2009

Türkische Charmeoffensive

turkey-syria-2009-9-16-11-41-57.jpg

 

Türkische Charmeoffensive

Erdogan umwirbt Araber und verteidigt das iranische Atom-Programm

Ex: http://www.ostpreussen.de/

In der türkischen Politik hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel vollzogen – hin zu mehr Islam und pan-islamischer Solidarität. Jüngstes Anzeichen dafür war der Staatsbesuch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan im Iran. Dabei verteidigte Erdogan das iranische Atom-Programm, verurteilte Sanktionen und kündigte eine verstärkte türkisch-iranische Zusammenarbeit in Wirtschaft und Sicherheit an.

Die früher ausschließliche Westorientierung der Türkei, zu der auch die enge militärische Partnerschaft mit Israel gehört, geht im wesentlichen auf Kemal Atatürk zurück und wurde im Kalten Krieg durch den Beitritt zum Europarat 1949 und zur Nato 1952 verfestigt. In weiten Teilen der Bevölkerung, keineswegs nur in „bildungsfernen Schichten“, hat sich allerdings ein Umdenkprozess vollzogen, der schließlich in den Wahlsieg von Erdogans AKP 2002 mündete.

Die Ursachen sind vielfältig, haben aber primär mit der Behandlung muslimischer Staaten und Völker durch den Westen zu tun – Stichwörter Palästina, Irak, Afghanistan und Pakistan. Dazu kommt nun auch Frust über Widerstände in der EU gegen eine Aufnahme der Türkei. Aber bereits der Irak-Boykott ab 1992 hatte die Osttürkei auch wirtschaftlich schwer getroffen. Und Erdogan sieht sich durch Israel sogar persönlich mehrfach hintergangen: Vor allem durch den israelischen Luftangriff auf eine vermutete Atomanlage in Syrien 2007, der über die Türkei hinweg erfolgte, und den jüngsten Gaza-Krieg, den der damalige Premier Olmert einen Tag nach seinem Besuch bei Erdogan startete.

Die neue Linie wird von manchen Kommentatoren auch als „neo-osmanisch“ bezeichnet, weil sie im Unterschied zu dem auf die Turkvölker Asiens fixierten Pan-Turanismus „aufgeklärter“ türkischer Ultranationalisten nicht in diesem Ausmaß auf Sprache und „Türkentum“ ausgerichtet ist, sondern eben eher auf die „Umma“, die „Gemeinschaft der Gläubigen“ – sowie auf Gebiete, die einst zum Osmanischen Reich gehörten. Das erklärt etwa auch die vorsichtige Auflockerung in den Beziehungen mit dem christlichen Armenien.

Das erklärt ebenso das besondere Engagement am Balkan, nicht nur in Bosnien und Kosovo, und an verstärkter Zusammenarbeit mit Syrien und dem Irak. Nicht zu vergessen, dass der Sultan als Kalif auch Hüter der heiligen Stätten in Palästina war und dass die Anteilnahme an der Unterdrückung der Palästinenser, weil unterschwellig auf Nostalgie beruhend, sehr emotional ist. Man sah dies an den jüngsten Demonstrationen gegen die USA, als diese von ihrer Forderung nach einem israelischen Siedlungsstopp abrückten.

Die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Iran ist angesichts der westlichen Drohungen mit einer Verschärfung des Boykotts bis hin zu Militäraktionen besonders brisant. Der bilaterale Handel, 2008 im Volumen von sieben Milliarden Dollar, soll ausgebaut und auf die Landeswährungen umgestellt werden. Die Türkei kündigte außerdem Investitionen von 3,5 bis vier Milliarden Dollar zur Erschließung des iranischen Erdgasfelds South Pars an und will iranisches Gas teils selbst konsumieren, teils über die geplante Gasleitung Nabucco nach Europa weiterliefern.

Bei der Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen geht es nicht um Militärabkommen, sondern um den Kampf gegen gemeinsame innere Feinde. Das sind aufständische Kurden sowie sunnitische Extremisten, die vom Westen vereinfachend unter Al-Kaida zusammengefasst werden. Deren Terroranschläge waren in beiden Ländern lange Zeit ebenfalls gerne den nationalen Minderheiten zugerechnet worden, also den Kurden und im Iran auch den Belutschen – eine Propagandalüge, die sich nicht aufrechterhalten lässt.

In der Kurdenfrage hat Erdogan bereits einige bemerkenswerte Schritte gesetzt: Ein kurdisches Fernsehprogramm wurde zugelassen. Mit dem seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan gibt es indirekte Verhandlungen, und nun soll er sogar aus der Einzelhaft „erlöst“ werden: Er bekommt Mitgefangene. Der türkische Außenminister besuchte Erbil, was eine formelle Anerkennung der kurdischen Regierung im Nordirak bedeutet. Kurdenpräsident Masud Barzani lobte dafür Erdogan in den höchsten Tönen – was wie eine Absage an die türkischen Kurden aussieht. Umso größer ist daher das iranische Interesse, dass nun auch die iranischen Kurden nicht mehr auf Unterstützung von den Nachbarn hoffen können.    

RGK

Veröffentlicht am 12.11.2009

Les commentaires sont fermés.