Ok

En poursuivant votre navigation sur ce site, vous acceptez l'utilisation de cookies. Ces derniers assurent le bon fonctionnement de nos services. En savoir plus.

lundi, 20 février 2017

Äthiopiens Kaiser alliierte sich mit den Deutschen im Ersten Weltkrieg

Äthiopien liegt in Afrika. So viel werden wohl die meisten Menschen noch über das Land wissen. Weniger bekannt ist, dass die Nation Äthiopien die einzige afrikanische Nation war, welche sich erfolgreich gegen westliche Kolonialisierung zur Wehr setzen konnte. Über Jahrhunderte weg schmiedete Äthiopien als souveräner Staat Allianzen, schützte sich mit einer verhältnismäßig starken Armee und unterhielt enge Beziehungen zur orthodoxen und katholischen Kirche in Europa. Es ist eines der ältesten christlichen Länder dieser Erde und hat eine lange Geschichte, die auch in der Bibel Erwähnung findet. Dort bekannter als Abyssinien, welches zeitweise Kriege mit Ägypten führte. Die äthiopische Bibel ist womöglich die älteste Bibelübersetzung in einer nicht-europäischen Sprache. Und interessant ist, dass Äthiopien immer schon ein Vielvölkerstaat war. Multiethnisch, multikulturell und multireligiös. Muslime, Christen, Juden und heute über 80 verschiedene Sprachen/Dialekte.  Das ethnische Bild ist gemischt und die Einschläge aus Nordafrika, Arabien und dem Orient generell geben den Äthiopiern doch ein recht markantes Aussehen. Ähnlich den Nachbarnationen Eritrea und Somalia. Hungersnöte plagten das Land in den letzten Jahrzehnten immer wieder. Dabei war Äthiopien lange Zeit der Brotkorb Afrikas.

Aber wussten Sie, dass Äthiopien eine Nebenrolle im Ersten Weltkrieg spielte? Tatsächlich befand sich das Land damals im Tumult. Es ging um Erbfolge, Streitigkeiten im Königshaus und die Frage, auf welche Seite sich das unabhängige Königreich stellen sollte. Sowohl die Briten, als auch die Deutschen und Türken umwarben das afrikanische Reich.

Der deutsche Botschafter in Addis Abeba war der Mann, der dem äthiopischen (semi-legitimen) Kaiser Iyasu V. gut zuredete und ihm versprach, dass man das Königreich vor dem Kolonialismus der Briten, Franzosen und Italiener schützen würde. Ob das letztendlich stimmt, kann man anzweifeln. Aber Iyasu V. nickte im Laufe des Krieges nach 1916 deutlich den Deutschen zu. Deutschland garantierte den Äthiopiern im Gegenzug für ihre militärische Hilfe bei einem türkisch/deutschem  Angriff auf den von den Briten kontrollierten Suez Kanal, dass das Deutsche Reich die von Äthiopien gemachten Landgewinne anerkennen würde. Propagandablätter sollen zu dieser Zeit auch den Dschihad gegenüber den Briten ausgerufen haben. Die Nähe von Iyasu zum Islam war auch einer der Gründe, warum es mit seiner Herrschaft bald vorbei war.

Zu dem gemeinsamen Angriff kam es nicht. Im Oktober 1916 besiegte die Thronrivalin Zauditu die Loyalisten von Iyasu und verjagte das deutschenfreundliche Regime aus dem Land.  Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens führte gegenüber Iyasu eine Exkommunikation durch und rekonstituierte eine christliche Identität als Leitbild Äthiopiens. Heute macht sich der Einfluss der Salafisten aus Arabien in Äthiopien breit und versucht in den traditionellen Sufi Gemeinden Fuß zu fassen, die von den Islamisten als unrein und ketzerisch bezeichnet werden. Denn der Einfluss der heidnischen Naturreligionen ist bei allen Religionen Äthiopiens groß, während Christen, Muslime und Juden dort religionenübergreifend auch die Feste des jeweils anderen Feiern können.  Die Wahhabisten kommen auch nach Äthiopien, wo über ein Drittel der Bevölkerung muslimisch ist und die uralte Frage aufkommt, wo die Identität des Landes liegen soll.

Im Jahr 1855 sandte die Sankt Chrischona-Pilgermission Handwerker und Missionare nach Äthiopien. Auch zu Zeiten des Deutschen Kaiserreiches kamen einige Deutsche hinunter, wo sie sich in meist christlichen Missionen betätigten.

Henry de Montherlant: Tiermenschen

tiermenschen-1024x491.jpg

Henry de Montherlant: Tiermenschen

 
Vor 90 Jahren erschien Henry de Montherlants Klassiker „Tiermenschen“ über den adligen Alban, der in den spanischen Stierkampf zu Beginn des 20. Jahrhunderts eintaucht.

Es gibt kaum eine Tradition, die heute stärker kritisiert, verachtet und bekämpft wird, als der Stierkampf. Die blutige Tötung eines Stieres mutet als archaisches Überbleibsel einer vergangenen Zeit an – gerade aus mitteleuropäischer Sicht. Der typische Stierkampf existiert so nur noch in Spanien, einigen ehemaligen Kolonien und im Süden Frankreichs. Doch auch in Spanien tobt ein moralischer Kampf um den „corrida de toros“. Vor einigen Jahren wurde in der Provinz Katalonien der Stierkampf gesetzlich verboten. Im Oktober 2016 kassierte diesen Beschluss das spanische Verfassungsgericht jedoch wieder. Nach mehrjähriger Abstinenz dürfen wieder Stierkämpfe veranstaltet werden.

Emotionale Tradition gegen rationale Postmoderne

Doch auch in anderen Gefilden kämpft die Tradition gegen die rationale Postmoderne .Kirchen, Glaube, Nation, Gefühl, Schönheit, Eros. Das sind alles Kategorien, die nicht gemessen und nicht gekauft werden können und rücken deshalb ins Hintertreffen. Die wenigsten Leute verstehen die Anhänger solcher Paradigmen, belächeln und hassen sie. Und wenn dabei noch Blut fließt, ein Tier, das größer als eine Mücke ist, sein Leben lässt, ist es mit der Toleranz schnell vorbei. Der Tierschutz wird auf den Plan gerufen und verstärkt das Unverständnis gegenüber einer Tradition mit ideologischer Aufladung.

Henry de Montherlant (1895-1972) verfasste 1926 den Roman Tiermenschen mit autobiographischen Zügen über die Erlebnisse des jungen adligen Albans, der aus dem wohlbehüteten, aber langweiligen Frankreich in die andalusische Welt der Stierkämpfe aufbricht,  um … Ja, warum eigentlich? Die Motivation des jungen Helden ist so vielschichtig und unerklärlich, und doch zieht sie ihn mit stählernem Zwang in den Staub der Arena zu seinen geliebten Stieren. Nur wenige Autoren schaffen es, eine andere Zeit und eine fremde Welt so unglaublich nah und vollkommen plausibel erscheinen zu lassen, dass der Kampf gegen den „Bösen Engel“, einen tückischen und unberechenbaren Kampfstier, die logische Konsequenz für den unerfahrenen, aber ehrenhaften Alban bedeutet.

Nach der Anti-Stierkampf-Demo geht’s zu Burger King

Das gesamte Buch arbeitet auf diese mystische und religiöse Katharsis hin, die dem Leser die Bedeutung des Stierkampfes immer klarer hervortreten lässt, bis man sich wünscht auch an diesen Spektakeln teilzunehmen. Die greifbare Spannung des Finales des Buches ist von unvorstellbarer Brillanz. Man vermutet, dass der Autor Montherlant an den Corridas selbst teilgenommen haben muss, um diese Fülle von Emotionen und Gedanken zu schreiben und dem Leser plausibel erscheinen zu lassen. Auch auf die Vorbehalte vieler Stierkampfgegner geht Montherlant in seinem Buch ein und lässt seinen Helden vieles erklären. Zwar kann er einem Außenstehenden nicht den „Sinn“ der Corridas erklären, da man diesen fühlen müsse, doch ist die Kritik vieler Gegner heuchlerisch, wie Alban ausführt:

„Welche Partei findet heute bei uns das Gemetzel der Stierkämpfe skandalös? Die gleiche, die mit allen Mitteln die eine Hälfte der Nation zum Gemetzel der anderen aufstachelt. […] Sie erhebt Protest gegen den Pferdemord in der Arena, aber sie würden nicht protestieren, wenn man in der Arena Andersdenkende vor die Hörner schicken würde.“

Auch das Leben eines Kampfstieres ist alles anders als schrecklich. Früher, wie auch heute, sind die meisten Kampfstiere schon einige Jahre alt, bevor sie in die Arena gebracht werden. In ihrem Leben vor dem Stierkampf bewegen sie sich frei über das spanische Land, da Zäune oder Ställe sie ihrer Fähigkeiten als gute Kampfstiere berauben würden. Ein derartiges Leben, mit einem anschließenden Kampf, sollte jeder Massentierhaltung vorzuziehen sein. Doch betrachten Kritiker und Aktivisten nur das blutige Finale und lassen nicht weiter mit sich reden. Meist sind es diejenigen, die nach der Stierkampf-Demo noch schnell bei Burger King vorbeischauen.

montauro.jpg

Urinstinkt und große Literatur

Zurück zu Albans Erlebnissen auf dem Weg zu seinem großen Kampf. Auch die Liebe zu Soledad, der Tochter des ebenfalls adligen Stierzüchters, gerät im Hinblick auf den spirituellen Zweikampf immer weiter ins Hintertreffen und sinkt in die Bedeutungslosigkeit. Sie, die Alban an seiner Ehre packte und ihn zwang gegen den „Bösen Engel“ zu kämpfen, wird im Zeichen Albans Bestimmung nicht einmal mehr bedacht, geschweige denn in das Ende des Buches einbezogen. Der junge Held hat mehr erlebt und gelernt, als sich weiterhin von dieser verzogenen Frau abhängig zu machen.

Dieser Urinstinkt, der Alban etwas Größeres, Spiritistisches erkennen lässt, ist Balsam auf die geschundene Leserseele, die in den letzten Jahren immer mehr von belangloserer Literatur geplagt wurde. Die zeitgenössischen Bücher à la Darm mit Charme, Feuchtgebiete oder dem restlichen Gewäsch drittklassiger Schreiber, die das 21. Jahrhundert nur noch durch Tabubrüche und feminisierte Lebensgeschichten entwürdigen, verlieren im Wettkampf mit Montherlants staubigen Stierabenteuer gänzlich an Wert.

Männlichkeitsideale und Gesellschaftskritik

Spannend ist ebenfalls das Gesellschaftsbild während der Auflösungserscheinungen des alten, snobistischen Adels, den Alban verachtet, da dieser nur aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung den Stierkämpfen beiwohnt. Generell kommen Adlige und die spanische „High-Society“ schlecht weg. Selbst sein ihn protegierender adliger Ziehvater, der ihm den Kampf vermittelt, wird gelegentlich von Alban verachtet. Montherlant sucht längst einen neuen Adel mit anderen Attributen, dessen Eigenschaften er teilweise im andalusischen Volk, aber generell im noch nicht verdorbenen Charakter der südländischen Menschen erkennt. Nur im Stierkampf können diese vergessenen Ideale noch hervortreten. Selbst der kleine Jesús, ein verarmter spanischer Junge, der als Helfer am entscheidenden Kampf teilnimmt, hat mehr „Rasse“ und Ehrgefühl, als die Loge der Blaublüter und die „Schattenseite“ der Arena zusammen. (Die schattigen Plätze in der Arena konnten sich nur die reicheren Bürger leisten.)

Man ist keineswegs befriedigt nach dem Ende dieses großartigen Buches. Stattdessen will man mehr erfahren über den Brauch des Stierkampfes, uralte Ideale und die Jahre vor dem ersten großen Krieg. So schafft es Henry de Montherlant mit seiner stimmungsvollen Erzählung, dass man sich wünscht Spanier zu sein, um den Stierkampf zu verstehen, und Franzose zu sein, um den Roman in seiner Originalsprache lesen zu können. Wo wir gerade beim Wünschen sind. Man wünscht sich ebenfalls auf ein derartiges Buch zu stoßen, das unserer Zeit entspringt. Bis es soweit ist, kann man ja in der Vergangenheit kramen.

Für die Jünger-Fans eine abschließende Anekdote: Beide Autoren, aufgrund ähnlichen Alters und geistiger Nähe, waren gute Bekannte. Montherlant, vom Leid gezeichnet und schwer an Krebs erkrankt, beendete sein Leben im Zeichen seiner eigenen, konsequenten Ideale. Er verhinderte den fortschreitenden körperlichen und geistigen Verfall, indem er sich am 21. September 1972 in seiner Wohnung in Paris in den Kopf schoss und gleichzeitig mit Zyankali vergiftete. Das Blut seines zerschossenen Gehirnes tropfte auf ein zuvor niedergeschriebenes Zitat Ernst Jüngers: „Le suicide fait partie du capitalde lhumanite“ (Der Selbstmord ist Teil des Kapitals der Menschheit.)

Henry de Montherlant: Tiermenschen. Zuletzt erschienen 1998 im Steidl-Verlag. Erstmals auf Deutsch 1929 im Insel-Verlag. Auf Amazon ab 0,01 Euro erhältlich!