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mercredi, 04 mai 2011

Helios von Emesa

Helios von Emesa

Franz Altheim

Ex: http://www.centrostudilaruna.it/

 

Auf den ersten Blick hin scheinen Verbindungen zu den Baalim von Baalbek und von Damaskus zu bestehen. Iupiter Helipolitanus und Iupiter Damascenus tragen die Übereinstimmung im Namen. Auch bei Emesas Gott konnte man die Frage aufwerfen, ob er Iupiter gleichzusetzen sei. Doch wird sich zeigen, daß es bei ihm anders liegt.

In Baalbeek war die Dreiheit von Iupiter-Hadad, Venus-Atargatis und Mercurius-Schamasch nach ihrer Reihenfolge jüngeren Ursprungs. Anfänglich stand der Sonnengott, eben Schamasch, an der Spitze. Erst unter dem Einfluß babylonischer oder, wie das spätere Altertum sie nannte: chaldäischer Vorstellungen wurde Hadad zum Herrn des Schicksals, rückte er an die erste Stelle. Schamaschi, nachträglich Mercurius gleichgesetzt, mußte sich mit einer dienenden Rolle begnügen: gleich dem Götterboten Hermes oder Mercurius wurde er zum ausführenden Organ des obersten Gottes. Im Pantheon von Palmyra stand Helios, der Sonnengott, neben Bel. Erneut war er Bote und Mittler, während Bel als Weltenherr im obersten Himmel thronte. Von seiner dienenden Stellung erhielt der Sonnengott den Namen: als Malakbel, ‚Bote des Bel’, begegnet er in der göttlichen Dreiheit Palmyras, wiederum Mercurius gleichgesetzt.

Auch in Emesa kannte man den babylonischen Schicksalsglauben und seine Zwillingsschwester, die Astrologie. Iulia, späterer Gattin des Kaisers Septimus Severus (193-211), war durch ihr Horoskop verheißen, sie werde dereinst einen Herrscher ehelichen; sie entstammte dem Priesterhaus von Emesa. Im Aithiopienroman Heliodors, der mancherlei von emesenischer Vorstellungswelt vermittelt, heißt es, die Bahn der Gestirne bestimme unentrinnbar das menschliche Geschick. Ausgrabungen nordöstlich der Stadt haben astrologische Tafeln in Keilschrift zutage gefördert.

Und doch hat sich der Sonnengott in Emesa nicht, wie Schamasch in Baalbek und Palmyra, vom ersten Platz vertreiben lassen. Münzen und Inschriften zeigen, daß er sich keineswegs zu Iupiter, zu Baal oder Bel gewandelt hat, sondern der Sonnengott blieb. Deus Sol Elagabalus oder Invictus Sol Elagabalus lauten eindeutig; man versteht, daß auf einer Inschrift aus Cordoba der ‚große Helios’ von Emesa dem ägyptischen Sonnengott Re angeglichen ist. Auch als ‚Stammvater’ wurde er angerufen, wie denn Emesener zuweilen die Herkunft von der Sonne oder ‚dem Gott’ schlechthin im Namen tragen.

Auch der zweite Gott, Dusares, hatte sich der Sonne verbunden, Hauptgott der Nabatäer, findet man ihn überall, wohin ihr Karawanenhandel und ihr Machtbereich sich erstreckt haben. Wie alle Sonnengötter trug Dusares den Beinamen des Unbesieglichen; er war mit Mithras verbunden, und sein Geburtstag fiel auf den 25. Dezember. Gleich dem göttlichen Herrn Emesas besaß er einen heiligen Stein.

Man kennt diese Art der Verehrung auch bei dem Mondgott von Karrhai, überhaupt bei Göttern, die arabischen Ursprungs waren. Der Name dieser ‚Baityloi’ besagt, daß sie Wohnung der betreffenden Götter waren, nicht diese selbst. In Emesa besaß der heilige Stein die Gestalt eines Kegels, unten mit runder Grundfläche, oben spitz zulaufend. Erhebungen, die sich auf der Oberfläche abhoben, zeigten einen Adler mit Schlange im Schnabel. Man erkannte darin das Symbol der Sonne. Wiederum also fiel der Stein nicht mit dieser zusammen; er trug ihr Bild. Und doch war der Gott in den Stein eingegangen, war ihm irgendwie gesellt, wie man dies auch von den zahlreichen Steinblöcken weiß, die im vorislamischen Arabien verehrt wurden.

Meist hört man von ihnen, wenn muslimischer Gotteseifer daranging, solche Idole zu zerstören. Die Priester altarabischer Gottheiten mahnten diese, bei den Steinen den Kampf gegen die Vertreter der neuen Religion zu wagen. Denn sie verlieren ihren Kult und ihr Ansehen, gelingt es ihnen nicht, ihren Stein und damit ihr ‚Haus’ zu behaupten. Ein Gott, der bei seinem Stein nicht kämpft, ist eine ‚wertlose Sache’. Al-Uzza, die einen ähnlichen Kampf verloren hat – es ging bei ihr nicht um heilige Steine, sondern um drei ihr gehörige Bäume – ‚wird hinfort nie wieder verehrt werden’, lautete das Urteil des siegreichen Propheten Mohammed (569 bis 632).

Steine sind nicht einem bestimmten Ort verhaftet: sie sind beweglich. Einführung von Göttern geschieht derart, daß man sich Göttersteine schenken läßt oder aus bestehendem Heiligtum solche mitbringt. Als der Kult des Sonnengottes nach Rom verlegt wurde, wanderte Emesas heiliger Stein ans Tiberufer. Als man dort nach Elagabals Ermordung (222) sich des Fremdkultes zu entledigen wünschte, schickte man den Stein in seine syrische Heimat zurück.

Neben der Verehrung des heiligen Steines steht, gleichfalls eine uralte Form, der Höhlenkult. ‚Elagabal’ war ursprünglich Name des Gottes selbst: er bezeichnete diesen als ‚Herrn des Berges’. Gemeint war der Burgberg von Emesa, denn dort hatte der Gott seinen Sitz. Aus der Ebene, darin die Stadt sich erstreckt, erhebt sich im Südwesten die Zitadelle, unmittelbar den nördlichen Ausläufern des Libanon gegenüber. Hier stand der Tempel, dessen First, nach den Worten eines antiken Gewährsmannes, mit den bewaldeten Höhen des Gebirges wetteiferte.

Wieder läßt sich Dusares vergleichen. Südöstlich des Toten Meeres, schon an den Pforten des eigentlichen Arabien, liegt Petra. Hauptstadt der Nabatäer, gehörte es einem Volk, das seine Inschriften in einem überkommenen aramäischen Dialekt aufzeichnete, aber nach Ausweis seiner Eigennamen arabisch war. Inmitten eines steinernen Kessels, eingebettet in die roten und violetten Schroffen eines Felsmassivs von urtümlicher Gewalt, scheint dieses Petra seiner Umgebung entrückt. Nur ein steiniges Bachbett, das sich tief in die steilen Wände eingeschnitten hat, ermöglicht den Zugang. Stätte der Sicherheit, scheint dieser Ort durch seine Menschenferne, seine Verzauberung wie geschaffen, die Nähe der Gottheit empfinden zu lassen. Unter der Fülle der Gräber, Höhlen und Tempel beeindruckt der Opferplatz auf dem höchsten Gipfel in den anstehenden Fels geschnitten. Altar und Schlachtbank, das eingetiefte Becken, darein das Blut des Opfertieres floß, zwei Baitylen unweit davon – sie vermitteln eine Vorstellung davon, was ein altsemitischer Höhlenkult gewesen sein mag.

Nicht zufällig wurden die angezogenen Vergleiche aus der arabischen Welt genommen. Dieser entstammen, wie gesagt, die Nabatäer und auch ihr göttlicher Herr Dusares. Emesas Gott wird in denselben Bereich führen.

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Sorge: Der unbesiegte Gott. Heidentum und Christentum; Rowohlts Deutsche Enzyklopädie; Hamburg 1957.

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